DIE WICHTIGSTEN INFORMATIONEN

EINLEITUNG 

Was wir von unseren Lehrern wissen wollten

Eine der wichtigsten Aufgaben, die die Menschheit zu erfüllen hätte, ist die Verbreitung (und Aufnahme) der Information, die für die Lebensqualität der emotionsfähigen Menschen und Tiere am wertvollsten ist. Die meisten Schüler an höheren Schulen und viele Studenten glauben, dass ungefähr die Hälfte der Informationen, die ihre Schule (Universität) ihnen vermittelt, später sinnvoll (und überhaupt) einsetzbar ist. Wie viel sie von den Informationen erhalten, die sie für wichtig erachten, weiß niemand genau, vielleicht ebenfalls die Hälfte.

Die meisten menschlichen Informationsquellen, besonders philosophische, verschlüsseln das eigentlich ziemlich simple und verstehbare Wesen dieser Welt so geschickt, dass viele Menschen sich einfach würgend abwenden.

Wir wollen in diesem Kapitel versuchen, das Informationschaos ein wenig zu vermindern. Dabei widmen wir uns besonders wesentlichen Zusammenhängen. Es wird sich zeigen, dass die meisten allgemeinen wissenschaftlichen Aussagen vom größten Teil der Menschheit verstanden werden können.

Dieses Kapitel enthält einige für das Verständnis des Menschen wichtige Informationen vor allem aus den Bereichen Naturwissenschaften, Psychologie und Pädagogik, die junge Menschen an Schulen besonders häufig vorenthalten werden. Es ist für ältere Schüler und Studenten interessant. Für manche Erwachsene werden nur Teile des Kapitels neu sein. Es beschäftigt sich wenig mit Geschichte, Sprachen, Philosophie und Kunst. Zu diesen Bereichen empfehlen wir u. a. das Buch „Bildung“ von D. Schwanitz. Geschichte und Philosophie haben wir eigene Kapitel gewidmet. Es gibt darüber hinaus auf der Erde Tausende von Büchern, die wissenswerte, naturwissenschaftliche, historische und philosophische Informationen verständlich vermitteln. Bei ihrer Lektüre würden einige Milliarden Menschen die Erfahrung machen, dass große Teile dieser Wissenschaften etwas Interessanteres, Nützlicheres und völlig Anderes sind, als das, was schulische Institutionen und Lehrbücher ihnen meistens davon vermittelt haben. Am Ende dieses Berichtes findet sich eine Literaturliste mit einigen Beispielen. Auch das Internet liefert inzwischen zahllose konstruktive Informationen, die aber aus einem Wust von Unwahrheiten, Blödsinn und ideologischen Irrwegen ausgefiltert werden müssen.

Noch schneller und effektiver können wichtige Informationen durch eigenes Handeln und durch bildhafte Darstellungen, z. B. in Film und Fernsehen vermittelt, vor allem aber gespeichert werden. Das leistungsfähigste Fernsehen fanden wir in Deutschland und Nordeuropa. Beispiele für konstruktive Sendungen sind: „Quarks und Co“, „Geheimnisse unseres Universums“, „Löwenzahn“, „Die Sendung mit der Maus“, „Sesamstraße“ viele Umwelt-, Natur-, Nachrichten- und Kabarettsendungen sowie viele kritische politische Magazine. David Attenboroughs Natursendungen und Peter Lustigs „Löwenzahn“ hätten nicht besser gemacht werden können. Vor diesen konstruktiven Sendungen „schützen“ die meisten Menschen sich systematisch und schimpansenwürdig durch Seifenopern, Debilitäts-Talkshows, Billigfilme, Kotzgerichtsshows usw. 

Wir stellen im Folgenden die Informationen in den Mittelpunkt, die Menschen in besonderer Weise zum Erleben von Lebensqualität bzw. zur Förderung und Erhaltung von emotionsfähigen Lebewesen dienen. Das heißt etwas konkreter: Die wichtigsten Strukturen und Funktionen des menschlichen Körpers und Geistes sowie die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt stehen im Mittelpunkt.

Zu diesen Informationen gehören die grundsätzlichen Funktionsprinzipien der Welt. Sie sind im Kapitel 15 näher behandelt. In der menschlichen Literatur finden sich, vor allem im Fachbereich Physik, sehr viele, auch verständliche, populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zu diesem Thema. Wir liefern deshalb im Folgenden nur den unbedingt notwendigen Extrakt. Dieser Extrakt empfiehlt sich besonders für Nichtnaturwissenschaftler, sowie für Faule und alle Wissbegierigen, die ein bisschen Wesentliches von der Welt mit wenig Aufwand verstehen möchten.

Die Bauelemente der Welt bilden ein komplexes, vernetztes, geordnetes Gebäude. Dieses muss möglichst exakt in menschlichen Köpfen abgebildet werden. (Vollständige und exakte Informationsübertragungen und –verarbeitungen [rigorose Ehrlichkeit] können aber auch Nachteile haben. Diese sind in verschiedenen Kapiteln erläutert.) In den meisten Fällen helfen jedoch genaue Abbildungen der Welt den Menschen, zu überleben und ihre Lebensqualität zu steigern. Dazu müssen die bekannten Tatsachen nach Wichtigkeit geordnet werden, Abhängigkeiten und Zusammenhänge verdeutlicht werden und die Fähigkeit, zu ordnen und Zusammenhänge zu erkennen, entwickelt werden. Man kann sich das entstehende Denkgebäude vereinfacht wie eine Pyramide oder Baumkrone vorstellen. Das Fundament dieser Pyramide, bzw. den Stamm des Baumes, bilden Mathematik, Logik und Physik. Darüber stehen Stockwerke in der Reihenfolge: Chemie, Biochemie, Biologie, Medizin, Psychologie, Pädagogik, Geschichte, Soziologie und alle Gesellschaftswissenschaften. Zwischen allen Stockwerken und allen Bauelementen bestehen Beziehungen, die ein komplexes Netzwerk bilden. Manche Bereiche, wie Mathematik, Logik, Ethik und die vier Grundkräfte der Physik durchziehen weite Teile oder sogar das ganze Gebäude. Um Probleme zu lösen, neue Ideen zu entwickeln und das ganze Denkgebäude zu verstehen, sind die Beziehungen zwischen einzelnen Wissenselementen und Wissenschaften wichtiger als die Kenntnis aller Elemente, also Datenwissen. Ohne ein gewisses Datenfundament sind diese Beziehungen aber nicht verstehbar und schon gar nicht entdeckbar.

Auch im realen Leben ist sofort vorhandenes Datenwissen manchmal ganz nützlich. Wir verdeutlichen dies an zwei extremen Beispielen, obwohl und weil es Milliarden weniger extreme gibt:

Menschen, die glauben, es genüge wichtige Prinzipien verstanden zu haben, können oft ihr Leben beneidenswert mit prickelnder Spannung bereichern. Wir empfehlen z. B. einmal, während eines Fallschirmsprungs gemütlich das Handbuch herauszusuchen, in dem erklärt ist, wo sich die Reißleine für den Ersatzfallschirm befindet, wenn der Hauptfallschirm sich nicht öffnet. Wer das Pech hat, solche mutigen Sprünge lebensgefährlich verletzt zu überleben, sollte sich gleich zu einem Chirurgen begeben, der während der Operation seinen Anatomieatlas hervorkramen muss, weil er jegliches Auswendiglernen schon immer stupide abgelehnt hat.

Verbindungsstellen, die zurzeit für die Forschung und das Verständnis des Menschen besonders wichtig sind liegen u. a. zwischen den Wissenschaftsbereichen Verhaltensbiologie und Psychologie sowie zwischen Biochemie (des Gehirns) und Psychologie.

Fast alle Menschen, leider auch die meisten Politiker, versuchen, dieses Denkgebäude gar nicht, unvollständig, ohne die Fundamente oder ohne ausreichende Vernetzungen zu errichten. Solche Denkgebäude sind fehlerhaft, wirken antihedonisch (=gegen Lebensqualität) und stürzen immer wieder ein. Beispiele für Zusammenbrüche und antihedonische Wirkungen, zu denen fehlerhafte Denkgebäude beigetragen haben, sind Kriege und das Scheitern fast aller Ideologien, z. B. des Kommunismus und des Faschismus. Der Marxismus beispielsweise ist u. a. deshalb teilweise gescheitert, weil Marx (ein Geisteswissenschaftler) viele Informationen aus der Biologie (Bioanthropologie) nicht eingearbeitet hat. Der Mensch ist ein Lebewesen, das ohne biochemische, biologische, medizinische, psychologische, pädagogische, historische, geographische, politologische und soziologische Kenntnisse nicht verstehbar ist. Kenntnisse aus den Bereichen Sprache, Kunst, Religion, Literatur, Musik, Sport, Philosophie sind zwar deutlich weniger bedeutsam, beherrschen aber dafür i. d. R. umso mehr das Angebot der Ausbildungsinstitutionen.

Damit zurück zu wirklich Relevantem: Das fundamentale biochemische und biologische Wissen aller Gesellschaftswissenschaften ist nicht ohne mathematische, logische, physikalische und chemische Kenntnisse und Fähigkeiten verstehbar. Dieses Kapitel soll der Versuch sein, die wichtigsten Bereiche dieses Gebäudes zu beleuchten. Dabei beginnen wir mit den Fundamenten, auch wenn diese den meisten Menschen am langweiligsten erscheinen und die meisten menschlichen Ausbildungsinstitutionen andere Reihenfolgen wählen sowie Fundamente vernachlässigen. Die Fundamente sind die unentbehrliche Grundlage für das Verständnis aller Funktionsprinzipien, Probleme und Gefahren der bekannten Welt. Leider wird die Bedeutung der Fundamente für das Verständnis dieser Prinzipien nur dann deutlich, wenn man die Prinzipien und Probleme bereits kennt. Diese sind aber wieder ohne die Fundamente nicht verständlich und werden deshalb erst später besprochen. Wir bitten daher zu glauben, dass wir den Leser möglichst nur mit fundamentalem Wissen belästigen, das er für das grundsätzliche Verständnis dieser Welt auch wirklich benötigt. Er kann (und sollte) dies aber ohne Probleme selbst überprüfen, indem er, nach der Auseinandersetzung mit den Prinzipien der Welt, auch die Fundamente noch einmal studiert. Das Verständnis der bekannten Welt wird ohnehin nur dann möglich, wenn man die Fundamente wirklich gespeichert, verstanden und verinnerlicht hat. Der Versuch, die Welt ohne diese Kenntnisse zu verstehen, entspricht dem Versuch, einen fremdsprachlichen Text zu verstehen, von dem man jede vierte Vokabel nicht kennt. Man muss sogar darüber hinaus mehrfach geistig zwischen den Prinzipien und den Fundamenten hin und her gewandert sein (alles von allen Seiten beleuchtet haben), um das Ganze zu verstehen. Auch das wirkliche Verständnis jedes einzelnen allgemeinen Prinzips setzt das Verständnis aller anderen Prinzipien voraus. Wenn wir einen Baum als Modell für die Welt verwenden, wird die Problematik anschaulich verständlich: Ein Affe kann diesen Baum nur dann wirklich kennen, wenn er die Stelle, an der alle Hauptäste entspringen, kennt, und wenn er sich mehrmals in allen Richtungen zwischen allen Ästen hin und her bewegt und umgesehen, alles berochen, berührt und im Gedächtnis gespeichert hat. Wie wir unter www.daswesenderzeit.de verdeutlicht haben, ist ein Baum tatsächlich ein ausgezeichnetes Modell für die vier- (oder mehr-) dimensionale Baumkrone, die wir die Welt nennen.

Ziele

Bevor wir einsteigen, erinnern wir uns noch einmal an unsere Ziele, die wir während des ganzen Kapitels nie aus den Augen verlieren sollten.

Das wichtigste und allgemeinste Ziel ist die Lebensqualität der emotionsfähigen Lebewesen (s. o.). Dazu müssen wir deren Funktionieren und ihre Beziehungen zur Umwelt verstehen.

Um dieses wichtigste Ziel zu erreichen, streben wir ein weiteres sehr allgemeines Ziel an: das Verständnis des Lebens und des Menschen. Für dieses Ziel wollen wir die notwendigsten naturwissenschaftlichen Grundlagen beleuchten.

Ein etwas spezielleres Ziel ist das Verständnis der Tatsache, dass alles chemische, biologische und psychische Geschehen auf dem Wirken der vier physikalischen Grundkräfte beruht. Diese Kräfte wirken zwischen bestimmten Elementarteilchen bzw. komplexen Verbänden, die diese Teilchen bilden. Die Kräfte und Teilchen bilden das physikalische Fundament, mit dem wir uns nun beschäftigen werden. Dieses Fundament ist in der Einleitung und in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ erläutert. Die folgenden drei Abschnitte sind teilweise Kopien aus diesem Kapitel. Wir besprechen zunächst die physikalischen Grundlagen, die das Fundament für das Verständnis der Biologie und der Chemie sind.

Abschließend noch ein wichtiger Hinweis: Dieses Kapitel enthält bisher keine Abbildungen. Alle bildlichen (geruchlichen, geschmacklichen, akustischen usw.) „Abbildungen“ verbessern jedoch das Verständnis, das Speichen und die Lerngeschwindigkeit. Wir empfehlen deshalb dringend und immer weitere Informationsquellen hinzuzuziehen (Schulbücher mit Abbildungen, populärwissenschaftliche Veröffentlichung, Telekolleg-Sendungen, Internet usw.). 

Die wichtigsten Grundprinzipien und -materialien, die die bekannte Welt bestimmen oder beschreiben sind:

1. Bewegung, eine Vorstellung (Illusion?) des menschliche Geistes, die die Struktur der 

    vierdimensionalen Welt widerspiegelt

2. Materie, die aus kleinsten Teilchen (Fermionen und Bosonen s. u.) bestehen soll

3. Vier Kräfte oder Wechselwirkungen, die von Bosonen übertragen werden

4. Mathematik und Logik

5. Die Welt ist gequantelt, d. h., in kleine Energiepakete aufgeteilt.

6. Die Welt ist durch Dimensionen strukturiert und aus Weltlinien aufgebaut.

7. Symmetrien

Alle Körper dieser Welt weisen symmetrische Eigenschaften auf. Am bekanntesten ist die räumliche Symmetrie, die jeder vor einem Spiegel erleben kann. Außerdem gibt es zeitliche Symmetrien (vorwärts = in Richtung Zukunft [und rückwärts]) und Ladungssymmetrien (positiv und negativ geladen). Die eigentliche Natur dieser Symmetrien ist ebenfalls unter www.daswesenderzeit.de genau erläutert.

 

Für das Verständnis des Weltgebäudes sind alle 7 Grundprinzipien wichtig. Für den Ausschnitt dieses Gebäudes, der vor allem für die Selbsterhaltung und Lebensqualität wichtig ist, konzentrieren wir uns auf die Punkte zwei und drei. Dieser Ausschnitt erfordert insbesondere nicht viel mehr mathematische Kenntnisse als der Durchschnittsbürger besitzt.

 

Grundbausteine der Welt     Materie

Das Material dieser Welt besteht nach Meinung der meisten menschlichen Wissenschaftler aus kleinsten Teilchen und/oder Wellen. Einige meinen allerdings, dass das Wesen dieser Teilchen (insbesondere ihrer Massen) auf den unterschiedlichen Schwingungen viel kleinerer Elemente, den so genannten Strings (=Saiten, Fäden), beruht (s. u.).

Die kleinsten Teilchen der „eigentlichen“ Materie heißen Fermionen. (Das hat nichts mit Ionen zu tun.). Diese „eigentliche“ Materie macht aber nur ca. 5% der Gesamtmaterie aus (s. u.).

Die Teilchen, die Kräfte (=Wechselwirkungen) übertragen, heißen Bosonen. Diese Teilchen verhalten sich Menschen gegenüber manchmal wie Wellen, sind also auf eine nicht restlos verstandene Weise beides (Welle-Teilchen-Dualität).

Menschliche Physiker haben Hunderte von verschiedenen Fermionen entdeckt oder nehmen mit Recht an, dass es sie gibt. Die wichtigsten Fermionen sind Elektronen und Quarks. Diese sind ihrerseits wahrscheinlich aus den gerade angesprochenen Strings (nochmals viel kleineren fädigen Bausteinen) aufgebaut. (Sie haben, genau wie z. B. höhere Dimensionen und höhere Mathematik, für die Lebensqualität der meisten Menschen zurzeit wenig direkte Bedeutung). Auch für Strings gibt es möglicherweise kleine, aber noch völlig unbekannte Bausteine. Es gibt vielleicht zu jedem Baustein unendlich viele kleinere Bausteine und unendlich viele größere Bauwerke, d. h., die Welt könnte im Kleinen, wie im Großen, unendlich sein. Für diese Behauptung spricht die Tatsache, dass es in der Mathematik die Unendlichkeit gibt und die Mathematik sich bei der Beschreibung der Welt bisher ausgezeichnet bewährt hat.

Drei Quarks bilden ein Proton oder ein Neutron. Diese bilden einen Atomkern. Elektronen umgeben Atomkerne als so genannte Atomhülle oder Schale. Kern und Hülle bilden ein Atom. Atome verbinden sich chemisch zu Molekülen. Diese können komplexe Verbände, wie z. B. Lebewesen, bilden.

Diese bekannte Materie macht nach Meinung der meisten Physiker nur einen kleinen Teil der Gesamtmaterie des Universums aus. Der größte Teil der Materie (=dunkle Energie und dunkle Materie) ist gar nicht direkt beobachtbar, sondern verrät sich nur durch bestimmte Wirkungen, wie z. B. durch Anziehungskräfte (Schwerkraft, Gravitation).

Die Beziehungen zwischen den Grundbausteinen der Welt   Wechselwirkungen   Kräfte   Energieübertragungen   Informationsübertragungen

Alles, was im bekannten Universum geschah und geschieht, beruht (soweit wir heute wissen) auf dem Wirken der folgenden vier Wechselwirkungen (Kräfte). (Physiker halten allerdings weitere Kräfte für möglich und gehen andererseits davon aus, dass unter den Bedingungen des Urknalls alle Kräfte zu einer vereinigt sind [Details s. u.]).

 

 Kräfte                                            Überträgerteilchen (= Bosonen)

 1  Elektromagnetische Wechselwirkung                   Photonen

 2  Schwerkraft oder Gravitation                    Gravitonen (hypothetisch)    

 3  Starke Wechselwirkung                           Gluonen (Mesonen)

 4  Schwache Wechselwirkung                        W- und Z-Bosonen

 

Die Erscheinungen, die jede Art von oben genannten Prozessen vermitteln und bewirken, nennt man, wenn man sie als Teilchen auffasst, Bosonen. Man kann sie aber auch als Wellen auffassen.

Die bekanntesten dieser kräfteübertragenden Teilchen sind die Photonen, die kleinsten Energiepakete der elektromagnetischen Wellen, wie z. B. des Lichtes. Üblicherweise nennt man diese Erscheinungen auch Energie oder Strahlung und unterscheidet sie von Materie bzw. Masse, obwohl Einstein gezeigt hat, dass beide ineinander überführbar sind. Die Formel E = m x c2 verdeutlicht dies und dass man alles, auch die Masse, als Energie auffassen kann (muss). Außerdem ist jede Energie (jeder Körper) mit etwas Geistigem verbunden (gekoppelt), dass Platon „Idee“, Aristoteles „Form“ und moderne Physiker „Information“ nannten oder nennen.

Das Wesen allen Geschehens -auch in Lebewesen-  ist die Veränderung des Bewegungsverhaltens (Beschleunigung) von physikalischen Systemen (Körper, Teilchen). Das Wesen der Beschleunigung liegt –vereinfacht gesagt- in der Beobachtung gekrümmter Weltlinien während das menschliche Bewusstsein aus der Vergangenheit in die Zukunft gleitet. Diese Behauptung wird im Kapitel 11 erläutert und bewiesen.

1  Die elektromagnetische Wechselwirkung

Die elektromagnetische Wechselwirkung verdankt ihren Namen der Tatsache, dass Elektrizität und Magnetismus an ihr beteiligt sind. Sie wird von elektromagnetischen Wellen, bzw. Photonen übertragen. Diese Wellen entstehen, wenn Materieteilchen pendelartig hin und her schwingen (harmonische Schwingung). Zu den elektromagnetischen Wellen gehören u. a. Radiowellen, Wärmestrahlen, Licht, ultraviolettes Licht, Röntgenstrahlen und radioaktive Strahlen. Diese Reihenfolge entspricht dem zunehmenden Energiegehalt der verschiedenen Wellentypen und der zugehörigen schwingenden Materieteilchen. Radiowellen sind also besonders energiearm, radioaktive Strahlen besonders energiereich. Energiereiche Wellen haben hohe Frequenzen und niedrige Wellenlängen, energiearme Wellen haben niedrige Frequenzen und hohe Wellenlängen. Welcher Wellentyp entsteht, hängt davon ab, welche Teilchen schwingen. Wärmestrahlen z. B. entstehen, wenn Atome und Moleküle schwingen, Lichtwellen entstehen, wenn Elektronen schwingen und radioaktive Strahlen entstehen, wenn Atomkerne bzw. deren Bestandteile schwingen.

Fast alle chemischen- und die meisten Lebensprozesse beruhen auf elektromagnetischen Kräften. Elektromagnetische Kräfte sind bekannt als Anziehungskraft zwischen Elektronen und Protonen und als Abstoßungskraft zwischen gleichgeladenen Teilchen, wie z. B. zwei Protonen oder zwei Elektronen oder zwischen gleichgeladenen Ionen. Die (scheinbare!) Bewegung des Elektrons zum Proton kommt durch den ständigen (scheinbaren!) Austausch von Photonen zwischen Elektron und Proton zustande. Wir betonen noch einmal ausdrücklich: Alle Denkprozesse, alle Gefühle, jede Muskelbewegung, jede Drüsentätigkeit, jedes Verhalten, jegliche Wahrnehmung beruht fast ausschließlich darauf, dass sich irgendwelche elektrisch geladenen Teilchen durch Austausch von Photonen anziehen oder abstoßen. Da alle Lebewesen im Gravitationsfeld der Erde entstanden sind und fast alle dort leben, hat natürlich auch die Gravitationskraft eine gewisse Bedeutung. Sie trägt z. B. zur Bildung von Wachstumshormonen bei, die wiederum das Knochenwachstum steuern. Astronauten verlieren im Weltall allmählich ihre Knochensubstanz, weil die Gravitationskraft (und dadurch genügend Wachstumshormon) fehlt. Pflanzenwurzeln wachsen zum Erdmittelpunkt und ihre Sprosse vom Erdmittelpunkt weg. In beiden Fällen hilft die Gravitationskraft die richtige Richtung zu finden.

 Alle elektromagnetischen Energieübertragungen beruhen auf dem Austausch von Photonen. Das gleiche Prinzip (Austausch von Bosonen) liegt (vielleicht) allen vier Wechselwirkungen zugrunde. Bei der Gravitation ist dieser Austausch allerdings noch nicht bewiesen. Bei all diesen Energieübertragungen beeinflussen sich immer mindestens zwei Systeme wechselseitig, weshalb die treffende Bezeichnung Wechselwirkung gewählt worden ist. Man kann das eigentliche Wesen aller Energieübertragungen als Übertragung von Information auffassen. Deshalb ist der Informationsbegriff zu Recht in den Mittelpunkt physikalischer und wissenschaftstheoretischer Weltbilder gerückt worden. Die allgemeine Bedeutung des Energie- und des Informationsbegriffs kann man nur verstehen, wenn man das Wesen von Zeit, Bewegung und insbesondere den Begriff „Weltlinie“ verstanden hat. (Anmerkung des Autors: Dies alles wird in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ erläutert.).

In der Physik ist es üblich, bei der Beschreibung von Energieübertragungen den Begriff des Kraftfeldes zu verwenden. Dieser Begriff ist abstrakt und schwierig. Wir wollen deshalb kurz auf ihn eingehen:

Übliche Energiequellen senden wellenartig in alle Richtungen Bosonen aus, eine Glühbirne z. B. Photonen. Wie oben angedeutet, kann man diese Photonen ebenso gut als Wellen auffassen. Die Summe aller Wellen bzw. Photonen oder Bosonen, die von einer Glühbirne, der Erde, einem Magneten usw. ausgehen, bilden ein System, das man als Kraftfeld (Energiefeld) bezeichnet. Es entstehen z. B. Magnetfelder, Gravitationsfelder und elektrische Felder. Ihr Wesen liegt in Veränderungen in ihrer Umgebung (in der Raumzeit). Abstrakt ausgedrückt beruht die Bildung eines Kraftfeldes darauf, dass eine Energiequelle um sich herum den Raum (eigentlich die Raumzeit) so verändert, dass alle oder einige Materieteilchentypen bewegt werden (können). (Eigentlich werden die Krümmungen der Weltlinien dieser Materieteilchen geändert.).

Anschaulich wird solch ein Feld, wenn man z. B. die Anordnung von Eisenfeilspänen auf einem Blatt Papier in einem Magnetfeld betrachtet.

Ebenfalls leicht vorstellbar ist ein Gravitationsfeld. Es ist ohne Bosonen denkbar und es ist eine vierdimensionale Grube in der Raumzeit, die einer dreidimensionalen Grube im Raum (z. B. einem Gummituch, in dem eine Bleikugel liegt) entspricht. Diese Art der modellhaften Betrachtung entspricht der Auffassung Einsteins, nach der jede Masse die Raumzeit so krümmt, dass Körper sich dem Gefälle folgend auf die jeweilige Masse zu bewegen.

Da wir die Informationsübertragung für das ideelle Wesen aller Wechselwirkungen und Energieübertragungen halten, fassen wir auch das Wesen des Lebens als ein besonders komplexes vierdimensionales Netzwerk von Energie- und Informationsübertragungen auf. Im Mittelpunkt dieses Netzwerks steht seine Selbststeuerung durch DNA, Gehirne usw.

Die wichtigsten elektromagnetischen Phänomene

Der elektrische Strom

Wenn irgendwelche elektrisch geladenen Teilchen (s. u.) sich bewegen, spricht man von elektrischem Strom. In der menschlichen Welt, z. B. in Kupferdrähten, sind diese geladenen Teilchen meistens Elektronen. Es können aber auch Protonen oder Ionen bewegt werden (ein Proton kann man auch als Wasserstoffion bezeichnen). Elektrische Ladungen haben immer ein elektrisches Feld um sich herum. Nur wenn sie sich bewegen, bilden sie auch magnetische Felder. Bei hin und her schwingenden Teilchen, nimmt die Stärke ihres magnetischen Feldes ab, wenn sie sich dem Wendepunkt nähern, da sie dabei langsamer werden. Wenn sie sich vom Wendepunkt entfernen, also während der Beschleunigung, nimmt die Stärke zu. Bezüglich des elektrischen Feldes verhält es sich umgekehrt. Durch diese schwingenden Wechsel der Feldstärken kommen die elektromagnetischen Wellen zustande.

Die bekannteste elektrische Erscheinung ist der Strom, den Menschen aus Steckdosen beziehen. Hier handelt es sich um bewegte Elektronen. Jeder weiß, dass zumindest in europäischen Steckdosen ein Wechselstrom von 220-230 Volt fließt. Was aber ist Wechselstrom und was Gleichstrom? Beim Gleichstrom wandern Elektronen wirklich aus der Steckdose durch die Glühbirne zurück in die Steckdose zum Elektrizitätswerk und wieder in eine Steckdose. Beim Wechselstrom zittern die Elektronen nur innerhalb des elektrischen Leiters hin und her. Beide Bewegungen sind jedoch gut geeignet, um Strom in Bewegungsenergie (in Motoren) oder Licht (in Lampen) usw. umzuwandeln. Beim üblichen Wechselstrom zittern die Elektronen mit einer Frequenz von 50 Hz (= 50 Schwingungen pro Sekunde) hin und her.

Jetzt wollen wir noch die wichtigsten Begriffe der Elektrizitätslehre klären: Es sind Spannung –gemessen in Volt, Widerstand –gemessen in Ohm und Stromstärke -in Ampere. Am einfachsten verständlich werden diese Messgrößen, wenn man das Fließen des elektrischen Stromes mit dem Fließen eines Wasserstromes vergleicht: Die Spannung ist so etwas, wie das Vermögen („der Wunsch“) des Stromes, zu fließen. Dies entspricht dem Wasserdruck. Der elektrische Widerstand entspricht dem Widerstand, den z. B. enge Rohre dem fließenden Wasser entgegensetzen. Dünne elektrische Leiter entsprechen dünnen Wasserrohren. Die Stromstärke zeigt an, wie viele Elektronen (geladene Teilchen) pro Zeiteinheit durch den Querschnitt eines elektrischen Leiters fließen. Dies entspricht der Wassermenge, die entsprechend z. B. durch ein Rohr fließt.

Elektrischer Strom kennzeichnet auch das Leben. Die meisten Zellen verteilen innerhalb und außerhalb der Zellmembran geladene Teilchen (Ionen) so, dass elektrische Spannungen entstehen. Diese Spannungen können z. B. zum Transport von Informationen genutzt werden. Dies geschieht z. B. und ganz besonders zwischen allen Gehirnzellen (Nervenzellen). Alle elektrischen Bedingungen in Lebewesen können durch elektrische Felder (Hochspannungsleitungen, Elektrosmog) negativ beeinflusst werden.

Wärme

Es gibt zwei Formen von Wärme. Die erste Form, die Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung, Mikrowellen), haben wir oben (unter „elektromagnetische Wellen“) schon kennen gelernt. Die zweite Form ist die Entstehungsursache der Wärmestrahlung, die Bewegung (Schwingung) von Teilchen, wie Atomen und Molekülen. Diese Teilchen bewegen sich i. d. R. in Gasen und Flüssigkeiten kunterbunt hin und her. In Festkörpern vibrieren sie i. d. R. an weitgehend festen Orten. Die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der sich die Teilchen eines Körpers bewegen, nennen Menschen Temperatur. Sie wird heute in der Wissenschaft in Kelvin gemessen. Die Kelvin-Temperatur-Skala ist sinnvoller Weise so festgelegt, dass eine Temperatur von Null Kelvin dem Stillstand der Moleküle entspricht. Dies entspricht zirka -273°C. Celsius hatte als Nullpunkt seiner Skala den Gefrierpunkt des Wassers gewählt, eine weniger objektive Festlegung, die deshalb in der Wissenschaft weitgehend abgeschafft wurde.

Die Temperatur wird häufig fälschlicherweise mit der Wärmeenergie oder Wärmemenge gleichgesetzt, weil diese, wenn sich sonst nichts ändert, mit zunehmender Temperatur ebenfalls zunimmt. Die Wärmemenge ist aber als der Wärmeenergiegehalt eines Systems definiert. Die Wärmeenergie entspricht -vereinfacht gesagt- der Fähigkeit der Atome (Moleküle) eines Körpers, das Bewegungsverhalten anderer Atome (Moleküle) zu verändern. Diese hängt auch von der Masse des Wärme abgebenden Systems ab. Vereinfacht kann man sagen, ein System hat umso mehr Wärmeenergie, je mehr Atome (Fermionen) es enthält und je schneller diese sich bewegen. Die Zahl der Atome (Moleküle) lässt sich oft schwer ermitteln. Deshalb wählt man stattdessen gern die Masse eines Körpers, wenn man seinen Energiegehalt und Energieübertragungen bestimmen will. Die Masse (eines Körpers) bietet den großen Vorteil, dass man sie auf der Erde leicht indirekt bestimmen kann, indem man das Gewicht dieses Körpers bestimmt (s. u.). Masse und Gewicht steigen (vereinfacht gesagt) i. d. R. proportional zur Zahl der Teilchen, die ein Körper enthält. Das Gewicht ist die Kraft, mit der ein Körper wie die Erde einen anderen Körper anzieht. Es ist also etwas völlig anderes als die Masse. Dennoch sprechen Menschen i. d. R. vom Gewicht eines Körpers, wenn sie seine Masse (Materialmenge) meinen (Genaueres s. u.).

Wärmeenergie wurde früher in Kalorien, heute in Joule gemessen. Man misst die Wärmemenge, indem man feststellt, um welchen Betrag (Grad Kelvin) eine Energiequelle die Temperatur der Masse (Gramm) eines Körpers (z. B. Wasser) erhöht. Etwas vereinfacht ist (war) 1kcal die Wärmemenge, die ein Körper auf einen Liter Wasser  überträgt, wenn er die Temperatur dieses Wasser um ein Grad Celsius erhöht. Noch einfacher: Eine kcal macht 1 Liter Wasser um 1°C wärmer. Wärme ist ein physikalische Phänomen, das für das Leben –insbesondere für Menschen und deren Lebensqualität- erhebliche Bedeutung hat. Deshalb widmen wir uns ein wenig der Bedeutung von Wärme im (Alltags)leben:

Besonders interessant sind Wärmeübertragungen. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: erstens durch Strahlung und zweitens durch direkten Kontakt zwischen bewegten Teilchen. Wenn zwei Körper unterschiedlicher Temperaturen nebeneinander liegen, sendet der heißere Wärmestrahlung aus, die die Moleküle des kälteren Körpers in schnellere Bewegung bringen. Bei direktem Kontakt zwischen den Molekülen (Atomen) bremsen langsame Moleküle schnelle, während schnelle langsame beschleunigen. Wenn Wärme durch direkten Kontakt zwischen Festkörpern übertragen wird, spricht man von Wärmeleitung, bei Flüssigkeiten und Gasen von Strömung oder Konvektion.

Wärmeübertragungen sind für das Leben besonders wichtig. Lebewesen können nur in bestimmten Temperaturbereichen überleben. Deshalb haben sie gute Wahrnehmungsmöglichkeiten für Wärmeübertragungen entwickelt. Dabei interessieren sie sich -dank ihres klugen Erbgutes- weniger für Temperaturen, als für die Geschwindigkeit der Wärmeaufnahme und -abgabe. Wenn eine menschliche Hand eine zwanzig Grad warme Tischplatte aus Marmor berührt, melden Wärmerezeptoren (=Sinneszellen) in der Hand eine Kälteempfindung an das Gehirn. Wenn dieselbe Hand zwanzig Grad warme Luft berührt, melden sie i. d. R. nichts. Warum? Die Tischplatte entzieht der Hand trotz gleicher Temperatur viel schneller Wärme als die Luft. Wie kommt das? Nun ganz einfach: Wie schnell Wärme übertragen wird, hängt nicht nur vom Temperaturunterschied zwischen zwei Körpern ab, sondern vor allem von der Zahl der Atome (Moleküle), die sich berühren, bzw. von der Zahl der Photonen (=Strahlungsmenge), die übertragen werden. Das wiederum hängt von der Oberflächenbeschaffenheit und von der Dichte der beteiligten Körper ab. Je dichter das Material ist, das z. B. eine menschliche Hand berührt, desto schneller wird Wärmeenergie von der Hand auf den Körper (oder umgekehrt) übertragen. Neunzig Grad in einer Sauna (Luft) lassen viele Menschen sich gerne eine Zeit lang gefallen, neunzig Grad in einer Badewanne sind -außer bei Kannibalen, die beim Füllen der Wanne „well done“ (zu Deutsch: wähl dann!“) rufen - nicht einmal medium beliebt. Die Gleichwertigkeit von Strahlung und direkter Hitzewirkung wird von antirassistischen und narzisstischen verschlafenen Indianerliebhabern auch immer wieder unter Solarien (Rangordnungsgrillomaten) bewiesen. Leider haben Menschen zwar für Wärmestrahlung direkte Wahrnehmungsmöglichkeiten (Sinneszellen), nicht aber für die viel gefährlichere (energiereichere) UV-, Röntgen-, radioaktive-, und  Höhenstrahlung. Deshalb können Asitoaster, geplatzte Atomkraftwerke, krankhaftes Sonnenbaden usw. sehr erfolgreich ihre manchmal tödlichen Wirkungen verbreiten. Diese energiereichen Strahlungen begnügen sich nicht damit, Moleküle in schnellere Bewegungen zu versetzen. Sie können Moleküle zerstören und/oder so verändern, dass Zellen sterben (Sonnenbrand usw.) oder Krebsgeschwülste entstehen können.

Als nächstes wollen wir den Begriff „gefühlte Kälte“ oder „gefühlte Temperatur“  klären. Oft hört man z. B. im Wetterbericht, dass am nächsten Tag das Thermometer zehn Grad+ anzeigen wird, die gefühlte Temperatur jedoch nur  5 Grad+ betragen wird. Wie ist so etwas möglich? Wieder ganz einfach: Was der Mensch fühlt, ist sinnvoller Weise wieder die Geschwindigkeit, mit der die Haut auskühlt. Diese hängt zum Beispiel davon ab, wie stark sich die Luft bewegt und wie viel Wasserdampf sie enthält. Wassermoleküle entziehen der Haut -besonders, wenn sie sich auf die Haut legen- schneller Wärme als Stickstoff- oder Sauerstoffmoleküle. Wieso spielt aber auch Luftbewegung (Wind) eine Rolle? Um jeden warmen Körper herum werden kältere Luftmoleküle, die ihn direkt umgeben, erwärmt. Diese Moleküle bewegen sich relativ schnell, verlangsamen also die Bewegung der Moleküle in der menschlichen Haut relativ wenig. Werden sie aber ständig weggeblasen und dadurch durch andere, kältere (langsamere) ersetzt, so entziehen sie dem Körper schneller Wärme. Diese Erscheinung ist auch der Grund, aus dem die Suppe auf einem Löffel schneller abkühlt, wenn man auf die Suppe bläst.

Das gerade Gesagte erklärt auch das Prinzip der Wärmeisolation. Isolationsmaterialien sind Stoffe, die relativ wenige Atome (Moleküle) pro Raumeinheit (z. B. Kubikmeter oder Liter) enthalten. Außerdem spielt natürlich auch das Material wieder eine Rolle. Besonders geeignet ist gar kein Material, ein Vakuum. Warum verliert aber ein Körper auch dann Wärme, wenn er von einem Vakuum (z. B. zwischen zwei Fensterglasscheiben) umgeben ist? Das hatten wir oben schon angesprochen: Einen Teil der Wärme, die abgegeben wird, verliert ein Körper durch Strahlung. Die Wärmestrahlung kann ein Vakuum viel leichter passieren als Luft, Styropor, Wolken usw. Deshalb kühlt die Erde –in wolkenlosen Nächten besonders deutlich- ab. Sie strahlt Wärme in den Weltraum ab.

Wärmestrahlung gibt es natürlich auch wieder in verschiedenen Frequenzen und Wellenlängen.

Für das menschliche Alltagsleben besonders interessant sind Wärmestrahlen mit Wellenlängen, die vor allem Wassermoleküle in Schwingungen (Bewegung) versetzen können. Diese Wärmestrahlen nutzt man in Mikrowellenherden, um nur die wasserhaltige Nahrung zu erhitzen, nicht aber z. B. Luft und Gefäße, in denen sich die Nahrung befindet. Unter anderem deshalb ist das Erwärmen von Nahrungsmitteln in der Mikrowelle preisgünstiger als auf dem Elektroherd. Dies gilt allerdings nur bei kleinen Mengen.

 

2.  Die Gravitation

Jede Materie zieht jede andere Materie -vielleicht durch Austausch von Gravitonen- (scheinbar) an. Dieser Kraft, bzw. (Schein)bewegung, liegt nach Einstein eine Krümmung der Raumzeit (=Raumzeitkontinuum = vierdimensionale Welt s. u.) zugrunde. Man versuche, sich vorzustellen, dass an einer Stelle, an der sich z. B. ein Stern befindet, eine Grube im Raum, bzw. besser in der Raumzeit, entsteht, in die alle Materie, z. B. Planeten, hineinrollen (könnten). Die Krümmungen solcher Gruben sind, wie jede vierdimensionale Struktur, für Menschen nicht vorstellbar. Sie werden aber durch zwei- bzw. dreidimensionale Modelle anschaulich. Eine vorstellbare modellhaft entsprechende zweidimensionale Grube entsteht, wenn man einen schweren Gegenstand auf ein gespanntes Gummituch legt.

Mit Hilfe der Gravitation (eigentlich durch Gravitationsunterschiede) lassen sich vierdimensionale Körper zeitlich (scheinbar?) strecken. Wenn man zwei Körper in verschieden starke Schwerefelder bringt, ist, wenn man sie wieder zusammenbringt, der im stärkeren Feld weniger gealtert als der im schwächeren Feld. Das Gleiche lässt sich auch erreichen, wenn man einen Körper stärker beschleunigt als den anderen. Deshalb sind nach Einstein Beschleunigung und Schwerkraft äquivalent, d. h., auf eine unten näher erläuterte Art wesensgleich. Mit all diesen Problemen beschäftigt sich die Relativitätstheorie. Einige Probleme (die diese Theorie aufwirft) und ihre Lösungen werden unten und in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ genauer besprochen. Diese Lösungen sind sehr spannend und interessant, aber für die Bewältigung des Lebensalltags der Menschen fast ohne unmittelbare Bedeutung.

Gewicht

In der Alltagssprache bezeichnen Menschen die Gravitationskraft als Gewicht. Es wurde früher in Kilopond, heute in Newton, gemessen. Das Gewicht ist eine Kraft, die fälschlicherweise oft mit der Masse verwechselt und gleichgesetzt wird. Wer ein Kilo Tomaten kauft, interessiert sich primär für die Masse (Menge an Material [Vitaminen, Zucker, Ballaststoffen, Geschmacksstoffen usw.]), die in den Tomaten steckt, nicht für Gravitationskräfte. Zum Ermitteln der Masse wird jedoch in der Regel aus praktischen Gründen das Gewicht bestimmt. Auf der Erdoberfläche hängen Gewicht und Masse sehr eindeutig voneinander ab. Dennoch ist der übliche Ausspruch: „Die Tomaten haben ein Gewicht von 1kg“ dem Ausdruck: „Dirk Nowitzki ist über 2 Zentner groß“ völlig gleichwertig. Die Kraft, mit der die Tomaten zum Erdmittelpunkt gezogen werden, interessiert den Käufer allenfalls, wenn er sie zu Fuß nach Hause schleppen muss. Ähnlich wenig interessiert die meisten Käufer leider auch, wie viel Wasser, Pestizide und manipulierte Frischscheingene zu Gewicht und Masse der Tomaten beitragen.    

Masse

Masse misst man in Gramm. Was Masse ist, hat bisher kein Mensch wirklich verstanden. Wir müssen uns also mit Definitionsversuchen begnügen. Physiker unterscheiden zwischen träger Masse, Ruhemasse und schwerer Masse. 

Die träge Masse ist vor allem dadurch charakterisiert, dass sie der Veränderung der Geschwindigkeit eines Körpers Widerstand entgegensetzt (Trägheit).

Der Begriff Ruhemasse entspricht in etwa der Menge an Material, die ein Körper enthält. Diese Menge hängt von der Zahl und Größe (eigentlich Masse) ihrer Bestandteile, z. B. der Atomkerne, ab. In der Alltagswelt der Menschen steigt das Gewicht eines Körpers exakt mit steigender Masse. Deshalb kommt es zu der oben erwähnten Gleichsetzung. Weit weg von Himmelskörpern haben aber bekanntlich alle Körper, gleichgültig welcher Masse, fast kein Gewicht.

In Gravitationsfeldern erlangen Körper eine weitere Eigenschaft, die schwere Masse genannt wird. Diese Eigenschaft wird Menschen vor allem dadurch deutlich und erkennbar, dass alle Körper sich gegenseitig anziehen. Sie nennen diese Erscheinung Gravitation, z. B. Erdanziehungskraft.

Masse kann und sollte darüber hinaus auch als eine Form von Energie aufgefasst werden. Wenn zwei Körper aufeinander treffen, verändern sie wechselseitig ihre Geschwindigkeit. Das eigentliche Wesen dieser Geschwindigkeitsänderungen ist die Krümmung oder Begradigung der Weltlinien, die diese Körper bilden. Eine (materielle) Weltlinie ist ein Körper einschließlich aller Körper, die er in Vergangenheit und Zukunft gebildet hat, und damit das eigentliche vierdimensionale Wesen eines Körpers (s. u.). Die Energie, die in zwei (oder mehr) Körpern, die aufeinander treffen, steckt, hängt hauptsächlich von ihren Geschwindigkeiten und ihren Ruhemassen (Materialmengen) ab. Bei jedem Zusammentreffen wird ein Teil der Energie in Strahlung (=Bosonen) umgewandelt. Die meisten emittierten (ausgesandten) Strahlen sind elektromagnetische Wellen, z. B. Wärmestrahlen, Licht, Röntgenstrahlen usw., also Photonen. Je höher die Geschwindigkeit ist, mit der Körper aufeinander treffen, desto mehr und energiereichere Bosonen entstehen. Am meisten entstehen, wenn Materie und Antimaterie aufeinander treffen. Antimaterie ist gegenüber üblicher Materie bzgl. Raum, Zeit und Ladung gespiegelt. Tatsächlich machen extrem hohe Geschwindigkeiten einen Teil des Wesens der Antimaterie aus. Umgekehrt kann, wenn reine energiereiche Bosonen (z. B. Gammastrahlen) aufeinandertreffen, aus diesen Materie entstehen. (zur Antimaterie s. daswesenderzeit.de)

3.  Die starke Wechselwirkung hält z. B. die Quarks in einem Proton zusammen. Sie ist weitgehend mit der so genannten Atomenergie identisch. Lebewesen haben mit der starken Wechselwirkung unmittelbar wenig zu tun. Trotzdem hat sie für das Leben große Bedeutung. Fast die gesamte Energie, die Lebewesen auf der Erde nutzen, stammt aus der Lichtenergie der Sonne. Diese Energie wird ja bekanntlich von Pflanzen mittels Fotosynthese (siehe unten) genutzt und in Form energiereicher Substanzen (Nährstoffe) an Pflanzenfresser usw. weitergegeben. Die Strahlung, die die meisten Sterne (nicht nur die Sonne) aussenden, wird bei Prozessen (Kernfusion, Kernverschmelzung) gebildet, bei denen die starke Wechselwirkung eine wichtige Rolle spielt. In der Sonne verschmelzen bestimmte Wasserstoffatome zu Helium. Dabei wird unvorstellbar viel mehr Energie frei als z. B. bei Verbrennungen auf der Erde. Menschen sind deshalb dabei, auf der Erde Verfahren zu entwickeln, mit denen man kontrollierte Kernfusionen durchführen kann. Mit solchen Verfahren ließen sich alle Energieprobleme der Erde lösen. Allerdings bringt auch die Kernfusion Probleme mit radioaktiven Stoffen mit sich.

In Sternen (z. B. während einer Supernova) verschmelzen auch andere einfache Elemente zu komplexeren (schwereren) Elementen wie z. B. Kohlenstoff, Sauerstoff usw. Da viele dieser Elemente Bestandteile des Lebens sind, gehören Kernverschmelzungen (starke Wechselwirkung) zu den notwendigen Voraussetzungen für das Leben.

4.  Die schwache Wechselwirkung begegnet Menschen fast nur beim radioaktiven Beta-Zerfall.

Starke und schwache Wechselwirkung sind für das menschliche Alltagsleben u. a. deshalb weniger bedeutungsvoll, weil sie extrem kurze Reichweiten haben. Die Reichweiten von Gravitation und elektromagnetischer Wechselwirkung sind dagegen extrem hoch, möglicherweise unendlich.

Alle vier Wechselwirkungen vereinigen sich wahrscheinlich bei sehr hohen Temperaturen, wie sie im Moment des Urknalls herrschten, zu nur einer Wechselwirkung. Mit dieser Problematik befassen sich Vereinigungstheorien, die als GUT (=great unifying therories) bekannt sind.

Die Dimensionen und die Zeit

Menschen können drei Dimensionen, die sie Länge, Höhe und Breite nennen, wahrnehmen. Sie bilden zusammen den dreidimensionalen Raum, den Menschen sich auch anschaulich vorstellen und korrekt berechnen können. Mit der vierten Dimension, die sie „Zeit“ nennen, gehen sie dagegen äußerst merkwürdig um. Die vierte Dimension können sie weder wahrnehmen noch anschaulich vorstellen. Zu ihr haben Menschen nur indirekten Zugang durch Bewegungsvorstellungen, Gedächtnis und Emotionen. Um das Chaos perfekt zu machen, nennen sie auch noch etwas ganz anderes „Zeit“, nämlich das Vergehen der Zeit, den Zeitfluss. Nun haben ihnen aber einige ihrer größten Physiker (u. a. Einstein, Minkowski, Weyl und Hawking) bewiesen, dass die Welt, in der sie leben, aus mindestens vier Dimensionen, die alle vier völlig gleichwertig existieren, besteht. Dieser Gesamtkörper aus 4 Dimensionen wird seit Einstein Raumzeitkontinuum (abgekürzt „Raumzeit“) genannt, weil alle vier Dimensionen gleichberechtigt und verbunden dieses zusammengehörige Ganze bilden. Trotzdem verhalten sich fast alle, auch die meisten Physiker, so als existiere von der vierten Dimension immer nur die jeweilige Gegenwart. Da die vierte Dimension allen anderen völlig gleichwertig ist, muss sie jedoch auch die (wichtigsten) Eigenschaften der anderen Dimensionen haben. Diese Eigenschaften sind: eine Längenausdehnung und materieller Aufbau. Die vierte Dimension muss also aus existierendem Material bestehen. Nun kann wie gesagt niemand sich eine vierte Dimension senkrecht auf den drei Raumdimensionen anschaulich vorstellen. Dennoch kennen wir alle die Längenausdehnung und das Material der vierten Dimension (Zeit). Es ist das, was alle Körper im Universum einmal waren, sind und sein werden. Sie bilden eine Serie von dreidimensionalen Körpern (Weltpunkten, Kopien, Elementen, nows) durch die Zeit. Diese Serie wird von einigen Physikern als Zeitwurm, Spagetti, Schlange oder Weltlinie bezeichnet. Hier gibt es jedoch zwei unterschiedliche Auffassungen: Die Einen (und Meisten) verstehen unter der Weltlinie eine ideelle Verbindungslinie zwischen den Punkten in der Raumzeit, an denen ein bewegter Körper sich zu verschiedenen Zeitpunkten befindet. Andere verstehen darunter eine materielle Serie von Körpern. Wir gehen davon aus, dass letztere Recht haben. Daraus folgt, dass alles, was jemals war, ist und sein wird, einfach da ist. Diese Aussage ist identisch mit der Aussage: „Die Welt ist ein Raumzeitkontinuum.“ Anders ausgedrückt: die Aussagen: „Die Welt ist ein Raumzeitkontinuum“ und: „Vergangenes und Zukünftiges existieren nicht.“ sind nicht vereinbar. Wir wollen diese Problematik durch einen Vergleich verdeutlichen: Stellen wir uns vor, die zu verstehende Welt sei die Erdkugel. Die Wissenschaftler, die diese Erde untersuchen, können sich aber nur Flächen vorstellen, keine dreidimensionalen Räume. Wenn sie nun mit Hilfe ihrer zweidimensionalen Vorstellungen und Methoden die dreidimensionale Erdkugel zu verstehen versuchen, gehen sie genauso vor, wie wir, wenn wir mit dreidimensionalen Vorstellungen die vierdimensionale Welt zu verstehen versuchen. Das Verständnis einiger Querschnitte durch die Erdkugel kann das Verständnis der gesamten dreidimensionalen Kugel nicht liefern oder ersetzen.

Wenn die vergangene und zukünftige Welt einfach nur existiert, kann auch der Zeitfluss nicht das sein, was wir uns üblicherweise darunter vorstellen. Auch die üblichen Vorstellungen zu bewegten Körpern müssen korrigiert werden. Gehen wir kurz auf diese Problematik ein: Menschen können von ihrer vierdimensionalen Welt immer nur dreidimensionale Gegenwartsausschnitte sehen. Sie sehen aber nicht immer denselben Ausschnitt, sondern, aus der Vergangenheit in die Zukunft wandernd, einen Ausschnitt nach dem anderen. Dieses Gleiten ihres Bewusstseins nennen sie Zeitfluss und halten es (fälschlicherweise?) für eine objektive physikalische Tatsache. Wenn sie dabei sich selbst (ihre eigene Weltlinie) betrachten, nennen sie ihre entsprechenden Beobachtungen „Altern“. Auch hier macht ein Vergleich die Problematik noch deutlicher: Wir wählen als Modell für unsere eigene Weltlinie statt eines (Zeit)Wurmes eine brennende Wunderkerze. In diesem Modell entspricht der aufwärts wandernde Funke unserer üblichen Vorstellungen von uns selbst. Stellen wir uns zwei brennende Wunderkerzen vor, die miteinander einen Winkel von beispielsweise 45 Grad bilden. Wenn die beiden Funken (menschliche Beobachter) sich gegenseitig beobachten, stellen sie fest, dass der jeweils andere Funke sich zu entfernen scheint. Das Wesen der Bewegungen liegt daher in der wechselseitigen Beobachtung von zeitgleitenden Weltpunkten auf nicht parallelen Weltlinien.

Das Wandern des menschlichen Bewusstseins durch die Raumzeit nennen wir Zeitgleiten. Es ist der Grund für das Erleben des Zeitflusses und jeder Bewegung. Dabei gleitet nicht nur das Bewusstsein, sondern die gesamte menschliche dreidimensionale Wahrnehmungswelt. Man kann sich dieses Geschehen gut klar machen, wenn man es mit dreidimensionalen Modellen vergleicht. Es entspricht dem Gleiten einer Fläche (=zweidimensionaler Körper) durch einen dreidimensionalen Körper. Wenn z. B. die Wasseroberfläche eines Stausees an einer Baumkrone aufsteigt, geschieht prinzipiell das Gleiche, wie wenn die menschliche Wahrnehmungswelt durch die Raumzeit gleitet. Dabei entsprechen das Wasser der Vergangenheit, der Wasserspiegel der Gegenwart, die Luft über dem Wasser der Zukunft und die Berührungsstellen von Wasserspiegel und Ästen der menschlichen Wahrnehmungswelt. Fassen wir diese neuen Gedanken zwecks besserer Verständlichkeit noch einmal zusammen: 

Menschliche Gehirne sind so gebaut, dass sie glauben, durch die Zeit (eigentlich Raumzeit) zu gleiten. Das physikalische Wesen der vierten Dimension ist eine rein statische Ausdehnung, die der Länge, Höhe und Breite völlig gleichwertig ist. Alle Dimensionen stehen senkrecht aufeinander, verändern sich nicht und müssen mit dem gleichen Maß, nämlich Meter, gemessen werden. Die vier Dimensionen bilden einen für Menschen unvorstellbaren aber berechenbaren vierdimensionalen Körper (Raumzeit), in dem die vier Dimensionen ebenso gleichwertig und zusammenhängend sind, wie die drei Dimensionen eines dreidimensionalen Körpers. Deshalb nannte Einstein dieses System Raumzeitkontinuum.

Um das Wesen der Zeit zu verstehen, müssen wir uns darüber klar werden, dass die unter Menschen übliche Definition für Zeit mit dieser statischen Vorstellung der vierten Dimension nur wenig übereinstimmt. Menschen haben neben diesem statischen Zeitbegriff noch einen zweiten, den Zeitfluss. Weil sie zwischen diesen Zeitbegriffen nicht korrekt unterscheiden, haben fast alle bisher das Wesen der Zeit und der Bewegung nicht richtig verstanden. Ihr zweiter Zeitbegriff ist charakterisiert durch die unvermeidliche Veränderung, also den Ablauf oder das Vergehen von Zeit. Dies entspricht weitgehend der Tatsache, dass Menschen so konzipiert sind, dass sie aus der Vergangenheit in die Zukunft durch die Raumzeit zu gleiten glauben. Dieses Gleiten durch die Raumzeit (Zeitgleiten) ist ein wahrscheinlich (z. T.?) subjektives selbstständiges Phänomen, das neben der vierten Dimension existiert. In diesem Sinne wäre es daher nicht richtig, den üblichen verwaschenen, doppeldeutigen Zeitbegriff als vierte Dimension zu bezeichnen.

Die wichtigste Voraussetzung, um das Wesen der Zeit zu verstehen, ist, klar zwischen den zwei Zeittypen Zeitgleiten (oder Gleitzeit) und statischer Zeit (=vierte Dimension) zu unterscheiden. Die wichtigste Beziehung zwischen diesen beiden Zeittypen besteht im scheinbaren Gleiten des menschlichen Bewusstseins durch die Raumzeit. Dieses Gleiten erfolgt mit Lichtgeschwindigkeit. Das bedeutet, dass jeder Mensch (Gegenstand) zu jedem Zeitpunkt von dem, was er vor einer Sekunde war, genau eine Lichtsekunde, also 300 000 Kilometer, entfernt ist. Die Sekunde ist also ein geeignetes Maß für die Geschwindigkeit, mit der das menschliche Bewusstsein durch die Raumzeit zu gleiten glaubt. Die Lichtsekunde ist ein Längenmaß, das für die vierte (jede) Dimension steht und ebenso geeignet ist, wie das (der) ihr zugrunde liegende Meter. Es wäre sinnvoll, die vierte Dimension nicht mehr mit dem Begriff „Zeit“ zu bezeichnen oder für das Vergehen der Zeit nicht mehr diesen Begriff zu verwenden. Stattdessen könnte der Begriff Zeitgleiten eingeführt werden. Menschen, auch viele Physiker, halten ihr subjektives Gleiten durch die Raumzeit für eine objektive physikalische Tatsache. Dieses Gleiten (Vergehen von Zeit) existiert aber wahrscheinlich nur dann, wenn es Subjekte, wie Menschen und Tiere, gibt, die es erleben. Die Welt (einschließlich allem, was war und sein wird) ist wahrscheinlich einfach da. Sie wurde nie geschaffen, wird nie vergehen und wurde nie verändert. Sie enthält jedoch Unterschiede (=Information =Energie). Die Vorstellung der Entstehung, des Todes und jeder Veränderung entsteht allein im menschlichen (tierischen) Bewusstsein durch das Zeitgleiten.

Die Nichtberücksichtigung des menschlichen Gleitens durch die Raumzeit bei allen physikalischen Messungen ist der wichtigste Grund für die meisten großen Probleme (für Kenner: Nichtlokalität, Welle-Teilchen-Dualität, Quantengravitation usw.) der menschlichen Physik.

Das Wesen von Information und Sprache (≈Informationsübertragung)

Jede Sprache kann Information speichern und transportieren. Das Wesen der Information besteht in der Existenz von mindestens zwei Objekten, die nicht gleich sind. Solche Objekte sind z. B. zwei verschiedenfarbige Schachfelder und zwei verschiedene Zeichen jeder Sprache, z. B. zwei Buchstaben. Sinn bekommt der Informationsbegriff allerdings nur dann und dadurch, dass jemand die beiden Objekte vergleicht. So etwas können Menschen und viele Tiere (vor allem?), weil es den Zeitfluss gibt, besser gesagt: wenn und weil sie dem Zeitgleiten unterliegen. Der Vergleich erfolgt i. d. R. dadurch, dass im Gehirn eine Kopie (Gedächtnis) der beobachteten Objekte angelegt und mit anderen (später) beobachteten verglichen wird.

Die kleinste (messbare) Informationsmenge nennen Menschen ein Bit. Dies ist die Maßeinheit für Information. Ein Bit ist die kleinste mögliche (Energie)differenz zwischen zwei Objekten. Um z. B. entscheiden zu können, ob eine Figur auf einem schwarzen oder weißen Feld des Schachspiels steht, benötigt man ein Bit Information.

Das allgemeine Wesen jeder Sprache (Information) besteht aus mindestens zwei verschiedenen Zeichen und der Reihenfolge dieser Zeichen. Information ist in jedem Objekt (Weltpunkt, Ereignis) dieser Welt enthalten. Ein Bild enthält z. B. viele Einzelelemente (Pixel) die einschließlich ihrer Beziehungen zueinander z. B. in der Sprache der Computer digital (u. a. per Internet) übertragen werden können. Sprachen bestehen aus besonders günstig übertragbaren Symbolen, mit denen sich die Informationen, die alle Körper (Weltlinien, Weltlinienmuster) dieser Welt enthalten, übertragen lassen. Sprachliche Information kann als DNA-Strang, Schrift, Strichcode, Brandspuren auf CDs usw. gespeichert werden. Die DNA benutzt 4 bzw. 64, die lateinische Schrift in Deutschland 26 und die Computersprache 2 Zeichen. „Mundartlich“ nennt man das „Sprechen“ der Computer „digitale Informationsverarbeitung mittels binärer Codes“.

Die Zeichen der DNA heißen Basen oder Tripletts, die der Schrift Buchstaben, Hieroglyphen, Runen usw. Die Zeichen der Computersprache heißen: Strom fließt und Strom fließt nicht. Die Symbole dafür sind 1 und 0. 0 und 1 werden allerdings so zu Gruppen zusammengefasst, dass man viele Buchstaben verschiedener menschlicher Sprachen, alle Zahlen und verschiedene andere Zeichen codieren (umschreiben) kann. Damit dies möglich wurde, musste man ziemlich große Gruppen bilden. Man wählte u. a. Gruppen, in denen jedes der beiden Zeichen jeweils 8-mal vorkommt. Diese Gruppen heißen Bytes. Der Buchstabe „A“ z. B. wird durch eine bestimmte Kombination und Reihenfolge von 8mal „Strom fließt“ und/oder „Strom fließt nicht“ geschrieben (codiert). Wir verdeutlichen dieses Kombinieren unten noch einmal an einem anderen Beispiel.

Sprachprobleme

Jede Sprache kann in jede andere Sprache übersetzt werden. Dieser Vorgang heißt sowohl in der Biologie wie auch in der Sprachlehre Übersetzung oder Translation. Wenn die Zahl der Zeichen von Sprachen, die man übersetzen will, nicht gleich ist, kann es Probleme geben. Damit man z. B. von einer Sprache mit vielen Zeichen in eine Sprache mit wenig Zeichen übersetzen kann, muss die Zahl der Zeichen angeglichen werden. Das kann man machen, indem man die Zeichen der zeichenärmeren Sprache zu Gruppen zusammenfasst. So sind die 4 Basen (=Zeichen) der DNA zu Dreiergruppen zusammengefasst, damit 20 verschiedene Aminosäuren erkannt und zu Eiweißen zusammengebaut werden können (s. u.). Beim Morsealphabet, in der Computer-Sprache usw. werden Zweier-, Dreier-, Vierer-, Achtergruppen usw. gebildet, um für jeden Buchstaben des Alphabets und andere Symbole ein eigenes Zeichen zu haben.

Sprachen mit wenigen Zeichen können relativ schnell erlernt werden. Sie haben aber den Nachteil, dass sie für den Informationstransport und die Speicherung viel Raum und Zeit benötigen. Für Sprachen mit vielen Zeichen, wie z. B. die chinesische Schriftsprache, gilt natürlich sinngemäß das Gegenteil. Eine mittlere Zahl von Zeichen ist daher für traditionelle menschliche Kommunikation am ökonomischsten. Die häufigste menschliche Schriftsprache, die lateinische, ist mit ca. 26 Zeichen nicht schlecht gewählt. Einige dieser Zeichen sind allerdings doppelt und daher überflüssig und schädlich, denn sie erhöhen den Lernaufwand und das Risiko von Missverständnissen, ohne nennenswerte Vorteile zu bringen (s. u. Rechtschreibreform).

Der größte Vorteil der lateinischen Schrift ist jedoch die ursprünglich eindeutige Zuordnung von gesprochener und geschriebener Sprache. Die menschliche Lautsprache verändert sich aus Gründen, die im Kapitel 4 unter dem Stichwort „Gruppenetikettierung“ besprochen sind, im Laufe der Zeit. Ein großer Fehler der Menschheit, der den sprachlichen Lernaufwand erheblich unnötig erhöht, ist die Tatsache, dass die Schriftsprache diesen Veränderungen der Lautsprache schwerfällig oder gar nicht angepasst wird (Genaueres s. u. a. Kap.4). Dies gilt leider besonders für die englische Sprache.

Das Wesen der Sprache kann nur dann restlos verstanden werden, wenn man das Wesen der Information verstanden hat. Zum Wesen der Information siehe oben und Kapitel 11.

 

Wir haben jetzt einen Blick auf das physikalische Fundament der Welt geworfen und wollen darauf nun das chemische Fundament bauen. Dies wird die Grundlage für das Verständnis biologischer Vorgänge sein. Auf dieser Grundlage wiederum werden wir u. a. historische, psychische und darauf pädagogische und soziologische Prozesse verstehen können.

 

Chemie

Chemische Grundlagen

Die Elementarteilchen vereinigen sich wie gesagt zu Atomen. Protonen und Neutronen bilden den Atomkern. Die Elektronen umgeben den Kern und bilden die so genannte Atomhülle. Im einfachsten Fall tut sich ein Elektron mit einem Proton zu einem Wasserstoffatom zusammen. Von diesen Atomen gibt es ca. 110 verschiedene Typen (=Kombinationen aus Elektronen und Kernteilchen). Diese Zusammenstellungen und auch Ansammlungen von Atomen des gleichen Typs (=Stoffe) heißen chemische Elemente und werden im so genannten Periodensystem zusammengestellt und geordnet. Sie unterscheiden sich strukturell durch die Zahl ihrer Protonen, Elektronen und Neutronen. Das zweite Element im Periodensystem ist Helium, ein Edelgas. Es besteht aus zwei Protonen, zwei Elektronen und zwei Neutronen. Die nächsten Elemente heißen Lithium, Beryllium, Bor, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Neon, Natrium usw. Bei jedem folgenden Element werden ein Proton und ein Elektron, aber nicht immer ein Neutron hinzugefügt.

Was das eigentliche Wesen dieser Teilchen ist, ist schwer zu sagen. Physiker müssen sich generell in der Welt des Mikro- und Makrokosmos mit Modellen begnügen. Die Vorstellungen unserer Alltagswelt reichen nicht aus, um die Welten des Kleinsten und Größten anschaulich und verständlich zu machen. In der Regel führen sie sogar zu falschen Vorstellungen. Dafür ist die übliche Vorstellung fester Körper wahrscheinlich ein Beispiel. Sie entsteht nicht, weil Protonen, Elektronen usw. wirklich feste, harte Körper sind, sondern durch das Zusammenprallen von Elektronen eines Objektes mit Elektronen auf Sinneszellen und durch die Verarbeitung dieser Information in menschlichen Gehirnen. Wir wissen, dass Protonen und Neutronen aus je drei Quarks aufgebaut sind, aber jedes dieser (aller) elementaren Teilchen kann man als Korpuskel (hartes Teilchen) oder vielleicht auch besser als so etwas wie Strahlung oder ein Energiefeld auffassen.  

Die Atomhülle kann ziemlich komplex strukturiert sein. Wichtig ist, dass die Elektronen, die ja die Atomhülle bilden, auf verschiedenen so genannten Schalen mit der Bezeichnung K, L, M, N angeordnet sind. Diese Schalen haben verschiedene Formen, z. B. Hantelform. Im einfachsten Falle, nämlich bei der ersten Schale (K) ist es näherungsweise die Form einer Kugeloberfläche (Apfelschale). Auf dieser ersten Schale können sich maximal zwei Elektronen befinden. Auf der nächsten Schale (L) können sich maximal acht Elektronen befinden, die hantelförmig oder wie Kugelwolken angeordnet sein können. Die Vorstellung einer Wolke, in der der Wasserdampf an verschiedenen Stellen verschieden dicht sein kann, ist als Modell für schnell bewegte Elektronen auf Schalen sehr geeignet. Es ist nämlich nicht so, dass Elektronen sich wie Planeten auf festen Bahnen bewegen. Deshalb weiß man meistens nicht, wo ein Elektron gerade ist und schon gar nicht, wo es sein wird. Physiker können immer nur einen wolkenähnlichen Raum angeben, in dem man das Elektron mit von Ort zu Ort verschiedener Wahrscheinlichkeit antrifft. Auch die Vorstellung, dass das Elektron über eine Kugeloberfläche wie über eine sehr dicke Apfelschale verschmiert ist, ist hilfreich. Noch besser dürfte die schon angesprochene Vorstellung eines sphärischen Energiefeldes mit unterschiedlicher Energiekonzentration sein.

Die Neutronenanzahl der Elemente hängt auf ziemlich komplizierte Weise von der Entstehung der Elemente und gewissen inneren Bedingungen im Atomkern ab und muss nicht in allen Atomen eines Elementes gleich sein. Diese Problematik muss uns hier nicht interessieren. Es genügt für unsere Zwecke, sich zu merken, dass bei den ersten zehn Elementen die Neutronenzahl ziemlich genau der Protonenzahl entspricht. Wichtig ist dagegen der Begriff Isotop. Chemische Elemente können in den Atomkernen unterschiedlich viele Neutronen enthalten. Diese verschiedenen Erscheinungsformen desselben Elements nennt man Isotope. Meistens meint man, wenn man von Isotopen spricht, die –bezüglich der Neutronenzahl- unüblichen Erscheinungsformen eines Elements. Isotope kann man deshalb auch (unzulässig vereinfacht aber verständlich ausgedrückt) als Elemente mit von der Norm abweichender Neutronenzahl bezeichnen. Die Norm entspricht der Neutronenanzahl, die man üblicherweise auf der Erde in Elementen findet. Sie wird im Periodensystem indirekt angegeben. Man berechnet sie, indem man die Protonenzahl eines Elements von der Gesamtzahl seiner Nukleonen (Teilchen im Kern) abzieht (s. u.). Die Protonenzahl entspricht der Ordnungszahl, die Gesamtzahl der Nukleonen entspricht der Massenzahl der Atome (s. u.).

Isotope spielen im Zusammenhang mit radioaktiven Zerfällen und Altersbestimmungen von Fossilien usw. eine wichtige Rolle.

Neutronen verdanken ihren Namen ihrem elektrisch neutralen Verhalten.

Beim radioaktiven Zerfall verändern sich Atomkerne. Es können z. B. Neutronen in Protonen umgewandelt, oder Kerne gespalten werden. Diese Veränderungen beruhen auf dem Wirken der schwachen Kraft. Für diese Veränderungen bedarf es oft sehr langer Zeiten. Die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte der Menge eines Stoffes zerfallen ist, nennt man Halbwertszeit. Wenn man diese Zeit kennt, kann man das Alter von Substanzen berechnen, die radioaktive Elemente enthalten. Man kann auch berechnen, wie lange radioaktive Stoffe, die z. B. bei Atomversuchen und in Atomkraftwerken entstehen noch strahlen werden. Radioaktive Materialien, bzw. deren Strahlung sind für Lebewesen sehr gefährlich. Manche radiaktive Stoffe haben Halbwertzeiten von Jahrtausenden oder sogar Jahrzehntausenden. Das sind Gründe, für die vielen Streitereien um die Gefährlichkeit und Nutzung der Atomenergie.

Protonen und Elektronen verhalten sich nicht elektrisch neutral. Sie verhalten sich vielmehr so, dass sie sich durch den Austausch von Photonen (elektromagnetische Wechselwirkung s. o.) gegenseitig bewegen (besser: ihr Bewegungsverhalten ändern =wechselseitig die Krümmungen ihrer Weltlinien ändern). Elektrisch wirksame Teilchen können sich nicht nur anziehen, wie bei den anderen Wechselwirkungen üblich, sondern auch abstoßen. Um diese Doppelwirkung einfach beschreiben zu können, bezeichnet man Elektronen als negativ, Protonen als positiv geladen. Gleich geladene Teilchen, z. B. zwei Elektronen (oder Anionen s. u.) und zwei Protonen (oder Kationen s. u.), stoßen sich ab. Ungleich geladene Teilchen, z. B. ein Elektron und ein Proton oder ein Kation und ein Anion, ziehen sich an. So genannte normale (häufige) Atome und Moleküle (s. u.) sind als Ganzes nach außen elektrisch neutral, weil sie gleich viel Elektronen wie Protonen enthalten.

Wenn die Zahlen der Elektronen und Protonen in einem Atom oder Molekül ungleich sind, nennt man die entsprechenden Teilchen Ionen. Wenn die Zahl der Elektronen (negativ geladene Teilchen) überwiegt, heißen sie Anionen. Wenn die Zahl der Protonen (positiv geladene Teilchen) überwiegt, heißen sie Kationen. Ion heißt griechisch Wanderer. Ionen haben ihren Namen erhalten, als man sie bei ihrer Wanderung in elektrischen Feldern entdeckte.

Die Begriffe „Ladung“, „positiv“ und „negativ“ beschreiben das Wesen der elektromagnetischen Erscheinung nicht besonders gut. Das Wesen dieser Kraft liegt in der Fähigkeit, bestimmte Weltlinien mit Hilfe von Photonen aufeinander zu oder voneinander weg zu krümmen (in traditioneller Sprache: Körper aufeinander zu oder voneinander weg zu bewegen).

H                                               (He)                                                                                                        

(Li)   (Be)    (B)     C    N     O     F     (Ne)

Na    Mg     (Al)   (Si)   P     S    Cl     (Ar)

K      Ca

 

  1  H     Wasserstoff

  2  He   Helium

  3  Li    Lithium

  4  Be   Berillium

  5  B     Bor

  6  C     Kohlenstoff (Carbonium)

  7  N     Stickstoff  (Nitrogenium)

  8  O     Sauerstoff (Oxigenium)

  9  F     Fluor

10  Ne   Neon

11  Na   Natrium

12  Mg  Magnesium

13  Si    Silizium

14  P     Phosphor

15  S     Schwefel

16  Cl    Chlor

17  Ar    Argon

18  K     Kalium

19  Ca   Kalzium

Die in der Liste fett markierten Elemente sind die häufigsten Bestandteile des biologischen Materials (=organische Substanz). Das sind vor allem Zucker, Eiweiße, Fette und Nukleinsäuren. Es sind S, C, H, N, O, P und das sich aus dieser Buchstabenreihenfolge ergebende Wort „Schnop“ kann helfen, sich die Elemente zu merken. Da dies kein gebräuchliches Wort ist, muss man sich zusätzlich merken, dass, die meisten S(ch)nobs von diesen Elementen keine Ahnung haben. Die anderen biologisch wichtigen Elemente (Mg findet sich z. B. im Chlorophyllmolekül, das für die Photosynthese wichtig ist) kommen in organischen Molekülen nur selten vor. Sie bilden zusammen mit Wasser vor allem die Salzlösungen in Zellen, Blutkreislaufsystemen, Lymphbahnen, Böden, Gewässern usw., ohne die das Leben nicht funktionieren kann. In Gewässern und Böden bezeichnet man sie (neben weiteren Elementen, z. B. Eisen, Kupfer, Jod) auch als Mineralien, Nährsalze oder Dünger.

Die Zahlen vor den Elementen (oben) entsprechen der Zahl der Protonen und der Zahl der Elektronen jedes zugeordneten Elements. (Natrium hat also z. B. 11 Protonen und 11 Elektronen). Da sie das wichtigste Ordnungsprinzip im Periodensystem darstellen, heißen sie Ordnungszahlen.

Die Masse eines Atoms wird fast ausschließlich von den Nukleonen, das sind Protonen und Neutronen, bestimmt. Nukleus ist das griechische Wort für Kern. Die Masse eines Elektrons beträgt nur etwa ein Zweitausendstel der Masse eines Protons oder Neutrons. Die Zahl, die die Anzahl der Nukleonen im Kern eines Elements anzeigt, heißt Massenzahl. Sie entspricht auf der Oberfläche der Erde ziemlich genau dem Atomgewicht. Wasserstoff z. B. besteht aus einem Proton und einem Elektron, hat also das Atomgewicht (besser Atommasse) 1. 

Die im Periodensystem in Spalten übereinander stehenden Elemente bilden die so genannten Gruppen. In ihnen finden sich Elemente mit gleich vielen Elektronen auf der äußeren Schale und daher mit ähnlichen chemischen Eigenschaften. Die Zahl dieser Elektronen bestimmt vor allem, wie viele chemische Bindungen ein Atom des betreffenden Elements eingehen kann. Die erste Gruppe (Spalte unter dem Wasserstoff) hat ein Elektron auf der äußeren Schale. Ihre Elemente heißen Alkalimetalle. Die zweite Gruppe hat zwei Elektronen auf der äußeren Schale. Ihre Elemente heißen Erdalkalimetalle. Die letzte Gruppe sind die Edelgase. Bei ihnen ist die letzte (äußere) Schale vollständig gefüllt. Die vorletzte Gruppe sind die Halogene. Ihnen fehlt ein Elektron auf der äußeren Schale, um sie vollständig zu füllen. Die Gruppen dazwischen werden nach dem obersten Element jeder Spalte, z. B. Kohlenstoffgruppe oder Stickstoffgruppe, genannt.

Die Nummer der Gruppe zeigt an, wie viele chemische Bindungen (s. u.) ein Element eingehen kann. Die Atome der Alkalimetalle und Halogene können z. B. eine chemische Bindung zu einem anderen Atom aufbauen. Die Fähigkeit, Bindungen aufzubauen und die Zahl der möglichen Bindungen, heißt Bindigkeit oder Wertigkeit. Alkalimetalle und Halogene sind einwertig. Kohlenstoff ist vierwertig. Das bedeutet, ein Kohlenstoffatom kann z. B. vier Bindungen mit vier anderen einwertigen Atomen oder mit zwei zweiwertigen Atomen eingehen. Fast alle Elemente können weniger als vier Bindungen eingehen. Kohlenstoff ist daher besonders gut in der Lage, komplexe chemische Strukturen zu bilden. Komplexität ist typisch für das Leben. Und tatsächlich ist Kohlenstoff auch das wichtigste Element in Lebewesen. Man nennt sogar fast alle Kohlenstoffverbindungen organisch, also lebenstypisch, Wegen seiner Vierbindigkeit konnte Kohlenstoff die komplexen Strukturen des Lebens hervorbringen und ebenfalls deshalb gibt es vielmehr organische Verbindungen (≈Kohlenstoffverbindungen) als anorganische.

Die in Zeilen nebeneinander stehenden Elemente im Periodensystem bilden eine Periode. Innerhalb einer Periode haben alle Elemente die gleiche Anzahl von Schalen. Die Schalen werden innerhalb der Periode von Element zur Element und von links nach rechts mit Elektronen aufgefüllt (s. u.).

 

Elektronegativität

Der Begriff Elektronegativität ist für das Verständnis chemischer Bindungen sowie chemischer Reaktionen, und damit für das Verständnis des Lebens, besonders wichtig. Er ist z. B. für das Verständnis der Beschleunigung chemischer Reaktionen durch Katalysatoren (wie z. B. Enzymen) und für die Wirkung von Medikamenten und Giften (s. u.) nötig.

Protonen in Atomkernen ziehen Elektronen der Atomhülle an. Natürlich ziehen auch Elektronen Protonen an. Da aber die Masse eines Elektrons nur etwa ein Zweitausendstel der Masse eines Protons ausmacht, werden bei diesen Anziehungsprozessen fast nur die Elektronen bewegt. Da die verschiedenen Elemente unterschiedliche Protonenzahlen aufweisen, ziehen sie Elektronen verschieden stark an. Die Stärke hängt vor allem von der Zahl der Protonen und der Entfernung zwischen Kern und Elektron ab. Die Anziehungskraft, die sich auf (potenzielle) Bindungselektronen bezieht, heißt Elektronegativität. Sie ist bei den Elementen in der rechten oberen Ecke des Periodensystems am höchsten, nimmt also von dort nach unten und nach links ab. Hierbei werden die Edelgase nicht berücksichtigt. In dieser Ecke steht das Element Fluor mit der höchsten Elektronegativität, der man den Wert „4“ zugeordnet hat. Auch Sauerstoff und Chlor weisen hohe Elektronegativitäten auf. Alle Metalle haben relativ niedrige Elektronegativitäten. Da ihre Atome deshalb Elektronen auf den äußeren Schalen wenig festhalten, eignen sie sich gut für den Transport von Elektronen, den wir oben schon als elektrischen Strom kennen gelernt haben.

 

Chemische Bindungen und chemische Reaktionen

Die meisten Atome neigen dazu, sich zu vereinigen. Der allgemeine, derzeit nicht restlos erklärbare Grund dafür ist das „Bedürfnis“ aller Materie, Zustände mit möglichst geringem Energiegehalt einzunehmen. Dieses Bedürfnis äußert sich u. a. darin, dass alle Atome es anstreben, auf einer Schale (oft die räumlich äußere) eine bestimmte Zahl von Elektronen (z. B. acht wie Oktett, Oktave, Oktan usw.) zu haben. Chemiker sprechen in diesem Zusammenhang von Oktettregel. Diese Zahl (acht) entspricht der Elektronenkonfiguration der äußeren Schale von Edelgasatomen. Elektronenkonfiguration nennt man die Gestalt (Zusammenstellung, Muster, Figur) aller oder einiger Elektronen eines Atoms. Meistens halten sich die energiereichsten Elektronen in der Kernhülle auf relativ weit außen liegenden Schalen auf. Weil die Elektronen eines Atoms sich aber nicht immer ordentlich an die „vorgeschriebenen Sitzordnungen“ halten, können manchmal auch energieärmere Elektronen weit außen liegen. Die energiereichsten und die außen liegenden sind besonders häufig an der Bildung von Bindungen beteiligt. Elemente versuchen, sich mit anderen Elementen oder Molekülen zu vereinigen, um dabei (dadurch) einen „magischen Achter“ (Oktettkonfiguration) bilden zu können. Wenn Elemente die Elektronenkonfiguration der im Periodensystem benachbarten Edelgase erreicht haben, „fühlen sie sich wohl“ und „wollen“ dann allenfalls noch mit anderen Atomen, mit denen sie stabilere Verbindungen bilden können, etwas „zu tun haben“. Alle Elemente streben aber nicht nur die Oktettkonfiguration an, sondern bevorzugen auch Bindungspartner, mit denen sie stabile energiearme Verbindungen bilden können. Solche Verbindungen, z. B. Wasser und CO2, entstehen meistens, wenn Bindungspartner deutlich unterschiedliche Elektronegativitäten haben. Diese Vereinigungen (die Vereinigungsprozesse!) und auch deren Auflösungen, also das Knüpfen und Lösen chemischer Bindungen, nennt man chemische Reaktionen. Das, was die Elemente (die Bindungspartner) zusammenhält, heißt chemische Bindung. Man meint damit sowohl die abstrakte Kraft, die die Elemente zusammenhält als auch die materiellen Elektronen, die die Bindung bewirken (sind). Wenn zwei oder mehr Atome eines Elements miteinander verbunden sind, heißt das ganze Produkt Molekül. Ein zusammengehöriger Haufen solcher gleichartiger Moleküle heißt Verbindung, wenn er mindestens zwei verschiedene Atome (Elemente) enthält. Es können sich auch einzelne Atome desselben Elements zu Molekülen verbinden, z. B. Wasserstoffatome zu H2 und Sauerstoffatome zu O2.

Elemente sind sehr verschieden. U. a. deshalb können sie sich auf verschiedene Weisen verschieden eng und verbindlich zusammenschließen. Die wichtigsten Möglichkeiten, sind die drei echten chemischen Bindungen: Elektronenpaarbindung, Ionenbindung und metallische Bindung.

 

Die Ionenbindung

Eine Ionenbindung entsteht, wenn ein Element mindestens ein Elektron vollständig an ein anderes Element, seinen Bindungspartner, abgibt. Dies geschieht z. B., wenn Natrium und Chlor sich zu Natriumchlorid (=Kochsalz) verbinden. Natrium gehört im Periodensystem in die Gruppe der Alkalimetalle, Chlor in die der Halogene. Gruppen sind die Spalten (senkrecht) im Periodensystem (siehe oben). Alkalimetalle besitzen ein Elektron auf der äußeren Schale, Halogene sieben. Natrium „möchte“ also ein Elektron abgeben, um die „magische Acht“ zu erreichen. Chlor erreicht das Gleiche, wenn es ein (weiteres) Elektron aufnimmt. Wenn nun dieses Elektron (das des Natrium) übergeben wird, verlieren beide Elemente ihre elektrische Neutralität, weil in beiden die Zahl von Protonen und Elektronen nicht mehr gleich ist. Natrium besitzt nach der Übergabe ein Elektron weniger als Protonen. Es ist daher einfach positiv geladen. Positiv geladene Ionen nennt man Kationen, negativ geladene Anionen. Chlor besitzt ein Elektron mehr als Protonen, ist also ein einfach negativ geladenes Anion. Dieses Chloratom hat einen besonderen Namen (Chlorid) bekommen. Die beiden entgegengesetzt geladenen Teilchen ziehen sich natürlich an, sind also gebunden. Solche Anziehungs- und Abstoßungskräfte ermöglichen Muskelbewegungen, Denkprozesse, Gefühle usw.

 

Salze   

Alle Stoffe mit Ionenbindung heißen Salze. Sie können sich im Raum in festen Strukturen anordnen, die man Gitter nennt. Im Falle des Kochsalzes entsteht z. B. ein Kristall mit rechtwinkligen Strukturen. In diesem Gitter hat jedes Chloratom sechs Natriumatomnachbarn und jedes Natriumatom ebenfalls sechs Chloratome als Nachbarn.

Viele Gesteine haben solche Kristallstrukturen.

Ionenbindungen entstehen immer dann, wenn die Elektronegativität der beteiligten Elemente deutlich unterschiedlich ist. Dazu muss die Elektronegativitätsdifferenz zwischen den Bindungspartnern ca. 1,5 bis 2 betragen. Wenn die Differenzen zwischen den Bindungspartnern niedriger sind, bilden die beteiligten Elemente Elektronenpaarbindungen oder metallische Bindungen.

Die metallische Bindung

Metalle sind Elemente mit wenigen Elektronen auf der äußeren Schale. Sie „möchten alle gern“ ein Elektron abgeben, um die Elektronenkonfiguration des nächstgelegenen Edelgases zu erreichen. Metallatome versuchen dies sogar dann, wenn sie nur ihresgleichen um sich herum vorfinden, also in reinen Metallen oder Mischungen  aus Metallen (Legierungen). In dieser Situation schwimmt jedes Metallatom gewissermaßen in einem Elektronenmeer. Dieses Meer hält die Atome zusammen (metallische Bindung). Jedes Atom kann sich in dieser Situation „ zufrieden einbilden, sein Elektron losgeworden zu sein“. Dieses Phänomen ist sehr wichtig für das Verständnis einiger elektrischer Vorgänge (s. u.).

Die Elektronenpaarbindung   Synonyma:  Atombindung,  polare Bindung,  kovalente Bindung

Für die Biologie (das Leben) ist die Elektronenpaarbindung besonders wichtig. Die Elektronenpaarbindung hat den Charakter einer Symbiose. Zwei Partner schließen sich zusammen und teilen sich zum Nutzen beider etwas, nämlich Elektronen. Um die Elektronenkonfiguration (=Achter) eines Edelgases zu erlangen, teilen sich zwei Atome ein oder mehrere Elektronenpaare und benutzen diese gleichzeitig als Zusammenhalt. Wir wollen das Ganze an ein paar Beispielen, die für das Verständnis des Lebens besonders wichtig sind, verdeutlichen.

Lebewesen bestehen hauptsächlich aus Molekülen mit den Elementen Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff usw. (s. o.). Im Mittelpunkt aller Verbindungen in Lebewesen steht der Kohlenstoff. Deshalb nennt man bis heute das Teilgebiet der Chemie, das sich mit fast allen Kohlenstoffverbindungen beschäftigt, organische, also auf das Leben bezogene, Chemie. Kohlenstoff ist bekanntlich vierwertig. Er kann sich also z. B. mit vier einwertigen Wasserstoffatomen verbinden. Dann entsteht Methan, ein brennbares Gas, das z. B. in Mägen von Wiederkäuern und in den Faultürmen von Kläranlagen gebildet wird und stark zum Treibhauseffekt beiträgt. Wasserstoff, das einfachste Element, möchte, um die Elektronenkonfiguration des nächstgelegenen Edelgases, Helium, zu erlangen, ein Elektron hinzugewinnen. Für Kohlenstoff sind die Edelgase Helium und Neon im Periodensystem gleich weit entfernt. Er kann deshalb entweder vier Elektronen überwiegend abgeben, um dem Helium zu entsprechen oder aufnehmen, um dem Neon zu entsprechen. Kohlenstoff zieht Bindungselektronen etwas stärker an als Wasserstoff dies tut. Deshalb kann man im Falle des Methans davon sprechen, dass Kohlenstoff die Elektronenkonfigurationen des Neons erreicht hat.

Das Methanmolekül CH­­­4 hat die Gestalt eines Tetraeders, eine Pyramide mit vier Ecken. Im Mittelpunkt steht das Kohlenstoffatom, um das sich vier Wasserstoffatome gleichmäßig verteilen.

Stickstoff ist dreiwertig, tut sich also z. B. mit drei einwertigen anderen Atomen zusammen, um das „Gefühl“ von acht Elektronen auf der Außenschale zu „erleben“. Wenn Stickstoff mit drei Wasserstoffatomen reagiert, entsteht NH3 (=Ammoniak).  

Das nächste Beispiel, an dem wir die Elektronenpaarbindung verdeutlichen wollen, ist das Wassermolekül H2O. Es besteht aus Sauerstoff und Wasserstoff. Sauerstoff hat sechs Elektronen auf seiner äußeren Schale, „möchte“ also noch zwei Elektronen aufnehmen, um wie Neon acht Elektronen auf der äußeren Schale zu haben. Sauerstoff ist also zweiwertig, d. h., er kann zwei Bindungen eingehen. Er verbindet sich deshalb mit zwei Wasserstoffatomen zu Wasser. Auch Sauerstoff zieht die Elektronen stärker zu sich als Wasserstoff. Dadurch wird die negative Ladung der Bindungselektronen im Wassermolekül stark zum Sauerstoffatom gezogen, also ungleichmäßig im Gesamtmolekül verteilt. Das Molekül bekommt dadurch zwei Seiten mit unterschiedlich starken elektrischen Ladungen. Diese Seiten nennt man elektrische Pole. Die Vorsilbe „di“ bedeutet „zwei“, das Wassermolekül ist also ein Dipolmolekül. Diese Polarität ist, wie alle elektrischen Kräfte, von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Lebens und der Chemie. Wichtig ist Polarität z. B. für das Lösungsverhalten von Stoffen.

Polarität und Lösungsverhalten

Alle Stoffe, die polar sind, wie Wasser, Alkohol, Essigsäure usw. lösen sich nur in polaren Lösungsmitteln. Der bekannteste Alkohol, Ethanol, löst sich z. B. in Wasser, Fette aber nicht. Statt polar sagt man auch hydrophil, (=wasserliebend) oder lipophob (=fettabweisend). Alle Stoffe die nicht aus polaren Atomen bestehen, wie z. B. Fette, nennt man apolar, lipophil (=fettliebend) oder hydrophob (=wasserabweisend). Sie lösen sich nur in apolaren Lösungsmitteln.

Säuren und Basen

Wasserstoff besteht bekanntlich nur aus einem Proton und einem Elektron. Wenn man diesem Element ein Elektron entzieht, bleibt ein ganz besonderes Ion übrig. Dieses Wasserstoffion (H+) besteht nur aus einem Proton ohne negativ geladene Atomhülle. Ein einzelnes freies Proton ist ein extrem reaktionsfähiges Teilchen und kann deshalb viele Stoffe zerstören. Chemiker nennen es aus diesem Grund auch das „Schweinchen der Chemie“, „Wildsau der Chemie“ wäre noch treffender. Die Reaktionsfähigkeit hat einen einfachen Grund: Jeder übliche chemische Stoff, der auf einen anderen üblichen Stoff trifft, wird von diesem abgestoßen, weil sich ja stets die außen liegenden, gleich geladenen Elektronen der üblichen Stoffe wechselseitig abstoßen. Das Wasserstoffion verhält sich genau entgegengesetzt. Statt abgestoßen zu werden, dringt es mit größtem „Vergnügen“ in alle Elektronenwolken, also in jede übliche Materie, ein. Wenn viele Protonen einwirken, kommt es häufig zu heftigen chemischen Reaktionen, die die Zerstörung der betroffenen Materie nach sich ziehen können. Diese Reaktionen bezeichnen Menschen üblicherweise als das Wirken von Säuren. Um das Wesen und Wirken der Säuren zu verstehen, starten wir mit einer Definition und setzen dazu bei der gerade diskutierten Polarität an.

Wenn man Säuren als Material betrachtet, definiert man sie als Verbindungen, die mindestens ein Wasserstoffatom und ein Element, das ektronegativer als Wasserstoff ist, enthalten. Dieses Element, bzw. diese Elemente oder Moleküle, heißen Säurerest.

Wir kennen also bereits einige Säuren, nämlich Wasser, Methan und Nitrat. Diese Stoffe werden aber üblicherweise nicht als Säuren bezeichnet. Wir wollen diesen merkwürdigen Umstand sofort klären.

Wenn man Säuren von ihrer Funktion her definiert, bezeichnet man sie als Protonenspender. Ob ein Stoff sich wie eine Säure verhält, ist keineswegs immer festgelegt. Grundsätzlich gilt wie in der gesamten Chemie der Trend, die stabilsten möglichen Verbindungen entstehen zu lassen. Relativ stabile („reaktionsunlustige“) Stoffe sind z. B. Wasser, CO2 und N2.

Was aber das Stabilste ist hängt auf manchmal sehr komplizierte Weise von verschiedenen Bedingungen ab. Auf jeden Fall kann eine Säure nur dann Protonen spenden, wenn diese in der Umgebung überhaupt Stoffe finden, mit denen sie reagieren können. Welcher der Stoffe nun der stabilere ist, hängt vor allem von elektrischen Wechselwirkungen zwischen allen beteiligten Ladungen (Elektronen und Protonen in allen Kernen). Das Proton (Wasserstoffion) kann z. B. von verschiedenen Kernen verschiedener Säurereste verschieden stark abgestoßen werden. Die Abgabe von Wasserstoffionen hängt auch davon ab, wie elektronegativ die jeweiligen Bindungspartner sind. Je größer die Elektronegativitätsdifferenz zwischen Wasserstoff und dem Säurerest (Bindungspartner) ist, desto „unwohler und unzufriedener“ fühlt sich der Atomkern des Wasserstoffs (=Proton). Das liegt daran, dass stark elektronegative Bindungspartner die Bindungselektronen besonders stark zu sich, also vom Wasserstoffion weg, ziehen. Dadurch kann das Wasserstoffion sein Ziel, die Elektronenkonfiguration des Heliums (zwei Elektronen auf der äußeren Schale), nur sehr unvollständig erreichen. Sobald sich ein Stoff findet, der dem Wasserstoffion mehr von einem Elektronenpaar überlässt als solch ein „egoistischer, krankhaft elektronengeiler“ Säurerest, geht (diffundiert) das „untreue“ Proton mit „größtem Vergnügen“ zu diesem neuen „Gönner, Symbiont oder Liebhaber“. Der Gönner ist keineswegs ein naher Verwandter des Protons, wird aber dennoch Base genannt. Wir haben gesehen, dass die Protonenübertragung zwischen Säuren und Basen von der Umgebung abhängt. Wasser z. B. verhält sich in einer starken Säure wie eine Base, nimmt also Protonen auf. In einer starken Base dagegen gibt Wasser Protonen ab, verhält sich also wie eine Säure. Starke Basen, wie z.B. Natronlauge (NaOH), sind Stoffe, die Protonen in hohem Maße Bindungselektronen zur Verfügung stellen („aufzwingen“) können.

Das oben angesprochene Ziehen und Schieben von Bindungselektronen gehört zum wichtigsten Hilfsmittel beim Lösen und Knüpfen von Bindungen. Chemiker und die Natur machen es mit Hilfe von Wärme, elektrischen Strömen, Katalysatoren (insbesondere Enzymen) usw. Enzyme sorgen z. B. dafür, dass geladene Bereiche (des Enzyms) in die Nähe von Bedingungen, die verändert werden sollen gebracht werden. Dadurch können Stoffe reaktionsbereit gemacht werden (s. o.).

Da alle Lebensprozesse in wässrigen Lösungen ablaufen, ist das Verhalten der freien Protonen im Wasser besonders wichtig. Freie Protonen haben z. B. bei Energiebereitstellungen durch Atmung und Fotosynthese, bei Vergiftungen und Gewebezerstörungen sowie für die Aktivität von Enzymen usw. wichtige Bedeutungen. Wenn im Wasser ein Wassermolekül ein Proton abgibt, bleibt ein OH- Teilchen, ein Anion, übrig. Das Proton kann in ein Wassermolekül eindringen. Dabei entsteht ein Kation, das Oxonium- oder Hydroniumion H3O+. Das Wassermolekül hat sich bei der Protonenabgabe, wie eine Säure, bei der Protonenaufnahme, wie eine Base, verhalten. Das OH- -Ion verhält sich fast immer (in fast allen Umgebungen) wie eine Base, das Oxoniumion fast immer wie eine Säure.

Das pH, der pH-Wert 

Da Säuren und Basen für das Verständnis des Lebens und für die Chemie eine so wichtige Rolle spielen, haben Chemiker Maße und Messinstrumente für den Säurecharakter von Stoffen entwickelt. Das pH (Potentiale Hydrogenium) zeigt die Konzentration der H+ -Ionen bzw. der Hydroniumionen in Wasser, bzw. wässrigen Lösungen, an. Es zeigt damit indirekt an, in welchem Umfang diese Lösungen Protonen abgeben oder aufnehmen können. PH-Werte sind reine Zahlen. Es sind die Zahlen von 0 bis 14. Dabei kennzeichnet Null die stärkste denkbare Säure, 14 die stärkste mögliche Base. In einer Säure finden sich viele Oxoniumionen und wenige OH- Ionen, in einer Base ist es umgekehrt. Wenn die Zahl der beiden Ionentypen gleich ist, also Neutralität herrscht, liegt ein pH von 7 vor.

Jetzt wollen wir noch erklären, warum hier eine Konzentration, das pH, in Zahlen ohne Benennung angegeben wird, obwohl es sonst üblich ist, Konzentrationen in Prozent, Promille, Mol pro Liter usw. anzugeben. Die Zahlen stellen eine praktische Vereinfachung dar, das pH wird jedoch auch in Mol pro Liter angegeben. Wenn der pH-Wert 7 beträgt, liegt eine Konzentration von 10-7 Mol pro Liter vor. 10-7 = ein Zehnmillionstel. Die Zahl 7 ist also nur ein einfaches Symbol für die negative Hochzahl -7. Bei pH 1 befinden sich 10-1, also ein Zehntel Mol Oxoniumionen in einem Liter Lösungsmittel.

Die wissenschaftliche Definition für das pH lautet: Das pH ist der negative dekadische Logarithmus des Zahlenwertes der molaren Oxoniumionenkonzentration.

Die Zahl der Oxoniumionen entspricht grob vereinfacht der Zahl der freien Protonen =Wasserstoffionen. Da der pH-Wert der wässrigen Lösungen in den meisten Lebewesen in der Nähe von 7 liegt, sind Säuren und Basen für diese Lebewesen um so gefährlicher, je weiter ihr pH-Wert von 7 entfernt ist.

 

Chemische Formeln

Menschen benutzen für Informationsübertragungen hauptsächlich Papier oder Bildschirme. Darauf werden Informationen leider häufig nur zweidimensional dargestellt. Moleküle sind aber dreidimensional, eigentlich sogar vierdimensional. Vierdimensionale Strukturen verdeutlichen Menschen durch Bewegung, also z. B. in Filmen, Experimenten, Freilandbeobachtungen usw. (Dabei gleitet man durch oder über vierdimensionale Körper [s. o.]). Dreidimensionale Strukturen verdeutlichen sie z. B. durch Modelle. Um drei- und vierdimensionale Strukturen auf Papier darzustellen, benützen sie Symbole, z. B. Worte und mathematische Zeichen. Atome und Elemente werden durch Buchstaben gekennzeichnet. Verbindungen werden gekennzeichnet, indem man die Buchstaben der einzelnen Elemente hintereinander schreibt. Dabei wird die Häufigkeit eines Atoms/Elements in einer Verbindung, bzw. in einem Molekül, durch eine kleine Zahl hinter dem Atomsymbol (Elementbuchstaben) angezeigt. Beispiele für solche Symbole für Verbindungen sind H2O, CH4, CO2 usw. Diese Symbole nennt man chemische Formeln. (In einigen Punkten ähneln sie tatsächlich einfachen mathematischen Formeln.)  Wenn sie nur die Gesamtzahl der Elemente einer Verbindung anzeigen, wie z. B. H2O und CH4, nennt man sie Summenformeln. Wenn sie auch die Gestalt der Moleküle anzeigen, nennt man sie Strukturformeln. Für das Verständnis chemischer Vorgänge spielen die Elektronen eine sehr wichtige Rolle, besonders wichtig sind Bindungselektronen und freie Elektronenpaare. Sie werden meistens als Kugeloberflächen (Kreise) bzw. als entsprechende ellipsoide Oberfläche dargestellt, verteilen sich aber in der Realität viel weiter. Deshalb spricht man auch von Kugelwolken. Auf Papier wird ein bindendes Elektronenpaar durch einen einfachen Strich zwischen zwei Atomsymbolen dargestellt. Die Strukturformel von Wasser sieht dann vereinfacht (ohne korrekte Bindungswinkel) so aus: H-O-H, die von CO2 so:  O=C=O

Chemische Gleichungen

Um das wichtigste Geschehen in der Chemie und Biologie, die chemischen Reaktionen, zu beschreiben, verwenden Wissenschaftler chemische Gleichungen. Weil diese Gleichungen einen Prozess beschreiben, steht statt des mathematischen Gleichheitszeichens ein Pfeil. Wie in der Mathematik, müssen auch bei chemischen Gleichungen auf beiden Seiten der Gleichungen gleichviel Atomsymbole (chemische Elemente) stehen, denn Atome können in der (Bio-)Chemie nicht einfach verschwinden. Ein Beispiel für eine chemische Reaktion, die wir durch eine Gleichung beschreiben, ist die Knallgasreaktion, bei der Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff entsteht: H+OH2O. Diese Gleichung ist fehlerhaft. Sie erfüllt unsere Forderung, dass die Anzahl der Elemente auf beiden Seiten gleich sein muss, nicht. (Außerdem schließen sich einzelne Wasserstoff- und Sauerstoffatome in der Regel zu Zweiergruppen (O2 und H2) zusammen). Wir müssen die Gleichung folgendermaßen umformen: 2H2+O22H2O. Jetzt finden sich auf beiden Seiten der Gleichung vier Wasserstoffatome und zwei Sauerstoffatome.

 

Organische Chemie

Um das Leben zu verstehen, betrachten wir als nächstes seine feinen Grundstrukturen, die organischen Moleküle. Dies sind, wie gesagt, fast alle Verbindungen, die Kohlenstoff enthalten. Die biologisch wichtigsten Moleküle und gleichzeitig Nahrungsstoffe sind Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate (Zucker) und Nukleinsäuren. Sie enthalten alle Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Um ihr Wesen und ihre Funktionen zu verstehen, beschäftigen wir uns kurz mit den Grundlagen der organischen Chemie.

Die Kohlenwasserstoffe

Verbindungen, die nur Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten, heißen Kohlenwasserstoffe. Den einfachsten haben wir bereits kennen gelernt. Es ist Methan, CH4. Andere wichtige Kohlenwasserstoffe sind Ethan =C2H6, Propan =C3H8, Butan = C4H10, Pentan, Hexan, Heptan, Oktan usw.  Jede Verbindung unterscheidet sich von der vorherigen formal durch eine hinzugefügte Gruppe, nämlich CH2. Diese Verbindungen können z. B. in Kohle, Erdgas und Erdöl vorkommen. Propan und Butan sind Gase, die z. B. in Gasflaschen und Tanks als Brennmaterial zum Kochen usw. dienen. In ihrer Gesamtheit nennt man sie Alkane.

Dies sind die einfachsten Kohlenwasserstoffe. Sie haben keine Doppelbindungen und einfache fast lineare Strukturen. Kohlenwasserstoffe können aber auch ringförmige (zyklische), ja sogar kugelförmige, Strukturen bilden. Zyklische Kohlenwasserstoffe sind z. B. einige Zucker und die wichtigsten Bestandteile der Nukleinsäuren, wie DNA und RNA.

Wenn Kohlenwasserstoffe zwischen C-Atomen Doppel- oder Dreifachbindungen aufweisen, nennt man sie ungesättigte Kohlenwasserstoffe. Kohlenwasserstoffe mit einer oder mehreren Doppelbindung(en), nennt man Alkene (Olefine), Kohlenwasserstoffe mit Dreifachbindungen heißen Alkine.

Die meisten Fettmoleküle enthalten Doppelbindungen in Form von ungesättigten Fettsäuren. Diese spielen in der Ernährung eine tragende Rolle. Es gibt z. B. einige Fettsäuren (essenzielle Fettsäuren), die (fast?) alle Tiere wegen der Doppelbindungen nicht selbst bilden können, sondern wie Vitamine mit der Nahrung aufnehmen müssen.

 

Die Bezeichnung ungesättigt rührt daher, dass die entsprechenden Stoffe relativ gerne chemisch reagieren und dabei zusätzliche Elemente ähnlich wie Nahrung aufnehmen. Alkene und andere ungesättigte Kohlenwasserstoffe werden also "gerne dadurch satt", dass sie mit Wasserstoff oder anderen Elementen, aber auch Verbindungen wie Wasser, statt einer Doppelbindung zwei einfache Bindungen eingehen. Die entstehenden gesättigten Verbindungen sind stabiler und energieärmer als die ungesättigten. Elemente, die hinzugefügt (addiert) werden, können z. B. Halogene wie Chlor, Fluor usw. sein. Dabei entstehen Verbindungen wie zum Beispiel FCKW = Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe, die u. a. als Zerstörer der Ozonschicht und als (krebserregende) Gifte zweifelhaften Ruf erlangt haben. Sie tauchen oft als halogenierte Kohlenwasserstoffe in der Literatur auf. Viele Kunststoffe, wie z. B. PVC, sind halogenierte Kohlenwasserstoffe. Diese enthalten oft noch Zusatzstoffe (z. B. Weichmacher). Manche davon wirken als Gifte. Einige sind z. B. Sexualhormonen ähnlich und können daher die Fortpflanzung zahlloser Arten, einschließlich des Menschen, gefährden. Obwohl es schon lange weniger schädliche Ersatzstoffe für PVC, Weichmacher usw. gibt, werden weiterhin Millionen Tonnen produziert, weil es billig und für die chemische Industrie günstig ist. 

 

Viele Kohlenwasserstoffe kommen im Erdöl vor. Man kann sie als unvollständig abgebaute Biomoleküle der Lebewesen auffassen, aus denen Erdöl entstanden ist.

 

 

Aromaten

Aromaten sind bestimmte ringförmige Kohlenwasserstoffe. Sie weisen (meist) mehrere alternierende (zwischen zwei Einfachbindungen liegt genau eine Doppelbindung) Doppelbindungen auf, bei denen einige Elektronen der Doppelbindungen nicht zwischen den zugehörigen Atomen verweilen, sondern über den ganzen Ring verteilt (verschmiert) sind. Vereinfacht gesagt schwirren mehrere Bindungselektronen in einem ganzen Ring aus Kohlenstoffatomen herum. Diese Elektronen stehen dann im Sinne der Oktettregel all diesen C-Atomen zur Verfügung. Man spricht von Mesomerie. Das Ganze erinnert etwas an das Elektronenmeer, in dem Metallatome gewissermaßen schwimmen (vgl. metallische Bindung). Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Fachliteratur.

Der bekannteste Vertreter der Aromaten ist das Benzol, ein Bestandteil des Benzins, mit sechs C-Atomen im Ring. Auch in Lebewesen gibt es aromatische Verbindungen. Zum Beispiel enthalten einige Aminosäuren aromatische Bestandteile. Solche besonderen Stoffe wie Aromaten und Stoffe mit Doppelbindungen sind in der Biologie und Medizin interessant, weil Lebewesen für ihre Herstellung auch besondere Enzyme benötigen. Die Herstellung solcher Spezialenzyme ist bzgl. Information und Energie aufwendig. Deshalb bilden viele („faule“) Lebewesen manche dieser Enzyme nicht. Sie überlassen den Bau ihrer Nahrung (den Pflanzen). Die Stoffe, die Tiere (Pilze, Bakterien) nicht selbst bilden können, heißen Vitamine, essentielle Aminosäuren und essentielle Fettsäuren. Essentiell bedeutet „unbedingt notwendig“, „unverzichtbar“.

 

Biochemie

Reine Kohlenwasserstoffe kommen in Lebewesen selten vor. Wenn wir sie jedoch geringfügig verändern, erhalten wir fast alle Stoffe, die in Lebewesen auftreten. Da wir gesagt hatten, dass Sauerstoff zu den biologisch wichtigsten Elementen gehört, können wir uns schon denken, dass sein Einbau zu den wichtigsten Veränderungen gehört. Formal betrachtet ist die häufigste Veränderung der Kohlenwasserstoffe der Austausch oder Ersatz (Substitution) eines oder mehrerer Wasserstoffatome durch andere Elemente, wie Sauerstoff, Schwefel, Stickstoff, Phosphor usw. Häufig werden Wasserstoffatome durch ganze Gruppen, die diese Elemente enthalten, ersetzt.

Die wichtigsten und bekanntesten Gruppen sind:

Die Hydroxylgruppe = -OH        Stoffgruppe: Alkohole            Beispiel: Ethanol („der“ Alkohol) C2H5OH  Endung -ol

Die Carboxylgruppe = -COOH    Stoffgruppe: Carbonsäuren    Beispiel: Essigsäure  C2H5COOH                                  

Die Aminogruppe     = -NH2           Stoffgruppe: Amine           Beispiel: Histamin, Dopamin, Glycin eine Aminosäure

Stoffe mit Hydroxylgruppen werden chemisch grundsätzlich als Alkohole bezeichnet. Wenn sie jedoch vereinfacht gesagt noch mindestens eine weitere Gruppe enthalten, die Elektronen stärker zu sich zieht als die  Hydroxylgruppe, nennt man sie nicht Alkohole. Organische Verbindungen werden nach der Gruppe benannt, die Bindungselektronen am stärksten zu sich zieht. Milchsäure enthält z. B. eine Carboxylgruppe und eine Hydroxylgruppe. Sie wird nach der Carboxylgruppe als Säure bezeichnet, weil die zwei Sauerstoffatome in dieser Gruppe Bindungselektronen stärker anziehen als das eine Sauerstoffatom in der Hydroxylgruppe.

Hydroxylgruppen finden sich in vielen organischen Molekülen, z. B. in allen Zuckern und in den meisten Hauptnahrungsmitteln oder ihren Bestandteilen.

 

Wichtige Carbonsäuren sind die Fettsäuren, die den Hauptbestandteil der Fette bilden. Fette bestehen außerdem aus einem Alkohol namens Glycerin, der 3 Hydroxylgruppen enthält, und deshalb dreiwertig genannt wird.

Eiweiße bestehen aus miteinander verknüpften Aminosäuren. Jede Aminosäure enthält mindestens eine Aminogruppe - also ein Stickstoffatom - und eine Carboxylgruppe.

Nukleinsäuren, zu denen u. a. das Erbmaterial gehört, enthalten verschiedene Gruppen, wie z. B. Hydroxyl- und Aminogruppen. Ihren Namen verdanken sie Phosphorsäureresten, welche die einzelnen Bausteine (‚Basen’) verknüpfen und der Tatsache, dass sie sich häufig im Zellkern (Kern = Nukleus) befinden.

Eiweiße enthalten neben C, O und H noch Schwefel und Stickstoff.  Nukleinsäuren enthalten noch Phosphor und Stickstoff. Diese Erkenntnisse werden z. B. dann wichtig, wenn man Pflanzen diese Elemente in Form von Dünger zusetzen muss.

Nukleinsäuren

Die bekannteste Nukleinsäure ist die DNS (=DNA). DNS ist die Abkürzung für Deoxyribonukleinsäure. DNA ist die Abkürzung für den entsprechenden englischen bzw. internationalen Ausdruck deoxy ribonucleic acid. Die Erbinformation kann als ein riesiger Plan zur Steuerung von Zellen und Organismen verstanden werden. Die DNA ist der Träger der Erbinformation. Das Erbmaterial (meistens DNA) kann also als Kommandant oder Gehirn der Zelle aufgefasst werden. Es ist bei Tieren zusammen mit Nervensystemen auch Kommandant des ganzen Organismus. Allerdings muss man die Steuerung von Lebewesen als einen Wechselwirkungsprozess auffassen, bei dem auch äußere Einflüsse zur Steuerung beitragen und umgekehrt. Die Besprechung dieser Wirkungen finden sich unten u. a. unter „Evolution“ (Selektion usw.) und unter „Ökologie“ (Umweltfaktoren usw.). Die kulturellen (u. a. technischen) Entwicklungen der Menschheit sind Beispiele, für die Veränderung der Umwelt durch ein Lebewesen.

Das Wesen von Information und Sprache besteht in der Reihenfolge von mindestens zwei verschiedenen Zeichen. Die Zeichen der DNA sind 4 verschiedene Moleküle, die Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin. Sie gehören zu den Bausteinmolekülen der DNA. Zu jedem Bausteinmolekül, so genannten Nukleotiden, gehört außerdem noch ein Zuckermolekül namens Deoxyribose und eine Phosphatgruppe. Diese Nukleotide werden chemisch miteinander verbunden, so dass ein fadenförmiges Molekül, die DNA entsteht. Da Zucker und Phosphatgruppen aller Nukleotide derselben Nukleinsäure fast immer gleich sind, spielen für die Information nur die Basen eine Rolle. Entsprechend der Reihenfolge dieser Basen werden Aminosäuren zu Eiweißen zusammengebaut.

 

Eiweiße

Die Bausteine der Eiweiße sind Aminosäuren. Es gibt in Lebewesen Dutzende verschiedener Aminosäuren, 20 von ihnen werden an bestimmten Stellen nach der Bauanleitung der DNA in der Zelle zusammengefügt (chemisch verbunden). Die Auswahl und die Reihenfolge der Aminosäuren bestimmen die Struktur und die Funktionsfähigkeit der Eiweiße. Da die Auswahl und die Reihenfolge fast immer von der Reihenfolge der DNA-Bausteine (=Erbinformation) abhängt, können Erbfehler zu Fehlfunktionen von Enzymen und anderen Proteinen und dadurch zu Fehlfunktionen des ganzen Lebewesens führen. In Lebewesen gibt es zwei Grundtypen von Eiweißen.

1. Struktureiweiße

Struktureiweiße finden sich als Baumaterial der Lebewesen z. B. in Zellmembranen. Sie bilden oft fädige Strukturen, die z. B. in Muskeln für die Bewegung gebraucht werden.

2. Enzyme

Enzyme gehören zu den für das Verständnis des Lebens wichtigsten Stoffen. Sie sind gewissermaßen die Handwerker des Lebens. Sie bringen chemische Reaktionen in Gang, lenken und beschleunigen sie, bauen also gezielt und selektiv bestimmte Stoffe auf oder ab. Dabei führen sie die Befehle des Erbmaterials aus. Die Funktionsfähigkeit der Enzyme (aller Eiweiße) hängt von ihrer Struktur ab. Die Struktur hängt von der Aminosäurenreihenfolge und diese von der Basenreihenfolge der DNA ab.

Zucker (Glykane)

Zucker sind wichtige Energielieferanten und Energiespeicher der Lebewesen. Sie bilden aber auch Strukturen, wie z. B. Zellwände bei Pflanzen, Bakterien und Pilzen.

Der bekannteste Zucker, die Glukose (=Traubenzucker), ist ein einzelnes Zuckermolekül. Es wird z. B. von Pflanzen bei der Fotosynthese gebildet. Glukose dient hauptsächlich als Energielieferant. Einige Einzelzucker (Monosaccharide) werden z. B. als Energiespeicher chemisch zu Vielfachzuckern (Polysaccharide) verbunden. Die Speicherform der Glukose in Pflanzen heißt Stärke. Eine ähnliche Speicherform in Tieren heißt Glykogen. Beide bestehen aus Glucoseresten, und beide lassen sich durch Verdauungsenzyme zur verwertbaren Glucose spalten.

Ein weiterer wichtiger Vielfachzucker, ist die Zellulose. Sie ist ein wichtiges Baumaterial pflanzlicher Zellwände. Zellulose wird ebenfalls aus Traubenzucker gebildet. Dieser Traubenzucker unterscheidet sich jedoch geringfügig von der bekannten Glukose, mit der wir unsere Speisen süßen. Wegen dieses kleinen Unterschieds kann Zellulose von den meisten Tieren nicht durch Verdauungsenzyme zerlegt werden. Zellulose gehört deshalb zu den so genannten Ballaststoffen, die beim Menschen und allen Pflanzenfressern zu einer gesunden Verdauung und Ernährung beitragen.

Fette

Fette bestehen in der Regel aus drei Fettsäuren und dem dreiwertigen Alkohol Glycerin.

Auch Fette sind Energiespeicher und -lieferanten und auch sie sind am Aufbau von Strukturen, z. B. Zellmembranen beteiligt. Bei einigen Tieren dienen sie auch als Wärmeisolator.

 

Biologie

Damit haben wir die wichtigsten chemischen Grundlagen für das Verständnis des Lebens besprochen und widmen uns nun dem Leben selbst, also der Biologie. Deren Verständnis bildet die Grundlage für das Verständnis von Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Politologie usw.

Zunächst folgt eine Gliederung und Übersicht über die wichtigsten Bereiche der Biologie:

Evolutionslehre  Lehre von der Entwicklung des Lebens (Stammesgeschichte, Darwinismus)

Zytologie  Zelllehre

Ethologie  Verhaltenslehre

Genetik  Vererbungslehre

Stoffwechselphysiologie  Lehre von den biochemischen Funktionen

Anatomie, Morphologie  Lehre von den biologischen Strukturen

Ökologie  Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt

Dies ist eine Gliederung, wie sie an Schulen und Universitäten üblich ist. Sie ist nützlich, aber am Verständnis des Lebens und weniger am Verständnis von Lebensqualität und grundsätzlichem globalen Verständnis ausgerichtet. Deshalb stellen wir eine weitere Gliederung vor, die stärker letzteren Zielen dient:

 

Wichtige Funktionsprinzipien des Lebens

Photosynthese

Atmung

Entwicklung eines Lebewesens

Entwicklung des Lebens

Funktionsprinzipien des Gehirns

Funktionsprinzipien der Gesellschaft

 

Um das gegenwärtige Leben einschließlich der menschlichen Kultur verstehen zu können, muss man sowohl die Basiswissenschaften (Physik, Chemie, Biochemie [s. u.]) als auch die Vorgeschichte (kosmische und chemische Evolution) und die Entstehung und Evolution (Entwicklung) des Lebens verstanden haben.

 

Das Verständnis des Lebens

 

Die wichtigsten Fragen:

Wie entsteht aus einem Ei ein Organismus?

Wie wird Leben langfristig erhalten und höher entwickelt?

Wie erfolgt die Bereitstellung von Energie?

Um diese Fragen beantworten zu können, müssen wir zunächst noch eine fundamentalere Frage behandeln:

Wie funktioniert das Leben auf molekularer Ebene?

Wie wir schon gesagt hatten, sind die wichtigsten grundlegenden Prozesse chemische Reaktionen und elektrische Ströme. Wir konzentrieren uns zunächst auf die chemischen Reaktionen. Da die meisten chemischen Reaktionen in Lebewesen durch Enzyme beschleunigt werden, werden wir uns auf den Aufbau und die Funktion dieser Biokatalysatoren konzentrieren. Das allgemeine Ziel, das es zu verstehen gilt, ist, wie Enzyme in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Reihenfolge Stoffe auf- und abbauen. Die Teilwissenschaft der Biologie, die sich mit dem Funktionieren der Enzyme beschäftigt, heißt Enzymatik.

Enzymatik

Enzyme starten, beschleunigen und lenken chemische Reaktionen (Katalyse). In der Regel unterstützen sie das Knüpfen oder Lösen von Elektronenpaarbindungen. Der, bzw. die, Stoff(e), die gespalten, bzw. verbunden, werden, nennt man Substrate. Während der Katalyse hat das Enzym kurzfristig mit dem Substrat einen Berührungskontakt. Das Gebilde, das im Moment dieses Kontaktes entsteht, heißt Enzymsubstratkomplex. Enzymmoleküle werden durch die Katalyse chemisch nicht dauerhaft verändert.

Enzyme haben, wie wir unten erläutern werden, bestimmte dreidimensionale Strukturen. Diese passen zu den Strukturen bestimmter Substrate wie ein Schlüsselloch zum zugehörigen Schlüssel. Deshalb beschleunigen bestimmte Enzyme spezifisch, oder zu mindestens selektiv, nur chemische Reaktionen eines, oder sehr weniger verschiedener, Substrate. Diese Erscheinung nennt man Substratspezifität.

Enzyme arbeiten auch wirkungsspezifisch. D. h. sie können nur einen (oder wenige) Reaktionstypen beschleunigen. Manche können zum Beispiel Phosphatgruppen anknüpfen oder abspalten, andere übertragen Wasserstoffatome usw. (Wirkungsspezifität).

Diese beiden Spezifitäten gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung und geordnete Steuerung des Lebens. Die meisten Reize, Medikamente, Gifte usw. beeinflussen direkt oder indirekt die Wirkung von Enzymen. Manche Stoffe blockieren z. B. Enzymmoleküle, weil sie Substratmolekülen sehr ähnlich sind.

Enzyme steuern nicht nur unsere körperlichen Funktionen sondern auch (z. T. indirekt) unser Fühlen und Denken. Deshalb ist ein tieferes Verständnis des Wirkens von Enzymen eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Verständnis des Lebens einschließlich der Psyche und aller ökologischen Probleme.

Um zu verstehen, wie Enzyme funktionieren, müssen wir ihre Struktur und ihre Steuerungsmechanismen näher betrachten. Die Struktur hatten wir oben im Abschnitt „Eiweiße“ bereits kurz angesprochen. Enzyme bestehen ganz oder überwiegend aus Eiweiß. Grundlegend für die Struktur aller Eiweiße ist die Reihenfolge, in der die Bausteine (Aminosäuren) der Eiweiße nach Anleitung der DNA aneinander geknüpft sind. Bei Eiweißen unterscheidet man vier Strukturtypen.

Die Primärstruktur (und auch die von der DNA übertragene, eventuell veränderte, Information) besteht in der Reihenfolge der Aminosäuren. Man könnte sie sich als gerade fadenförmige Moleküle vorstellen. Die 20 Aminosäuren, die sich in biologischem Material hauptsächlich finden, sind jedoch so gebaut, dass Eiweißfäden überwiegend Spiralform oder Zickzackstrukturen wie Faltblätter annehmen. Diese beiden Strukturtypen werden unter dem Begriff Sekundärstruktur zusammengefasst. Ein Eiweiß mit Spiralstruktur (Wendeltreppe, Helix) bildet nun ebenfalls nicht einen geraden Spiralfaden. Bestimmte Aminosäuren bewirken, dass die Spirale (Helix) an bestimmten Stellen geknickt wird. Die dabei entstehenden Strukturen werden Tertiärstruktur genannt. Ein zu einem Knäuel zusammengelegtes spiralförmiges Telefonhörer- oder Gitarrenkabel ist ein anschauliches Modell für solch ein Eiweiß mit Tertiärstruktur.

Der vierte Strukturtyp entsteht, wenn mehrere Eiweiße mit Tertiärstruktur chemisch mehr oder minder fest miteinander verbunden werden. Er wird Quartärstruktur genannt. Das bekannteste Beispiel für ein Molekül mit dieser Struktur ist das Hämoglobinmolekül, das dem Sauerstofftransport im Blut dient.

Stellen wir uns das Modell eines typischen Proteins und Enzyms mit Tertiärstruktur, also ein Knäuel aus einem spiralförmigen Gitarrenkabel vor. In und an diesem Knäuel findet man viele komplexe Erhebungen, Einbuchtungen und Höhlen. Die gleichen Strukturen findet man natürlich auch in den entsprechenden Eiweißen, also auch an Enzymen. Oberflächenstrukturen der Enzyme wie Höhlen, Einbuchtungen usw. entsprechen den oben erwähnten Schlüssellöchern, in die nur bestimmte Stoffe, z. B. Substrate, wie Schlüssel passen. Eine Oberflächenstruktur, an die sich die Substrate binden, wird aktives Zentrum genannt.

Für die Katalyse und für die Bildung des Enzymsubstratkomplexes spielen neben der räumlichen (sterischen [„Stereo“ bedeutet räumlich]) Passung auch elektrische Kräfte eine wichtige Rolle. Sie bringen und halten ein Substrat am richtigen Ort und sie beeinflussen bestimmte Elektronen des Substrats so, dass die chemische Reaktionsbereitschaft erhöht wird. Substrat- und Enzymmoleküle können elektrisch geladene Bereiche besitzen, die sich gegenseitig anziehen oder abstoßen. Häufig sind schwach geladene Bereiche (Partialladungen Delta+ oder Delta-), die, wie im Wassermolekül (s. o.),  durch Elektronegativitätsdifferenzen entstehen. Seltener finden sich Bereiche mit vollständigen Ladungen, bei denen also in Molekülen mindestens ein Elektron mehr oder weniger vorliegt als Protonen. In Eiweißen finden sich solche Bereiche vor allem in den Amino- und Carboxylgruppen. Die meisten dieser Gruppen existieren in Eiweißen nicht mehr, weil sie (miteinander) chemisch reagiert und sich dabei verändert haben. Einige Aminosäuren enthalten aber weitere dieser Gruppen, die nicht direkt an Bindungen beteiligt sind. Die meisten dieser Gruppen sind in den für das Leben typischen wässrigen Lösungen geladen. In diesen Lösungen geben nämlich Carboxylgruppen ein Proton ab (Säuren s. o.) und werden dadurch einfach negativ geladen, also Anionen. Aminogruppen verhalten sich wie Basen, nehmen also ein Proton auf und werden positiv geladen, also Kationen. Diese Ladungen wechselwirken mit Ladungen von Substraten und substratähnlichen Stoffen. Wenn Elektronen, insbesondere Bindungselektronen, einer Substanz in die Nähe solcher geladener Bereiche eines Enzyms geraten, werden sie verschoben und das Molekül wird instabil und reaktionsbereit. An solchen Stellen kann ein Molekül (Substrat) zerbrechen oder mit einem anderen Molekül reagieren. Zum Schlüssel-Schlüsselloch-Prinzip gehört also auch, dass bestimmte Elektronen des Substrats in die Nähe bestimmter (geladener) Bereiche des Enzyms gebracht werden.

Alle Stoffe, die einem Substrat strukturell ähnlich sind, so genannte Substratanaloga, können das aktive Zentrum des zugehörigen Enzyms ebenfalls besetzen und dadurch die Arbeit des Enzyms behindern oder blockieren. Viele Gifte wirken auf diese Weise. Wenn Substratanaloga im aktiven Zentrum nur lose oder gar nicht binden, behindern sie in einem Wettstreit die Aktivität des Enzyms. Man spricht deshalb von kompetitiver Hemmung (competition = Wettkampf). Wenn die Bindung sehr fest ist, weil sich z. B. zwei entgegengesetzt geladene Bereiche von Enzym und Substratanalogum berühren, wird das Enzym blockiert. 

Manche Enzyme verfügen über einen besonderen Regulationsmechanismus zur Steuerung von Stoffwechselaktivitäten. Sie haben neben dem aktiven Zentrum noch einen zweiten Kontaktbereich (Bindungsstelle), der allosterisches Zentrum (allo = anders, fremd) genannt wird. Auch in dieses Zentrum passen bestimmte Stoffe so, wie Substrate, in das aktive Zentrum. Diese Stoffe verändern die Enzymaktivität (im aktiven Zentrum), wenn sie das allosterische Zentrum besetzen. Das Endprodukt einer Stoffwechselkette kann sich z. B. an das allosterische Zentrum eines Enzyms, das an der Herstellung dieses Endprodukts arbeitet, anlagern und dadurch seine eigene Bildung verlangsamen.

Auf den oben beschriebenen Wirkungen von Enzymen beruhen fast alle Auf- und Abbauprozesse des Lebens, also der gesamte Stoffwechsel und damit Wachstum, Tod, Bewegung, die meisten psychischen Vorgänge usw. Gefühle beruhen z. B. ganz wesentlich auf der Wirkung von Neurotransmittern, (Botenstoffe im Gehirn wie Adrenalin, Serotonin usw. [s. u.]), deren Herstellung von Enzymen gesteuert wird (transmittere = übertragen).

Atmung

Atmung ist in der Biologie ein Begriff mit zwei Bedeutungen. Im Folgenden steht nicht die bekanntere Bedeutung, das Ein- und Ausatmen von Luft (Ventilation), im Zentrum sondern die innere Atmung. Chemisch gesehen ist die Atmung vor allem ein lauwarmer Verbrennungsvorgang. Betrachtet man den Vorgang eher biologisch, könnte man vereinfacht definieren: Bei der Atmung werden Nahrungsmoleküle in verschiedene Bestandteile (vor allem CO2 und Wasserstoff) zerlegt. Das CO2 wird abgegeben, der Wasserstoff wird mit dem eingeatmeten Sauerstoff verbunden (Verbrennung) und die dabei freiwerdende Energie für alle Lebensprozesse genutzt. Mit Hilfe der Atmung wird also chemische Energie, die in vielen Nahrungsbestandteilen steckt, biologisch nutzbar gemacht. Vereinfacht kann man sagen, dass bei Belastungen zunächst überwiegend vor allem Zucker, danach Fette, in geringerem Umfang auch Eiweiße, verbrannt werden. Dabei wird nicht nur Energie chemisch nutzbar gemacht sondern auch Wärme erzeugt und Aufbaumaterial für den Körper gebildet und umgebaut. Bei der Atmung entstehen vor allem Kohlenstoffdioxid und Wasser. Dies sind stabilere, energieärmere Verbindungen als Fette, Zucker usw. Beim Studium der inneren Atmung wird meistens zur Vereinfachung die Verbrennung des Zuckers Glukose (=Traubenzucker) in den Mittelpunkt gestellt. Dieser Zucker reagiert also, vereinfacht betrachtet, mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. Die Formel dazu lautet:

 C6H12O6 + 6 O2 à 6 H2O + 6 CO2

 

Bei dieser Verbrennung wird die Sonnenenergie, die Pflanzen gewissermaßen zuvor in die organischen Moleküle gesteckt haben, wieder frei. Der größte Teil, meistens ca. 60 Prozent, dieser Energie wird in Wärme umgewandelt. Fast der gesamte verwertbare Rest wird zunächst in energiereiche Moleküle gesteckt. Das bekannteste ist das ATP = Adenosintriphosphat.

 

An dieser Stelle wollen wir uns eine grobe Übersicht über die Atmung verschaffen.

Die Atmung kann in drei Hauptprozesse unterteilt werden, die auch die zeitliche Reihenfolge des Zuckerabbaus widerspiegeln.

1. Glykolyse = teilweiser Abbau des Traubenzuckers zu noch ziemlich energiereichen Verbindungen wie Brenztraubensäure oder Essigsäure.

Während der Glykolyse wird im Vergleich zu den folgenden Hauptprozessen der Atmung nur wenig Energie auf ATP übertragen. Es entstehen 2 ATP-Moleküle pro Zuckermolekül. Es werden 2CO2 Moleküle und 2 Essigsäuremoleküle pro Zuckermolekül gebildet. Außerdem werden einige Wasserstoffatome, die energetisch genutzt werden können, aus Zuckermolekülen auf ein Transportmolekül namens NAD übertragen.

Die Essigsäure wird, wenn die Atmung vollständig abläuft, in den folgenden Hauptprozessen zu CO2 und H2O abgebaut (verbrannt).

Manche Organismen können diese Verbrennung gar nicht, andere nur, wenn genügend Sauerstoff zur Verfügung steht, durchführen. Sie führen dann einen unvollständigen Abbau des Zuckers durch, der Gärung genannt wird. Die bekanntesten Gärungen sind die alkoholische Gärung, die viele Pflanzen durchführen und die Milchsäuregärung, die sich bei Menschen, vielen Tieren und Bakterien findet. Diese Gärungen sind meistens nach den Substanzen, welche die Lebewesen ausscheiden benannt. Es sind die Endprodukte der Gärungen. Diese Substanzen werden gebildet, wenn die oben erwähnten auf NAD übertragenen Wasserstoffatome mit Brenztraubensäure (bei Milchsäuregärung), bzw. mit Acetaldehyd (bei alkoholischer Gärung), reagieren. Auch diese Wasserstoffe und die entstehenden Stoffe, z. B. Milchsäure oder Alkohole, müssen entfernt werden, da zu hohe Konzentrationen (jedes Stoffes) Lebewesen schädigen. Wie so oft werden die Ausscheidungsprodukte (Gifte?!) des einen Lebewesens zur Nahrung eines anderen. Dies gilt z. B. für den Alkohol (Ethanol), den z. B. viele Menschen gerne in manchmal merkwürdigen Mengen konsumieren. Es gilt aber auch für den freien Sauerstoff in der Luft.

Auch Menschen führen Milchsäuregärung durch, wenn sie nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung haben. Dies ist z. B. bei kurzen starken körperlichen Belastungen der Fall. Der wichtigste Grund für die vorübergehende geringe Sauerstoffversorgung ist die Trägheit des Blutkreislaufsystems, welches, besonders bei Untrainierten, eine gewisse Anlaufzeit benötigt, um auf volle Touren zu kommen, um viel Sauerstoff zu transportieren. Die Milchsäure trägt neben winzigen inneren Verletzungen (feine Risse) zur Bildung des Muskelkaters bei.

2. Citratcyclus (=Citronensäurecyclus)

Am Beginn dieses Cyclus reagiert Essigsäure mit Oxalacetat, einem Molekül, das u. a. 4 C-Atome enthält (C4-Körper). Bei dieser Reaktion entsteht Citrat, wonach der Cyclus benannt ist.

(Die Endung -at steht für Salze. Citonensäure liegt in Zellen überwiegend als Anion vor, weil die meisten Citronensäuremoleküle hier ein Proton abgeben. Zusammen mit irgendwelchen in der Zelle stets vorhandenen Kationen kann man die Citronensäure dann als Salz auffassen.).

Citrat wird nun in einer kette von Reakionen in verschiedene andere Stoffe umgewandelt, bis am Ende wieder Oxalacetat entsteht, das wiederum mit einem anderen Essigsäuremolekül reagiert. Formal liegt also ein Cyclus vor.

Während des Citratcyclus wird Essigsäure zu CO2 und Wasserstoff abgebaut. Die Wasserstoffmoleküle werden auf Transportmoleküle (NAD, FAD) übertragen und in der Atmungskette (s. u.) zur hauptsächlichen Energieumwandlung (ATP-Bildung) genutzt.

Die verschiedenen Zwischenprodukte, bzw. die Umwandlungen dienen dazu, die Essigsäure und andere Moleküle, wie oben angesprochen, zu zerlegen und Baumaterial für viele weitere Stoffwechselvorgänge, z. B. für den Aufbau von Aminosäuren und Fettsäuren, bereitzustellen.

3. Atmungskette

Die Wasserstoffatome (streng genommen überwiegend nur deren Elektronen), die in der Glykolyse und im Citratcyclus auf NAD und FAD übertragen wurden, werden nun nacheinander auf verschiedene andere Moleküle übertragen. Dabei verlieren sie stufenweise, wie das Wasser eines gestuften (=kaskadenartigen) Wasserfalls, Energie. Diese Energie wird auf ATP übertragen. Dazu werden die Wasserstoffkerne (Protonen, H+) auf eine Seite einer inneren Mitochondrienmembran transportiert. Auf der anderen Membranseite befinden sich dann natürlich weniger freie (einzelne) Protonen. Es besteht also ein Konzentrationsgefälle. Außerdem werden auch die negativ geladenen Elektronen aus den Wasserstoffatomen des Zuckermoleküls auf die Membranseite mit relativ wenig freien Protonen transportiert. Es entsteht also ein Konzentrationsgradient und eine elektrische Spannung (ungleiche Ladungen ziehen sich an). Beiden folgend wandern die Protonen nun durch Kanalproteine in der Membran. ATPasen sind Bestandteile dieser Kanalproteine. Sie nutzen die Protonenwanderung (physikalisch betrachtet ein elektrischer Strom) zur Bildung von ATP aus ADP + P. Am Schluss reagiert der Wasserstoff mit dem eingeatmeten Sauerstoff zu chemisch energiearmem Wasser (H2O). Tiere und Menschen bilden also aus ihrer üblichen Nahrung, selbst wenn diese gar kein Wasser enthält, eine ganze Menge Wasser. Dies erklärt, weshalb manche Tier ganz ohne Trinken auskommen können. Wenn Menschen Wasserüberschüsse im Körper haben, können sie diese ausatmen, ausschwitzen oder als Urin ausscheiden.

Wir haben uns jetzt eine Übersicht über die Atmung, welche die Hauptprozesse und den zeitlichen Ablauf in den Mittelpunkt stellt, verschafft. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Prinzipien in den Mittelpunkt.

1. Bei der Atmung wird Zucker (überwiegend Glukose) allmählich in immer kleinere Moleküle zerlegt.

2. Dabei werden pro Glukosemolekül 6 CO2 Moleküle abgespalten.

3. Außerdem wird an einigen Stellen die Energie, die das Zuckermolekül enthält, auf andere Moleküle übertragen. Am häufigsten entsteht das energiereiche Molekül ATP (Adenosintriphosphat), indem auf das weniger energiereiche ADP (Adenosindiphosphat) eine Phosphatgruppe übertragen wird. Die Phosphatgruppen sind negativ geladen, stoßen sich also gegenseitig ab. Diese Kraft (elektromagnetische Wechselwirkung) ist das A&O fast aller aktiven biologischen Prozesse.

4. Vom Zuckermolekül (streng genommen von den Molekülen, die beim Abbau aus dem Traubenzucker entstehen) werden schrittweise die Wasserstoffatome abgespalten und auf Transportmoleküle übertragen.

5. Die Wasserstoffatome, bzw. deren Elektronen, werden schrittweise auf verschiedene Substanzen und letztlich auf Sauerstoff übertragen (Redoxreaktionen). Dieser Prozess (bzw. die zugehörigen Strukturen) heißt Atmungskette (s. o.). Er läuft an Membranen in den Mitochondrien ab. Einige dieser Übertragungsschritte liefern genug Energie für die Bildung von ATP.

Wenn die Wasserstoffatome mit dem eingeatmeten Sauerstoff reagieren, entsteht Wasser, das ausgeschieden oder anderweitig verwendet wird. Bei der vollständigen Verbrennung eines Zuckermoleküls entstehen 38 ATP, also viel mehr als die zwei ATP, die in der Glykolyse bzw. bei Gärungen gebildet werden. Damit erweist sich die Atmung als wesentlich effektiver als Gärungen. Atmende Lebewesen setzten sich in der Konkurrenz mit gärenden weitgehend durch. Streng genommen war es die Symbiose zwischen gärenden Zellen und atmenden Bakterien (spätere Mitochondrien), die zum Erfolg führte.

Dies kann als Hinweis dafür gewertet werden, das Lebewesen, insbesondere Menschen, die kooperieren im Durchschnitt erfolgreicher sind, als einzeln lebende und parasitierende.  

Nachdem wir uns nun eine Übersicht über die wichtigsten Prinzipien und Prozesse innerhalb der Atmung verschafft haben, widmen wir uns jetzt der räumlichen Zuordnung, also den Orten, an denen das Atmungsgeschehen abläuft.

Die Wege der bei der Atmung beteiligten Stoffe durch den (menschlichen) Körper

Zunächst betrachten wir die Ausgangsprodukte (Edukte) der Atmung, also Sauerstoff und Nährstoffe, wie z. B. Zucker oder Fette

Die Nährstoffe gelangen über Mund, Speiseröhre und Magen in den Zwölffingerdarm und mittleren und unteren Dünndarm. Vor allem dort werden sie ins Blut übertragen (Resorption) und im gesamten Körper (in alle Zellen) verteilt.

Der Sauerstoff wird aus der Luft aufgenommen (eingeatmet). In der Lunge gelangt er ins Blut (Diffusion). Das Blut transportiert ihn zu allen Zellen. In den Zellen diffundiert er in die Mitochondrien. Dort entstehen aus Nährstoffen und Sauerstoff Wasser und Kohlenstoffdioxid, die Endprodukte der Atmung.

Deren Wege im Körper wollen wir als nächstes betrachten:

Aus den Mitochondrien gelangen CO2 und H2O ins Cytoplasma der Zelle. CO2 entsteht in geringen Mengen auch im Cytoplasma während der Glykolyse oder Gärung. Von dort gelangen CO2 und H2O ins Blut und/oder in die Lymphflüssigkeit. Von dort können sie in die Lunge gelangen und ausgeatmet werden. Vor allem Wasser kann auch über die Haut (Schweiß) und über die Nieren (Urin) abgegeben werden.

Fette und Zucker enthalten in der Regel nur Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Bei ihrer Verbrennung, gleichgültig ob im Ofen, Kraftwerk oder Lebewesen, entstehen daher in der Regel bei vollständiger Verbrennung nur CO2 und H2O. Wenn das Brennmaterial auch andere Elemente, wie Schwefel, Stickstoff, Phosphor usw. enthält, können auch Salzionen (Mineralien), wie Nitrat, Phosphat und Sulfat entstehen. Eiweiße enthalten bekanntlich Stickstoff. Wenn Eiweiße verbrannt werden, wird der überschüssige Stickstoff in Wirbeltieren hauptsächlich über die Nieren in Harnstoff und Harnsäure ausgeschieden. Die Mineralien, die Lebewesen ausscheiden und bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freisetzen, sind in der richtigen Menge fast alle wertvolle Nährsalze für Pflanzen. Menschen verbreiten jedoch bei ihren Verbrennungen in Heizungen, Kraftwerken, Fahrzeugen usw. oft zu viel dieser Nährsalze und schädigen dadurch die meisten Organismen. Erdöl und Kohle sind u. a. deshalb meistens ungünstigere Brennstoffe als Methanol, Wasserstoff, Propangas (Camping), weil diese fossilen Brennstoffe viele Elemente, wie N, S, P usw. enthalten, aus denen problematischere Stoffe als CO2 und H2O entstehen können. Wir haben gesehen, dass alle Verbrennungen von organischem Material, gleichgültig ob in Kaminen oder Mitochondrien, prinzipiell gleich sind und zu ähnlichen Resultaten führen. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied. Biologische Verbrennungsprozesse im Rahmen der Atmung führen fast ausschließlich zu Produkten, die für das Leben unschädlich oder nützlich sind. Bei anderen Verbrennungen (Waldbrände, Kraftwerke, Industrie, Fahrzeugmotoren usw.) von organischem Material, können, besonders bei nicht ausreichend hohen Temperaturen, hunderttausende von z. T. giftigen (z. B. krebserregenden) Kohlenwasserstoffen entstehen. Rauch und Ruß bestehen, im Gegensatz zu Wasserdampf z. T. aus solchen Substanzen und stellen Hinweise auf die entsprechenden Gefahren dar.

 

Fotosynthese

Fast alle Pflanzen erzeugen mit Hilfe des Sonnenlichts aus energiearmen Stoffen wie CO2, H2O und Nährsalzen (z. B. Ca++, Na+, K+, SO4--, NO3-, PO4---) energiereiche Substanzen, wie Zucker, Fette, Eiweiße und Nukleinsäuren. Dieser Prozess heißt Fotosynthese. Die Summenformel der Fotosynthese lautet:

 6 CO2   +             6 H2O >>  C6H12O6  +     6 O2            in Worten:

Kohlenstoffdioxid   +   Wasser ®   Zucker  +    Sauerstoff

Diese Formel stellt die Umkehrung der Formel für die Atmung dar. Dies weist darauf hin, dass zwischen atmenden und photosynthetisierenden Lebewesen ein für das Leben äußerst wichtiger symbiotischer Materialaustausch und Kreislauf besteht. Photosynthetisierende grüne Pflanzen (≈autotrophe Lebewesen) geben atmenden Lebewesen (heterotrophen Lebewesen, wie Tieren, Menschen, Pilzen und Bakterien.) Stoffe (Zucker und Sauerstoff), die diese brauchen und erhalten. Atmende Lebewesen geben den fotosynthetisierenden CO2, H2O und Nährsalze. Fast alle profitieren dabei von der Lichtenergie der Sonne. Die meisten menschlichen Energienutzungen (auch technische mit Ausnahmen, wie vor allem der Atomenergie) beruhen auf der Nutzung von Sonnenenergie.

Pflanzen betreiben Fotosynthese, wenn Licht zur Verfügung steht. In der Dunkelheit atmen sie. Sie atmen also z. B. nachts und im Bereich der Wurzeln.

Die Fotosynthese findet in den Chloroplasten statt. Chloroplasten sind kleine grüne ellipsoide Körper in den Zellen, die ursprünglich selbstständige blaualgenähnliche Lebewesen waren. Blaualgen werden heute auch gerne photosynthetisierende Bakterien genannt, weil sie mit Algen nur entfernt verwandt sind. Die grüne Farbe nehmen wir wahr, weil der Blattfarbstoff Chlorophyll die Wellenlängen des Lichtes, die unser Gehirn als grün deutet, reflektiert. Chlorophyllmoleküle haben die Fähigkeit, die Lichtenergie zu nutzen, indem sie vor allem mit Hilfe des roten und blauen Lichtes bestimmte Elektronen auf ihren Schalen auf höhere Energieniveaus heben.

Die Fotosynthese lässt sich formal in zwei Hauptprozesse unterteilen, die Lichtreaktion und die Dunkelreaktion. Die wichtigsten Prozesse innerhalb der Lichtreaktion:

Wassermoleküle werden mit Hilfe der Lichtenergie gespalten. Dabei entstehen Wasserstoff und Sauerstoff. Der Sauerstoff wird ausgeschieden oder genutzt, wenn die Pflanze atmet. Der Wasserstoff wird in das pflanzliche Material eingebaut und/oder zur Energiebereitstellung genutzt. Dazu werden seine Bestandteile, das Elektron und das Proton, wie bei der Atmung, getrennt. Das Proton gelangt einfach ins wässrige Milieu im Innern aller Zellen. Es dringt dabei in der Regel in Wassermoleküle ein, so dass H3O+ Moleküle entstehen. Diese diffundieren, dem Prinzip vom kleinsten Zwang folgend, ohne Energieaufwand durch Membranen immer dahin, wo sie in der geringsten Konzentration vorliegen, also z. B. an Orte, an denen sie ausgeschieden oder „verbraucht“ werden (chemisch reagieren). In unserem Fall vom Chlorophyll zum Ort der Wasserspaltung. Diese Diffusionsbewegung wird genutzt, um ADP in ATP umzuwandeln, also um Energie für die Pflanze nutzbar zu machen. Diese Reaktionen finden an Enzymen in Membranen im Chloroplast statt. Bei dieser Umwandlung wird eine Phosphatgruppe übertragen. Das nennen Chemiker „phosphorylieren“, daher die Bezeichnung „zyklische Fotophosphorylierung“ unten. Abbildungen zum ATP-Molekül und ATP-Bildung finden sich in Schulbüchern.

Das Elektron (aus dem Wassermolekül) wandert zum Chlorophyllmolekül. Dort ersetzt es ein Elektron, das mit Hilfe der Lichtenergie (Photonen) auf ein höheres Energieniveau gehoben und weiter transportiert wurde. Diese energiereichen Elektronen werden auf Transportmoleküle (NADP) übertragen. Zusammen mit den Protonen, die bei der Spaltung des Wassermoleküls entstanden und sich frei in wässrigen Lösungen bewegen (können), werden die Elektronen (als Wasserstoff) samt ihrer Energie in bestimmte vorhandene organische Moleküle eingebaut. Danach wird zunächst vor allem energiereicher (verbrennbarer) Zucker gebildet.

In der Lichtreaktion wird auch ATP gebildet. Es ist möglich, die Elektronen, die auf höhere Energieniveaus gehoben werden, in Kreisprozessen immer wieder zur ATP-Bildung zu nutzen. Dieser Prozess, bei dem die energiereichen Wasserstoffe direkt und nur zur Energiegewinnung genutzt werden, heißt zyklische Photophosphorylierung. Dabei werden die energiereichen Elektronen nicht in organisches Material eingebaut sondern in einem Kreislauf zum Wasserrest (OH-) zurücktransportiert und immer wieder im Chlorophyllmolekül auf ein höheres Energieniveau gehoben.

Auf diese Weise kann die Pflanze unter günstigen Bedingungen (gute Beleuchtung, Bewässerung, Düngung usw.) soviel ATP bilden, wie sie benötigt.

In der Dunkelreaktion wird nicht nur Wasserstoff in vorhandene Biomoleküle eingebaut sondern auch CO2. Aus den Molekülen (bestimmte Zucker, wie z. B. Ribulose 1,5 bisphosphat), die mit H2 und CO2 reagieren, bilden die Pflanzen Traubenzucker. Aus einem Teil dieser Zuckermoleküle werden in komplizierten zyklischen Prozessen diese Moleküle immer wieder hergestellt, damit sie immer wieder für die Reaktion mit H2 und CO2 zur Verfügung stehen.

Aus dem übrigen Teil der Zuckermoleküle können die Pflanzen mit Hilfe von Enzymen alle anderen Substanzen (Fette, Eiweiße, Nukleinsäuren, Vitamine usw.), die sie benötigen und aus denen sie bestehen, aufbauen. Dabei werden natürlich, wenn nötig, weitere Elemente, wie N, P, S usw., die sich i. d. R. in oder als Nährsalze finden, eingebaut.

Kommen wir noch einmal auf die Wasserspaltung und die Trennung von Elektronen und Protonen der Wassermoleküle zurück:

Das Wassermolekül ist sehr stabil  und energiearm. Es muss also Energie bereitgestellt werden, um die Wasserspaltung möglich zu machen. Diese Energie erhält die Pflanze aus dem Licht, mit dessen Hilfe Elektronen in Chlorophyllmolekülen auf höhere Energieniveaus (Schalen) gehoben werden. Diese Elektronen können sich mit einzelnen Protonen zu Wasserstoffatomen vereinigen. Solche Protonen finden sich im wässrigen Milieu aller Zellen überall und in ausreichenden Mengen. Einzelne Protonen und Elektronen werden in Zellen häufig vereinigt und getrennt. Deshalb können wir einzelne freie Elektronen und Protonen vereinfacht wie komplette Wasserstoffatome werten und behandeln. Ein Elektron, das in einem Chlorophyllmolekül auf ein höheres Energieniveau gehoben wurde, ist also auch einem Wasserstoffatom, das bei der Wasserspaltung entsteht äquivalent (gleichwertig). Jedes dieser Elektronen kann durch ein Elektron aus dem Wassermolekül ersetzt werden. Das zugehörige Proton gelangt in die wässrige Umgebung im Chloroplast und diffundiert, dem Prinzip vom kleinsten Zwang folgend, an Orte, an denen wenige freie Protonen vorliegen. (Dies sind Orte mit höherem pH [vgl. Säuren und Basen s. o.]). Die Stelle, an der diese Protonenkonzentration niedriger ist, ist der Ort, an dem das energiereiche Elektron zusammen mit einem freien Proton in organisches Material eingebaut wird. Im Falle der Atmung (s. o.) ist es ein Sauerstoffatom.

Die pflanzliche Wasserspaltung ist ein Prozess, den menschliche Wissenschaftler zu Recht nachzuahmen versuchen. Mit Hilfe dieses Prozesses könnte ökonomisch und umweltverträglich Wasserstoff (H2), ein potentiell konstruktiver Treibstoff, gewonnen werden. 

Wir haben uns nun einen Überblick über die Naturwissenschaften und die wichtigsten molekularbiologischen Vorgänge verschafft und widmen uns nun dem zweiten Fundament für das Verständnis des heutigen Lebens, der Entstehung, Entwicklung und Geschichte der Welt und des Lebens. Dabei werden wir zunächst die Beschreibung, später die Gesetzmäßigkeiten, in den Mittelpunkt rücken.

 

 

VOM URKNALL ZUR ELEKTRONISCHEN INTELLIGENZ

Wenn wir die Gegenwart verstehen wollen, müssen wir wie gesagt die Geschichte kennen. Die Geschichte der Welt lässt sich in verschiedene Abschnitte unterteilen.

Nach traditioneller Sicht begann die Welt mit dem Urknall.

Darauf folgte eine primär physikalische Entwicklung (Stern- und Galaxienbildung usw.) bis zur Entstehung der Erde.

Danach folgte auf der Erde ein Abschnitt, den man als chemische Evolution bezeichnet. Dabei entstanden zahlreiche komplexe, energiehaltige Moleküle.

Dann begann mit der Entstehung des Lebens die biologische Evolution,

danach die der menschlichen Kultur

und zuletzt die der elektronischen Systeme (Computer usw.).

Wir betrachten zunächst die Entwicklung vom Urknall bis zur Entstehung der Erde.

Die Geschichte des Universums und der Urknall

Bevor wir einsteigen, machen wir uns kurz klar, wie die heutige Welt aussieht. Die Erde ist ein Planet, der mit ca. 30 km/sec die Sonne umkreist. Die Sonne ist einer von mindestens 100 Milliarden Sternen, die eine runde Scheibe (Diskus), namens Milchstraße, bilden. Da die Sonne ein wenig in Richtung des Randes dieser Scheibe liegt, sieht man, wenn man zur Mitte der Scheibe schaut, viele Sterne der Milchstraße die wie ein weißes, milchiges breites Band aussehen. Dieses Band hat den Namen Milchstraße bekommen. Von solchen Milchstraßen gibt es wahrscheinlich mindestens zweihundert Milliarden. Sie sind ziemlich gleichmäßig im Universum verteilt. Man nennt sie Galaxien („Galaxie“ ist griechisch und heißt „Milchstraße“, „lac“ ist lateinisch „Milch“). Galaxien bestehen aus Sternen, Staub, Planeten, Schwarzen Löchern usw. sowie (hauptsächlich) aus verschiedenen anderen Formen von Materie und anderer (dunkler) Energie.

Die Urknalltheorie

Wir geben hier eine Kurzfassung wieder, die der heutigen physikalischen Lehrmeinung entspricht. Wir haben an anderer Stelle eine neue Theorie entwickelt und vorgestellt, die zum Teil andere (wir meinen bessere und einfachere) Erklärungen liefert. Es handelt sich um die Zeitgleittheorie. Diese und eine kurze Einführung in die Relativitätstheorie und Kosmologie finden Sie in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ (s. u. www.daswesenderzeit.de).

Die meisten Physiker nehmen an, dass vor 13 bis 16 Milliarden Jahren alle Materie des heutigen Universums an einer sehr kleinen Stelle konzentriert war. Diese Materie explodierte in der größten bekannten Explosion, dem Urknall. Die Ursachen für diese Explosion gelten als unsicher. Dies liegt unter anderem daran, dass die meisten Physiker nur ungern Aussagen über die Zeit vor dem Urknall machen möchten. Das wiederum hängt mit den Erklärungsmodellen, die sie z. Zt. bevorzugen, zusammen. Die meisten gehen davon aus, dass das Universum im Moment des Urknalls unendlich klein war. Ein solcher Zustand wird mathematisch als Singularität bezeichnet. Immer, wenn die Unendlichkeit ins Spiel kommt, entstehen für den menschlichen Verstand wie auch für die Mathematik unlösbare Probleme. Die entsprechende Mathematik fordert z. B., dass erst mit dem Urknall die Zeit beginnt und entsteht und dass deshalb Aussagen über die Zeit vorher nicht möglich bzw. rein spekulativ sind. Einige Physiker (z. B. manche Stringtheoretiker) sind jedoch der Ansicht, dass die Annahme einer Singularität falsch ist, und deshalb auch über die Zeit vor dem Urknall nachgedacht (geforscht) werden kann und soll. Der gesunde Menschenverstand, der sich  wahrscheinlich weniger irrt als manche Aussagen der modernen Physik behaupten, kann sich ebenfalls mit der Vorstellung, dass vor dem Urknall nichts existierte, kaum anfreunden.

Als es nach dem Urknall kälter wurde, entstand zunächst aus Strahlung Materie (vor allem Elektronen und Quarks). Danach vereinigten sich Quarks zu Protonen und Neutronen, diese schlossen sich mit Elektronen zu einfachen Atomen bzw. Elementen (zunächst Wasserstoff, später Helium) zusammen. Später entstanden z. B. bei Sternexplosionen (Supernovae) auch schwerere Elemente. Deren Atome verbanden sich zu immer größeren und komplizierteren Molekülen. Hitze (=Bewegung von Molekülen) zerstört komplexe Materie. Bei sehr hohen Temperaturen (=hohe Geschwindigkeit der Teilchen), wird Materie (z. B. Lebewesen) in die einfachsten Bestandteile zerschlagen.

Die Urknalltheorie besagt, dass nach dem Urknall die Welt expandierte und Raum und Zeit entstanden. Diese Expansion ist bis heute (und wahrscheinlich auch in der Zukunft) nachweisbar. Astronomen stellen fest, dass fast alle Galaxien sich umso schneller von uns entfernen, je weiter sie von uns entfernt sind.

Mit zunehmendem Abstand vom Urknall nimmt nicht nur die Temperatur der Materie im Durchschnitt ab. Auch die Temperatur (Frequenz) der Strahlung, die im Urknall entstand, sinkt (scheinbar?). Die schwachen Reste dieser Strahlung (=Hintergrundstrahlung), die man auch heute noch nachweisen kann, gelten als wichtiger Beleg für die Urknalltheorie. Durch die Abkühlungen wird die Entstehung aller komplexen Strukturen, wie z. B. des Lebens, im Universum möglich. Leben wird ganz wesentlich durch Komplexität charakterisiert. Es besteht z. B. u. a. aus relativ großen komplexen Kohlenwasserstoffverbindungen, die auch auf komplexe Weise miteinander wechselwirken. Diese Wechselwirkungen sind nur möglich, wenn die Temperatur in der Nähe des tiefsten möglichen Temperatur (=0 Kelvin = ca. -273°C) liegt. Im Vergleich zu vielen Milliarden Kelvin an verschiedenen Orten im Kosmos sind die ca. 300 Kelvin, die Menschen auf Erden lieben, fast nichts.

Die Urknalltheorie muss erklären, dass die Materie im gesamten Universum ungewöhnlich gleichmäßig verteilt ist. Dazu wurde ein Erklärungsmodell entwickelt, das unter dem Begriff „Inflation“ bekannt wurde. Damit ist eine ungeheuer schnelle Ausdehnung des Raumes kurz nach dem Urknall gemeint. Wir kennen eine Erscheinung, die wahrscheinlich dem Gegenteil dieser Superexplosion des Raumes entspricht: Schwarze Löcher sind von etwas wie einer Antiinflation umgeben. Der wichtigste Bereich dieser Erscheinung heißt „Ereignishorizont“ und umgibt schwarze Löcher wie eine Apfelschale. Wenn Materie in ein schwarzes Loch stürzt, wird sie am Ereignishorizont plötzlich extrem und unaufhaltsam beschleunigt (=Antiinflation). Hier zieht sich der Raum unaufhaltsam explosionsartig zusammen. Dies entspricht dem Sturz des Wassers einen Wasserfall hinunter. Die Analogie zwischen Ereignishorizont und Inflation ist möglicherweise nicht zufällig. Es könnte sich um die zwei Seiten einer Medaille handeln. Sollte sich das Universum auf Grund der Gravitationskraft wieder zusammenziehen, wird es möglicherweise in das größte denkbare Schwarze Loch (=Antiurknallsonne) stürzen. Dabei wird es durch den Ereignishorizont dieses Loches stürzen. Der Vorgang ist unter dem Begriff „Antiurknall“ (=Big Crunch) bekannt. Diese Sonne könnte die Quelle sein, aus der der Urknall entstand. In diesem Falle würden wir in einem geschlossenen Universum leben (vgl. „Das Wesen der Zeit“).

Was geschehen wird, hängt von der Ausdehnungskraft (Impuls) und von der Gravitationskraft der Gesamtmaterie des Universums (Raumzeit) ab. Gibt es genügend Materie (Dichte), wird sich das Universum in der Zukunft zusammenziehen. Um die Gravitationskraft ermitteln zu können, muss man die Gesamtmasse und Dichte des Universums kennen. Zur Ermittlung des Impulses benötigt man zusätzlich noch die Geschwindigkeit der Materie. Beides können Physiker heute nicht genau bestimmen.

 

Die meisten Physiker glauben dennoch zurzeit an eine ewige Ausdehnung. Das tun sie aufgrund von Befunden, die vor allem Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts gemacht wurden, auf die wir hier jedoch nicht näher eingehen wollen (vgl. Dunkle Energie und Dunkle Materie). Sicher ist, dass die zurzeit vorliegenden Informationen für klare Beweise der einen oder anderen Sicht nicht ausreichen.

Aus der Zeitgleittheorie ergibt sich die Hypothese, dass Urknall und Antiurknall möglicherweise dieselbe oder gleiche Erscheinung -von zwei verschiedenen Seiten betrachtet- sind. Urknall und Antiurknall sind dann das gleiche Ereignis. Sie entsprechen den Bereichen direkt über und unter der Engstelle einer Eieruhr. Noch besser ist ein Kugelmodell: Man stelle sich die Erde mit zwei riesigen ins Innere führenden Strudeln an den Polen vor. Ein Strudel führt Wasser (alle Materie) in die Erde, der andere bringt es wieder heraus. Dann entsprechen die Strudel der Inflation und dem Sturz der Materie in ein riesiges Schwarzes Loch. Die Pole entsprechen dem Urknall und dem Antiurknall. Die Zeitgleittheorie fordert, dass die Hälfte der Materie, die in den Antiurknall stürzt aus der Sicht der anderen Hälfte Antimaterie ist. Dies bestätigt auch eine Forderung der Physik, wonach im Urknall genau zur Hälfte Materie und Antimaterie entstanden sein müssen. Wenn Antimaterie auf Materie trifft, kommt es zu den stärksten Energieumwandlungen (Explosionen) die wir kennen. Es wird vor allem Materie in Strahlung umgewandelt. Diese Strahlung wurde später [nach dem Urknall (s. o.)] wieder zu Materie. Diese Umwandlung (Explosion) nennen wir Urknall. Damit haben wir die Ursache für den Urknall gefunden. Es ist der Kontakt von Materie und Antimaterie.

Es erscheint heute ebenfalls möglich, dass die Antiurknallmaterie nicht in unserem, sondern in einem oder mehreren anderen Urknallen wieder explodiert. Dann hätte unser Universum Verbindungen zu anderen Universen, die z. B. wie Perlen einer Perlenkette nebeneinander liegen könnten.

Einige Physiker neigen zu der Hypothese, dass in der soeben beschriebenen Weise vielen oder allen schwarzen Löchern kleine Urknalle zugeordnet werden müssen. Diese Urknalle werden als weiße Löcher oder (leider nur selten) als weiße Quellen bezeichnet. Auch sie könnten Verbindungen zu anderen (parallelen) Universen darstellen.

Damit schließen wir unsere kurze Übersicht über die kosmische Evolution bis zur Entstehung der Erde. Wer das oben nur kurz angesprochene wirklich verstehen will, findet nicht nur in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ Hilfe. Empfehlenswert sind: www.abenteuer-universum.de, das ABC der Relativitätstheorie von B. Russell usw. 

Im nächsten Abschnitt widmen wir und der chemischen- und biologischen Evolution auf der Erde.

DIE STEUERUNG UND ENTWICKLUNG EINES LEBEWESENS

Die biologischen Disziplinen, die sich mit diesem Bereich beschäftigen, sind Genetik und Entwicklungsphysiologie (Entwicklungsbiologie).

Grundsätzlich wird die Entwicklung jedes Lebewesens und jeder Zelle von genetischen Informationen gesteuert. Die DNA (noch besser den Zellkern) kann man als ein einfaches Gehirn auffassen, das die Entwicklung eines Lebewesens und einen Teil seiner Interaktionen mit der Umwelt steuert. Diese Entwicklung wird aber auf zwei grundsätzliche Weisen auch durch Informationen aus der Außenwelt gesteuert. Zum einen steuern diese Informationen (Reize, Gifte, Nahrungsbestandteile, Strahlung usw.) durch direkte Wirkungen auf Körper und Gehirn. Zum anderen verändert die Außenwelt die genetische Information. Dabei lernt die DNA ähnlich wie ein Gehirn und bewirkt auch ihrerseits Veränderungen ihrer Umwelt, benötigt aber, besonders für ihre Lernfortschritte, meistens erheblich längere Zeiträume. Dieser Lernvorgang bestimmt nicht nur die Entwicklung von Individuen, sondern macht das Wesen der biologischen Evolution, also der Entwicklung des gesamten Lebens, aus (s. u. Selektion, Konkurrenz, Mutation usw.).

Ein wichtiger Trick genetischer Informationsverarbeitungssysteme (DNA), um die eigene Höherentwicklung und Erhaltung zu bewerkstelligen, ist die Bildung von Körpern (=Lebewesen, Individuen), die die eingebauten Genome (Gesamtheit der Gene) schützen und weiterentwickeln. Am erfolgreichsten waren die Genome, die in ihren Körpern ein zweites Selbststeuerungssystem entwickelten, nämlich das Gehirn.

Die Ähnlichkeit von DNA und Gehirn zeigt sich auch darin, dass beide die Zukunft bei ihren Steuerungen berücksichtigen. Auch in diesem Bereich sind Gehirne wesentlich leistungsfähiger als Genome, aber auch Genome verfügen über Kenntnisse über die Welt, in der die Organismen, die sie bilden, leben und leben werden. Z. B. bilden fast alle Wirbeltiergenome Augen, weil sie „wissen", dass es in der Welt fast aller Wirbeltiere Licht und die Notwendigkeit, sich zu orientieren gibt bzw. geben wird.

Die biologische Evolution beruht auf dem Zusammenwirken der Genome vieler Individuen und deren Interaktionen mit der Umwelt. Auch an der Entwicklung der Kultur sind die evolutionsbiologischen Gesetzmäßigkeiten und Grundprinzipien entscheidend beteiligt. Zum einen beeinflussen sie auch heute noch den Menschen direkt, zum anderen erfolgen Entwicklungen in der Kultur weitgehend nach den gleichen Grundregeln wie in der Natur. Biologische und kulturelle Evolution sind parallele, ähnliche Vorgänge.

Eine ausgezeichnete detaillierte Beschreibung der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten kultureller Evolution findet sich bei Karl Popper. Die Lektüre dieses Philosophen stellt die einfachste Möglichkeit dar, um möglichst schnell einige gute Antworten auf verschiedene philosophische Fragen zu erhalten, also wichtige Grundprinzipien dieser Welt zu verstehen. Allerdings sollte man auch die konstruktive Kritik und Verbesserungen an und von Poppers Konzept studieren (siehe Kap. „Philosophie“ und Peter Möller www.philolex.de/popper.htm#kri. Wer die Entwicklungsprinzipien der Wissenschaften verstehen will, sollte außerdem „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ von T. Kuhn lesen.

Wir wollen nun genauer betrachten wie Genome arbeiten, um die Entwicklung und Steuerung von Zellen und Individuen verstehen zu können.

Genetik  Vererbungslehre

In dieser Wissenschaftsdisziplin geht es um die Entwicklung und Steuerung von Individuen und Zellen durch Erbinformationen. Es werden also Fragen beantwortet, wie z. B.:

„Was sind Krebs, Aids usw.?“

„Wie entsteht ein erwachsenes Lebewesen aus einem Ei?“ „Wie entstehen Merkmale und Eigenschaften aus Genen?“

„Wie steuert der Zellkern (Kapitän der Zelle) das Zellgeschehen?“ usw.

„Genein“ („e“ und „i“ getrennt gesprochen, nicht „ai“) ist griechisch und heißt „hervorbringen, schaffen.

Gene (=Erbanlagen) sind also „Schöpfer“ und die Genetik ist die Lehre vom Bau und Wirken dieser Schöpfer. Was Gene letztendlich hervorbringen, sind Merkmale und Eigenschaften.

Die DNA, eine Nukleinsäure [Details s. o.], ist das fädige Molekül, dass die Gesamtheit der Gene (auch Genom genannt, darstellt.

Um klare Zielvorstellungen zu haben, betrachten wir zunächst eine Übersicht:

Die Genetik wird in zwei Untergebiete unterteilt:

1. Molekulare Genetik (Aufbau der DNA, Verdopplung der DNA (=Replikation), Transkription, Translation [s. u.])

2. Klassische Genetik (Mendelsche Regeln usw.) hier geht es um die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung

Wir beginnen (weiter unten) mit der molekularen Genetik, weil sie das notwendige Fundament bildet, ohne dass die Klassische Genetik nicht verstanden werden kann.

Um die molekulare Genetik verstehen zu können, müssen (bio)chemische und cytologische Grundkenntnisse bekannt sein (chemische Bindungen, organische Chemie, Aufbau der Eiweiße usw., Aufbau der Zelle, insbesondere Zellkern und Endoplasmatisches Retikulum, Endosymbiontenhypothese).

Um die Klassische Genetik verstehen zu können, müssen Sinn und Wesen der Sexualität, insbesondere Meiose und Mitose bekannt sein.

Wir wiederholen an dieser Stelle in Kurzform, was wir in den Kapiteln „Sexualität“ und „Evolution“ (s. u.) ausführlich erörtert haben.

Das möglicherweise wichtigste Prinzip der Entwicklung des Kosmos ist das Mischen von Informationspaketen (»Dialektik [These+Antithese führt zu Synthese). Immer, wenn man zwei Dinge zusammenfügt, entsteht etwas Neues.

Am Beispiel der Sexualität können wir dieses Prinzip verdeutlichen. Die Funktion der Sexualität ist nämlich nicht die Vermehrung, sondern die Kombination von Informationspaketen, die hier Rekombination oder Neukombination (von Genen) genannt wird. Weshalb Neukombinationen alles Geschehen im Kosmos (z. B. Kreativität, Technik, alle Entwicklungen nach dem Urknall usw.) bestimmen, wissen wir nicht genau. Weshalb das Leben Neukombinationen zu seinem Grundprinzip gemacht hat, ist etwas klarer.

Das Leben ist getrieben von einer (wieder etwas unklaren) Kraft der Selbsterhaltung (Drang zu vierdimensionaler Größe). Nun ist die Erde aber ein System, das diese Selbsterhaltung durch ständige Veränderungen (Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Meteoriteneinschläge usw.) schwer macht. Gegen diesen ständigen „Terror“ (Selektionsdruck, Wirkung von Ökofaktoren) gab es nur ein effektives Mittel: Das Leben musste sich ebenfalls ständig verändern. Das Wesen aller Veränderungen, einschließlich Innovationen, Kreativität usw., ist aber bekanntlich die Neukombination. Deshalb bestimmen Neukombinationen alle biologischen und kulturellen Entwicklungen. Am wirksamsten lässt sich kombinieren, wenn man an Informationszentren ansetzt, also an DNA und Gehirnen (Computern).

Die einfachste Möglichkeit, verschiedene Gene neu zu kombinieren, bestand und besteht darin, die Gene zweier Individuen (männlich und weiblich) zu Mischen oder auszutauschen. Das Leben entwickelte zahlreiche Verfahren, um das Mischen zu intensivieren. Diese Verfahren werden unter dem Oberbegriff „Sexualität“ zusammengefasst.

Bakterien begnügen sich bis heute i. d. R. damit sich gegenseitig DNA-Stücke zuzuschieben, ohne dabei wirkliche Sexualität zu „genießen“. Allerdings gelingt es ihnen auch mit dieser recht primitiven Parasexualität (besonders mit ärztlicher Hilfe), z.B. die Resistenz gegen mehrere Antibiotika, gleichzeitig zu übertragen.

Fast alle anderen Lebewesen gingen dazu über, die kompletten Erbinformationen zweier Individuen miteinander zu vermischen und diesen ganzen Neukombinationsvorgang mit der Vermehrung zu verbinden. Das nennen wir heute „sexuelle Vermehrung“. Die meisten, besonders Pflanzen, behielten sich allerdings das „Recht“ vor, sich auch weiterhin ohne Sexualität zu vermehren. Diese Art der Vermehrung nennen wir heute „vegetativ“, weil sie so erfolgt wie beim Gemüse (vegetable). Diese vegetative Vermehrung findet sich auch bei Pilzen und vielen Tieren. Nur Vögel und Säugetiere verzichten ganz darauf. Sie ist für Genetiker ziemlich uninteressant, weil die Nachkommen genetisch fast immer mit ihren Eltern übereinstimmen. Solche ziemlich unveränderlichen Nachkommen müssen aber i. d. R. sterben, wenn ihre Umwelt sich verändert. Vegetative Vermehrung ist also in der Regel nur ein Trick, um sich auch in Notfällen (kein Partner zu finden usw.) noch vermehren zu können. Damit sind wir zurück bei der Neukombination durch Sexualität. Das Mischen der Erbinformationen führt dazu, dass viele verschiedene Nachkommen existieren. Einige davon passen nun zufällig in die veränderte Umwelt und können überleben. Wir erinnern noch einmal an unser Beispiel vom Überleben der Füchse beim Beginn einer Eiszeit: Was in dieser neuen kalten, weißen Welt gebraucht wird (überleben kann) sind Füchse mit weißem und dichtem Fell. Durch zufällige Mutationen finden sich unter Hunderttausenden von Füchsen in der Regel einige wenige, die ein zu dichtes oder zu helles Fell (bzw. zumindest die Gene dafür) aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Fuchs beide Eigenschaften (die gewünschte Kombination) in sich vereinigt, ist aber leider äußerst niedrig. Hier hilft die Natur mittels Sexualität (Kombination!) nach. Unter den Nachkommen eines „Hellfellweibchens“ und eines „Dichtfellmännchens“ finden sich meistens einige, die beide Eigenschaften aufweisen. Diese Nachkommen (Missgeburten?), die unter den vorherigen Bedingungen der Warmzeit wahrscheinlich ausgestorben wären, sind nun die einzigen die sich erfolgreich fortpflanzen. Dieses Beispiel zeigt, wie die sexuelle Vermehrung durch Neukombinationen das Überleben und die Anpassung der Arten an Umweltveränderungen möglich macht.

Der interessanteste Nebeneffekt dieser Erscheinungen ist die Höherentwicklung des Lebens (Anagenese). Tiere, die, wie z.B. Quallen der Hochsee, ständig in nahezu unveränderlichen Umwelten (Halbparadiese) leben, verändern sich kaum. Säugetiere und Menschen konnten nur entstehen, weil ihre Vorfahren circa 3,7 Milliarden Jahre lang nicht in Paradiesen, sondern unter harten Selektionsbedingungen, lebten.

Menschen versuchen gerade, sich Halbparadiese, wie sie die Quallen haben, zu schaffen (ständig ideale Temperaturen, Nahrungsangebote usw.). Leider glauben sie irrtümlich, dass sie in diesen Paradiesen langfristig, genau wie die Quallen, so bleiben, wie sie sind. In Wahrheit aber bleiben sie nicht wie Quallen, sondern sie werden unter Qualen zu Quallen. Sie verlieren allmählich viele ursprüngliche Merkmale und Fähigkeiten und entwickeln sich allmählich zu Quallen zurück. Diese Entwicklung zu Unmenschen treiben sie nicht nur mit ihren Genen, sondern auch mit ihren Gehirnen. Durch schmusepädagogische Überverwöhnung, machen sie z.B. ihre Kinder zu Tyrannen oder ewig unzufriedenen, kalten Warmduschern. Manche Gefängnisse machen sie zu Erholungsheimen und ihre Parasiten (Abzocker, Spitzenmanager?, globale Ausbeuter usw.) machen sie nachgiebig vergebend zu Wiederholungstätern. Doch zurück in die Biologie: Wir müssen noch verstehen, wie die Natur die Mischverfahren optimiert hat. Betrachten wir zunächst das einfachste (nimm DNA von zwei Lebewesen [Männchen und Weibchen]) und mache daraus ein neues Individuum (Embryo). Mehrzellige Organismen bilden zu diesem Zweck Spezialzellen, die Keimzellen oder Gameten, nämlich Spermien und Eier. Das geschieht in speziellen Organen (Hoden, Eierstöcken, Fruchtknoten, Staubgefäßen). Der Mischvorgang heißt Befruchtung. Leider bringt er nicht allzu viele neue Kombinationsmöglichkeiten. Um diese zu erhöhen erfand das Leben u. a. die Diploidie. Das bedeutet, dass jedes Gen in jeder Körperzelle zweimal vorliegt. Dies gilt für Wirbeltiere, viele Pflanzen usw. aber keineswegs für alle Lebewesen. Bei Menschen und den meisten Tieren jedenfalls ist die Vielfalt schon deshalb erhöht, weil jedes Individuum von (fast) jedem Gen zwei Ausführungen hat. Diese beiden Ausführungen heißen Allele. Sie müssen im Einzelfall keineswegs immer verschieden sein, obwohl es meist mindestens einige Milliarden von Variationsmöglichkeiten gibt. Das grandiose an der Diploidie ist jedoch, dass die Natur mit ihrer Hilfe das Mischen auf die Spitze treiben konnte. Während der Bildung der Keimzellen ließen sich nun die Gene auf eine Weise durcheinandermischen, die jeden Barmixer vor Neid erblassen lassen würde. Betrachten wir die Ausgangssituation. Jeder Mensch hat 30000 bis 40000 Gene, (fast) jedes natürlich zweimal. Eines der zwei Exemplare hat er von seinem Vater, das andere von seiner Mutter. Diese wieder haben diese Mischung aus den Genen ihrer Eltern äußerst kunterbunt zusammengemischt. Um nun das Mischen noch weiter zu optimieren, ist bei (fast) jedem Menschen seine gesamte DNA in weitere 23 Teilstücke zerlegt. Diese Stücke sind zeitweise zwecks Schutz und besserer Transportmöglichkeiten zusammengeschnürt (kondensiert) und mit Eiweißen (Histonen) verbunden. In dieser Form nennt man sie Chromosomen (= anfärbbare Körper). Während der Bildung der Keimzellen (Oogenese =Eibildung, Spermatogenese (=Spermienbildung), Meiose =Reifeteilung) können diese Chromosomen beliebig miteinander kombiniert werden. Die Meiose ist die besondere Form der Zellteilung, bei der die Gameten gebildet werden. Bei solchen Teilungen (vgl. Mitose) müssen bekanntlich die Erbinformationen in alle neuen Zellen transportiert werden. Chromosomen sind wörtlich übersetzt „anfärbbare Körper“, von der Funktion her dagegen sind sie  Transportpakete, die die Übertragung der Erbinformationen in Tochterzellen überhaupt erst möglich machen. Während dieser Transporte werden die Chromsomen zufällig neu kombiniert (s. unter Meiose [Teilungsphasen] in üblichen Lehrbüchern, Filmen und unten).

Aber auch diese Kombinationsmöglichkeiten waren der Natur noch nicht genug. Sie erfand ein weiteres Verfahren, dass die Biologen „Chiasma“ oder „cross over“ nennen. Das Prinzip: Zu Beginn der Meiose liegen die langgestreckten Vorformen der gleichartigen Chromosomen (=Chromatiden) parallel nebeneinander. Gleichartig (Fachausdruck: homolog) bedeutet: Chromosomen mit den gleichen Genen, aber z. T. verschiedenen Allelen (=spezielle Ausführungen der Gene s. u.). Diese Chromosomen zerbrechen nun i. d. R. an sehr vielen Stellen und „wachsen“ „falsch“ wieder zusammen. D. h., zahllose Bruchstücke des mütterlichen Chromosoms werden mit zahllosen Bruchstücken des väterlichen (chemisch) verbunden. Durch dieses zusätzliche Mischverfahren hat die Natur die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten in unvorstellbare Höhen getrieben.

Auch das Leben wurde vor allem dadurch in die unvorstellbare (grauenhafte?) Höhe getrieben, die wir die Menschheit nennen. Grauenhaft wurde die Menschheit vor allem deshalb, weil sie das freie Kombinieren von Informationspaketen in ihren Gehirnen auf die Spitze trieb. Dabei entstanden Speerspitzen, spitze Spitzenmanager und all die bekannten Spitzen von Militär, Politik, Wirtschaft, Religion usw., die mithilfe einer merkwürdig chaotisch giftigen Selbststeuerungsbrühe die Menschheit und Tierwelt seit Jahrzehntausenden bei blühender Krankheit halten.

Mutationen

Damit das Mischen in Natur und Kultur überhaupt Sinn macht, muss ein Mindestmaß an Verschiedenheit schon vorher vorliegen. Die Abweichungen von der Norm nennt man bei Erbinformationen „Mutationen“ (von mutare =verwandeln). Sie können durch bestimmte Stoffe (=Mutagene, krebserregende Stoffe = Kanzerogene), Viren und energiereiche Strahlung hervorgerufen werden (Genaues s. u.).

Die ganze Kunst der Rekombination macht nur dann Sinn, wenn die Natur gleichzeitig auch dafür sorgt, dass günstige Mutationsraten das Leben bestimmen. Das ist ihr auch gelungen. Sie setzt gezielt und in Maßen Schutz- und Reparaturmechanismen ein, um die günstigsten Raten zu erreichen. Zu viele Mutationen bedeuten Missbildungen und verringerte Fitness, zu wenige bedeuten mangelnde Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen. Bei alldem hat die Natur allerdings (wie immer) nur das Ziel des Überlebens der Art im Auge.

Ganz anders geht der Mensch in seiner Kultur mit Neuerungen (Innovationen, technischen Veränderungen usw.) um. Er hat das Ziel der Selbsterhaltung nicht immer und das der Lebensqualität (aller) nur selten im Auge. Deshalb setzt er (wie üblich) oft und gerne chaotische (masochistische?) (Selbst)erhaltungsprogramme (Konservatismus) und chaotische Innovationsraten (Erneuerungsbemühungen) ein und gegeneinander (s. französische- und sexuelle Revolution, Reformation usw.).

Der Mensch verfügt über ca. 6,5 Milliarden Basen in seiner DNA. Davon sind ca. 0,1% verändert. Jeder trägt also ca. 6,5 Millionen Mutationen in fast jeder Zelle in sich. Zum Glück sind fast alle Mutationen ohne wesentliche Bedeutung.

Generationsdauer

Abschließend fassen wir zusammen und gehen noch auf ein weiteres Mittel zur Anpassung an Umweltveränderungen ein:

Insgesamt hat die Natur drei Hauptverfahren für diese Anpassungen entwickelt: hohe Rekombinationsraten, hohe Mutationsraten und kurze Generationsdauern. Sehr kurze Generationsdauern sind nur bei einfach gebauten Systemen (vor allem Viren und Bakterien) möglich. Sehr lange Generationsdauern sind aber für alle Arten langfristig tödlich. Was sollte auch die schönste Mutation und Rekombination bringen, wenn innerhalb eines Jahrhunderts entscheidende (tödliche) Umweltveränderungen stattfänden, die Lebewesen aber Jahrtausende alt werden? Die (eklig?) kurze Lebensdauer des Menschen (aller Arten) ist also nicht die Fehlplanung irgendeines Schöpfers, sondern ein Trick der Natur, die Menschheit (alle Arten) langfristig zu erhalten (anpassen zu können). Dasselbe gilt natürlich auch für Rekombinationen (Sexualität) und Mutationen.

Molekulare Genetik

Wir widmen uns nun den molekularen Strukturen und Funktionsprinzipien, da diese das Fundament bilden, auf dem das Wirken der DNA (Vererbungsgeschehen und Zellregulation) deutlich wird. (Zur Struktur der Nukleinsäuren s. o.).

Als Einstieg widmen wir uns einer genauen Definition des Genbegriffs. Als wissenschaftlicher Begriff wurde er zuerst von Gregor Mendel, dem Entdecker der wichtigsten Vererbungsregeln, gebraucht. Bei Mendel war ein Gen (Erbanlage) ein unbekannter Faktor, der ein Merkmal oder eine Eigenschaft hervorbrachte. Später fand man heraus, dass die meisten Gene mehrere Merkmale und/oder Eigenschaften beeinflussen (Polygenie) und dass ein Gen meistens mehrere Merkmale und/oder Eigenschaften beeinflusst (Polyphänie). Außerdem erkannte man das eigentliche Wesen des Gens. Materiell war und ist ein Gen ein Stück DNA (ein DNA Abschnitt). Gleichzeitig hatte und hat der Begriff aber auch eine ideelle Bedeutung. Zu Mendels Zeit war ein Gen charakterisiert durch eine unbekannte abstrakte Schöpfungskraft (Gottes). Heute ist die ideelle Bedeutung des Genbegriffs auf die Erbinformation, die in einem bestimmten DNA-Abschnitt steckt, reduziert. Ein Gen ist in moderner Sprache ein DNA Abschnitt, der die Bauanleitung für die Bildung ein Peptids oder Eiweißes oder einer RNA liefert. Es wird also sowohl das DNA-Material, insbesondere die Basen, als auch die Reihenfolge dieser Moleküle (=Erbinformation) als Gen bezeichnet.

 

Grundsätzlich werden also die meisten Befehle (Bauanleitungen) der DNA durch die Bildung von Eiweißmolekülen ausgeführt beziehungsweise weitergeleitet. Genauer: Gene veranlassen die Bildung von Eiweißen und RNAs (Ribonukleinsäuren), die wiederum Strukturen bilden (Struktureiweiße, Ribosomen usw.) oder gezielt den Abbau oder Aufbau von Stoffen beschleunigen (Enzyme s. o.) und die (genetische) Aktivität regulieren. Ein Teil dieser Nukleinsäuren dient dem Bau von Eiweißen, ein Teil aber auch der (direkten) Regulation anderer Zellaktivitäten, z. B. der Genaktivität.

Wie aber wird nun aus dem Gen (oder aus mehreren Genen) ein (oder mehrere) Merkmale oder Eigenschaften? Wir wollen hier das Prinzip dieser Vorgänge kurz exemplarisch beleuchten. Unten folgen die Details.

Vom Gen zum Phän

Phän = äußeres Erscheinungsbild,  Phänomen = Erscheinung

Im einfachsten Falle ist das Eiweiß, das nach der Bauanleitung der DNA gebaut wird, selbst das Merkmal oder bewirkt unmittelbar eine Eigenschaft. Es gibt z. B. Pflanzen, die ein rotes Eiweiß bauen, welches das Merkmal „rote Blütenfarbe“ bildet.

Im Falle des Melanin ist es dagegen so, dass mehrer Enzyme für den Bau dieses Hautfarbstoffes sorgen. Dabei bauen sie eine Aminosäure (Tyrosin), die i. d. R. mit der Nahrung aufgenommen wurde, mittels Beschleunigung chemischer Reaktionen um.

Nun ein Beispiel zu den Eigenschaften: Es gibt eine Erbkrankheit, die bewirkt, dass die betroffenen Patienten sich selbst Hände, Füße, Zunge usw. zerbeißen. Diese Krankheit beruht auf einer winzigen Veränderung innerhalb eines Gens (=Mutation = Erbänderung [s. u.]) (s. auch unter „Sichelzellenanämie“).

Alle Eigenschaften, z. B. Gefühle, werden entscheidend durch bestimmte Hormone und Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn verursacht und bestimmt. Oxytocin beeinflusst Treue, Dopamin Verliebtheit, Serotonin Unruhe usw. Die Bildung und Konzentration dieser Stoffe (und damit alle Eigenschaften wie Ehrgeiz, Wut, Phlegma usw.) werden vor allem von Enzymen und Nukleinsäuren reguliert.

Das Prinzip der Entwicklung eines Lebewesens

Die Entwicklung eines menschlichen Lebewesens beginnt mit der Befruchtung. Das wichtigste Steuerungsprinzip dieser Entwicklung besteht darin, dass verschiedene Gene in bestimmter sinnvoller Reihenfolge abgerufen werden, also die dem jeweiligen Gen entsprechenden Eiweiße gebildet werden.

Wir betonen an dieser Stelle, dass zeitliche Reihenfolgen genauso das Wesen der Information ausmachen, wie räumliche. (Zur Wesensgleichheit (Äquivalenz) von Raum und Zeit siehe unter: www.daswesenderzeit.de). Die Zahl der betroffenen und beteiligten Dimensionen spielt grundsätzlich keine entscheidende Rolle.

Dabei kommt es häufig zu Fehlregulierungen. Wenn, dank defekter Gene, ungünstige Befehle gegeben werden, die Befehle in ungünstigen Reihenfolgen gegeben werden oder Störfaktoren (Contergan, Alkohol, Nikotin usw.) wirken, sterben Embryonen (Kinder) oder es entstehen Individuen mit Behinderungen.

Auch die Menschheit gibt bei ihrer ethischen und politischen Selbststeuerung zahllose destruktive Befehle (Gebote, Gesetze, Normen, technische Anweisungen usw.) in noch zahlloseren destruktiven Reihenfolgen (Werte- und Informationschaos). Deshalb kann man die Menschheit als Ganzes als ein behindertes Individuum bezeichnen.

Menschen vermehren sich z. B. oft, bevor sie die Voraussetzungen für die langfristige Bereitstellung der notwendigen Nahrungsmittel geschaffen haben.

Sie bauen auch Massenvernichtungswaffen, bevor sie die ethische Reife (z. B. die Überwindung von Statuswahn, rassistischen Wahnvorstellungen usw.) erreicht haben, um die Verwendung dieser Waffen und vieler anderer technischer Entwicklungen sinnvoll kontrollieren zu können (weitere Erläuterungen u. a. im Kapitel „Ethik“).

Doch zurück zur Entwicklung eines Lebewesens (Ontogenese)

Auch der Plan für den sukzessiven Abruf von Genen ist Teil der genetischen Information. Diese (die meisten) Steuerungsprozesse werden aber nicht nur mittels Proteinen, sondern auch durch die Bildung zahlreicher verschiedener Nukleinsäuren (meistens RNAs) gelenkt. Etwas vereinfacht kann man sagen: Ein Gen verursacht die Bildung eines Eiweiß- oder RNA-Moleküls, das wiederum ein oder mehrere Gene aktiviert, die wieder andere Eiweiße oder RNAs bilden, die wieder die Aktivierung oder Inaktivierung anderer Gene bewirken. Auf diese Weise werden z. B. die Embryonalentwicklung, die Pubertät und wahrscheinlich auch der biologische Tod eingeleitet.

Die Bildung und der Transport dieser Stoffe sind natürlich mit der Bildung von Strukturen verwoben. In einem bestimmten Bereich eines Embryos werden z. B. Stoffe gebildet, die in benachbarte Zellverbände wandern und dort z. B. kontrolliertes Zellwachstum anregen. Dieser Vorgang heißt Induktion. Das Zellwachstum kann die Bildung der Wirbelsäule oder von Extremitäten oder Organen beinhalten.

Bei all diesen Prozessen spielen auch Außenreize und -faktoren, wie z. B. Strahlung, Gifte, Gravitation, Geräusche, Nahrung usw. (s. u.). eine Rolle. Von vielen dieser Reizen hat das komplexe vierdimensionale Netzwerk aus Genen, RNA und Eiweißen bereits Vorabinformationen, die sinnvoll in alle Selbstorganisationskonzepte eingearbeitet werden können (s. o.).

Die DNA „weiß“ z. B., dass UV-Strahlen die Haut schädigen, aber auch beim Bau von Vitamin D genutzt werden, können. Deshalb enthält sie Programme zum Bau von schützendem Melanin (=brauner Hautfarbstoff), zur Reparatur von UV-Schäden und zur Nutzung der Strahlung für Vitaminsynthesen. Sie sorgt sogar dafür, dass das Knochenwachstum mittels Produktion von Wachstumshormonen an die Stärke der Gravitationskräfte angepasst werden kann.

Bei all diesen Regulationen steht sie aber nicht allein da, sondern es liegt ein hochkomplexes Netzwerk von Innen- und Außenfaktoren vor, dessen Zusammenwirken Menschen gerade erst zu verstehen beginnen. Wir erinnern an die Regulation von Enzymaktivitäten (s. o. und unten u. a. unter „allosterische Effekte) und die Wirkungen aller (insbesondere hormonähnlicher) Umweltgifte (s. u. „Ökologie“).

Nun könnte man noch fragen, was die Zygote (=befruchtete Eizelle) zu ihrer ersten genetischen Aktivität veranlasst. Die Ursachen für diese (alle) Aktivierung liegen in der Eizelle vor der Befruchtung und im Spermium. (Es gab niemals eine Henne vor oder ohne Ei und umgekehrt.). Für jede genetische Aktivität gibt es eine Ursachenkette, die ca. 3,8 Milliarden Jahre, also bis an den Anfang des Lebens, zurückreicht. Dieser Zusammenhang wird deutlich, wenn man sich bewusst macht, dass alle heutigen befruchteten Eizellen in direkter Linie von einer (oder wenigen?) Urzelle(n) abstammen, die vor ca. 3,8 Milliarden Jahren entstanden ist. Diese direkte Linie von immer wieder geteilten Zellen nennt man Keimbahn. Streng genommen reicht die Ursachenkette sogar mindestens bis zum Urknall zurück. Diese Kette und auch die Entwicklungssteuerung eines Organismus und einer Zelle bestehen vor allem darin, dass ein oder mehrere Gene ein oder mehrere andere Gene aktivieren oder deaktivieren.

Dies ist noch in einer weiteren (oben noch nicht umfassend angesprochenen) Beziehung kein völlig autonomes umweltunabhängiges Programm. Vielmehr ist es so, dass dieses Programm, wie alle Gene, von der Umwelt beeinflusst und verändert wird und auch selbst die Umwelt beeinflusst und verändert (s. o. und unter „Evolution“). Alle genetischen Programme sind durch Lernprozesse entstanden. Dabei war und ist die DNA der Schüler und die Umwelt der Lehrer. Die Selektion ist das Belohnungs- und Züchtigungsmittel des Lehrers. Die Höherentwicklung des Lebens entspricht der Reifung eines Schülers.

Verbesserte DNAs schaffen leistungsfähigere Gehirne, diese komplexere technische Umwelten. Diese wiederum werden zu neuen Selektionsbedingungen für DNAs. Letztere geistern u. a. unter dem Label „Genetische (Selbst)manipulation“ durch menschliche Gesellschaften. Offenbar schaukeln DNAs, Gehirne, Computer, die Natur und eine äußerst informationshaltige Umwelt sich wechselseitig zu immer größeren Höchstleistungen hoch, z. B. zu Entwicklungshilfe, Marsflügen, Massenausbeutung und Weltkriegen.  

Betrachten wir diese spannenden gegenseitigen Beeinflussungen (Neukombinationen) biologischer und kultureller Programme (Erbinformationen, Gefühle, Verhaltensprogramme, Computersoftware usw.) noch etwas genauer. Seit einigen Jahren ist z.B. bekannt, dass (im Gegensatz zu früheren Überzeugungen) erworbene Fähigkeiten manchmal auf Gene Einfluss nehmen, und auch vererbt werden können. Am spannendsten wird es, wenn man betrachtet, wie menschliche Gehirne und Gesellschaften gezielt die Erbinformationen von sich und anderen Lebewesen verändern. Gene haben Menschen mittels Emotionalität dazu getrieben, Maschinen und Computer zu schaffen und Menschen verändern mithilfe von Maschinen und Computern diese und sich selbst einschließlich aller Erbinformationen.

 

Der Mensch bildet u. a. genetisch mit der (scheinbaren!) Außenwelt ein vernetztes Gesamtsystem.

Dies nicht zu erkennen, sondern den Menschen als isolierten Beobachter und Gestalter der Welt zu betrachten, gehört ebenfalls zu den größten Fehlern der Menschheit. Um die Menschheit sinnvoll zu steuern, muss man jedoch u. a. physikalische, genetische, ökologische, wirtschaftliche, politische und philosophische Vernetzungen berücksichtigen. Zum Teil katastrophale Fehler, welche durch entsprechende Nichtberücksichtigungen entstehen, werden in allen Kapiteln angesprochen.

Genetische Programme bewirken weitgehend umweltunabhängig, dass zunächst die Gene, die die Embryonalentwicklung einleiten und steuern aktiviert und später weitgehend deaktiviert werden. Wenn die Umwelt es erfordert (Selektion [Konkurrenz, Temperaturschwankungen usw.]), können diese Programme geändert werden.

Es gibt zum Beispiel Amphibien, die ausschließlich im Wasser unterirdischer Grotten leben, so dass eine normale Entwicklung zum sehfähigen und lungenatmenden erwachsenen Landtier keinen Sinn mehr macht. Außerhalb des Wassers findet sich in den Grotten kaum Nahrung. Diese Tiere (Axolotl) haben die meisten Gene, die sie für die Entwicklung zum erwachsenen Tiere benötigen, abgeschaltet oder aufgelöst und werden als Larven geschlechtsreif (Neotenie [s. o.]). Sie entwickeln z. B. keine Beine oder Augen.

Ein anderes Beispiel  für das Zusammenwirken von Umwelt und Erbinformation (das wir oben schon kurz angesprochen haben) ist die Bildung des braunen Hautfarbstoffs Melanin. Die entsprechenden Gene werden nur aktiv, wenn die Haut ultravioletter Strahlung ausgesetzt wird. Hier verrät die DNA sogar Kenntnisse über mögliche Veränderungen der menschlichen Umwelt und über die Notwendigkeit (Fähigkeit) zu sparen. In gemäßigten Zonen werden (u. a. abhängig von Jahreszeiten und Sonnenstudiobesuchen) –viel stärker als in Äquatornähe- Gene für die Bildung des Melanins abwechselnd aktiviert und inaktiviert.

Die Steuerung der Lebensprozesse wird von den Eiweißen z. T. auch halbautonom vorgenommen. Die bekanntesten dieser Steuerungen sind Regelungen durch Hormone. RNAs und Eiweiße können Gene an- und abschalten. Sie können aber auch Enzyme aktivieren und deaktivieren. Sowohl Gene, als auch Enzyme werden aber häufig auch durch andere Stoffe (z. B. Nahrung) aktiviert oder deaktiviert. Besonders typisch sind zwei Regulationsmechanismen.

Wenn ein Stoff (z. B. ein Nährstoff) in hoher Konzentration vorliegt, werden die Enzyme, die ihn um- und abbauen, verstärkt gebildet. Dieser Mechanismus heißt Substratinduktion. Solch ein Ausgangsprodukt kann ein Nährstoff (z. B. ein Zucker) sein.

Wenn ein Stoff (meistens ein Endprodukt) in hoher Konzentration vorliegt, werden die Enzyme, die ihn bilden, durch ihn inaktiviert, bzw. deren Bildungsrate verringert. Man spricht von Endproduktrepression.

Zu diesen Regulationen (speziell die, die sich auf die Aktivierung von Genen beziehen) haben Biologen ein Erklärungsmodell entwickelt, das Operon-Modell. Man sollte es mit Abbildungen in Büchern, Internet usw. genauer studieren.

Manche Enzyme verfügen über einen direkten Regulationsmechanismus. Sie haben neben dem aktiven Zentrum noch einen zweiten Kontaktbereich, der allosterisches Zentrum genannt wird. In dieses Zentrum passen bestimmte Stoffe so, wie Substrate in das aktive Zentrum. Diese Stoffe verändern die Enzymaktivität, wenn sie das allosterische Zentrum besetzen. Das Endprodukt einer Stoffwechselkette kann sich z. B. an das allosterische Zentrum eines Enzyms, das an der Herstellung dieses Endprodukts arbeitet, anlagern und dadurch die Bildung dieses Endprodukts verlangsamen (negative Rückkopplung).

Dies ist ein Beispiel für einen Regulationsmechanismus für Stoffwechselaktivitäten, bei dem Enzyme ihre eigenen Aktivitäten teilweise autonom steuern.

Auch zu diesem Vorgang finden sich Parallelen in der übrigen Natur und in der Kultur: Ein Beispiel aus Natur und Kultur ist die oben schon besprochene intraspezifische Selektion (s. auch unter „Evolution“). Diese Auslese innerhalb einer Art, findet z. B. statt, wenn die Individuen große, starke, schöne, wohlriechende usw. Fortpflanzungspartner eindeutig bevorzugen. Wenn so das äußere Erscheinungsbild der Individuen einer Art gleichgehalten wird (stabilisierende Selektion), liegt eine Regelung (negative Rückkopplung) vor. Dies entspricht der Konstanthaltung irgendwelcher Stoffkonzentrationen in Zellen, oder der Wohnzimmertemperatur, oder von Bevölkerungsdichten, oder von Bauteilen eines Autos in der Fabrik. Kulturell betrachtet entspricht es dem Prinzip der Konservation.

In der menschlichen Kultur wimmelt es von Beispielen menschlicher und unmenschlicher Rückkopplungen (Selbststeuerungen). Eines (für Liebhaber des Horrors) ist die Globalisierung. Hier steuern die fettesten Bonzen (spitzesten Manager) und Feinde der Anarchie mit Hilfe einer interkontinentalen Anarchie die Renaissance (=Wiedergeburt) der Ausbeutung des vierten Standes. Die wichtigsten Größen, die hier konstant gehalten werden müssen, sind die niedrigen Löhne der Arbeiter, die hohen Arbeitsleistungen von Kindern und der niedrige Informationsfluss über diese kindliche „Freizeitgestaltung“.

Die zentrale und übergeordnete Steuerung der zellulären Stoffwechselregulationen geht natürlich von der DNA aus.

Schon diese kurze Übersicht über die wichtigsten Regulationsmechanismen zeigt die Komplexität der Steuerung eines Lebewesens. Sie ist wahrscheinlich ähnlich komplex, wie die Steuerung der menschlichen Gesellschaft. Kein Arzt, kein Biochemiker und kein Direktor eines Chemieunternehmens hat die Komplexität des biochemischen Geschehens in einem Lebewesen auch nur annähernd verstanden. Millionen von (teilweise unbekannten) Stoffen treten in Trilliarden von (größtenteils unbekannten) Wechselwirkungen (z. B. Nebenwirkungen). Bekannt sind nur die wichtigsten Grundzüge und ein Teil der Details, aber nur ein kleiner Teil der Abhängigkeiten zwischen allen Details. Auch die besten Computer wären völlig überfordert, wenn sie das Zusammenwirken von über 30.000 Genen, mindestens 50.000 Genprodukten und Hunderttausenden von aus der Umwelt aufgenommenen Stoffen berechnen müssten. Viele Schadstoffe, Gifte, Medikamente usw. verändern die Aktivität von Genen und Enzymen. Diese Veränderungen können wieder unübersehbare weitere Veränderungen nach sich ziehen.

Es ist also z. Zt. grundsätzlich unmöglich, die völlige Unschädlichkeit irgendwelcher synthetischer Chemikalien zu beweisen. Beweisen kann man nur, dass in der Gegenwart an bestimmten Orten keine wesentlichen messbaren Effekte auftreten. Wir können uns jedoch ganz sicher sein, dass viele, wahrscheinlich die meisten, Effekte z. Zt. nicht messbar sind. Wir wissen aber, dass z. B. Hormone und hormonähnliche Pestizide auch in sehr geringen Konzentrationen Wirkungen zeigen. Am bekanntesten sind einige Billionen Verweiblichungen (einschließlich Unfruchtbarkeit) bei allen männlichen Wirbeltiere (auch beim Menschen) mittels östrogenähnlicher Pflanzenschutzmittel.

Die genetische Verschiedenheit der Lebewesen bewirkt außerdem, dass viele Schadstoffe nur bei einem Teil der Lebewesen, auch der gleichen Art, als Gifte wirken. Dies gilt zum Beispiel für das Wirken einiger Holzschutzmittel auf den Menschen.   

Alle (üblichen!) beschönigenden Aussagen über die Gefährlichkeit von Chemikalien werden dadurch nochmals zusätzlich fragwürdig, dass sie sich immer nur auf die Gegenwart, nicht aber auf die Zukunft beziehen können. Ein in der Gegenwart harmloser Stoff kann z. B. in der Zukunft durch die Kombination mit einem Stoff, der erst Jahre später zum ersten Mal synthetisiert wird, zu einem Gift werden. Tückischer Weise tritt dann die Giftwirkung nur an Orten auf, an denen beide (oder noch mehr) Stoffe gemeinsam auftreten. Auch in der Gegenwart ist es nie so, dass bei der Überprüfung der Gefährlichkeit eines Stoffes alle möglichen Umfelder, das sind vor allem andere Stoffe und Strahlungen, berücksichtigt werden. Auch die Verschiedenheit der Menschen und anderer Lebewesen wird fast immer zu wenig berücksichtigt.

Eiweißsynthese   Proteinbiosynthese   Translation

Protein = Eiweiß   Translation = Übersetzung

Als Nächstes wollen wir uns etwas genauer ansehen, wie Eiweißmoleküle nach der Bauanleitung der DNA gebildet werden. Zunächst erinnern wir noch einmal an das Prinzip.

Eiweiße bestehen aus Bauelementen (Molekülen), den Aminosäuren, die in einer bestimmten Reihenfolge chemisch verknüpft werden müssen. Die Reihenfolge der 20 verschiedenen Aminosäuren (Zeichen) in Eiweißmolekülen stellt eine Kopie der genetischen Information (=Reihenfolge von Basen oder Tripletts) dar und bedingt die Funktionsfähigkeit des Enzyms. Die informatorische und architektonische Leistung der DNA besteht also darin, dafür zu sorgen, dass die Aminosäuren der Eiweiße in der für das langfristige Überleben günstigsten Reihenfolge verknüpft werden. Günstig heißt, dass Eiweiße (usw.) die Struktur erhalten, welche optimale Regulationen (z. B. kontrollierte Reaktionsbeschleunigungen und Genaktivierungen) und den optimalen Bau größerer Strukturen (z. B. Zellen, Organe, Körper, Gesellschaften) ermöglichen.

Dazu verwendet die DNA eine simple Strategie. Sie sorgt dafür, dass die Reihenfolge ihrer eigenen Bausteine bei der Eiweißbildung kopiert (besser: übersetzt) wird. Der Bau der Eiweiße kann also als Übersetzungsvorgang oder Codierung aufgefasst werden. Das Wesen der Sprache der DNA, also der genetischen Information, liegt bekanntlich in der Reihenfolge ihrer Bausteinmoleküle, den Nukleotiden (Definition s. o.) bzw. Basen. Die beste Reihenfolge ist die, die den Organismen die höchste biologische Fitness (Lebensdauer und Lebensqualität?!!) verleiht. Das gilt natürlich auch für Informationen und Funktionen in Gehirnen.

Was Lebensqualität ist und wie man sie erreicht, könnte übrigens die wichtigste grundsätzliche Frage sein, die Menschen sich stellen können und sollten. Das gilt besonders deshalb, weil sie sich relativ wenig damit beschäftigen und in allen Kulturen eine Menge antihedonischer und sich widersprechender Vorschläge verbreiten, aufzwingen und verwirklichen.

An dieser Stelle wollen wir klären, was die Strukturen und Informationen von und in Eiweißen bzw. Nukleinsäuren mit Fitness und Lebensqualität zu tun haben. Wodurch kann die Reihenfolge von Aminosäuren in einem Eiweiß für Leben und Lebensqualität entscheidend werden? Dazu sollte der Leser sich zunächst noch einmal über den Bau von Eiweißen (Strukturtypen, aktives Zentrum usw.) informieren. Der wichtigste Gedanke in diesem Zusammenhang besteht darin, dass die Primärstruktur (Reihenfolge der Aminosäuren) alle anderen Strukturen bestimmt. Dass ein fehlerhaft gebautes Strukturprotein (z. B. ein Muskeleiweiß) zu fehlerhaften Makrostrukturen und Fehlfunktionen (Muskelschwund, Muskelschwäche usw.) führen kann, ist offensichtlich.

Bei Enzymen ist das Geschehen etwas komplizierter. Bei ihnen stehen die Funktionen im Vordergrund. Dafür aber sind wieder Strukturen entscheidend. Es ist vor allem das aktive Zentrum, das über das Funktionieren entscheidet. Hier muss die Form genau zum Substrat passen und an den richtigen Stellen müssen geladene Seitengruppen liegen. Diese können bestimmte Bindungen, also (elektrisch negativ geladene!) Elektronen, so verschieben, dass chemische Reaktionen leichter möglich werden. All diese Strukturen entstehen nur dann optimal, wenn die Reihenfolge von Basen (=Erbinformation) und Aminosäuren (Enzymstrukturen) stimmen.

Wir wollen an dieser Stelle nochmals betonen, dass die menschliche Unterscheidung zwischen Funktion und Struktur mehr oder weniger künstlich und anthropomorph ist. Das Wesen aller Funktionen (Prozesse) liegt im Gleiten über vierdimensionale Strukturen (s. „Das Wesen der Zeit“, Einstein, H. Weyl usw.).

In der DNA finden sich vier verschiedene Basen. Sie heißen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin und werden mit A, T, C und G abgekürzt. Den 20 verschiedenen Zeichen der Eiweiß“sprache“ stehen also nur vier Zeichen der genetischen Sprache gegenüber. Unter diesen Bedingungen ist eine Übersetzung unmöglich. Dieses Problem hat die „DNA gelöst“, indem sie ihre vier Zeichen zu Gruppen zusammengefasst hat, die dann ihrerseits zu (mehr) neuen Zeichen wurden.

Wenn sie Zweiergruppen, wie z. B. „AT“ gewählt hätte, hätte sie 42  also 16 verschiedene Zeichen zur Verfügung gehabt. (Die Zahl [2] der Elemente einer Gruppe erscheint hier als Hochzahl [=Exponent]). Es sind die Zeichen AA, AT, AC, AG, TA, TT, TC, TG, CA, CT, CG, CC, GG, GT, GA, GC. Auch das sind zu wenig für 20 Aminosäuren. Deshalb „wählte" die DNA Dreiergruppen als Zeichen. Diese Dreiergruppen heißen allgemein Tripletts. Es gibt also 43  = 64 verschiedene Tripletts.

Damit haben wir die biochemischen und informationstheoretischen Grundlagen gelegt, um den Prozess der Eiweißsynthese (Proteinbiosynthese) zu verstehen und machen uns zur Erleichterung des Verständnisses nun kurz mit den räumlichen Bedingungen vertraut.

Die Proteinbiosynthese

Die Proteinbiosynthese findet am endoplasmatischen Retikulum in fast jeder einzelnen Zelle statt (endoplasmatisches Retikulum = ER = im Cytoplasma gelegenes Netzwerk).  Das endoplasmatische Retikulum ist ein aus Membran gebildetes Netzwerk aus Röhren und Platten (endo = innen, Retikulum = Netzwerk). Wenn es mit Ribosomen besetzt ist, nennt man es raues endoplasmatisches Retikulum. Die Ribosomen sind kleine Körperchen, an denen die Proteinbiosynthese stattfindet (soma = Körper). Die DNA befindet sich im Zellkern. Das ist, aus der Sicht der beteiligten Moleküle, vom endoplasmatischen Retikulum relativ weit entfernt.

Um diese Entfernung zu überbrücken, bildet und benutzt die Zelle ein Botenmolekül namens Boten- oder messenger-RNA. Diese m-RNA bringt die Botschaft „Reihenfolge von Tripletts“ in kleinen, gut transportierbaren fädigen Portionen durch die Kernporen zum endoplasmatischen Retikulum. Diese Botschaft (Bauplan für ein Eiweiß) wird vorher (im Kern) durch ein nicht ganz genaues Kopieren von der DNA auf die m-RNA übertragen. Dabei bezieht sich die Ungenauigkeit nicht auf die ideelle (Erb)information, sondern auf die Bausteinmoleküle, also auf materielle Strukturen. Diese sind bei DNA und RNA teilweise unterschiedlich. Die m-RNA unterscheidet sich von der DNA vor allem durch zwei Dinge. Zum Ersten wird in RNA die Base Uracil statt, wie in DNA, Thymin eingebaut. Zum Zweiten wird statt des Zuckers „Deoxyribose“ der Zucker „Ribose“ verwendet. Wegen dieser Unterschiede spricht man bei der Bildung von RNAs nicht von Kopieren oder Duplizieren, sondern von Transkription (Überschreibung).

Im einfachsten Falle ist eine m-RNA ziemlich genau die Abschrift eines Gens, also auch genau die Vorlage für die Bildung eines Eiweißes oder Polypeptids. Bei der Transkription, werden Nukleotide (Bausteinmoleküle) der m-RNA entsprechend der Reihenfolge der DNA-Nukleotide mit Hilfe von Enzymen zusammengebaut. Dabei sind die Nukleotide beider Nukleinsäuren, wie die Perlen einer Perlenkette auf einem Faden, auf einem so genannten Nukleinsäurestrang aufgereiht. Sie sind in Längsrichtung durch chemische Bindungen miteinander verknüpft.

Die Nukleotide bringen sich gewissermaßen selbst in die richtige Reihenfolge, indem immer nur ganz bestimmte Basen (die informatorisch wichtigsten Bestandteile der Nukleotide) durch Wasserstoffbrückenbindungen miteinander paaren. Bei der Transkription liegen sich ein m-RNA-Einzelstrang und ein DNA-Einzelstrang mehr oder weniger parallel gegenüber. Dies entspricht den beiden Strängen eines Reißverschlusses. Ein Einzelhaken des Reißverschlusses kann mit einem Nukleotid verglichen werden. Diese und viele andere Prozesse werden nur restlos verständlich, wenn man sie auch an Abbildungen und filmischen Darstellungen in Schulbüchern, im Internet usw. studiert.

Die m-RNA wandert durch Poren in der Doppelmembran des Zellkerns (=Kernhülle) zu den Ribosomen am endoplasmatischen Retikulum im Cytoplasma. Sie trägt in sich die Informationen für den Bau eines Eiweißes in Form der Reihenfolge ihrer Tripletts, die aufgrund der Reihenfolge von DNA Bausteinen festgelegt wurde.

Die DNA hat diese Reihenfolge durch milliardenjährige Lernerfahrungen (Evolution, Selektion) entwickelt und mit Hilfe von Mutation und Rekombination immer wieder verbessert (Erklärungen unten unter „Evolution“). Entsprechend dieser Reihenfolge müssen nun Aminosäuren miteinander verknüpft werden. Diese Verknüpfungen nehmen Enzyme auf der Oberfläche von Ribosomen (Eiweißbaumaschinen) vor. Um die jeweils richtige Aminosäure, wie die Waggons eines Zuges, an die jeweils richtige Stelle zu transportieren, bedarf es noch eines weiteren Hilfsmoleküls, der transfer-RNA abgekürzt t-RNA (transferre = übertragen). Von diesen „Rangierlokomotiven“ der Zelle gibt es, wie von Aminosäuren, mindestens 20 verschiedene. Jede t-RNA passt genau zu nur einer Aminosäure (Waggon). Jede t-RNA wird von einem von mindestens 20 verschiedenen Enzymen mit seiner zugehörigen Aminosäure verbunden. In jeder normalen Zelle finden sich unzählbar viele solcher Komplexe, die zum Zwecke der Eiweißsynthese zu den Ribosomen wandern können.

Die Aminosäuren stammen i. d. R. aus der Nahrung, die t-RNAs werden genau wie M-RNAs nach DNA-Bauanleitungen gebaut. Ihr Baumaterial stammt ebenfalls zum Teil direkt aus der Nahrung. Z. T. werden aber sowohl viele Aminosäuren als auch alle Nukleotide (auch mittels Enzymen) aus einfachen Molekülen von der Zelle selbst aufgebaut.

Jede t-RNA hat eine Erkennungsregion, die genau zu einem Triplett der m-RNA am Ribosom passt. Diese Erkennungsregion ist ebenfalls ein Triplett. Die Erkennungstripletts der t-RNA heißen Anticodons, weil sie wie ein Spiegelbild zum Codon (=mRNA-Triplett) passen. Die Paarung zweier verschiedener Tripletts miteinander beruht auf der Paarung jeder der drei Basen eines Tripletts mit je einer Base des anderen Tripletts. Adenin paart durch Wasserstoffbrückenbindungen mit Thymin (Uracil), Cytosin entsprechend mit Guanin. Diese Paarungen stabilisieren auch die Doppelhelixstruktur der DNA.

Ein Triplett der RNA heißt Codon. Ein Triplett der DNA heißt Codogen, weil es ein Codon hervorbringen hilft (zur Erinnerung: genein [griechisch, e und i werden getrennt gesprochen] heißt hervorbringen). Gene sind also Hervorbringer oder Schöpfer. Zu jedem der zwanzig verschiedenen Codogene passt ein Codon, zu jedem Codon passt ein Anticodon. Die Codogene der DNA paaren bei der Synthese der m-RNA genauso mit den Codons der m-RNA, wie Codons mit den Anticodons bei der Eiweißsynthese.

Codon und Anticodons paaren kurzzeitig miteinander. So wird einem bestimmten Codon ein bestimmtes Anticodon und damit natürlich auch eine bestimmte Aminosäure zugeordnet. Die m-RNA steht stets mit zwei nebeneinander liegenden Codons in lockerem Kontakt mit einem Ribosom. An jedem dieser Codons paart stets gleichzeitig je eine t-RNA (ihr Anticodon) mit ihrer zugehörigen Aminosäure. So kommen zwei Aminosäuren entsprechend der von der m-RNA vorgegebenen Reihenfolge nebeneinander zu liegen. Während dies geschieht, werden die beiden Aminosäuren, mit Hilfe von Enzymen auf den Ribosomen, chemisch miteinander verbunden (Peptidbindung). Sobald dies geschehen ist wandert die bisher letzte t-RNA von ihrer Bindungsstelle am Ribosom zur Bindungsstelle der bisher vorletzten. An der nun freien (Aminoacyl-tRNA-)Bindungsstelle lagert sich eine neue tRNA (mit Aminosäure) an. Die neue ist eine t-RNA, deren Anticodon zum nächsten Codon passt. Auch die neue mitgebrachte Aminosäure wird mit den schon miteinander verbundenen Aminosäuren (Peptid) verknüpft, nämlich mit der letzten. So wird eine Aminosäure nach der anderen entsprechend der Reihenfolge der Codons herangeführt und mit den schon zusammengebauten verknüpft, bis das benötigte Peptid gebildet ist.

Die Begriffe Peptid und Eiweiß sind weitgehend synonym (gleichbedeutend). Ein Peptid aus zwei Aminosäuren heißt „Dipeptid, aus drei Aminosäuren „Tripeptid“ usw., aus mehreren „Oligopeptid, aus vielen „Polypeptid“ oder „Eiweiß“.

Die fertigen Eiweiße können nun und nur, wenn ihre Aminosäuren die korrekte Reihenfolge aufweisen, ihre Aufgaben in Zellen oder Organismen erfüllen. Bestimmte Struktureiweiße bilden zum Beispiel fädige Moleküle, die in Muskelzellen und Muskelfasern der Bewegung dienen.

Enzyme beschleunigen chemische Reaktionen.

Um dies zu veranschaulichen, werden gerne die Bildungen von Farbstoffen als Beispiele herangezogen. Wir erinnern: Blütenfarbstoffe oder Melanin, der braune Hautfarbstoff des Menschen und vieler Tiere, werden mit Hilfe von Enzymen aus Biomolekülen (=Vorstufen) hergestellt. Für die Herstellung des Melanins zum Beispiel dient eine Aminosäure namens Tyrosin, die u. a. im Nahrungseiweiß vorkommt, als Ausgangsprodukt.

Enzyme sind aber auch an  allen z. T. weniger deutlich erkennbaren Leistungen, wie Denken, Fühlen, Bewegung usw. von Zellen und Organismen entscheidend beteiligt. Neurotransmitter wie Adrenalin, Dopamin, Oxytocin, Serotonin, Acetylcholin usw., die Unruhe, Verliebtheit, Treue usw. (mit)verursachen oder beeinflussen, werden mit Hilfe von Enzymen hergestellt. Auf diesem Wege werden z. B. viele angeborene Anlagen für Verhaltensweisen aktiv.

Ein Organismus (bzw. seine Erbinformation) ohne (nennenswerte) Erbfehler, also mit ausschließlich funktionsfähigen Eiweißen, wird in der Biologie als Wildtyp bezeichnet. Die Bezeichnung Wildtyp rührt daher, dass die ursprüngliche arterhaltende Erbinformation bei Wildtieren deutlich häufiger auftritt als bei Haustieren und Menschen (s. u.).

Wie kommt es nun, dass bei Strukturen und Funktionen von Eiweißen Fehler auftreten können?

Die meisten grundsätzlichen Fehlertypen und Ursachen sind: Vergiftungen, Strahlungen, Mutationen, Temperaturschwankungen usw.

Die meisten Fehlertypen bewirken, dass Enzyme nicht korrekt arbeiten. Es können natürlich auch die verschiedenen Nukleinsäurepolymerasen sein. Besonders interessant wird es, wenn die Enzyme, die t-RNAs und die zugehörigen Aminosäuren verknüpfen fehlerhaft arbeiten. Diese Zuordnung ist genauso wichtig, wie der gesamte genetische Code. Deshalb spricht man bei dieser Zuordnung zwischen den 20 Aminosäuren und den 20 tRNAs auch vom 2. Genetischen Code. Fast alle Fehler, die Enzyme, Nukleinsäuren usw. im Körper machen, vermindern die Leistungsfähigkeit des betroffenen Organismus, wirken sich aber meistens nicht unmittelbar tödlich aus.

Viele Menschen wünschen sich Fehler dieses Typs sogar, weil unökonomisches Arbeiten in ihrem Innern sie u. a. zu schlechten Kostverwertern, also schlank, macht. Es ist in der menschlichen Überflussgesellschaft interessanterweise nicht unüblich, diese (alle) schlechten Kostverwerter als normal, gesund und beneidenswert zu bezeichnen. Gute, also genetisch ursprüngliche, Kostverwerter, werden, zumindest wenn sie übergewichtig sind, gerne als bedauernswerte, vom Schicksal hart getroffene Geschöpfe bezeichnet. Dies ist eine der interessantesten Methoden, um von Bewegungsfeindlichkeit, Erziehungsfehlern, Selbstschädigung durch Übergewicht und mangelnder Selbstdisziplin abzulenken.

Ein Teil der Fälle von menschlichem Übergewicht geht allerdings wirklich z. T. auf genetische (zum größten Teil auch auf erworbene) Fehler zurück, für die man die einzelnen Übergewichtigen nicht verantwortlich machen kann, und welche diese auch nur schwer beeinflussen (kontrollieren) können.

Unabhängig von Schuld und Sühne kostet das Übergewicht in den reichen (kulitivierten?) Nationen Millionen Menschen Leben und/oder Lebensqualität, während die armen überhaupt nicht an (Über)gewicht leiden. Hier stieß man auf eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Das ließ sich mit den Idealen „Gleichheit und Gerechtigkeit“ der kultivierten Herrschaften nicht vereinbaren. Gleichgültig, ob sie sich schuldig fühlen oder nicht, beteiligen sich doch die meisten an weltweiten „Wiedergutmachungs“- und „Ausgleichs“maßnahmen bei der globalen gerechten Verteilung der Sterbe- und Fettanteile. In solchen Fällen gehen bekanntlich selbst die fettesten großen Massen mit den schlanksten Minderheiten durch dick und dünn:

Um wenigstens global ein „gesundes“ (un)menschliches Durchschnittsgewicht und gleiche Sterberaten zu erreichen, ließ und lässt man rund um den Äquator mit Vorliebe magersüchtig wirkende Kinder höchst allmählich in Sand beißen (Gras ist meist keins da).  Würde man dabei nur Kinder, die schlechte Kostverwerter sind, berücksichtigen, käme man auf ziemlich niedrige Quoten. Diese „faulen Bengel“ des unkultivierten Südens haben ihre Erbinformationen noch nicht so erfolgreich hingerichtet, wie die fleißig fressenden frikadellophilen fast-food-Fettsäcke des kultivierten Festens. Da aber Quoten und Brüderlichkeit ebenfalls zu den heiligen Idealen der industriellen Ethik gehören, entschloss man sich auch jedes Jahr einige Millionen unterentwickelte „Blagen“ des Südens ohne Kostverwertungsdefekte solidarisch, brüderlich mitverrecken zu lassen. Diesen hässlichen Vorgang schaut man sich zwar nicht an, zählt aber jedes Jahr zu Weihnachten nach, ob man die Quote erfüllt hat. Da man das Runde so liebt, hat man sich seit Jahrzehnten auf eine runde Zahl, nämlich 10 Millionen, eingeschossen.

Mutationen

Besonders schwerwiegend können Fehler sein, welche die DNA betreffen (Mutationen, genetische Veränderungen). Diese Fehler werden in der Regel an jedes gebildete Eiweiß weitergegeben und können in Keimzellen (Spermien, Eiern) auch vererbt werden.

Definition

Wenn mindestens eine Base (Zeichen) der DNA verändert ist, spricht man von einer Mutation. Es kann z. B. eine Base fehlen, oder durch eine andere ersetzt sein.

Je nach Größe der betroffenen Bereiche unterscheidet man verschiedene Mutationstypen.

Wenn nur ein einzelnes Gen betroffen ist, spricht man von Genmutationen. Wenn eine oder wenige Basen ausgetauscht sind, spricht man von Punktmutationen.

Besonders interessante Punktmutationen sind die Rastermutationen. Dieser Mutationstyp liegt vor, wenn eine oder einige Basen (nicht aber 3, 6, 9 usw.) fehlen oder zuviel sind. Rastermutationen wirken sich in der Regel viel schwerwiegender aus als die anderen Punktmutationen, weil meistens das gesamte folgende Leseraster verändert ist. Dann werden nach der Mutationsstelle beim Codieren aller RNAs überwiegend falsche Nukleotide eingebaut. In der Folge werden fast immer funktionsunfähige Eiweiße gebaut, da auch die Reihenfolge ihrer Bausteine (Aminosäuren) völlig falsch ist.

Wenn die Struktur eines Chromosoms betroffen ist, spricht man von Chromosomenmutationen

Wenn ganze Chromosomen oder sogar die Gesamtheit der Chromosomen (Genom, Chromosomensatz) betroffen sind, von Genommutationen.

Ursachen

Mutationen entstehen durch Strahlung oder bestimmte Stoffe.

1. Strahlung

Alle elektromagnetischen Wellen, die energiereicher sind als Licht, können DNA verändern. Diese Strahlungen sind z. B.: UV-, Röntgen-, radioaktive- und Höhenstrahlung.

2. Stoffe, Chemikalien, Gifte

Die Stoffe, die DNA chemisch verändern können, heißen Mutagene oder Cancerogene (=krebserregende Substanzen). Krebs beruht i. d. R. auf mindestens 4 Mutationen. In den meisten Fällen verändern Mutagene rein zufällig irgendwelche Gene. Deshalb ist die übliche Gleichsetzung von Cancerogen und Mutagen eigentlich etwas unglücklich. Die meisten Mutationen zeigen geringe, keine oder tödliche Folgen. Sonnenbrand z. B. führt in den meisten betroffenen Zellen zu deren Tod, in seltenen Ausnahmefällen zu unkontrollierten Teilungen, die der Beginn eine Krebsbildung sein können. 

Mutationen wirken sich immer dann unmittelbar tödlich aus, wenn lebenswichtige Eiweiße oder RNAs nicht mehr, oder nur noch unzureichend, funktionieren.

Enzyme können verringerte Aktivität aufweisen, weil ihre Zahl zu gering ist, oder weil ihre Struktur so verändert worden ist, dass sie langsamer arbeiten, oder weil sie chemische Reaktionen beschleunigen, für die sie gar nicht „gedacht“ waren.

Lebenswichtige Enzyme sind z. B. solche, die bei der (inneren) Atmung entscheidend beteiligt sind. Die von solchen Mutationen betroffenen Embryonen sterben fast immer sehr früh und werden bei Menschen (und Säugetieren) meistens während einer Regelblutung unbemerkt ausgestoßen (Abort).

Wenn nicht lebenswichtige Eiweiße betroffen sind oder nur die Enzymaktivität (nicht zu stark) verändert worden ist, können die betroffenen Organismen (z. B. Behinderte) mehr oder weniger langfristig überleben. Dabei ist ihre Leistungsfähigkeit und Lebensqualität meistens vermindert.

Manche (sehr seltene) Mutationen schaffen die Möglichkeit, in veränderten Umwelten zu überleben und (oder) erhöhen die Leistungsfähigkeit (biologische Fitness) der betroffenen Lebewesen (=Mutanten) auch in der gewohnten Umwelt. Auf ihnen beruht die Höherentwicklung (Anagenese) des Lebens.

Die meisten Mutationen verändern die Wahrnehmungsfähigkeit, Kraft, Intelligenz, Emotionalität usw. negativ. Die Selektion durch Raubfeinde, Nahrungsmangel, Klimafaktoren usw. bewirkt, dass derartige Mutationen bei wildlebenden Organismen selten bleiben. Da der Mensch diese Selektionsfaktoren für sich und seine Nutz- und Haustiere teilweise ausgeschaltet hat (Domestikation und Selbstdomestikation), sind genetische Defekte bei Haustier und Mensch im Durchschnitt häufiger als bei Wildtieren und -pflanzen. Menschen, die schlecht sehen, emotional gestört sind, angeborene Intelligenzmängel aufweisen usw. überleben in modernen Kulturen und pflanzen sich fort, weil technische und humanitäre Hilfe (Brille, Psychotherapie, Zusatzausbildungen usw.) ihren Tod durch Raubfeinde, Mitmenschen, Selbstmord, Umweltbelastungen usw. verhindern. Die weitgehende Beseitigung vieler ungünstiger Umweltbedingungen, also des Selektionsdrucks, durch den Menschen wird, wenn sie wie bisher beibehalten wird, zum Aussterben der Menschheit führen.

Diese Aussage gefällt den meisten Menschen nicht, da sie religiösen Forderungen zu widersprechen scheint und an perverse Euthanasiemethoden im Dritten Reich erinnert. Es handelt sich dennoch bei dieser Aussage um eine wissenschaftliche (thermodynamische) Tatsache, nicht um etwas ideologisch Diskutierbares. Eine sinnvolle kritische Bewertung der miesen Euthanasiemethoden Hitlers kann nichts an der Tatsache ändern, dass die Menschheit ihre ursprünglichen Erbinformationen allmählich vernichtet. Hitlers Wirken selbst ist möglicherweise ein Beispiel für die Folgen (scheinbar?) leichter genetischer Defekte.

Spleißen = splicen  (engl. verkleben, verbinden)

Abschließend kommen wir noch auf ein wichtiges Spezialverfahren bei der Proteinbiosynthese zu sprechen: In (den meisten?) Tieren, Pilzen und Pflanzen (Eukaryonten =“Echtkernler“ von griechisch eu = echt, wirklich und karyon = Kern) werden die m-RNAs, die zum Proteinbau verwendet werden, nicht an einem Stück an der DNA synthetisiert. Stattdessen wird meistens ein viel längeres Stück mRNA (die so genannte Prä-mRNA) gebildet. Diese kann aus 2 bis ca. 100 Einzelbereichen bestehen, von denen einige wirklich zum Codieren (Translation) verwendet werden, andere aber nicht. Die Teile, die zum Bau des Eiweißes verwendet werden, heißen Exons, die Umgebungsmaterialen heißen Introns. Die Prä-mRNA wird in ihre Einzelstücke zerlegt und bestimmte Einzelstücke (nicht immer die gleichen) werden danach wieder zu der codierenden (=eiweißbauenden) mRNA zusammengesetzt (=Splicen).

Bleibt noch die Frage, was das Ganze soll.

Durch das Spleißen entstehen zusätzliche Regulations- und Variationsmöglichkeiten. Aus manchen PRÄ-mRNAs lassen sich Zehntausende verschiedener Eiweißmoleküle aufbauen.

Wir erinnern: Die (genetische) Variabilität (=Verschiedenheit, Diversität) macht es möglich, dass Lebewesen sich höher entwickeln und an Umweltveränderungen anpassen.

U. a. diese Variationsmöglichkeiten machen auch Leistungsunterschiede zwischen Menschen und Tieren (aber auch z. B. zwischen verschiedenen Tiergruppen) verständlich, die auftreten, obwohl die verschiedenen Gruppen nur geringe Unterschiede bezüglich Zahl und Aufbau ihrer Gene aufweisen.

Der Informationsfluss durch die Dimensionen

Am Beispiel der Verwirklichung von Erbinformationen lässt sich sehr gut die Übertragung von scheinbar einfachen eindimensionalen Informationssystemen (Zeichenfolgen) in komplexe mehrdimensionale Systeme verfolgen. Grundsätzlich kann man jeden Körper (gleichgültig aus wie viel Dimensionen er besteht) als Informationssystem auffassen. Das zweidimensionale Bild auf dem Computer- oder Fernsehbildschirm ist ebenso aus einer Serie von Bildpunkten (Pixeln) aufgebaut, wie ein ein- oder dreidimensionaler Körper. Bei einem vierdimensionalen Körper kommen nochmals Punkte in der Zeit hinzu. Die DNA sorgt nun dafür, dass ihre lineare (=eindimensionale) Information in zunächst ebenfalls eindimensionale Informationen auf Eiweißebene umgeformt wird. Da aber die Polypeptide stets auch dreidimensionale Strukturen (Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur) bilden, entstehen automatisch auch dreidimensionale Informationssysteme aus der Erbinformation. Bestimmte Aminosäuren bewirken z. B., dass in die Aminosäurekette Knickstelle eingebaut werden. Dass und wie Proteine nun Merkmale und Eigenschaften hervorbringen, haben wir oben besprochen. Die Summe der Merkmale ist nun ein ganzer Körper. Dieser Körper ist aber ein System aus Einzelelementen (Zeichen), das genauso wie jedes Bild, Buch, Festplatte usw. als Informationssystem aufgefasst werden kann. Es ist ein System aus Zeichen, die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind. Neu ist, dass auch Zeichen da sein müssen, die in die jeweils neue Dimension weisen. Da DNAs auch die Entwicklung des Körpers steuern, bilden sie auch vierdimensionale Körper. Der Entwicklungsvorgang (jeder Prozess) ist etwas, was einem vierdimensionalen Körper weitgehend entspricht. Das Wesen eines vierdimensionalen Körpers liegt nämlich in einer Serie aus dreidimensionalen Körpern durch die Zeit. Auch diese Serie ist natürlich wieder eine Serie von Zeichen (also Information), die von DNA im Zusammenwirken mit Umwelteinflüssen geschaffen wird.         

Klassische Genetik

Wir erinnern: In diesem Teilgebiet geht es um die Regeln der Vererbung, insbesondere um die Mendelschen Regeln. Molekulare Genetik, Diploidie, Meiose, Sexualität (s. u. unter Evolution [Sexualität]) usw. müssen bekannt sein, um dieses Teilgebiet zu verstehen.

Die Mendelschen Regeln gelten nur für Lebewesen wie z. B. Menschen, die in ihren Körperzellen von allen Genen zwei Ausführungen (=Allele) haben (doppelter Chromosomensatz, Diploidie) und Keimzellen mit halbem Chromosomensatz (Haploidie) bilden.

Wir betrachten ausschließlich einfache Fälle, bei denen ein Gen nur ein Merkmal schafft. Dies ist z. B. bei der Farbe der Blüten von Wunderblume (mirabilis jalapa) und Erbsen der Fall. Es gibt also nur ein Gen für die Blütenfarbe. Die Blüten können aber z. B. rot oder weiß sein.

Die weiße Farbe ist allerdings bekanntlich gar keine Farbe. Vielmehr entsteht sie, wenn ein Körper alle Farben (Lichtwellenlängen) reflektiert. In den Blütenblättern befinden sich nun viele winzige Luftbläschen, an denen alles Licht kunterbunt gebrochen wird. Dadurch strahlen die Blätter tatsächlich alles Licht ab, erscheinen also weiß, wenn kein anderer Farbstoff da ist. Vereinfacht können wir sagen: Wenn das Gen vorschriftsmäßig arbeitet, wird ein roter Blütenfarbstoff gebildet, der alle anderen Farben und Wirkungen überdeckt. Wenn es nicht vorschriftsmäßig arbeitet, wird kein funktionsfähiger Farbstoff gebildet und die Luftbläschen sorgen für den Eindruck „weiß“. Nun wissen wir aber, dass an der Bildung jedes Merkmals zwei Ausführungen desselben Gens beteiligt sein können. Von diesen Ausführungen (Allelen) stammt eines vom Vater und eines von der Mutter. Diese Allele können nun auf verschiedene Weisen zusammenwirken. Sie können beide zum Merkmal beitragen oder nur eines. Meistens überwiegt eindeutig die Wirkung eines Allels (Dominanz). Wenn aber beide zum Merkmal beitragen, tun sie dies meistens beide vollkommen oder halbe halbe. Der erste Fall wird Codominanz genannt. Im zweiten spricht man von einem intermediären Erbgang.

Mit ihm wollen wir unseren Einstieg in die Regeln der Vererbung beginnen.

Er liegt z. B. bei der Bildung des Blütenfarbstoffes bei der Wunderblume vor. Wenn ein Pflanzenembryo dieser Art entsteht (Befruchtung), kann er z. B. ein Allel für rote- und eines für weiße Blütenfarbe (=Defektallel) enthalten. Dann werden beide zusammenwirken und je zur Hälfte zur Ausbildung des Merkmals beitragen. Das führt in diesem Fall zu einer rosafarbenen Blüte. Die Allele können aber auch gleich sein. Diesen Zustand nennt man reinerbig oder homozygot (homo = gleich, Zygote =befruchtete Eizelle). Wenn beide Allele defekt sind, wird die Blüte weiß (kein Farbstoff). Wenn beide Allele normal sind (=Wildtyp), wird die Blüte rot. Wenn die Allele desselben Gens verschieden wirken, spricht man von mischerbig oder heterozygot (hetero =verschieden, anders).

Die Mendelschen Regeln beschäftigen sich nun damit, wie diese Gene miteinander kombiniert werden können, und mit welchen Wahrscheinlichkeiten welche Merkmalsausprägungen entstehen. Letztere nennt man Phänotypen (äußere Erscheinungsformen), auch wenn diese manchmal im Körperinneren liegen. Die dazu gehörigen genetischen Informationen (Bauanleitungen) nennt man Genotypen. Unsere Frage lautet also: „Welche Phänotypen können aus den verschiedenen möglichen Elterngenotypen entstehen?“ Wir haben es immer mit zwei Eltern zu tun. Beide können 3 verschiedene Genotypen haben. Wir wählen als Symbole: „r“ für rot, „w“ für weiß. Für homozygot rot steht dann rr. Für homozygot weiß ww und rw für heterozygot (rosa). In diesem (intermediären) Fall haben wir das Glück, dass wir den Genotyp der Eltern an ihrem Phänotyp stets eindeutig erkennen können. Wir können also zur Betrachtung der sexuellen Fortpflanzung schreiten. Die nennen wir in Zukunft „Kreuzen“.

Dazu bildet jeder Elter bekanntlich während der Meiose (=Reifeteilung) Spezialzellen, die Keimzellen (Spermien und Eier). Diese enthalten die Chromsomen (also [fast] alle Gene) nur noch einmal. Das muss so sein, weil sie sich ja bei der Befruchtung stets zu zweit zusammentun. Nach der Befruchtung hat die Eizelle (=Zygote) dann (und nur dann) wieder 46 Chromosomen, wenn die Keimzellen nur je 23 enthalten. Weil also während der Meiose die Chromosomen der Ausgangszellen (Ei- und Spermienmutterzellen) ihre Chromosomenzahl halbieren, nennt man diese Teilung auch Reduktionsteilung.

Damit zurück zur Wunderblume: In jedes Spermium (in diesem Falle Pollen) gelangt nur ein Allel für die Blütenfarbe, entweder eines für rot oder eines für weiß. Dasselbe gilt natürlich auch für jedes Ei. Was gibt es nun für Kombinationsmöglichkeiten? Wenn die Gameten beide ein r enthalten, wird die Tochterblüte rot. Entsprechendes gilt für w. Bei der Kombination rw wird die Tochterblüte rosa.

All diese Tochtergenerationen nennt man F 1 = Filialgeneration 1. Die folgende Tochtergeneration heißt F 2 usw. Die Elterngeneration wird mit P (parental [englisch parents]) bezeichnet.

Nun betrachten wir noch die Wahrscheinlichkeiten der Tochterphänotypen: Nehmen wir zunächst wieder die einfachsten Fälle: Wenn beide Eltern homozygot rot (oder weiß) sind, sind alle Tochterindividuen genauso wie ihre Eltern, also genotypisch gleich und phänotypisch rot (oder weiß). Wenn ein Elter homozygot weiß, der andere homozygot rot ist, sind alle Nachkommen heterozygot, also rosa. In allen Fällen sind alle Nachkommen gleich (=uniform). Damit haben wir die

1. Mendelsche Regel (die Uniformitätsregel) aufgedeckt. Sie lautet: Die Nachkommen von Eltern, die beide bezüglich eines Merkmals homozygot aber verschieden sind, sind genotypisch und phänotypisch bzgl. dieses Merkmals gleich (uniform).

Spannender wird es, wenn die Eltern heterozygot sind. Dann können sie verschiedene Allele in ihre Keimzelle bringen entweder r oder w. Diese lassen sich nun zu allen Phänotypen (rot, weiß und rosa) kombinieren. Die Frage ist wie häufig (wahrscheinlich) treten diese 3 Möglichkeiten auf. Um das herauszufinden, muss man große Zahlen (mindestens ca.100) von Kreuzungen durchführen. Nur so kommt man an ausreichende statistische Grundlagen.

Es ist Mendels Verdienst, dass er solche große Zahlen untersuchte und überhaupt genau und wissenschaftlich protokollierte und dachte. Seine Kollegen (Mendel war Mönch) und die Wissenschaftler seiner Zeit dagegen glaubten lieber an Gottes unerschaubares Wunderwerk und ließen Mendels Werk in der Versenkung verschwinden.                

Heterozygote Eltern bilden je zur Hälfte Keimzellen mit r und zur Hälfte Keimzellen mit w. Wenn wir davon nun Hunderte mischen (kreuzen), wird ziemlich genau ¼ der Nachkommen rr, also rot, ¼ ww, also weiß und die Hälfte rw, also rosa sein. Hier teilen sich die Geno- und Phänotypen also im Verhältnis 1:2:1 auf. Deshalb nannte Mendel die zugehörige Regel, die 2. Mendelsche Regel, „Spaltungsregel“. Sie lautet genau:

Kreuzt man bzgl. eines Merkmals heterozygote Eltern, so spaltet die Tochtergeneration genotypisch immer im Verhältnis 1:2:1 auf. Bei intermediären Erbgängen spaltet sie phänotypisch ebenfalls im Verhältnis 1:2:1 auf. Bei dominanten Erbgängen spaltet sie phänotypisch im Verhältnis 3:1 auf. 

Betrachten wir also nun den Fall der Dominanz genauer: Hier herrscht ein dominantes Allel (Großbuchstaben als Symbole) vollständig über ein unterlegenes (=rezessives) Allel (dominant-rezessiver Erbgang) (Kleinbuchstaben als Symbole). Das ist z. B. bei der Blütenfarbe der Erbse der Fall. Im Prinzip herrscht hier dieselbe Situation, wie bei der Wunderblume (und es gelten auch alle Mendelschen Regeln). Es gibt rote Blütenfarben, wenn ein Farbstoff gebildet wird und weiße, wenn kein Farbstoff gebildet wir und nur Luftbläschen den Eindruck „weiß“ erzeugen. Bei der Erbse sind das Gen und die Genprodukte für die Blütenfarbe aber „fleißiger“. Sie bauen genauso viel Farbstoff, wie beide Normalallele zusammen, wirken also dominant (=voll rot).

Dies ist übrigens der Normalfall. Oft ist es sogar normal, dass nur eines der zwei Allele arbeitet, obwohl beide „o. k.“ sind. Meistens übernimmt ein Normalallel die Aufgaben eines zugehörigen Defektallels.

Wie verhält es sich nun aber mit den Vererbungsregeln bei dominant-rezessiven Erbgängen? Bei homozygoten Eltern bleibt alles wie gehabt  uniform (s. o. unter „intermediärer Erbgang“).

Bei heterozygoten sieht das Ergebnis aber etwas anders aus. Hier wird genotypisch zwar im Verhältnis 1:2:1 gespalten, wie oben bei intermediären Erbgängen. Die Phänotypen dagegen spalten im Verhältnis 3:1 auf. Das liegt daran, dass die 50% Nachkommen, die genotypisch heterozygot sind, durch die dominierenden Allele rote Blütenfarben erhalten. Bei der Wunderblume waren sie rosa.

Rück- oder Testkreuzung

Es gibt einen Phänotyp, bei dem man nicht eindeutig auf den zugehörigen Genotyp schließen kann. Bei dominant rezessivem Erbgang sind die Merkmale bei zwei dominanten Allelen (homozygot) genauso, wie bei Heterozygoten. Eine Erbsenblüte ist z. B. rot, wenn die zugehörige Pflanze die Allele RR aufweist, aber auch, wenn sie Rw aufweist.

Welcher Genotyp bei verschiedenen derartigen Pflanzen vorlag, fand Mendel mithilfe von Kreuzungen heraus. Dabei erwies sich ein homozygot rezessiver Kreuzungspartner als ideal. Er hat den Vorteil, dass er kein äußeres Erscheinungsbild unterdrücken kann. Anders ausgedrückt: Die Phänotypen werden immer erkennbar durch die gesuchten (unbekannten) Allele bestimmt. Er kreuzte also Erbsen mit roten Blüten mit Erbsen mit weißen Blüten. Waren alle Nachkommen rot, so wusste er, dass der gesuchte Elter homozygot rot war. Waren die Nachkommen zur Hälfte rot, zur Hälfte weiß, so war der gesuchte Elter heterozygot.

3. Mendelsche Regel

Nun müssen wir noch Fälle betrachten, bei denen mehrere verschiedene Gene mit jeweils verschiedenen Allelen und/oder gleichen kombiniert werden. Zunächst betrachten wir den einfachsten möglichen Fall, nämlich zwei verschiedene Gene (=2 Allelenpaare). Das zugehörige Erbgeschehen beschreibt die 3. Mendelsche Regel. Sie geht davon aus, dass verschiedene Gene beliebig zusammengestellt werden können und heißt deshalb auch „Regel von der freien Kombinierbarkeit der Gene“. Allerdings sind nicht alle verschiedenen Genpaare (oder auch größere Gruppen) frei kombinierbar (s. u.).

Mendel kreuzte reinerbige Erbsen, die dominant runde (SS) und dominant gelbe Samen (GG) hatten mit solchen, die rezessiv runzlige (ss) und rezessiv grüne Samen (gg) hatten. In der F1 galt und gilt natürlich wieder die Uniformitätsregel. Interessant wurde es wieder in der F2, also bei den Nachkommen heterozygoter Eltern. In der F2 findet sich ein Spaltungsverhältnis von 9:3:3:1.

Das Wunderbare ist nun, dass durch diese Kombinationen völlig neue Genotypen und Phänotypen entstehen können. In diesem Fall entstanden Erbsen mit grünen, runzligen Samen.

Hier sollten wir noch einmal die Verbindung zu den oben besprochenen Anpassungen an Umweltveränderungen durch Kombination von verschiedenen Genen herstellen. Die 3. Mendelsche Regel macht deutlich, wie bei Beginn einer Eiszeit Füchse mit weißem und dichtem Fell entstehen können, selbst wenn kein Elter diese Merkmale aufweist.

 

 

Nun wollen wir noch genauer erklären, weshalb nicht alle Allelenpaare frei kombinierbar sind. Sie sind meistens frei kombinierbar, wenn sie auf verschiedenen Chromosomen liegen. Wenn sie auf dem gleichen Chromosom liegen, sind sie nur dann frei kombinierbar, wenn sie an genügend weit auseinanderliegenden Stellen auf dem Chromosom liegen. Das liegt daran, dass sie durch cross over (s. o.) mit 50 prozentiger Wahrscheinlichkeit getrennt werden, wenn sie einen bestimmten Mindestabstand haben.

Bei kürzeren Abständen werden sie mit entsprechenden niedrigeren Wahrscheinlichkeiten getrennt. Man kann also bestimmten Wahrscheinlichkeiten bestimmte Längen der Chromsomen zuordnen. Dadurch ist es möglich, herauszufinden, an welchen Stellen auf den Chromosomen bestimmte Gene liegen (s. u. Genkartierung, Dreipunktanalyse).

Die Genetik liefert das Fundament für das Verständnis anderer Teilwissenschaften der Biologie. Besonders wichtig ist sie für das Verständnis der Entwicklung des Lebens. Die Entwicklung des Lebens haben die Biologen nochmals in zwei Teilwissenschaften unterteilt: es sind die Evolutionslehre und die Entwicklungsphysiologie (griech. physis = Natur).

 

In der Evolutionslehre wird die Entwicklung des gesamten Lebens thematisiert. Mit ihr beschäftigen wir uns später.

Die Entwicklungsbiologie  (Entwicklungsphysiologie)

Sie beschäftigt sich mit der Entwicklung eines einzelnen Lebewesens. Mit ihr wollen wir uns im Folgenden kurz befassen.

 

Biologen benutzen auch gerne Begriffe wie "Ontogenese" oder "Embryologie", die teilweise mit dem Begriff "Entwicklungsphysiologie" übereinstimmen (griech. on = sein).

 

Die zentrale Frage lautet: Wie entsteht aus einem Ei ein fertiges Lebewesen?

 

Wir wissen bereits, dass grundsätzlich die genetische Information diese Prozesse steuert. Aber, wie genau Gene zum richtigen Zeitpunkt die Bildung von Augen, bestimmten Eigenschaften, den biologischen Tod usw. bewirken, ist noch nicht klar. Hier gilt grundsätzlich das oben Gesagte: Die Wirkung eines Gens wird durch die vorherige Wirkung eines anderen Gens verursacht und auch Außeneinflüsse haben einen (allerdings relativ geringen) Einfluss. Streng genommen sind es in der Regel Genprodukte (Eiweiße oder Nukleinsäuren), die die Aktivierung von Genen bewirken. Diese Erscheinung ist allgemein bekannt. Wachstumshormone sind z. B. Genprodukte, die das Wachstum vieler verschiedener Zellen hervorrufen können, indem sie u. a. Gene in diesen Zellen aktivieren. Entsprechend bewirken Sexualhormone die Bildung der Sexualorgane, der sekundären Geschlechtsmerkmale und auch eine geschlechtsspezifische Entwicklung des Gehirns.

Ähnliche Prozesse laufen während der gesamten Embryonalentwicklung ab. Wenn also im Embryo Organanlagen und Organe entstehen, liegt dies ganz wesentlich daran, dass bestimmte Zellen zu bestimmten Zeiten in der richtigen Menge Stoffe (und auch elektrische Signale) aussenden, die in diesen oder anderen Zellen Aktivitäten auslösen. (Man spricht von Induktion). Eine dieser Aktivitäten ist Zellteilung. Es finden aber auch viele innere Differenzierungen statt.

Zum Beispiel werden in den Zellen der Netzhaut Gene aktiv, die für die Bildung von Farbstoffen sorgen, welche das Farbensehen ermöglichen. In roten Blutkörperchen wird der rote Blutfarbstoff Hämoglobin gebildet usw.

Solche Vorgänge bewirken auch, das Gewebe eines Embryos oder Kindes zu bestimmten Zeitpunkten nur noch zu bestimmten Entwicklungen in der Lage sind, also allmählich ihre Omnipotenz (= Fähigkeit sich im Rahmen aller vorgegebenen Möglichkeiten zu entwickeln). Zerlegt man einen einige Tage alten Embryo in mehrere Teile, so kann sich aus jedem Teil ein vollständiges gesundes Individuum entwickeln. Zerlegt man einen mehrere Monate alten Fötus, so sterben alle Teile ab, weil die meisten Zellen ihre offene Entwicklungspotenz zu Gunsten einer bestimmten Spezialisierung und Differenzierung verloren haben.

Manche Zellen und Gewebe bewahren ihre universelle Entwicklungspotenz (besonders bei der Entwicklung von tiefer stehenden Tieren [Wirbellose]) länger oder sogar das ganze Leben.

Bei Embryonen und Kindern können z. B. manche Hirnteile die Funktionen anderer Hirnteile übernehmen, wenn diese zerstört oder beschädigt wurden. Zellen, die lebenslang universell entwicklungsfähig (totipotent) bleiben, heißen Stammzellen. Aus ihnen kann man Organe, Embryonen usw. bilden.

Diese Verfahren werden zurzeit sehr widersprüchlich (kontrovers) diskutiert, weil Menschen (leider?!) sehr widersprüchliche ethische Standpunkte gleichzeitig vertreten. In Deutschland z. B. hängt die Strafbarkeit der Nutzung von Embryonen auf eine absolut merkwürdige Weise von der geographischen Lage und dem Zeitpunkt der Gewinnung ab (s. unter „Embryonenschutzgesetz“). Man könnte meinen, dass Satan (das Böse) beim Überschreiten von Staatsgrenzen ständig zum Erzengel Gabriel und wieder zurück mutiert. Da diese Verwandlungen schon seit über 2000 Jahren immer wieder geschehen, weiß keiner mehr genau, wer Satan und wer Engel ist.

Die Entwicklung eines Lebewesens wird auch direkt von äußeren Faktoren beeinflusst. Solche Faktoren sind z. B. Nahrung, Artgenossen, Klima, Feinde, Schadstoffe (insbesondere hormonähnliche Pestizide) usw.

Mit den Wechselwirkungen dieser Faktoren beschäftigen sich vor allem die Teilwissenschaften "Ökologie" und "Verhaltensforschung". Das Spielen junger Säugetiere kann z. B. bei der Entwicklung von Kraft, Geschicklichkeit, Rangordnungsverhalten, Jagdverhalten, Fluchtverhalten, sozialem Verhalten usw. helfen.

Unser nächstes biologisches Wissenschaftsgebiet ist also die Ethologie (Verhaltenslehre). Da tierisches und menschliches Verhalten aufs Engste miteinander verwandt sind, betrachten wir im Folgenden die Verhaltenslehre nicht separat, sondern das Verhalten und die Psychen von Mensch und Tier gemeinsam.

 

Wir besprechen also auch wichtige Informationen aus den Wissenschaften Pädagogik und Psychologie. Dabei werden die Möglichkeiten der Veränderung von menschlichen und tierischen Psychen, also z. B. das Lernen, im Mittelpunkt stehen.

Solche Verbindungen zwischen Ethologie und Psychologie (einschließlich Soziologie, Pädagogik, Politik usw.) sind zurzeit besonders in Deutschland genauso verpönt, wie alle oben angesprochenen genetischen Eingriffe und Anwendungen (s. u.: genetic engineering, Stammzellforschung, Embryonenschutzgesetz, genetische Selbststeuerung usw.). Wir empfehlen sehr dringend zwischen wirklich überzeugenden Argumenten und aus religiösen Dogmen und nationalsozialistischen Traumata entstandenen zu unterscheiden. Bei den Nazis war der Begriff „Tierpsychologie“ gebräuchlich. Das allein genügt vielen 68-gern um alles, was damit zusammenhängt mit dem Bade auszuschütten, selbst wenn dabei die eigenen Kinder genauso ertrinken, wie im Brei der hyperantiautoritären Schmusepädagogik.   

Physikalische, mathematische und kybernetische Grundlagen

Wir hatten oben gesagt, dass das A&O und das Wesen der Welt in einem Netzwerk miteinander wechselwirkender Weltlinien bestehen. Durch dieses vierdimensionale Netzwerk gleitet das menschliche Bewusstsein aus der Vergangenheit in die Zukunft (Zeitgleiten, Zeitfluss). Dadurch entstehen alle Vorstellungen von Bewegung, Prozessen und Veränderung, auch von Kausalität. Zum Zwecke der einfacheren Verständigung tun wir im Folgenden (wie auch schon oben) so als entsprächen die menschlichen Bewegungsvorstellungen realen Bewegungen.

Üblicherweise nennt man die Wechselwirkungen Energie- bzw. Informationsübertragungen (z. B.: Zusammenprall zweier Kugeln, Aussenden eines Lichtblitzes). Diese Wechselwirkungen (die 4 Grundkräfte des Universums) bestimmen alles, was in der bekannten Welt geschieht, also auch alle biologischen und psychischen Prozesse. Es ist übrigens kein Prozess im Universum bekannt, der nicht das Bewegungsverhalten von mindestens zwei Körpern verändert, bzw. besser, diese Veränderung ist. Korrekter, aber unverständlicher, gesagt heißt das, dass alles, was im Universum geschieht, u. a. mit der Veränderung der Krümmung von mindestens zwei Weltlinien verbunden ist. Einfach ausgedrückt: Alles Bekannte, was geschieht, hat mit Bewegung (Beschleunigung) von Körpern oder Teilchen zu tun. Alle Prozesse (Wechselwirkungen) scheinen klaren Regeln oder Gesetzen zu folgen und mathematisch beschreibbar zu sein. Das gilt sogar, obwohl möglicherweise alle Prozesse (z. B. alle menschlichen Selbststeuerungen), die Menschen betrachten, messen, analysieren usw., aus unzählbar viele Einzelwechselwirkungen aufgebaut sind.

Wahrscheinlich liefert (ist?) die Mathematik eine abstrakte Beschreibung aller Prozesse im Universum bzw. der Raumzeit oder des Multiversums.

Von diesen Regeln und Gesetzmäßigkeiten wollen wir uns die wichtigsten etwas genauer ansehen: Es geht um die Bedeutung bestimmter Zusammenhänge und Abhängigkeiten in der Welt. Ein tieferes Verständnis dieser Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten und ihrer mathematischen Beschreibungsmittel ist Voraussetzung für ein wirkliches Verständnis aller Wissenschaften. Das Zusammenwirken komplexer Systeme folgt Regeln, die z. T. von anderen Wissenschaften (oder Unterwissenschaften) [als] der Mathematik untersucht werden. Diese Wissenschaften sind Kybernetik, Chaostheorie, Spieltheorie, Topologie usw. Besonders biologische, technische, soziologische und wirtschaftswissenschaftliche Erscheinungen lassen sich ohne verschiedene Regeln aus diesen Wissenschaften kaum verstehen. Es geht u. a. um mathematische Funktionen, Steuerung und Regelung (Rückkopplungen), statistische Grundlagen usw.

Besonders wichtige Gesetzmäßigkeiten sind Kausalität und Stochastik. In ihrem Mittelpunkt stehen Beziehungen (Relationen). Wir wollen zu verstehen versuchen, was es mit Relationen, also mit Abhängigkeiten, die mathematisch als Funktionen bezeichnet werden, auf sich hat. Wir wollen versuchen, das Wesen dieser Begriffe zu erkennen und zu definieren.

Besonders interessant und relevant sind systematische Abhängigkeiten von zwei oder mehr Faktoren (Parametern, Größen). Viele Prozesse im Universum laufen ulkiger weise so ab, dass eine (physikalische) Größe sich ändert, und eine andere ändert sich nach klar definierten (mathematischen Regeln, gesetzlich) entsprechend dieser Änderungen. Die beiden Größen nennt man Variablen. Wie viel Elektronen durch einen Draht fließen, also die Stromstärke (=Variable 1) hängt z. B. vom Widerstand (= Variable 2) ab. Die meisten (vielleicht auch alle) Variablen bestehen auch ihrerseits aus (vielleicht unendlich vielen) (Unter)Variablen (s. o.). Das ist offensichtlich, wenn man z. B. das Bevölkerungswachstum (Untervariablen: Ernährung, Sterberate, Temperatur usw.) betrachtet. Doch gilt es auch bei physikalischen Größen. Die Temperatur ist z. B. sogar als der Durchschnittswert -meist unzählbar vieler- Bewegungen verschiedener Moleküle definiert. Selbst bei Grundgrößen (Weg, Zeit, Masse) weiß niemand ob sie wirklich mit Recht als nicht weiter unterteilbare Grundgrößen bezeichnet werden, weil niemand ihr Wesen wirklich verstanden hat.

Je mehr Variablen an einem Prozess beteiligt sind, desto unsicherer (probabilistischer) werden im Durchschnitt menschliche Aussagen über diese Prozesse.

Zurück zu den Relationen: In der Mathematik spricht man von funktionalen Zusammenhängen, die man in graphischen Schaubildern (Kurven) verdeutlichen kann. Beispiele für solche Abhängigkeiten finden wir in allen Wissenschaften u. a. in der Ökologie. Z. B. hängt die Photosyntheserate einer Pflanze von der Lichtstärke ab. Viele physikalische Formeln wie: Geschwindigkeit = Weg:Zeit beschreiben die Abhängigkeit solcher Variablen.

Wenn eine Größe steigt und die andere steigt ebenfalls, nennt man den entsprechenden Zusammenhang proportional. Wenn eine steigt, während die andere fällt, nennt man ihn umgekehrt proportional.

Wenn man jedem Wert der einen Größe stetig einen Wert der anderen Größe zuordnen kann, liegen mathematische Funktionen vor. Wir betrachten als Beispiel die Geschwindigkeit eines bewegten Körpers: Die Geschwindigkeit drückt den Zusammenhang zwischen Zeit und Ort aus, an dem der Körper sich befindet. Ein besonders einfacher Fall liegt vor, wenn Weg und Zeit sich genau um gleiche Beträge verändern. Wenn also z. B. der Körper nach 1 sec. 1m, nach 2 sec. 2m, nach 3 sec. 3m usw. zurückgelegt hat. Das Ganze wird deutlicher, wenn man es grafisch darstellt. Machen wir  uns also klar, wie so etwas läuft: Man zeichnet ein zweidimensionales rechtwinkliges Koordinatensystem. Auf der X-Achse trägt man die Werte der unabhängigen Variablen (Zeit) auf, auf der Y-Achse die der abhängigen, also des Weges (= verschiedene Orte). Die zueinandergehörigen X- und Y- Koordinaten treffen sich an bestimmten Punkten. Wenn man diese Punkte durch eine Linie verbindet erhält man eine Gerade. Es ist in unserem Falle die Winkelhalbierende des Winkels, den X- und Y-Achse bilden. Die zugehörige mathematische Funktion lautet y=x.

Die Summe der Punkte und die mathematische Regel zur Ermittelung dieser Punkte (Zuordnungsvorschrift) machen das Wesen der Funktion aus. Die Geschwindigkeit im oben gewählten Fall kann als ein Beispiel für dieses Wesen aufgefasst werden. Man erhält immer Geraden, wenn in der Funktion nur addiert und subtrahiert wird.

Sobald Multiplikation und/oder Division und Potenzen ins Spiel kommen, kann man auch Kurven erhalten. Die Funktion y=x2 ergibt z. B. in der grafischen Darstellung eine Parabel. Hier steigt (oder fällt) eine Variable wesentlich stärker als die andere (Beschleunigung). Alle beschleunigten Bewegungen werden grafisch als Kurven dargestellt. Das hat damit zu tun, dass die Beobachtung einer Beschleunigung der Beobachtung einer gekrümmt erscheinenden Weltlinie entspricht. In unserem obigen Beispiel hat der Körper nach 1 sec. 1m, nach 2 sec. 4m, nach 3 sec. 9m usw. zurückgelegt.

Richtig rund geht es aber erst, wenn die Variable als Exponent auftritt (y=ex).  Man spricht von Exponentialfunktionen und exponentiellem Wachstum. Sehr beliebte Beispiele sind das Wachstum von Bakterienpopulationen und das der Menschheit. Unter idealen Bedingungen verdoppelt sich jede Bakteriengeneration nach der Devise: Erst 1, dann 2, dann 4, dann 8, dann 16 usw. Bei der Menschheit kann man vielleicht sogar weitsichtig reimen: Erst 1 Milliarde, dann 2, und bald gar 4, schon steht der Untergang vor der Tür. Sind´s erstmal der Milliarden 8, sagt sich ein Teil schon gute Nacht. Sind´s der Milliarden dann gar 16, wird selbst der liebe Gott wohl wechsehn. 

In der Natur gibt es solche einfachen Abhängigkeiten wahrscheinlich überhaupt nicht bzw. nur scheinbar (s. u.). Das Wachstum und die Photosyntheserate einer Pflanze hängen z. B. neben dem Licht auch von Wasser, CO2, H2O, Temperatur usw. ab. Ein derartiges Zusammenwirken von vielen Faktoren ist für den menschlichen Geist meistens viel zu komplex, um sichere, exakte Voraussagen machen zu können.

Wir wollen nun ein weiteres Problem, dass wir oben erwähnt haben kurz beleuchten. Es geht um den Unterschied zwischen stochastischen und kausalen Beziehungen. Dass Menschen diesen Unterschied häufig ignorieren, ist eine wichtige Ursache für viele menschliche Probleme. Kausale Zusammenhänge liegen vor, wenn ein Faktor (z. B. eine Variable) Ursache für einen anderen Faktor (Wirkung, Folge) ist. Temperaturunterschiede verschiedener Luftströmungen können z. B. als Ursache für Regen aufgefasst werden, Frösche, die eine Leiter hinaufklettern, dagegen nicht. Stochastische Zusammenhänge liegen vor, wenn zwar eine Beziehung nachweisbar ist, nicht jedoch eine ursächliche. Wenn z. B. Wüstenbewohner vor einem Regen um Regen gebeten haben, gibt es keine ursächliche Beziehung zwischen Gebet und Regen, wohl aber eine stochastische. Es gibt auch keinen zutreffenden Beweis für die Existenz von Regengöttern aufgrund des scheinbaren Gebetserfolges. (Das gilt übrigens für alle Götter und alle Gebete.) Es liegt ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen (Koinzidenz) vor. Alle Formen von Aberglauben, metaphysischen Spekulationen, esoterischen Ideen, Spiritismus, Religionen, astrologischen Voraussagen usw. beruhen u. a. auf der Fehlannahme, dass stochastische Zusammenhänge kausale seien. Machen wir uns das an einem Beispiel deutlich: Wenn die Zahl der Störche in Polen höher ist als in Deutschland und gleichzeitig die Zahl der Geburten in Deutschland geringer als in Polen, ist der Schluss, dass der Storch die Kinder bringt, unzulässig. Schlüsse dieser Art kennzeichnen menschliche Deutungen des Weltgeschehens und tragen zu jeder Form von destruktivem Leid und Aberglauben bei. So hatten viele Politiker wenig mit den politischen Leistungen und -entwicklungen zu tun, die (zufällig) während ihrer Regierungszeit stattfanden. Helmut Kohl hatte z. B. kausal vielleicht sehr viel mit schweizerischen Schwarzgeldkonten, aber nur sehr wenig mit der deutschen Wiedervereinigung zu tun. Ähnliches gilt für die Erfolge mancher Trainer und Mannschaften im Sport, von Wahrsagern, Ärzten usw.

Zäumen wir die ganze Geschichte (funktionale Abhängigkeiten) noch einmal von hinten auf: Wir entdecken ein Phänomen in der Welt, und fragen uns, ob es dazu eine mathematische Beschreibung gibt. Wenn wir eine Schar Krähen sehen, können wir z. B. die einzelnen Tiere addieren. Wenn eine von ihnen davon fliegt, können wir eine Flugkurve erstellen.

Noch einfacher lässt sich die Bewegung eines fallenden oder geworfenen Steins mathematisch beschreiben. Das sind Beispiele für die Bewegung von Körpern in der Zeit. (Wahrscheinlich lassen sich alle Prozesse als ein komplexes Muster vieler bewegter Körper auffassen).

Noch einfacher ist die mathematische Beschreibung paralleler Linien. Man stelle sich einmal vor, man müsse Soldaten oder Schülern in mathematischer Sprache die Anweisung geben, sich in zwei parallelen Linien aufzustellen. Gibt es dazu eine Formel? Ja! Sie lautet y=a. Dabei ist a eine Konstante, also eine feste Zahl, z. B. 1. Wenn wir wollen, dass die Soldaten sich im Abstand von 1m voneinander Linie aufstellen, würde unsere Anweisung also lauten: Stellt euch so auf, dass die Aufstellung der Funktion y=1 gerecht wird.

Nun lassen sich (theoretisch?) für jede Zuordnung von zwei oder mehr Linien mathematische Funktionen finden. Man stelle sich vor, die Welt sei ein Filz aus Linien. Alle Beziehungen zwischen diesen Linien müssten sich mathematisch beschreiben lassen. Wir erinnern uns an unsere Behauptung, die Welt sei wahrscheinlich ein unveränderliches Netzwerk aus vierdimensionalen Weltlinien, und erahnen, weshalb die Mathematik möglicherweise die ganze Welt abstrakt abbildet. Somit wird deutlich, welche zentrale Bedeutung mathematische Funktionen für die Beschreibung der Welt haben (vgl. Einsteins Relativitätstheorie).

Da der menschliche Geist durch dieses Netzwerk zu gleiten glaubt (Zeitfluss), unterstellt er der Welt die Existenz von bewegten Körpern und beschreibt alle mechanischen Prozesse mit den Begriffen Geschwindigkeit, Zeit und Weg (und Masse). Das ist zwar anthropomorph und manchmal verfälschend, führt aber zu den gleichen Ergebnissen. Alle Bewegungen (Funktionen, Relationen) beschreiben die geometrische Struktur einer unveränderlichen unvorstellbaren vierdimensionalen Welt. Wir können uns dennoch grob vorstellen, was unser Beobachten, Messen, Berechnen usw. der vierdimensionalen Welt ist. All dies entspricht nämlich dem Vermessen (usw.) eines dreidimensionalen Netzwerkes, z. B. dem Astwerk eines Baumes, durch das man hindurch gleitet.

Ein Teil der Wechselbeziehungen und funktionalen Abhängigkeiten, mit denen sich die Ökologie (und viele andere Wissenschaften) beschäftigt, haben den Charakter von Regelungen und Steuerungen. Es bietet sich daher an, sich auch mit der entsprechenden Wissenschaft, ein wenig zu beschäftigen. Es ist die Kybernetik.

Alle Fremd –und Selbstorganisationen folgen kybernetischen Prinzipien. Die Kybernetik hilft also, Natur, Kultur und Technik einschließlich ihrer Entwicklungen besser zu verstehen.

 

Kybernetik

Der Begriff kommt aus dem Griechischen von „Kybernas“ der Steuermann. Diese Wissenschaft beschäftigt sich mit Regulation, Steuerung und Kommunikation.

Wir werden uns vor allem mit zwei wichtigen Steuerungsprinzipien beschäftigen, der negativen und der positiven Rückkopplung (Rückkopplung =feed back). Das lohnt sich besonders, weil sie in vielen menschlichen Lexika und Ausbildungsinstitutionen ziemlich stiefmütterlich behandelt werden.

Negative Rückkopplung

Bei negativer Rückkopplung (Dämpfung) wird eine Größe durch eine oder mehrere andere mit geringen Schwankungen konstant gehalten. Beispiele für so geregelte Größen sind: die Zimmertemperatur, die Kaninchenpopulation in Australien oder die Zahl der Lehrer oder Schüler a einem Gymnasium. Dabei bedeutet negativ hier keine moralische Bewertung, obwohl die Kräfte, die die Zahl der moralisch wertvollen Lehrkräfte verringern wollen, manchmal bösartig und verlogen sind (es sind moralische Leerkräfte, auch kleinbürgerliche Wehrkräfte, und in der münsterländischen Provinz „lütke Landwehrkräfte“, genannt. Hier konnte es im 21. Jahrhundert noch geschehen, dass eine inquisitorische Kleingruppe mit Mafiamethoden Lehrer verjagte, die nicht ausreichend bibelkonform unterrichteten).

In Lebewesen wird eine ganze Reihe von Zuständen konstant gehalten (Homöostase), z. B. Temperatur, Stoffmengen, pH, Salzkonzentration usw. Dazu dient u. a. die Regulation der Enzymaktivität (s. o.), die selbst als negativer Rückkopplungsprozess aufgefasst werden kann. Auch die Regulation der Bevölkerungsdichte von Arten durch Krankheiten, Fressfeinde usw. ist ein Beispiel für negative Rückkopplung (s. u.).

Damit ist grundsätzlich klar, dass und wie mit Hilfe des Begriffes „negative Rückkopplung“ bestimmte Regelungen beschrieben werden können. Wir wollen dies jetzt noch konkret am Beispiel der Regulation der Wohnzimmertemperatur verdeutlichen: Angestrebt ist eine Temperatur, die in geringem Maß um 20°C schwankt. Diesen Temperaturwert nennen wir den Sollwert. Der Temperaturwert, der gerade tatsächlich vorherrscht, heißt Istwert. Die Temperatur ist die Größe, die wir regeln wollen. Sie heißt deshalb „Regelgröße“. Das Gerät, mit dem wir Regeln, das Thermostat, heißt allgemein „Regler“. Das gesamte System aus den beschriebenen Größen kann man als zyklisches System auffassen. Deshalb bezeichnet man es als Regelkreis. Der zyklische Charakter entsteht dadurch, dass ein Teil die fließenden Energien und Informationen in einen Kreislaufprozess immer wieder zurückgemeldet werden. Jetzt betrachten wir noch, wie diese Regelung genau funktioniert.

Ein einfaches Thermostat älterer Bauart, beziehungsweise der Temperaturregler, enthält nur ein für die Regelung wichtiges Element. Es ist ein spezielles Thermometer, das gleichzeitig als Schalter dient. Dieses Thermometer besteht aus zwei Metallplatten die fest miteinander verbunden sind (aufeinander kleben). Die beiden Metalle (Bimetall) dehnen sich bei Temperaturänderungen unterschiedlich stark aus. Dadurch verbiegt sich die Metallplatte. Diese Biegebewegung kann man für einen elektrischen Schaltvorgang nutzen. Der Schaltvorgang, den das Heizungsthermostat vornimmt, besteht im Ein- und Ausschalten der Heizung. Wenn die Temperatur rund um und im Thermostat fällt, verbiegt sich das Bimetall so, dass die Heizung eingeschaltet wird. Wenn die Temperatur steigt, erfolgt entsprechend das Abschalten der Heizung. In modernen Thermostaten übernehmen natürlich moderne Prozessoren diese (und verschiedene andere) Funktionen, am Prinzip hat sich es dabei aber nichts geändert.

Die angesprochenen Regelkreise kann man zur Veranschaulichung sehr schön grafisch darstellen. Es lohnt sich in der Literatur nach verschiedenen Beispielen für solche Regelungen und Regelkreise zu suchen, um das Prinzip dieser Regelungen wirklich zu verstehen.

Positive Rückkopplung (Aufschaukeln) führt zum exponentiellen Wachstum einer Größe z. B. bei der Explosion einer Atombombe oder der (un)menschlichen Bevölkerungszahlen.

Bei positiver Rückkopplung verstärken sich mindestens zwei Größen wechselseitig. Um zu verdeutlichen, dass „positiv“ hier nicht im Sinne von „gut“ gemeint ist, erläutern wir diese Erscheinung an einem sehr negativen Beispiel:

In einer Kneipe sitzt ein leicht angesäuselter Typ. Ein anderer Kneipenfreund kommt herein, setzt sich neben den ersten und berührt ihn versehentlich leicht. Der erste: „Ey, kann´s nich aufpassen?“ Der zweite: Dat war aus Versehen, Bruder, reg dich ab!“ „Bruder?!, nich in dem Ton, Jungchen, sons zeigt Papa dir ma wat´n richtigen Bruder is.“ Nu reg dich endlich ab, du primitiven Saufkopp!“ Darauf folgt ein kräftiger Schubser, dann der erste Schlag usw. Es entsteht eine Schlägerei. Wenn es wirklich menschlich zugeht, mischen sich auch die anderen Gäste mit ein, dann ein ganzes unbezwingbares gallisches Dorf und schließlich stürzen ganze unbelehrbare Nationen oder Religionen rundum Prag und Sarajewo in mehr als 30 (jährige) Kriege.

Jeder reagiert auf jede Reaktion des anderen mit einer jeweils heftigeren Gegenreaktion (Beleidigungen, Berührungen usw.). Viele emotionale Ausbrüche (Liebe, Rache, Verliebtheit, Völkermord, Revolutionen usw.) beruhen auf ähnlichen Aufschaukelungsprozessen von individuellen und/oder kollektiven Emotionen und Reizserien. Dies trägt z. B. zur Erklärung der Kreuzigung Jesu, des Sturms auf die Bastille, der Reformation, aller Kriege, der glorious und aller anderen Revolutionen, der Konflikte in Palästina, Mordirland, Kosovo, Kongo, Ruanda, Südafrika usw. bei.

Bei all diesen (allen) Konflikten und allen kulturellen Entwicklungen stehen übrigens ursächlich Emotionen im Mittelpunkt, die Menschen mit Schimpansen gemeinsam haben. Wenn diese Konflikte und alle von positiven Rückkopplungen (mit)bestimmten Prozesse dann manchmal zur Ruhe kommen, liegt das i. d. R. daran, dass u. a. negative Rückkopplungen einsetzen. So eine negative Rückkopplung stellte u. a. die Aufklärung des deutschen Volkes über die eigenen Missetaten während des 2. Weltkriegs dar. Sie trug u. a. zur teilweisen Verschmelzung der europäischen Staaten und antirassistischem Denken bei.

Oft war es die Vernunft, die solche Dämpfungen bewirkt(e). „Deshalb?“ wurde und wird sie auf diesem Planeten seit es sie gibt, mit großen Erfolgen bekämpft.

Ein weiteres Beispiel für positive Rückkopplung, das wir oben schon kurz angesprochen haben, ist das exponentielle Wachstum von Bevölkerungszahlen. Alle Lebewesen wachsen zahlenmäßig, wenn nichts ihr Wachstum behindert (s. o.). Je mehr Vorfahren da sind (waren), desto mehr Nachfahren werden geboren.

Die Entstehung und Entwicklung des Lebens

Als die ersten Lebewesen entstanden, bezogen sie ihre Energie von energiereichen chemischen Substanzen. Sie fraßen, was auf den Tisch kam, die Ursuppe. Der Koch war die Erde. Sein Herd waren Blitze, Vulkane und die an vielen Stellen noch glühende Erdoberfläche. Was gekocht wurde, waren zunächst einfache chemische-, hauptsächlich organische Verbindungen. Das fertige Gericht war das Leben.

Organische Verbindungen sind fast alle Stoffe, die Kohlenstoff enthalten. Man nennt sie organisch, weil man ursprünglich glaubte, dass sie nur von Lebewesen gebildet werden können. Dennoch hat 1953 ein junger Forscher namens Miller, belächelt von seinen Professoren, die Bedingungen auf der Urerde im Labor nachgestellt. Er hat ein bisschen von der toten Materie (= anorganisches Material, Wasserstoff, Wasser, Ammoniak, Methan usw.), die sich vor der Entstehung des Lebens auf der Erde fanden, in ein großes Glasgefäß gegeben. Dann hat er das Ganze 7 Tage lang immer wieder gekocht und kräftige künstliche Blitze hinein gejagt. Am 7. Tage ruhte er, analysierte aber noch sein Schöpfungswerk. Er fand Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße und viele andere einfache organische Verbindungen. Er hatte (allerdings nicht als erster) aus toter Materie das Material des Lebens geschaffen, was die Menschen Millionen Jahre lang nur Göttern zugetraut und gestattet hatten. Deshalb steht sein Name heute in den Biologiebüchern, während seine Professoren kein Schwein mehr kennt. Die konservativen gelehrten Herren hatten es, wie schon so oft, vorgezogen, die Schöpfung dem Schöpfer zu überlassen und in ihren alten Denkmustern zu verharren. Dazu sagt Einstein: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein“. 

 

Die biologische Evolution

Die freien organischen Energiereserven auf der Urerde waren schnell aufgefuttert (Erläuterungen in Kap. 11). Außerdem strahlte die Erde immer mehr Wärmeenergie in den Weltraum ab. Hitze und Blitze ließen nach. Die Lebewesen mussten froh sein, wenn ab und zu ein Kumpel starb und sie zum Leichenschmaus eingeladen wurden. Da taten die Hungerleider, getrieben von konkurrierenden Mitessern, etwas, was alle Lebewesen bis heute immer tun, wenn ihnen etwas fehlt. Sie wühlten rum in dem Gelände, ob sich nicht was Besseres fände. Im Biologenjargon heißt das, sie mutierten (eigentlich wurden sie mutiert) und suchten und/oder und besetzten freie ökologische Nischen.

Die „ökologische Nische“ ist ein ungewöhnlich schwieriger, abstrakter, seltsamer, etwas unglücklich definierter wissenschaftlicher Begriff. In Lehrbüchern finden sich zwei verschiedene Definitionen:

1. Sie ist die Summe aller Umweltfaktoren, die für das Überleben einer Art Bedeutung haben.

2. Sie ist die Summe aller Wechselwirkungen zwischen einer Art (Individuum) und aller für sie relevanten Umweltfaktoren, die für das Überleben einer Art Bedeutung haben.

Im Sinne der zweiten Definition ist die ökologische Nische so etwas, wie der Beruf einer Art. Das heißt, sie ist ein abstraktes Netz aus Wechselwirkungen.

Der Begriff „Nische“ beinhaltet dagegen etwas Konkretes. Das passt zu unserer ersten Definition, die wir deshalb und weil sie (anschaulicher) ist, auch bevorzugen. Andererseits klingt dieser Begriff allerdings zu konkret, man denkt an etwas Räumliches, z. B. das Flachwasser eines Sees oder einen Waldrand. Damit trifft man aber nur einen kleinen Teil der Definition. Bei beiden Definitionen spielt nämlich alles, was einer Art zu ihrer Lebensverlängerung dient (Futter, Verstecke, Schlafplätze, angenehme Temperaturen, Konkurrenz usw.), eine Rolle.

Fast alle Lebewesen bemerkten gleich nach der Entstehung des Lebens die vielleicht beste denkbare ökologische Nische, ein echtes Paradies, nämlich ihre Kumpel.

Das Gleiche geschah übrigens bei den Menschen schon während der Entstehung der Menschheit und auch bei der Entstehung der neuesten Lebensform, die Menschen als Computer bezeichnen.

Die meisten kannten keine Skrupel und stiegen deshalb, als die Ursuppe knapp wurde, in kriminelle Lager um. Sie beschlossen, nicht länger zu warten, bis ihre Nachbarn freiwillig den Geist aufgaben, sondern halfen mit miesesten Mafiamethoden nach. Die raffiniertesten, widerlichsten und faulsten fraßen ihre Kumpel nicht vollständig auf, sondern saugten und bissen nur soviel von ihnen oder ihrer Nahrung (z. B. im Darm) ab, dass diese Kumpel oft unter grausamen Qualen gerade überlebten. Diese Mafiosi nennen Wissenschaftler Parasiten und die dümmlichen Kumpel Wirte. Es klingt nach Großmut, wenn die Wirte (Sklaven) meistens überleben und sich sogar fortpflanzen durften, aber es war eher das Gegenteil, reiner Egoismus. Parasiten, die ihre Wirtsart nicht ausrotteten, erhielten sich ihre ökologische Nische oft viele Millionen Jahre lang. So überlebten vor allem die Schmarotzer, die ihren Wirten keinen schnellen Gnadentod gönnten.

Auch diese seltsame Sitte findet sich beim Menschen. Viele menschliche Parasiten, besonders Schutzgeldbanden, sind sehr rücksichtsvoll gegenüber zahlenden Unternehmern (Wirten). Einige Spezialschutzgeldbanden nennen sich selbst zur Tarnung „Regierungen, Unternehmer, Banken oder Versicherungen“. Diese Regierungen (ihre Chefs) sind, besonders vor ihre Machtübernahme, oft sehr viel versprechend und freundlich, aber nicht sehr sprach- und schriftgelehrt. Ein Paradebeispiel wütete um 2003 in der Karibik. Das Volk dort wurde solange ausgebeutet, bis es beschloss und sagte: “Aristid, zu beschießen“. Am liebsten hätte man diesen kirchlichen Unfairführer (Aristid) weit hinter den Mond geschossen. Dort könnte der ehrenwerte Herr nämlich grüßen wie es sich gehört, nicht  „Haiti(aner)“ sondern „Hi, E.T.-“ oder korrekt und ehrlich Hai-alien-ahner.  Auch wenn ich nach Südamerika Chile, entdeck ich von solchen Chefs ziemlich viele. Ebenso birgt Afrika Millionen Ruanda politischer Leichen. Und auch in Asien werden Milliarden Menschen von Machthabern hineingelegt, was auf Englisch Putin heißt. Am perfektesten gelingt das Verkohlen der Bevölkerung in Europa. Man spricht von Verkohlungen, weil besonders bei Schwarzen bei vollständigen Verkohlungen Schwarzgeldkonten entstehen. Erfreulicherweise führte am Ende des 20. Jahrhunderts eine Schwarzgeldvolksverkohlung zu einem voluminösen Kohl(e)abbau, bei dem allerdings nur Holzkohle gebildet wurde, die zudem nicht aus einem Stamm, sondern aus einer Frucht (Birne) entstand. Doch nun zur gesamteuropäischen Volksverarschung:

 Die großmütigen Großparasiten pardon Großkonzerne lassen die Wirte, pardon das Volk regelmäßig, meist alle vier Jahre „demokratisch“ entscheiden welche Parteimitglieder zur Ausbeutung auserkoren und zur Bestechung freigegeben werden. Doch der Großmut geht noch weiter: Eine solche Situation könnte die kritische Minderheit der Bevölkerung frustrieren und aufmüpfig machen. Deshalb bekommen die Ärmsten diverse Schweigegelder, namens Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld (Hartz 4) von den Butterbergbauern im Hartz. Außerdem gaukelt man allen liebevoll vor, dass die Marionetten (Regierungen) der Großindustrie demokratisch im Sinne des Gemeinwohls regieren und gewählt werden. (In Wahrheit setzen z. B. die großen Stromversorger die Politiker, welche diese Konzerne kontrollieren sollten, auf weiche intelligente elektrische Aufsichtsratsstühle. Diese erteilen bei kritischen Äußerungen automatisch Stromschläge, während sie jegliche Zustimmung als hochqualifizierte Beratung auffassen und entsprechende zuckersüße aber überdosierte Beraterhonorare direkt und unsichtbar rektal einspritzen. Manche Politiker umgehen diese Überdosierung geschickt:  Sie nehmen einen Teil ihrer „wohlverdienten“ Schweigegeldentlohnung in Form erotischer und/oder automobiler Vibrationen verschiedenster Art (Blaskonzerte, Kolbenbewegungen usw.) auf den elektrischen Sesseln der (Elektro?)mafia [oder der Autoindustrie] entgegen.).

 

Andererseits muss man anerkennen, dass die „hochqualifizierten“ Marionetten, regional bis zu 30% ihrer Schäfchen von anstrengender Arbeit befreit haben. Das liegt allerdings daran, dass sie Arbeitslosigkeit und Gemeinwohl gleichsetzen, wohingegen sich leider viele „gemeine“ Arbeitslose nicht wohlfühlen.

Werfen wir nun auch noch einen vergleichenden Blick auf die grauenhaften Qualen, die viele Bioparasiten ihren Wirten zufügen und die die Natur scheinbar gelassen zulässt, statt einen schnellen Tod zu gewähren, wie ihn Raubtiere oft ihren Beutetieren „gönnen“.

In der Kultur geht es ganz ähnlich zu:

Alle Menschenparasiten (diverse Herrscher, die spitzenManager usw.) lassen ihren Wirten (Schafen, Dummchen, Sklaven, Kunden, Wählern usw.) seit der Abschaffung der Guillotine oft das Leben, selten aber die Lebensqualität. Dabei bestärken sie ihre Vorschriftenkataloge (Koran, Bibel usw.). Aufgrund solcher Kataloge ist es in der „menschlichen“ Kultur nicht ganz unüblich, den Tod schlimmer einzuschätzen als grauenhafteste Qualen. Menschen haben diesen Glauben sogar noch zusätzlich mit anderen Tabus gewürzt. So gelang es ihnen, sich (selbst bei hoffnungslos Leidenden) gegenseitig grauenhafteste Qualen und Depressionen zu gönnen und das humane Sterben zu verbieten. Ihren Nutz- und Haustieren dagegen gönnen und gewähren Menschen oft den schnellen Gnadentod.

Damit zurück in die Entstehungsgeschichte des Lebens.

Parasitismus

Wir haben gesehen, dass gleich nach der Entstehung des Lebens, eine der grässlichsten Errungenschaften geboren wurde, die das Leben je hervorgebracht hat, der Parasitismus. Die weitaus meisten Lebewesen sind Parasiten. Dümmlich nennen wir die Wirte deshalb, weil sie sich, einschließlich der Menschen, ohne entscheidende Gegenwehr über Milliarden Jahre haben ausnehmen lassen. Ein Grund für diesen laschen Umgang mit den Quälgeistern lag darin, dass die ersten Lebewesen diese Quälerei gar nicht bemerkten. Ja man konnte zunächst gar nicht von Quälerei sprechen, da es weder Gefühle noch Wahrnehmungsorgane gab. Aus diesem Grund ist auch das Verhalten aller Parasiten und Kumpelfresser (wie heute das Verspeisen von Pflanzen) bis zur Entstehung der Gefühle ethisch völlig o. k. Als das Leben nach der Entstehung der Gefühle die Parasiten fragte, ob sie jetzt nicht von der Bühne des Lebens abtreten wollten, lächelten diese müde. Sie rechtfertigten ihre Existenz und die ihrer Verhaltensprogramme (Ideologien) damit, dass sie schon immer dagewesen und ein Teil der Schöpfung seien.

Diese Sitte haben Menschen, und nicht nur Kultusminister und Religionsfürsten, ebenfalls übernommen. Auch Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie oder beim Dualen Systems Deutschland und Pestizideinsätze in der Landwirtschaft werden mit diesem Argument gerechtfertigt und erhalten.

Außerdem lallten die Parasiten etwas von Tierrechten, Gleichheit, Freiheit usw. und beanspruchten deshalb selbst den Genuss schöner Gefühle. Es folgten zwei bis drei Milliarden Jahre Krieg und grausames gegenseitiges Foltern und Abschlachten.

Das ganze Geschehen wiederholte sich milliardenfach mindestens drei Millionen Jahre lang in der menschlichen Kultur, z. B. in einem 30jährigen Krieg. Dieser Krieg wurde u. a. ausgelöst, weil die größten Vorbilder jener Zeit (z. B. Papst Leo X.) mit und ohne Ablass als prunkbewusste Abzocker aktiv wurden.

Allerdings zeigten die Menschen in diesen Bereichen vielmehr Fantasie und „Humanität“ als die Naturparasiten. Einige fesseln z. B. an besonderen Festtagen einen Affen mit geöffnetem Schädel so unter einer Öffnung in einem Tisch, das sie das Gehirn des lebenden Tieres langsam und genüsslich auslöffeln können, ohne durch die „taktlose“ Zappelei des Affen gestört zu werden. Die meisten finden das widerlich und schauen deshalb und aus Höflichkeit weg. Man achtet überall gern die „hochkultivierten“ Sitten fremder Völker. Beide Gruppen ([Mit[esser] und Weggucker) sind überaus typisch menschlich.

 Kein Papstasit –Verzeihung Parasit wollte freiwillig die herrliche, warme ökologische (Klingelbeutel)Nische aufgeben, an die er sich doch schließlich so gewöhnt hatte.

Die Bezeichnung Schlaraffennische wäre angemessen, da zum Beispiel Bandwürmer und Mafiabosse, Vorstandsvorsitzende und Fürsten aller (aber meist männlicher) Art ständig da leben, wo Milch und Honig fließen und gebratene Tauben in ihre gefräßigen Rachen fallen. Diese vampiröse Lebensweise (ackermannesmanische MitEsserei) und ihre selbstzerstörerischen Folgen (Verweichlichung, Verfettung, Verblödung usw.) haben wir an anderer Stelle näher beschrieben.

Man stelle sich einmal vor, was aus den heutigen Menschen würde, wenn sie alle ein paar tausend Jahre lang in einem solchen grauenhaft, entmenschlichenden Schlaraffenland leben müssten. Noch grauenhafter ist die Gewissheit, dass viele gerade dabei sind, sich mit „großartigen“ Selbstquälungserfolgen ein ähnliches Paradies zusammenzumarxen oder zu kapitalisieren. „Zum Glück“ ackern und arbeiten zahllose MitEsser, militante Diktatoren und Bushmänner treusorgend, also „frei“ von jeglicher Veruntreuung, mit manischer Akribie daran, Milliarden armen Wirten (z. B. neowilhelminischen Pickelhauben) ein Leben voller Entbehrungen zu erhalten.

Eine kleine aggressivere aber ehrlichere und etwas anständigere Gruppe der ersten und zweiten Lebewesen fraßen ihre Freunde und Nachbarn gleich vollständig auf. Das tat zwar, als die Gefühle erfunden waren, auch weh, aber meistens nur kurz.

Die Kumpelfresser spalteten sich später in drei Gruppen auf. Die einen fraßen hauptsächlich Pflanzen, die anderen hauptsächlich Tiere und die dritten beides.

Niemals fraß irgendein Tier, auch kein BSE-Rind, ausschließlich Pflanzen oder Tiere. Doch genau dies wünschen einige (rinderwahnsinnige?) Mitglieder der panveganischen Ethikkommissionen (pan =überall, Veganer essen überhaupt keine tierischen Produkte). Müssten die pflanzenfressenden Nutztiere der Menschen sich an die Vorschläge menschlicher Ethikkommissionen halten, so würden sie sehr schnell verhungern. Sie müssten Billiarden von winzigen Tieren in und auf ihrer Nahrung aussortieren, um sich an das vorgeschriebene Reinheitsgebot der jakobinischen Aberglaubenethiker für Pflanzenfresser zu halten. Gerüchten zufolge sollen diese Ethiker sich zu häufig unter wackligen Kreuzen aufgehalten haben. Wenn nämlich auf den Kopf ein Kreuz fällt, ist der Jakob kaputt, Verzeihung: der Kopf ja kaputt! Weitere Gerüchte besagen, dass durch diese Kreutzfelle der alte Name für die zur Diskussion stehende Krankheit (BSE) entstanden sei.

Anderen Gerüchten zufolge soll es sich bei diesen Aberglaubenethikern um außerirdische rote Riesen, so genannte Veganer handeln. Jedenfalls entwickelten die Kommissionen ein ethisches (christliches?) Reinheitsgebot, nach dem pflanzenfressende Nutztiere sich an ihre göttliche Bestimmung zu halten hatten: kein Fleisch für verfressenes Pflanzenfresservieh. Die kritischen, aufgeklärten, atheistischen Freimaurerviecher aber streikten. Nicht einmal die kleine Mühe, täglich ein paar Milliarden Tiere (Schnecken, Würmer, Einzeller und so weiter) und Tierprodukte von den Blättern zu lecken und auszuspucken, wollten sie auf sich nehmen.

(Wir kritisieren hier das Verbot, an Pflanzenfresser nach dem BSE-Skandal Tiermehl zu verfüttern. Schlecht und bekämpfenswert sind Krankheitserreger und unzureichendes Erhitzen der Nahrung, grundsätzlich gefährlich sind tierische Eiweiße für Pflanzenfresser nicht.).

Die Pflanzenfresser nennt man Konsumenten 1. Ordnung. Die Tierfresser nennt man Konsumenten 2., 3. usw. Ordnung oder Räuber, weil diese „Ungeheuer“ Menschen schon mal Haus- oder Nutztiere stehlen. Die Tiere, die gefressen werden, heißen Beute. Das Fressen von Pflanzen blieb (wie gesagt) immer ethisch vertretbar, weil Pflanzen nie Gefühle entwickelt haben. Allerdings gilt diese Fresslizenz nur für kontrollierten Fraß. Wenn z. B. Heuschreckenschwärme so viele Pflanzen fressen, dass deshalb anderen diese Nahrung fehlt, ist dies ethisch nicht vertretbar.

Diese Überlegungen machen deutlich, dass es zwar menschlich und üblich aber schwachsinnig ist, den Begriff Ethik nur auf Menschen anzuwenden, als seien Freud und Leid bei Menschen wichtig, bei Tieren dagegen unwichtig. Im Zusammenhang mit den eben erwähnten Heuschrecken können wir daher nicht umhin, einen kleinen tierschützerischen Hinweis loszuwerden: Der Münterferingvergleich von gewissen Unternehmern und Insolvenzverwaltern mit Heuschreckenschwärmen ist eine Beleidigung für diese Tiere, die nicht hingenommen werden kann.  

Zwischen Räuber und Beute, Parasit und Wirt, Pflanzenfresser und Pflanzen entstanden nun Kämpfe. Wenn die Nahrungsorganismen ihre Verteidigungsmaßnahmen verbesserten, verbesserten die Angreifer ihre Angriffsmaßnahmen (Coevolution). Das führte dazu, dass alle auf ihrem Gebiet immer leistungsfähiger wurden und, als kleiner Nebeneffekt, einige Arten sich immer höher entwickelten. Für diese Höherentwicklung (Anagenese) gab es noch weitere Gründe, z. B. die Konkurrenz zwischen Lebewesen und jeglicher Ärger mit toter Materie. Wenn z. B. zwei Räuber die gleiche Beute in gleichen Gebieten jagten, verhungerte der schlechtere Jäger. Die Wirkungen der toten Materie werden „mundartlich“ als Selektion durch abiotische Umweltfaktoren bezeichnet. Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit, Strahlung usw. zwangen die Lebewesen, sich, z. B. bzgl. ihrer Intelligenz, Schnelligkeit, Wahrnehmungsfähigkeit, Emotionalität usw. höher zu entwickeln.

Symbiose, Konkurrenz und die Beziehungen zwischen Parasit und Wirt, bzw. zwischen Räuber und Beute, sind Prinzipien, die auch ganz wesentlich die menschliche Geschichte und Kultur bestimmen und erklären. Interessante Coevolutionen, bei denen die angesprochenen Beziehungen (insbesondere parasitäre) eine Rolle spielen, beobachtet man z. B. zwischen Herrschern und Sklaven, Kriminalität und Polizei, Doping und Dopingkontrolle usw.

Damit zurück zu den Anfängen des Lebens:

Als es später auf der Erde heller wurde, weil die Vulkane erkannten, wie schädlich das Rauchen ist und das meiste Wasser sich faul auf den Boden legte, statt die Erde einzunebeln, begannen einige weitsichtige Bakterien, das Licht als Energiequelle zu nutzen. Biologen behaupten allerdings, dass die Abkühlung der Erde der Grund für die allgemeine Erhellung war, vermutlich, weil sie meistens einen kühlen (klaren) Kopf bewahren. Jedenfalls hörten diese netten Lebewesen mit Leichenschmaus und Kannibalismus, die sie eklig fanden, auf. Um sich von verwandten Verbrecherbakterien, die weiterhin auf Kosten anderer lebten, zu distanzieren, gaben sie sich einen eigenen Namen. Sie wurden zunächst  „Blaualgen“, später „photosynthetisierende Bakterien“ oder "Cyanobakterien" genannt. Bald darauf kamen sie auf die - nach der Erfindung der angenehmen Gefühle - zweitbeste Idee, die jemals im Universum entwickelt wurde. Sie beschlossen, sich freundschaftlich mit anderen Lebewesen zusammen zu tun. Jeder Partner gab dem anderen etwas Gutes und erhielt etwas Gutes dafür zurück. Diese Lebensgemeinschaft zum Zwecke des gegenseitigen Nutzens nennen Biologen eine Symbiose. Die Freunde (spätere Pflanzenzellen) der Blaualgen waren groß. Deshalb schlüpften die Blaualgen, nach einiger Zeit des Kennenlernens, wie es der Anstand bei derlei Einschüben bis heute gebietet, in ihre Freunde hinein. Sie schenkten ihnen energiereiches Essen (hauptsächlich Zucker), belästigten sie aber auch mit einem damals ungeliebten, sehr radikal wirkenden Gift, das die Zellen sauer machte. Sie schmissen das Zeug raus und gaben ihm, wegen seiner unangenehmen Wirkungen, den Namen „Sauerstoff“. So vergifteten sie die ganze Erdatmosphäre, was sich später jedoch als nützlich erwies, weil es die Erfindung der Atmung ermöglichte. Stolz auf ihre symbiotische Idee gaben sich die photosynthetisierenden Bakterien wieder einen neuen Namen, nämlich Chloroplasten. Als Gegenleistung für ihre Gaben erhielten sie von den dicken Pflanzenzellen Schutz und energiearmes Essen und Trinken, vor allem Kohlendioxid und Mineralwasser. Das Wasser war Essen und Trinken zugleich.

Alle Lebewesen nehmen Wasser auf, weil sie z. T. aus Wasser bestehen, aber ständig etwas davon abgeben. Dieses Auffüllen von Wasserspeichern wollen wir großzügig als Trinken bezeichnen. Aber was soll nun Wasser essen sein? Pflanzen basteln sich mit Hilfe ihrer Chemiearbeiter, den Enzymen, aus Kohlendioxid und Wasser zunächst Zucker und daraus alles, woraus sie bestehen (Eiweiße, Fette, Vitamine usw.). (Für Letzteres benötigen Sie allerdings zusätzlich noch einige Salze.). Das Wasser war feinstes keimfreies und doch kostenloses Mineralwasser, enthielt also schon unter anderem all diese Salze, die sie aus zwei Gründen brauchten.

Menschen handeln übrigens untereinander ebenfalls mit Mineralwasser, das man gratis aus dem Boden fördern kann. Sie tauschen dieses Wasser gegen Geld. Sie sind dabei aber menschlicher (also bestialisch) und weniger symbiotisch, wie die Tiere. Sie gönnen sich z. B. Gewinnspannen von manchmal 1000%, selbst wenn sie mit Krankheitserregern verseuchtes Mineralwasser liefern, das schlechter ist als das Wasser aus dem heimischen Wasserkran.

Doch zurück zu unseren menschlicheren Symbionten. 

Erstens benötig(t)en unsere Chloroplasten einige Salze, um das Material, aus dem sie bestanden, aufzubauen. Die Enzyme z. B., die ständig mit Höchstgeschwindigkeit Stoffe zusammenbauen und zerlegen, bestehen nicht nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Diese drei Elemente sind in den Grundnahrungsmitteln für Chloroplasten, Kohlenstoffdioxid und Wasser, enthalten. Enzyme sind Eiweiße. Sie enthalten auch Stickstoff und Schwefel. Diese und noch viele andere chemische Elemente finden sich im Mineralwasser z. B. in Nitrat und Sulfat. Menschen nennen dieses ganze Zeug Nährsalze, Mineralien oder Dünger.

Der zweite Grund für den manchmal übertriebenen, ewigen und allumfassenden Wunsch nach diesen Nährsalzen ist ein ebenfalls gelegentlich übertriebener Konservatismus. Ein solcher Konservatismus charakterisiert die Entwicklung des gesamten Lebens, einschließlich des menschlichen. Alle Lebewesen sind sehr vorsichtig bei der Einführung von Neuerungen, um dafür zu sorgen, dass die beste Kombination aus Alt und Neu entsteht. Es ist nämlich die beste Kombination aus bewährten alten Programmen und guten neuen Erfindungen, die dem Überleben der Arten und dem Erfolg in der menschlichen Kultur am besten dient. Hier ein kleines Beispiel für biologischen Konservatismus (der menschliche ist wesentlich übler, doch manchmal auch konstruktiv):

Das Leben war in Salzlösungen entstanden und hatte sich an diese so gewöhnt, dass es nie gelernt hat, ohne sie zu funktionieren oder ihre Konzentrationen wesentlich zu ändern. Alle Lebewesen müssen also Salze aufnehmen, weil Leben nur in Salzlösungen funktioniert.

Als die Tiere (z. B. Fische) an Land gingen, nahmen sie sich eine meeresähnliche Salzlösung, die weiterhin ihre Zellen umspülte, mit. Diese Lösung bekam den Namen Blut und/oder Lymphe.

Die Landwirbeltiere, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere hatten übrigens die gleichen Probleme bei der Besiedlung des Landes, wie Pflanzen, Insekten usw. Um mit der Anziehungskraft fertig zu werden, bildeten sie Skelette. Gegen die Strahlung und Austrocknung entwickelten sie Schuppen, Federn, Fell usw. (s. u.). Alle grundlegenden Veränderungen dieser Art wurden von Lebewesen nach dem Prinzip vorgenommen, das unten für die Entstehung der Mitochondrien aus Bakterien beschrieben ist. (Für Fachleute: Mutationen, Selektion, Gendrift, Rekombination, Isolation) (s. auch Kap. „Evolution“. Erst viel später entwickelten sie Gehirne, die sich und die Außenwelt schneller und z. T. mit gezielter Absicht lernen und verändern konnten.

Doch zurück zu den Chloroplasten. Sie, und die Zellen, in denen sie sich befanden, hatten bald vergessen, dass sie eigentlich zwei Lebewesen waren. Als später noch andere Freunde aufgenommen oder alte endlich entdeckt wurden, von denen die Mitochondrien (s. u.) am bekanntesten wurden, gaben sie sich einen neuen gemeinsamen Namen, nämlich Pflanzen. Sie feierten ihren Fortschritt wie Karneval und malten sich bunt an wie das Licht, von dem sie lebten. Die ersten Stämme nannten sich Grünalgen, Braunalgen und Rotalgen. Zunächst hatten Blaualgen und Chloroplasten allmählich die Meere immer mehr mit dem äußerst munteren Sauerstoff gefüllt. Dieses Gas ist so fleißig, dass es mit dem meisten, was es auf Erden gab und gibt, chemisch reagiert(e). Leider haben die meisten bekannten Systeme im Kosmos aber den notorischen Wunsch, so zu bleiben, wie sie sind. Das nennt sich Trägheitsgesetz, Energieerhaltungssatz, Prinzip vom kleinsten Zwang, Arterhaltung, Selbsttötungshemmung, Lebenswille usw. Man wollte bleiben, wie man war. Aber Eisen wurde zu Rost, Kupfer zu Grünspan und organisches Material wurde auf ulkigste Weise in verschiedenste Teile zerlegt. Diese Teile (organische Moleküle, Kohlenwasserstoffe) sind z. T. für Lebewesen sehr schädlich, z. B. krebserregend. Wenn ein Stoff mit Sauerstoff reagiert, spricht man von Verbrennung (Oxydation). Dabei spielt es keine wesentliche Rolle, ob man mit sichtbarer offener Flamme z. B. Wälder, Erdöl oder Kohle verbrennt oder ob man Lebewesen frisst und veratmet. Immer werden CO2, H2O und Nährsalze und leider auch die giftigen Bruchstücke der organischen Moleküle ausgestoßen.

Der Sauerstoff reagierte mit allem, was sich nicht, wie zum Beispiel die Edelgase, wehren konnte. Edelgase verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie über fast alle chemischen Angriffe nur edelmüdig lächeln.

Nur Moore, Seen und Meere schlugen dem Sauerstoff, den Parasiten und Raubtieren hier und da ein Schnippchen. Am Grund vieler Seen, Moore und Meere gab es so wenig Sauerstoff, dass alles (vor allem Lebewesen), was hinab sank, nur sehr wenig verändert wurde. Deshalb können die Menschen sich heute an Moorleichen, Fossilien, Kohle, Erdöl und Erdgas erfreuen und letztere nutzen für Mord und Transport. Diese Bruchstücke sind z. B. unter dem Namen FCKW bekannt. Dies sind Kohlenwasserstoffverbindungen, die Fluor und Chlor enthalten (s. o.).

Viele solcher Giftstoffe werden von Menschen ganz gezielt hergestellt, um sie als Gifte zu nutzen. Zur Tarnung gibt man ihnen wohlklingende Namen wie z. B. „Pflanzenschutzmittel.“ So fällt es weniger auf, dass gewisse Mistschweine sie, aus Zeit-, Tierschutz- und „Sicherheits“gründen am liebsten an der ganzen Menschheit testen (und manche auch wirklich getestet haben). Zudem sind unter den Bossen chemischer Konzerne auch Sparschweine. Seitdem „eklige“ Störenfriede (Greenpeace usw.) sich einmischen, begnügen sich solche Bosse hoechst „rücksichtsvoll“ entgegenkommend mit Stichproben. Aus ökonomischen Gründen wählt man als Stichproben besonders gerne die Mitarbeiter chemischer Großkonzerne und die übermutige Bevölkerung, die sich rund um solche Konzerne ansiedelt. Spitzenreiter bei diesen „humanen“ Tests ist die Firma Hoechst, deren höchst erfreuliche Erfolge wir an höherer Stelle bereits aufs höchste gelobt haben (vgl. z.B. D. Hallervorden in den 90ern). Hoechst erreichte rund um das Jahr 2000 mehrfach höchste Ausstöße höchst „ungefährlicher“ Gase in die nächste Umgebung des Werkes, wo viele arme Frankfurter Würstchen hausten. Diese Würstchen (echte Deutschländer) wuschen sofort höchst selbstmörderisch die „ungefährlichen“ Substanzen von den höchstgeliebten Autos, während am nächsten Tag die Firma Hoechst Mitarbeiter mit höchstwasserdichten Schutzanzügen zur Reinigung in die höchst(„un“)verseuchten Gebiete schickte. Natürlich ist es Seveso –pardon sowieso klar, dass auch andere Firmen nicht nur Sandoz – Verzeihung Sand aus-gestoßen haben. Sehr beliebt war der meist (un)heimliche Ausstoß von Gasen und Flüssigkeiten.

Auch andere „verantwortungsbewusste“ Firmen führten vorsorgliche Tests (Gasausstöße), z. B. von Holzschutzmitteln, an Firmenmitarbeitern durch. Das Verantwortungsbewusstsein war so „groß“, dass man die tödlichen Ergebnisse geheim hielt, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Hier wurde jedoch niemals (wie Umweltschutzmeckerköppe behaupten) einfach nur schlampig Schindluder getrieben. Dies erkennt man schon daran, dass bei allen derartigen Tests mit „brutaler Rücksichtslosigkeit“ den Mitarbeiter aus den Führungsetagen die (An?)teilnahme verweigert wurde.

Nicht nur Sauerstoff konnte all dieses künstliche Zeug (Kohlenwasserstoffe usw.) kaum noch zersetzen, sondern auch Organismen wie Bakterien, Pilze, Maden, Würmer, Käfer usw., die normalerweise alle Lebewesen zersetzen (dabei allerdings auch Sauerstoff benötigen).

All diese Lebewesen heißen Destruenten (siehe unten). Auch sie gehören zum Lebenslangzeiterhaltungsteam. Sie sind es, die aus Leichen, Haaren, Schuppen, Holz, Blättern usw. wieder Nahrung für die grünen Pflanzen machen, nämlich Kohlendioxid, Wasser und Nährsalze wie NO3, NO2, PO4, SO4, Mg, Ca usw.

Da Sauerstoff auch Oxygenium genannt wird, nennen Menschen die Verbrennung und alle Vorgänge, bei denen ein Stoff einem anderen Elektronen „klaut“, auch Oxidation.

In dieser üblen Sauerstoffüberschusssituation beriefen die Lebewesen das erste antioxidative Konzil ein.

Man war sich schnell darüber einig, dass jedes einzelne Lebewesen sich mit den üblichen Methoden (Mutationen, Selektion usw.) selbst um das Überleben seiner Art kümmern musste. Es war aber ebenfalls offensichtlich, dass die rücksichtslose Umweltverschmutzung durch die angeblich so ehrenwerten Blaualgen und Chloroplasten immer weiter zunehmen und dann das ganze Leben vernichten würde.

Man entschloss sich einer ganz tollen collection von Lebewesen den Auftrag zu geben, ein technisches Rettungswerk zu entwickeln. Man wählte eine Gruppe pyromaner (feuersüchtiger), aber dennoch intellektueller, Wissenschaftsbakterien (spätere Mitochondrien) aus der radikalen Familie der Hausbesetzer, Unterfamilie Ökofreaks. Die „großartige“ Auswahl wurde später „toll collect“ genannt (s. u.). Dieser Gruppe sagte man: „Siemensu, dass du das Problem schnell löst, sonst gibt es eine daimliche Konventionalstrafe oder wir stolpern alle in den Untergang. Und der Untergang wird aus der Ferne komm` (auf Latein: Telekom)“. Die Gruppe dachte nach: „Man könnte für alle Sauerstofftransporte eine Mautgebühr erheben oder Sauerstoffzertikate verkaufen“. Das erschien kompliziert, aufwendig und teuer.

Konnte der eklige Sauerstoff nicht vielleicht als Teil einer fortschrittlichen, feurigen, neuen ökologischen Nische aufgefasst, genutzt und besetzt werden? Man hatte beobachtet, dass Blaualgen die Lichtenergie viel besser ausnutzten, als die anderen Lebewesen die chemische Energie, die in ihrer Nahrung steckte. Auch der Sauerstoff zerlegte das organische Material (=Nahrung) gnadenlos in Kohlendioxid und Wasser und setzte dabei fast die gesamte chemische Energie frei, allerdings nur, um sie ebenso gedankenlos (z. B. als Wärme) zu verpulvern. Man musste also ein Verfahren finden, mit dessen Hilfe diese sinnlose Verbrennung biologisch nutzbar gemacht werden konnte.

Dieses Verfahren wurde nach wenigen Millionen Jahren Entwicklungsarbeit unter der Bezeichnung „Atmung“ zum Patent angemeldet.

Die Menschen haben um 2003 ebenfalls einige „tolle“ Unternehmen collected, um Autobahnnutzungsgebühren mit Satellitenhilfe abzukassieren. Was die Zeit anbelangt, hat sich diese tolle collection scheinbar an den Wissenschaftsbakterien ein Vorbild genommen. Allerdings wussten die tollen menschlichen Kollektoren schon bei der Auftragsannahme, dass sie erst allmählich während der Durchführung die auftretenden Probleme lösen würden. Das verschwiegen sie allerdings wohlweislich (wie üblich) ihren Auftraggebern, weshalb der Verkehrtsminister Stolpe leicht ins Stolpern geriet.

Das Atmungsverfahren ist teilweise später von Menschen (wenn auch leicht verändert) „illegal“ kopiert und „zur Tarnung“ unter der Bezeichnung „Brennstoffzelle“ gewinnbringend auf den Markt gebracht worden. Wie man munkelt, haben die Tiere wegen dieser Industriespionage noch nicht prozessiert, weil der Diebstahl die Menschen in der Zukunft vor der Selbstvergiftung bewahren könnte, so wie damals die Atmung das Leben gerettet hat. Bestimmte Brennstoffzellen betreiben nämlich Motoren usw. mit Wasserstoff und setzen dabei nicht, wie sonst üblich, Gifte, sondern nur Wasser frei. Durch ihre Nutzung würden auch viele Tier- und Pflanzenarten der Zerstörung durch den Menschen entgehen. 

Die Bakterien studierten ihr Inneres und stellten fest, dass sie nur einige Strukturen und Funktionen, also Membranen, Enzyme und anderen Kram, umbauen mussten, um sich in Biobrennstoffzellen zu verwandeln. Sie verfügten nur über äußerst primitive Fertigungstechniken. Statt eines Planungsbüros kannten sie nur blindes Herumprobieren. Es war ihr ehrenwerter aber dümmlicher Boss, die DNA, die sich nur durch Versuch und Irrtum langsam lernend an die richtige Lösung herantasten konnte. (Diesen Lernvorgang der DNA nennt man üblicherweise „Evolution des Lebens“).

Die Bakterien legten sich also, so gut es im Wasser ging, an die Sonne und ließen energiereiche Strahlen, aber auch Giftstoffe (Mutagene) x-beliebig in ihrer DNA herumblitzen und –hacken (=chemische Reaktionen auslösen). Die DNA enthält die Baupläne aller Lebewesen. Dabei ergaben sich irgendwelche zufälligen Veränderungen dieser Pläne, so genannte Mutationen. Der Zufall wollte es, dass einige dieser Mutationen auf die Ziele „Atmung“ und „Biobrennstoffzelle“ zu führten.

(Auf diese Weise entstanden und entstehen alle Merkmale und Eigenschaften der Lebewesen. Nur die Tiere entwickelten später Gehirne, die ebenfalls derartige Veränderungen bewirken konnten und können, aber dennoch, bzgl. der Grundprinzipien des Lernens, z. T. ähnlich funktionieren wie DNA.).

Die menschlichen Biowissenschaftler glauben allerdings nicht an die Klugheit der Bakterien. Sie behaupten, dass die Umwelt aus den Zufallsmutanten (=Lebewesen mit mindestens einer Mutation) diejenigen herauspickt, die sich in ihr am erfolgreichsten fortpflanzen. Die anderen sterben aus. Diesen Vorgang nennen die Wissenschaftler Auslese oder Selektion. Wie die Sexualität, kurze Generationsdauern und der natürliche Tod dafür sorgen, dass immer möglichst viele verschiedene Mutanten (genetische Variabilität) zur Verfügung stehen, damit es ordentlich was zu picken gibt, ist unter „Evolution“ und im Kapitel Sexualität erläutert. Hier sei nur kurz gesagt, dass auch die Sexualität vor allem dafür sorgt, dass es etwas Ordentliches zu picken gibt. Es geht vor allem um gute Mischungen der Gene.

Lust- und Unlustbetonte ähnliche Schreibweisen des Wortes „picken“ charakterisieren nicht so sehr die Sexualität im biologischen Sinne, als vielmehr die emotionalen Motive (Störungen?) und einen häufigen kleinen Nebeneffekt namens Fortpflanzung. Hier wird auch ein extrem merkwürdiger (schamhaft [un]menschlicher) Umgang und eine ebensolche Bewertung der Sexualität deutlich. Die perverse „himmlisch menschliche“ Gesellschaft schaffte es z. B., Begriffe aus der höllisch weltlichen Sexualität zum effektivsten Beleidigungsmittel zu erheben.

Alle diese soeben beschriebenen Vorgänge und Erscheinungen (Selektion, Sexualität, Mutation usw.) sind Ursachen für die Entwicklung und Höherentwicklung des Lebens. Besonders die Selektion hat also unter anderem Gefühle, Intelligenz und den Menschen geschaffen. Dieser „Kleinkram“ geht gerade in genau dem Maße, in dem der Mensch die Selektion beseitigt, allmählich zugrunde (vgl. Kapitel Genetik). Doch zurück zu Erfreulicherem, unseren Bakterien.

Bald funktionierte die Atmung einwandfrei. Nun konnte man dem Sauerstoff an den Kragen gehen. Da die Atmung nun wunderbar effektiv arbeitete, beschloss man jedoch, nicht den gesamten Sauerstoff zu verbrauchen, sondern ihn in einem Recycling-Prozess von Blaualgen und Chloroplasten immer wieder in vertretbaren Mengen herstellen zu lassen. Dies war einer der genialsten Schachzüge des Lebens. Es konnte eine globale Symbiose entstehen, bei der die atmenden Lebewesen den photosynthetisierenden Kohlendioxid und Wasser lieferten, während diese den atmenden Zucker und Sauerstoff lieferten. Pflanzen „fressen“ den Abfall und die zersetzten Leichen(teile) der Bakterien, Blaualgen, Tiere, Pilze und Pflanzen. Tiere fressen die mehr oder weniger frischen Leichen und Abfallprodukte aller Lebewesen und atmen den Sauerstoffabfall der Pflanzen ein. Das Zersetzen der Leichen, Blätter, Haare, Hufe, Knochen usw. bewerkstelligen Sauerstoff, energiereiche Strahlung, Pilze, Tiere, Bakterien usw. (Destruenten siehe oben). Sie sind sehr wichtig, weil sie das tote organische Material wieder in den Kreislauf des Lebens zurückführen. Ohne sie hätte das Leben nicht lange überleben können. Nur durch diesen globalen Kreislauf wurde es möglich, dass das Leben auf der Erde etwa 3,6 Milliarden Jahre überleben konnte. Dabei ist nicht nur dieser geniale Kreislauf entscheidend, sondern auch die Tatsache, dass man mit der Sonne eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle anzapfen konnte.

Am Rande sei erwähnt, dass Pflanzen auch Sauerstoff einatmen. Sie atmen nachts und mit ihren Wurzeln immer, weil dann und dort kein Licht für Photosynthese zur Verfügung steht. Abb. 1

Die Sonne liefert, auch für Menschen, fast die gesamte Energie. Die Atmung erwies sich als ein so großartiges Verfahren, dass es bis heute auf der Erde von fast allen Lebewesen verwendet wird. Entwickelt haben es aber nur die oben erwähnten Wissenschaftsbakterien. Wie konnte es dann in alle Lebewesen gelangen? Nun ganz einfach, auch die Wissenschaftsbakterien, bzw. ihre DNA, „erkannten“ natürlich die Trends der Zeit und die Weichen in die Zukunft. Deshalb verbündeten sie sich genau wie die Blaualgen mit größeren Zellen. Sie schlüpften, wie oben schon angedeutet, unter anderem in die Zellen, in denen schon Chloroplasten waren. Hier konnten sie zu aller Zufriedenheit mit den Chloroplasten optimal die erwähnten Stoffe austauschen. Zum Glück für Mensch, Pilz, Bakterium und Tier waren die Pflanzen so großzügig, dass sie mehr Sauerstoff abgaben als sie selbst verbrauchten.

Es gab aber auch noch Zellen ohne Chloroplasten und Mitochondrien. Viele dieser dümmlichen Konservativen begnügten sich noch immer damit, die Energie in den Nahrungsstoffen nur zu geringen Teilen zu nutzen (Gärungen durchzuführen). Die meisten haben ihre Sturheit und Indoktriniertheit mit dem Leben bezahlt.

(Das haben viele konservative menschliche Ideologien [nicht nur talibanausische] leider noch vor sich.).

Aus Zucker z. B. machten diese Verschwender nicht Kohlendioxid und Wasser, sondern Milchsäure, Alkohol und viele andere Gifte, die noch massenhaft Energie enthielten. Menschen nennen solche Vorgänge „Gärungen“. Eines dieser Gifte, den Alkohol, pressen sie unheflich aus den Pflanzen oder Hefepilzen, die diese meist blödsinnige Gärung (unvollständiger Abbau von Zucker usw.) mit Vorliebe durchführen. Dann gießen Menschen dieses Zeug in sich hinein, um lustig zu werden, ihre Hemmungen zu verlieren, ihre Sorgen zu vergessen oder sich und andere z. B. mit Hilfe diverser (Transport)Mittel umzubringen. Die Wissenschaftsbakterien dagegen einigten sich mit allen ihren symbiotischen Partnern, all diese Gifte in Essigsäure umzuwandeln, welche die Wissenschaftsbakterien dann mit Hilfe des Sauerstoffs endgültig verbrannten. Glücklicherweise gewinnen sie ungefähr 13-mal mehr Energie als die unglücklichen (abergläubischen?) gärenden Kollegen. Die überschüssige Energie, die dabei frei wird, geben die Wissenschaftsbakterien seither zum größten Teil als Dank für die erhaltene Essigsäure an ihre großen Freunde (Zellen) ab. Seit dieser Zeit nennen sich die Wissenschaftsbakterien Mitochondrien und bekamen später für ihre Energieleistungen von den Menschen den Ehrentitel „Kraftwerke der Zelle“. Auch die großen Zellen, die Dümmlinge, gaben sich jetzt wohlklingende Namen. Sie zerfielen in zwei Gruppen. Die einen- meist fleißige, quirlige Gesellen- nannten sich Tiere, die anderen- eher faules, lichtscheues Gesindel- nannten sich Pilze. Viele Pilze und die meisten Tiere wurden leider später zu Parasiten.

Da mit den Pilzen keiner etwas zu tun haben wollte, weiß man nicht genau, ob sie von Pflanzen, Tieren oder beiden abstammen. Die Abstammungsdokumente wurden wahrscheinlich damals von einer gewissen Klau- oder Gau- oder Gauckel-Behörde (oder so ähnlich) vernichtet, da man die Pilze, besonders das Ostberliner Pils, nicht ganz zu Unrecht und schon gar nicht ganz zu Recht für den größten anzunehmenden Unfall (Marx und Murx) der Natur hielt. Jedenfalls kam es quasi (oder Stasi?) zu tierischen staatssichernden Vernichtungsmaßnahmen, bei denen ein gewisser Markus Reißwolf zum gestreiften Papiertiger wurde.

Solche Vernichtungsaktionen (beispielsweise kleine Gaus im Haus von der Familie Strauß) haben sich später noch maximalisch oft wiederholt. Bekannt wurden z. B. ein berühmter depressiver bayrischer Straußenvogel und dessen Verwandtschaft sowie diverse teils großvolumige, schweigesüchtige Parteifreunde. Natürlich ist es möglich, dass tatsächlich die, wegen Bestechlichkeitsverdacht, beschlagnahmte Festplatte von Maxens Computer von ganz normalen Dieben gestohlen wurde. Es könnte aber auch sein, dass nicht eine lockere Schraube im Computer oder Depressionszentrum besagten Jungstraußes zum Verlust seiner Festplatte führte, sondern eine lockere Schraube in den Abteilungen, Anstand und Charakter im Stirnhirn dieses merkwürdigen unschuldigen Vogels und gewisser Parteifreunde.

Wahrscheinlich stammen Pilze teilweise von tierischen und teilweise von pflanzlichen Vorfahren ab.

Die Bakterien und Mitochondrien und alle ihre Nachkommen verbrannten stets alles, was sie zu beißen bekamen, vollständig. Das einzige was übrig blieb, Kohlendioxid und Wasser, schmissen sie, bzw. die Tiere, Pflanzen und Pilze, in deren Zellen sie wohnten, einfach mehr oder weniger hinaus.

Genau genommen sind Pflanzen usw. natürlich Gemeinschaften aus Mitochondrien, Chloroplasten, Zellen und noch einigen fast völlig verstümmelten Symbionten, die wir hier nicht näher behandeln.

Auch Menschen (und die Menschheit) sind übrigens eigentlich Symbiosen aus vielen Zellen, Mitochondrien, Computern, technischen Geräten, (Menschen) usw.

Das Kohlendioxid jedenfalls erregte die Aufmerksamkeit einer Algenfamilie aus der Ordnung der Müllschlucker, Unterordnung Vielfraße. Hier wurde das weggeworfen, wonach sie hungerten, Kohlendioxid. Es ist zu allen Zeiten für die Pflanzen Mangelware geblieben. Aus diesen ersten Algen entwickelte sich das, was wir heute grüne Pflanzen nennen (Grünalgen, Moose, Farne, Samenpflanzen).

Menschen verbrennen zurzeit ebenfalls große Mengen organischen Materials (Erdöl, Erdgas, Kohle) und erhöhen dadurch die Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre. Dadurch wird es auf der Erde wärmer (Treibhauseffekt), weil weniger Wärme ins Weltall abstrahlen kann.

Ein mit Sicherheit falsches Gerücht besagt, dass die Menschen heute mit diesem Zeug den Planeten überhitzen, um den Pflanzen eine Freude zu machen. Einige menschliche Wissenschaftler warnen vor den schädlichen Folgen dieses so genannten Treibhauseffektes. Bestimmte amerikanische Wissenschaftler konnten jedoch für wenig Geld beweisen, dass diese Bedenken überflüssig sind. Durch den Treibhauseffekt schmelzen die Polkappen. Dadurch dringt viel Süßwasser in die Nordmeere. Das wiederum kann dazu führen, dass der Golfstrom und in der Folge alle großen Meeresströme abgeschaltet werden. Der Golfstrom sinkt im Nordpolarmeer ab. Dieses Absinken wird vom Süßwasser verlangsamt, weil das Sinken des Wassers von seiner Dichte und diese vom Salzgehalt abhängt. Ohne die Meeresströmungen werden die Temperaturen in außeramerikanischen, also „weniger wichtigen“, Regionen der Erde, z. B. in Europa, um durchschnittlich bis zu 10° fallen. Amerikanische Industriebosse scheinen dies zu wissen. Sie heizen also aus altruistischen Motiven „vorausschauend“ lustig weiter, um sich Europa warmzuhalten. Sie wollen das Wasser eiskalt fest machen und andere vor dem Hitzeschock bewahren. So ist jetzt richtig was los im amerikanischen Busch, weil in und mit dem amerikanischen Bush nicht viel los ist. Wir hoffen und fürchten, dass Europa diesem (leider?) nicht brennenden Bush bald die kalte Schulter zeigen wird.

Zurück zur weniger hirnlosen Natur.         

Chloroplasten konnten wie gesagt mit Hilfe des Lichts aus Kohlenstoffdioxid, Wasser und diversen Zusätzen (Nährsalze) die herrlichsten Speisen und Baumaterialien zubereiten. Diesen Vorgang nennen Wissenschaftler Photosynthese, weil mit Hilfe von Photonen, also Licht, etwas zusammengebaut wird. Die wichtigsten Speisen und Baumaterialien (Produkte der Photosynthese) nennen sie Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate und Nukleinsäuren. Die Algen waren mit ihrem neuen Energienutzungsverfahren (Fotosynthese) ihren Konkurrenten überlegen und besetzten nun zunächst alle für sie nutzbaren freien ökologischen Nischen im Wasser.

Konkurrenz (s. o.) führt in der Natur manchmal zum Aussterben von Arten. Eine Art, die einer anderen ähnlichen Art geringfügig überlegen ist, kann dieser die Nahrung wegfressen, Brut- und Versteckmöglichkeiten besetzen, sie direkt vertreiben usw. Neben der Konkurrenz gab es noch eine zweite, eigentlich sehr vernünftige, Ursache für Streit und Ausbreitung der Arten. Es handelt sich um Streitereien die auch innerhalb einer Art stattfinden können. Unter Biologen wird die Erscheinung, über die wir jetzt sprechen wollen, Revierverhalten oder Territorialaggression genannt. Alle Lebewesen einer Art, die sich gegenseitig vertreiben, breiten sich auf dem Planeten aus. Wenn es zu einer lokalen Katastrophe (Überschwemmung, Waldbrand, Vulkanausbruch usw.) kommt, überleben alle Individuen, die außerhalb solcher Gefahrenzonen leben. Wir haben dieses Phänomen, das die wichtigste Grundlage des menschlichen Rassismus bildet, oben bereits näher beschrieben.

Damit zurück zu unseren Algen. Einige Abstinenzler schafften es sogar, Flüsse und Seen zu besiedeln, obwohl dort der Natriumchloridgehalt schon fast destilliertem Wasser zur Ehre gereicht hätte. Es fehlte u. a. das Kochsalz (=Natriumchlorid) in der Suppe. Nun waren alle Gewässer besiedelt. Man sollte denken, dass die Streitereien, die der Ausbreitung dienten, nun keinen Sinn mehr machten und aufhörten. Aber die Streitereien hörten zum Glück nicht auf.

An dieser Stelle vergleichen wir noch einmal die Natur mit der Kultur. Auch die Menschen haben den gesamten Erdball besiedelt, hören aber leider nicht oder zu wenig auf, sich rassistisch zu bekämpfen. Menschen könnten im Gegensatz zur Natur ihre Ausbreitung, z. B. auf den Mars, durch Vernunft statt durch leidiges (Un)fairkloppen steuern, doch sind sie dazu (noch?) zu bekloppt.

Wasser und Platz gab es für die Algen zwar genug, aber Kohlendioxid und Licht waren Mangelware. Dieser Notstand inspirierte einige Notstandsgesetzlose aus der Familie der braunen Reise- und Kampffanatikeralgen. Diese Herrenrasse, von der nach Meinung mancher dummdreister Philosophen und Sozialdarwinisten  alle Arier, aber ganz besonders die Germanen (Germanien als ökologische Nietzsche?), abstammen sollen, kam auf eine übermenschliche, „schwarSSglänzende“ Idee: Diese Algen hatten, wenn sie sich an der Wasseroberfläche die Sonne auf Bauch- und nackte Kopfhaut (skin) scheinen ließen, herrliche einsame Strände mit ultrageiler Beleuchtung, aber ohne Parasiten und Pflanzenfresser, bemerkt. So warfen sich viele besonders dumme, nahezu kahlköpfige Urlaubsüchtige mit Wind und Wellen begeistert an die französische Riviera, Petersburger Bucht und andere Strände und auf alles, was nach Blut und Boden roch. Eine fernöstliche gelbliche schlitzäugige Variante dieser imperialistischen Wanderratten warf sich sogar perlensüchtig aber raubtierlich kamikatzisch auf die Pearl Habor Beach. Dort merkten sie, dass die Strahlung nicht nur ultrageil, sondern auch ultraviolett, radioaktiv usw. war. All diese energiereichen Strahlen zerstörten Erbinformationen und Eiweiße (auch die wenigen cerebralen = hirnlichen) selbst in den braunsten, die sich doch stets selbstaufopfernd um die Reinheit ihres Erbguts gekümmert hatten. So dauerte es länger als tausend Jahre, bis ihr dummes Erbgut gelernt hatte, dass Haare vor Austrocknung und Strahlung schützen. Schließlich verwandelten sich über 1945 der dummen Braunen allmählich in intelligentere Grüne, die es lernten, mit Umweltgefahren, wie Strahlung, Anziehungskraft, Austrocknung, Giftgasen usw., zurechtzukommen. Ihre Erbinformationen wurden so geändert, dass sie Wachsschichten und Härchen gegen Austrocknung bildeten. Damit sie nicht wegen der Erdanziehungskraft hilflos platt am Boden lagen, umhüllten sie ihre Zellen mit Zellwänden und drückten von innen so kräftig mit Wasser gegen die Wände, dass stabile Pflanzenkörper entstanden. Dieses Verfahren meldeten sie unter der Bezeichnung Osmose zum Patent an.

Auch dieses großartige Patent haben Menschen später -wenn auch nur schlecht- kopiert. Auf die gleiche Weise bauen sie z. B. stabile Wasserbettmatratzen und Luftmatratzen, in die sie allerdings Gase blasen.

Die Nachfahren dieser grünen Algen, die Moose, Farne und Samenpflanzen entwickelten sich nun großartig. Sie kämpften nämlich gegeneinander um Licht und wurden dabei immer größer und stabiler (Verholzung), da die Sonne häufig oben war.

Hier wird nochmals deutlich, dass alle Lebewesen, auch Menschen, sich bisher nur dann großartig entwickeln können, wenn sie sich ein bisschen bis mittelprächtig anstrengen müssen. Das erinnert uns evtl. an die oben erwähnte grauenhafte Vorstellung vom paradiesischen Schlaraffenland und an die jüngsten Erfolge des deutschen Schul- und Erziehungssystems. Sie ergötzen sich solange an ihrer Überverwöhnung, bis der schiefe Turm von Pisa bricht. Übrigens brechen auch die überverwöhnten Kinder nicht weniger als die autoritär unterdrückten Kinder früherer Zeiten. Beide sind in den Brunnen gefallen, weil sie aus den zerbrochenen Krügen (Kuschelpädagogik und Peitsche) nicht trinken konnten.

Die bunten Pflanzen sind die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, welche die Bezeichnung „menschlich“ verdient haben, weil sie sich anständig ernähren. Sie nehmen im Gegensatz zu Tieren, nicht andere Tiere aus wie Weihnachtsgänse und überfressen sich nicht, wie viele Menschen. Sie bilden das 2. Reich des Lebens, das Pflanzenreich. Das 1. Reich bilden die Bakterien und Blaualgen. Blaualgen sind nicht Algen wie die anderen, sondern ganz anders gebaut, nämlich wie Bakterien. Sie gehören aber auch zu den „anständigen“ Lebewesen, denn sie ernähren sich von Licht und Abfall, hauptsächlich Kohlendioxid, Nährsalzen und Wasser. Unter den Bakterien dagegen gibt es viele, die sich wie Tiere, und einige, die sich wie Parasiten ernähren. Das gleiche gilt für Pilze, die früher zu den Pflanzen zählten, heute aber von vielen Biowissenschaftlern als eigenes Reich, das Pilzreich, bezeichnet werden. Wir begnügen uns hier mit drei Reichen, damit das dritte Reich, das Tierreich, seinen wohlverdienten Platz zugewiesen bekommen kann. Es ist, wie es sich für ein Drittes Reich gehört, das mieseste aller Reiche. Es besteht nämlich zahlenmäßig fast nur aus Parasiten und neigt auch sonst an allen Ecken und Kanten zur (Selbst)quälerei. Menschen, die man biowissenschaftlich, obwohl sie Säugetiere sind, als viertes oder fünftes Reich bezeichnen könnte, sind die einzigen, die diesem dritten Reich reichlich Wasser reichen können und besonders während des Dritten Reiches auch gereicht haben. Aber jetzt reicht´s, was dieses glorreiche Thema anbelangt.

Die Entstehung des Menschen

Die Ursachen der Menschwerdung

Der Inhalt der folgenden Abschnitte entstammt teilweise Vorlesungen von Konrad Lorenz. Seine Bücher liefern eine Menge wertvolle Informationen für ein tieferes (vor allem ethologisches) Verständnis der Menschen (Ethologie = [vergleichende] Verhaltensforschung).

1. Neotenie

Der Mensch wird in einem Entwicklungszustand geboren, in dem er eigentlich noch Embryo, also völlig unselbstständig und -besonders bezüglich des Gehirns- noch nicht fertig entwickelt ist. Diese Erscheinung heißt Neotenie oder Fötalisierung. Eine (mögliche!) äußere Folge ist unser fehlendes Haarkleid. Die wichtigsten inneren Folgen sind: teilweise Beibehaltungen von kindlichen Eigenschaften wie Spieltrieb, Neugier, pubertäre Protest- und Innovationsappetenz usw. bis ins Alter. Dadurch bleibt der menschliche Geist länger flexibel (weniger indoktriniert) und lernfähig. Dies ist ein wichtiges Fundament für die Höherentwicklung der Intelligenz und die prinzipielle Überlegenheit gegenüber allen Tieren. Der Hauptsinn der Fötalisierung besteht in der Verbesserung der Möglichkeit der Anpassung an spezifische Umweltbedingungen und schnelle Veränderungen der Umwelt durch Lernen. Solche schnellen Veränderungen sind typisch für die vom Menschen bestimmte Umwelt (Kultur). Machen wir uns dies an Beispielen klar. Kindliche und jugendliche Eigenschaften wie Neugier, übertriebener Mut, Ungehorsam usw. förderten die Entwicklung von Waffen und die Veränderung von Verhalten z. B. gegenüber Feinden und Feuer. Die Entwicklung und Nutzung von Speeren und Fallen veränderte z. B. den sinnvollen Umgang mit Löwen und Antilopen. Löwen verloren immer mehr von ihrer Gefährlichkeit und Antilopen wurden immer häufiger erbeutet. Auch die Gehirne und die Gene der Löwen lernten übrigens schnell, Menschen nicht mehr als Beute, sondern als einzigen echten Feind zu betrachten. Froschgehirne sind für derartige Lernleistungen zu wenig flexibel. Menschengehirne konnten (u. a. aufgrund der Neotenie) sogar eine sich immer schneller verändernde Kultur schaffen und überleben.

Später forderte z. B. die ständige Verbesserung der Kriegswaffen innerhalb weniger Jahrzehnte (manchmal sogar Tage) schnelle Veränderungen der Verteidigungsmethoden und umgekehrt. Noch schneller müssen heute Softwareprogramme auf den neuesten Stand gebracht werden. Manche Menschen mussten und müss(t)en sogar ganze Ideologien aufgeben. So war K. Popper nur in seiner Jugend, Honecker bis zu seinem Tode, Kommunist. Viele DDR-Bürger mussten ihre kommunistische Ideologie in Frage stellen, als sie sahen, dass in der BRD nicht die meisten kapitalistisch ausgebeuteten Menschen unter Brücken, sondern in hübschen Wohnungen oder sogar Eigenheimen schliefen. Das Regime hatte ihnen ziemlich übertrieben viel von armen ausgebeuteten Bundesbürgern vorgelogen. Manche ehrliche Menschen lehrt u. a. die kapitalistische Gesellschaft, dass sie nur mit kriminellen Methoden Erfolg haben. Viele Regierungen, Kirchen, Unternehmen, Institutionen, Berufsgruppen, Eltern usw. leben diesen Parasitismus sogar (als Nachahmungsanregung?) vor.

2. Der aufrechte Gang

Menschen gehören zu den wenigen (Säuge)tieren auf diesem Planeten, die auf zwei, statt auf vier Beinen laufen. Dadurch wurden ihre Hände für andere Aufgaben frei. Sie schreiben damit, bau(t)en Werkzeuge und entwickel(t)en mit ihrer Hilfe fast ihre gesamte Kultur und Technik. Diese Kultur enthält ähnlich wie Gehirne sehr viel Informationen, welche durch Lernvorgänge in Gehirne (und wieder zurück) gespiegelt werden. Ein Computer z. B. wird mit Hilfe menschlicher Intelligenz (in Gehirnen) hergestellt. Er erzeugt aber auch bei seiner Nutzung und Verbesserung Intelligenz, weil er selbst ein informationshaltiges und informationsverarbeitendes System ist. Besonders wirkungsvoll sind schlechte und unverständliche Betriebssysteme, Programme und Bedienungsanleitungen.

So besehen ist tiefe Dankbarkeit für den Zwang zur Entwicklung gewaltiger Intelligenzleistungen z. B. beim Umgang mit Bill Gates-Mikrosoftprodukten der 90ziger Jahre angemessen. Noch mehr Achtung gebührt denen, die nur den Computer und nicht den monopolmissbrauchenden Kotzsoftwarelieferanten an die Wand werfen, obwohl man weiß, dass der Computer unschuldig ist.

Durch Rückkopplungsprozesse zwischen komplexer äußerer Realität und komplexen Gehirnen ist die Entwicklung der menschlichen Intelligenz erheblich beschleunigt worden.

3. Die räumliche Wahrnehmung

Die äffischen menschlichen Vorfahren mussten auf Bäumen ihre optische Wahrnehmungsfähigkeit erheblich verbessern. Bei Menschen (Affen, Eulen usw.) liegen beide Augen relativ weit vorne und nahe beieinander. Dadurch wird eine räumliche Abbildung der dreidimensionalen Außenwelt im Gehirn überhaupt erst möglich. Darüber hinaus war das Astwerk der Bäume eine ziemlich (absturz)gefährliche Umwelt. Solche Umwelten fördern bekanntlich Höherentwicklungen. Im Falle des Menschen (der Menschenaffen) war es nicht nur die Geschicklichkeit, sondern auch die Intelligenz, die sich besonders stark höher entwickelt. Alle Intelligenzleistungen, die im Zusammenhang mit räumlichen Vorstellungen (Orientierungen, Geometrie, Astronomie, technische Kreativität usw.) stehen, sind bei Menschen besonders gut entwickelt. Sie sind wichtige Grundlagen für viele andere Intelligenzfähigkeiten wie Sprache, künstlerische Kreativität, Gedächtnis, mathematische Intelligenz usw. Ein Beispiel für Zusammenhänge zwischen räumlicher Wahrnehmung und Intelligenzleistungen findet sich schon im Urwald. Affen, die unter anderem auf Grund ihrer guten optischen Wahrnehmung gut zwischen morschen (dünnen) und gesunden (dicken) Ästen unterscheiden können, zeigen Intelligenz. Diese wurde früher durch relativ hohe Fortpflanzungserfolge der im Durchschnitt intelligenteren Nachkommen immer mehr verbreitet. Heute bemüht sich die Menschheit um kaum etwas mehr als um das Gegenteil.

 

 

4. Intraspezifische Selektion

Wörtlich übersetzt bedeutet dieser Begriff „ innerartliche Auswahl“. Es geht also darum, dass die Individuen einer Art selbst auf die Auswahl ihrer Nachkommen, insbesondere auf deren Gene, Einfluss nehmen. Typisch und allgemein bekannt ist, dass äußere Faktoren wie Klima, Raubfeinde, Konkurrenten usw. selektiv wirken. Als Beispiele für intraspezifische Selektionsprozesse ist die Partnerwahl nach bestimmten Merkmalen besonders bekannt. Viele Tierarten und auch der Mensch wählen Fortpflanzungspartner nach Körpergröße, Attraktivität, Intelligenz, altruistischem Verhalten usw. aus. Der Mensch konnte schon vor Millionen Jahren besser nach Intelligenz auslesen als alle anderen Tiere. Je intelligenter er war und durch intelligente Auslese wurde, desto besser wurde seine Intelligenz und seine Fähigkeit nach Intelligenz auszuwählen. Es entstand also ein positiver Rückkopplungsprozess, der die Entwicklung aller menschlichen Intelligenzfähigkeiten beschleunigte.

Menschen gelang es allerdings hervorragend, diese Höherentwicklung durch negative Rückkopplung (Blödheitsstabilisierung) zu bremsen. So wurde Archimedes von einem hirnrissigen Soldaten, Sokrates von dümmlichen Spießern, unzählige Wissenschaftler von dogmatischen Inquisitoren und ungezählte Intellektuelle von vernebelten Stalinisten umgebracht. 

Ein Beispiel für viele negative Wirkungen der intraspezifischen Selektion ist die Verringerung (teilweise Vernichtung) der weiblichen sexuellen Empfindungsfähigkeit. Frauen ohne die ursprünglichen starken angeborenen Anlagen für sexuelle Lust können sich fortpflanzen, weil sie z. B. das Mutterglück erleben oder ihren Partner binden wollen, vergewaltigt werden oder ihrem Partner eine Freude machen wollen usw. All dies sind (unbewusste) Selbstzuchtverfahren, die nicht nur direkt Lebensfreude verringern, sondern außerdem Konflikte mit im Durchschnitt sexuell stärker motivierten Männern schaffen. Männliche Zeugungsprobleme lassen sich bekanntlich weitaus schwieriger vererben als weibliche. Eine Ungerechtigkeit, die Menschen zwar in jüngster Zeit kräftig (medicomasochistisch) bekämpfen, die aber erstaunlicherweise noch keine Gleichstellungsbeauftragten auf den Plan gerufen hat. Der „großartige“ Kampf besteht darin auch eigentlich (ohne medizinische Hilfe) zeugungsunfähigen Männern zu Fortpflanzungserfolgen zu verhelfen. Man zwingt z. B. selbst die unbeweglichsten Spermien einfach mit Gewalt ins Ei. Das Ziel dieser Kämpfe soll im Jahre 2280 erreicht werden: Eine größenwahnsinnige „Schöne neue Welt“, in der die großartige Zeugung eines Kindes zur größten Freude pharmazeutischer Großparasiten nur noch durch ein 10 Millionen Euro teures medizinisches Großprojekt im entsprechenden Großklinikum vom entsprechenden Großärzteteam durchgeführt werden kann.

Bei dieser Kritik muss man allerdings beachten, dass die meisten impotenten (zeugungsunfähigen) Männer nicht genetisch defekt sind. Sie verdanken ihre „humoral(isch)en“ Defizite vielmehr moralischen Defiziten in den finanziell stets humoralen [=(über)flüssigen] Führungsetagen der chemischen Industrie (s. u. a. oben unter Weichmacher, PVC usw.).

 

 

Ethologie =Verhaltenslehre   Sinnesphysiologie

Psychologie   Pädagogik 

Einführung

Wir erinnern noch einmal daran, dass wir die menschliche Selbststeuerung in der Einleitung als chaotisch (eine Mischung aus angeborenen Programmen, religiösen Wertvorstellungen und Geboten, Vernunft, Aufklärung, Machtmissbrauch usw.) bezeichnet haben. Dies dürfte das größte Problem der heutigen Menschheit sein, also am meisten Lebensqualität unnötig vernichten. Deshalb sind Kenntnisse über das Funktionieren und die Veränderungsmöglichkeiten von Geist und Körper für Menschen besonders interessant. Zum menschlichen Körper gibt es genügend verständliche Informationen (Literatur, Internet, Fernsehen usw.). Weniger gut ist das allgemeinverständliche Literaturangebot zur Funktion und Veränderbarkeit des menschlichen Geistes, also in den Wissenschaften Pädagogik und Psychologie. Da diese Informationen jedoch besonders wichtig sind und besonders wenig vermittelt werden, haben wir im Folgenden einige (nicht alle) besonders wissenswerte Informationen aus diesen Bereichen zusammengefasst.

Funktionsprinzipien des Gehirns

Übersicht

Menschliches Verhalten wird von folgenden Faktoren bestimmt:

1. Angeborene Programme

1.1 Automatismen

1.2 Reflexe

1.3 Triebe, Instinkte

2. Lernen

2.1 Imitationslernen

2.2 Einsicht, rationale Selbststeuerung, Vernunft

2.3 Konditionierungslernen

3. Direkte Beeinflussung des Gehirns durch Stoffe oder Strahlung (Drogen, alle energiereichen elektromagnetischen Welle, Umweltgifte usw.)

4. genetische Veränderungen

 

 

Biologische Grundlagen

 

Wir beginnen mit den biologischen Grundlagen, da sie ein wichtiges Fundament für das Verständnis und besonders wenig bekannt sind. Viele Menschen glauben mir Recht, dass sie ihren Körper nur verstehen können, wenn sie die Körper von Tieren, also die Vorgeschichte ihrer Körper verstanden haben. Auch ihre Psyche können sie nur auf der Basis der tierischen Psyche verstehen. Diese Erkenntnis wir jedoch seit mindestens 2000 Jahren von gewissen Kreisen und Greisen bekämpft. Auch die physikalischen, chemischen und biologischen Fundamente von Psychologie, Pädagogik usw. wurden über Jahrtausende verleugnet und bekämpft und werden bis heute vielfach ignoriert. Dennoch gilt:

 

Alle emotionalen, sensorischen, intellektuellen und motorischen Leistungen stehen im Zusammenhang mit elektrischen und chemischen Vorgängen in Gehirnen (und Körpern).

Das eigentliche Wesen von Denken und Emotion kann wahrscheinlich niemand exakt verstehen. Das hat mit unzureichenden wissenschaftlichen Kenntnissen, mit  unzureichender Informationsverarbeitung (Intelligenz) und mit dem Problem der Beobachtung eines Systems durch sich selbst zu tun. Möglicherweise ist es grundsätzlich unmöglich, dass ein System (Gehirn) sich selbst restlos versteht.

 

Wir konzentrieren uns auf unser wichtigste Ziel: Um unser Leben so konstruktiv wie möglich steuern zu können, müssen wir unsere Psychen möglichst gut verstehen. Dazu ist ein besonders wertvolles Hilfsmittel die Verbindung der bekannten psychologischen und ethologischen Kenntnisse mit den bekannten neurobiologischen und biochemischen Kenntnissen.

 

Menschliches Verhalten wird von sechs angeborenen und vier erworbenen Hauptkomponenten bestimmt. Angeborene und erworbene Komponenten wirken bei allen menschlichen Handlungen ursächlich zusammen. Kein menschliches Verhalten wird also ausschließlich durch eine dieser Komponenten ausgelöst. Selbst die Ausführung des Saugreflexes, der direkt nach der Geburt auftritt, ist von Erfahrungen während der Embryonalentwicklung abhängig. Kein erlerntes Verhalten kann ohne angeborene Voraussetzungen, wie z. B. bestimmte Hirnstrukturen, erworben werden. Alle Lernfähigkeiten beruhen auf angeborenen Grundlagen.

Wir betrachten zunächst die wichtigsten angeborenen Komponenten und biologischen Grundlagen:

1. Automatismen

2. Reflexe

3. Habituation (= Gewöhnungslernen)

4. Triebe

5. Reifung

6. genetische Defekte

1. Automatismen sind angeborene Verhaltensprogramme für Grundbewegungen wie

    Gehen, Schwimmen, Fliegen

2. Reflexe sind angeborene Verhaltensweisen, die ohne bewusste Kontrolle

    automatisch bei Aufnahme eines bestimmten Reizes ablaufen. Beispiele:

    Lidschlussreflex, Kniesehnenreflex, Speichelsekretion usw.

3. Gewöhnungslernen

    Fast alle Motivationen (Gefühle, bestimmte Wirkungen von Reizen) können, wenn dies arterhaltend ist, durch Gewöhnungslernen in ihrer Intensität reduziert werden.

4. Triebe

Die biowissenschaftliche Definition für Triebe (= Instinkte) lautet: Triebe sind tierische und menschliche Verhaltensweisen, die durch eine innere veränderliche Triebenergie und einen bestimmten Reiz ausgelöst werden und auf angeborenen Verhaltensprogrammen beruhen.

Die meisten Sozialwissenschaftler und noch mehr Philosophen, Philologen, Theologen usw. leugnen die prinzipielle Gleichheit und Verwandtschaft menschlicher und tierischer Antriebe. Einen Beweis für ihren Standpunkt haben sie nie vorgelegt, wohl aber Konrad Lorenz, den bekanntesten Verhaltensforscher, verfolgt und verteufelt. Dennoch müssen sie sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr dem Druck naturwissenschaftlicher Erkenntnisse beugen.

Triebhandlungen sowie der Wunsch nach und der Verzicht auf Triebhandlungen sind in der Regel mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen verbunden. Die Häufigkeit, Intensität und Dauer der Triebhandlungen sind veränderlich. Diese Veränderungen gehen meistens mit entsprechenden Veränderungen der zugehörigen Gefühle einher. Je stärker z. B. die Energie des Nahrungstriebes ist, desto stärker ist in der Regel auch das Hungergefühl. Da Gefühle durch andere Komponenten, wie z. B. Lernen, Einsicht, andere Triebe, Gifte usw. beeinflusst werden können, sind diese Zuordnungen nicht immer eindeutig.

Die Veränderungen der Triebenergie und das gesamte Triebgeschehen hat der Verhaltensforscher K. Lorenz an einem Modell, dem Triebstaumodell, verdeutlicht.

Dieses Modell besagt vereinfacht, dass Triebhandlungen umso intensiver und länger ausgeführt werden, (dass ein Trieb umso stärker ist) je länger die letzte Triebbefriedigung zurückliegt und je wirksamer die aufgenommenen Reize sind.

1. Die Zeit nach der letzten Triebbefriedigung

Mit der Zeit wird also (möglicherweise elektrische) Triebenergie wie in einem Akkumulator immer mehr angesammelt (aufgestaut). Es könnte auch die Menge (Konzentration) eines Stoffes erhöht werden oder die Stärke einer Triebblockade verringert werden. Dass die Konzentrationen von Stoffen (z. B. Neurotransmittern =Botenstoffe des Gehirns) Motivationen beeinflussen, ist inzwischen erwiesen (s. u.). Wer gerade gegessen hat, hat z. B. wenig Hunger.

2. Die Abhängigkeit der Intensität und Häufigkeit von Triebhandlungen von der Wirksamkeit der Reize der auslösenden Triebhandlungen.

Auch die Beeinflussung von Neurotransmitterkonzentrationen durch Reize (Ausschüttung von Adrenalin in Stresssituationen usw.) ist nachgewiesen.              

Ein ausgezeichneter Auslöser für Jagd- und Fressverhalten des Fuchses könnte z. B. eine Maus sein. Weniger ideal aber wirksam könnte eine Heuschrecke sein. Überhaupt nicht ideal und unwirksam ist ein Felsen. Hier wirkt wahrscheinlich u. a. Dopamin. Dies ist ein Botenstoff, der die Grundaktivität und –motivationen beeinflusst.

Der Mechanismus, der bei der Wahrnehmung verschiedener Reize filtert, auswählt und entscheidet, ob und welche Triebenergie freigeschaltet (Triebhandlungen ausgeführt) werden, heißt AAM =angeborener Auslösemechanismus. Je ähnlicher der auslösende Reiz dem optimalen Reiz (= optimaler Auslöser oder Schlüsselreiz) ist, desto häufiger und intensiver wird die zugeordnete Triebhandlung ausgeführt. Die Lieblingsspeise wird mit Heißhunger verspeist, ungeliebte Speisen nur in der Not und mit Ablehnung aufgenommen. Die Reize (besser Reizmuster), die Instinkthandlungen auslösen können, nennt man Schlüsselreize oder, wenn sie von Artgenossen ausgehen, Auslöser. Die Wahrnehmung solcher Reize kann direkt die Triebenergie erhöhen (Blockaden der Triebenergie schwächen?).

Es spricht vieles dafür, dass die Veränderung des Wunsches nach Triebbefriedigungen (=Appetenz) nicht oder nicht immer auf der Veränderung der Triebenergie beruht. Es ist z. B. auch möglich, dass die Triebenergie gleich bleibt und mehr oder weniger stark blockiert wird. Wir bezeichnen das entsprechende Erklärungsmodell als Triebhemmungsmodell.

Es ist auch möglich, dass für verschiedene wie auch für ein und den selben Trieb beide Modelle zutreffen. Blockaden oder Hemmungen sind typische Mittel der Regulation psychischer Aktivitäten wie z. B. des Gewöhnungslernens, der Automatismen (s. u.) und des Gedächtnisses. Der Antrieb (psychische Energie), der Grundbewegungen =Automatismen (Laufen, Schwimmen, Fliegen) aktiviert, liegt  z. B. auch immer in vollem Umfang vor. Bestimmte, zielgerichtete Bewegungen entstehen nicht, weil gezielt bestimmte Energien für bestimmte Muskeln erzeugt werden, sondern, indem bestimmte Hemmungen der Energie für alle beteiligbaren Muskeln aufgehoben werden. Das ist kompliziert. Deshalb verdeutlichen wir es noch einmal an einem Beispiel. Wenn ein Mensch läuft, werden von allen Muskeln, die er zum Laufen benötigt, in bestimmten zeitlichen Reihenfolgen ganz bestimmte aktiviert (kontrahiert). Diese Aktivierungen werden dadurch erreicht, dass die immer bereite Gesamtenergie für die Aktivierung aller Laufmuskeln im Gehirn nur für bestimmte Muskeln freigegeben wird. Dieser Mechanismus hat den großen Vorteil (Sinn, Ursache), dass Muskelaktivierungen ohne artschädigende große Verzögerungszeiten vorgenommen werden können. Dieser Vorteil dürfte auch für die Aktivierung von (zumindest einigen)Triebhandlungen eine hohe arterhaltende Bedeutung haben. Deshalb neige ich zu der Hypothese, dass zumindest ein Teil der scheinbaren Zunahme von Triebenergien von Instinkthandlungen in der zunehmenden Aufhebung von Hemmungen dieser Energie besteht.

Ähnlich arbeitet auch das Gedächtnis: Fast alle Erinnerungen eines Menschen verschwinden -außer bei Verletzungen, Erkrankungen, Vergreisung usw.- nicht, auch wenn der Mensch sie vergessen hat. Nur der Zugang zu der Erinnerung wird, um Gedächtnisinhalte nach Wichtigkeit zu ordnen, mehr oder weniger stark blockiert. Bei künstlichen elektrischen Reizungen bestimmter Hirnregionen können vergessene Erlebnisse sogar so wieder erlebt werden, dass der Betroffene sie absolut sicher für real hält.

Auch das Gewöhnungslernen arbeitet wahrscheinlich mit Blockaden. Experimente haben gezeigt, dass bei direkter Hirnreizung kein Gewöhnungslernen stattfindet. Wenn man z. B. Ratten Elektroden ins Gehirn pflanzt, mit deren Hilfe angenehme Gefühle erzeugt werden können, betätigen diese ohne Unterlass Schalter, die den elektrischen Strom in der Elektrode aktivieren. Die Vermutung, dass die Verminderung der Wirkung von Reizen durch Gewöhnungslernen auf der Wahrnehmungsebene durch Hemmungen erzeugt wird bietet sich demnach an.

Das Triebhemmungsmodell wird auch dadurch bestätigt, dass sich gezeigt hat, dass das Triebstaumodell für viele Triebe nicht oder nicht vollständig gilt. Im Falle von Flucht und Schmerz gibt es z. B. keine Abnahme der (Trieb)energie, weil es für jedes (Wirbel)tier arterhaltend ist, so lange zu fliehen, bis es nicht mehr laufen kann und so lange das gebrochene Bein wegen des Schmerzes still zu halten, bis es wieder geheilt ist. Auch bei anderen (so genannten?) Trieben, wie z. B. Aggression, Rangordnungsverhalten, Spiel, Bewegung, tritt eine Abnahme von Triebenergie gar nicht oder nicht so deutlich, wie bei Sexualität und Nahrungstrieb, auf. Deshalb sprechen wir im Folgenden, besonders in der folgenden Übersicht, nicht von Trieben, sondern von Verhaltensweisen, -programmen und Gefühlen, die primär und direkt auf angeborenen Anlagen beruhen. Primär und direkt deshalb, weil indirekt alle menschlichen und tierischen Merkmale und Eigenschaften, wie z. B. Intelligenz und Lernfähigkeit, auf angeborenen Anlagen beruhen. Alle werden aber auch durch Lernen beeinflusst.

Das gesamte wirkliche (triebhafte) Handeln von Tier und Mensch ist nicht einfach verstehbar, weil es, besonders bei Menschen, u. a. durch Lernen, Verstand, Gewöhnung und Reifung beeinflusst werden kann. Das psychische Geschehen im Menschen ist so komplex, dass viele Menschen (wahrscheinlich irrtümlich) glauben, sie seien wesentlich mehr (und anders) als hochkomplex programmierte Automaten mit Gefühlen.

Die Beeinflussungsmöglichkeiten angeborener Verhaltensprogramme sind für die menschliche Selbststeuerung von ganz besonderer Bedeutung und deshalb Thema dieses Kapitels. Es wäre für die Menschheit sehr wertvoll von jeder menschlichen und tierischen Handlung herauszufinden, in welchem Maße angeborene oder erworbene Komponenten zu ihrer Ausformung beitragen und in welchem Maße sie beeinflussbar ist. Der verbreitete Glaube, dass erworbene Eigenschaften grundsätzlich veränderbar sind, angeborene dagegen nicht, ist ein fataler Irrtum. Der Mensch besitzt nicht weniger sondern (vielleicht) mehr Instinkte (Triebe, Motivationen, angeborene Verhaltenstendenzen) als alle Tiere.

Alle höheren Säugetiere können angeborene Verhaltenstendenzen durch Lernen und Verstand beeinflussen. Der wichtigste Unterschied zwischen Mensch und Tier liegt darin, dass Menschen dies deutlich besser können als alle Tiere.

Andererseits können auch beim Menschen zum Beispiel extrem starke Phobien, die primär erworben werden (wurden), manchmal kaum beeinflusst (therapiert) werden.

Der irrtümliche ursprüngliche biowissenschaftliche Glaube an die Triebenergieabnahme bei allen Trieben hat, besonders beim Aggressionstrieb, zu Fehleinschätzungen geführt. Diese werden im Folgenden unter dem Stichwort Katharsis diskutieren.

Katharsis

In diesem Wort wird die erste Silbe betont, im Adjektiv (kathartisch) die zweite. Wörtlich bedeutet es sinngemäß „Reinigung“. Gemeint ist im Allgemeinen eine Befreiung von unerwünschten Bedürfnissen oder Konflikten. Früher dachte man dabei gerne moralisierend an päpstlichen oder calvinistischen Lustverzicht, besonders an (sexuelle) Leidenschaften (s. Aristoteles), heute oft auch an andere Antriebe, z. B. an Aggression. Die zentrale Idee: Wenn jemand schädliche Triebenergie abbaut, indem er entsprechende Verhaltensweisen auf unschädliche Weise ausübt, ist weniger Triebenergie für schädliches Verhalten da.

Betrachten wir einige Beispiele: Wenn ein Schimpanse wild im Busch herumtobt und auf Bäume einschlägt, wird er weniger oft auf (stärkere) Artgenossen einschlagen. In der Alltagssprache nennen Menschen dieses Verhalten (auch bei sich selbst) Energie- oder Frustabbau, oder Abreagieren. Oft wird das Ganze mit anderen Antrieben vermischt: Joggen statt den Chef (die Kinder) anbrüllen, internationale Sportwettkämpfe statt Krieg usw. S. Freud hat Vorgänge dieser Art, wenn andere („bessere“?) Antriebe als der frustrierte befriedigt werden, mit dem Begriff „Sublimation“ (=Erhöhen, Verfeinern) bezeichnet. Wenn man den gleichen Trieb an anderen Objekten befriedigt, spricht Freud von Verschiebung. Das geschieht z. B. im Falle der Affen, die auf Bäume, statt auf Artgenossen einschlagen. Die „höchste“ Form von kathartischer Verschiebung wird erreicht, wenn Papa die Kinder verprügelt, weil er sich das beim Chef nicht traut.

Alle kathartischen Verfahren sind aus verschiedenen Gründen zwar manchmal wirksam aber bedenklich oder sogar gefährlich.

In allen Fällen scheinbar unschädlichen Aggressionsabbaus können die Betroffenen Erfolgserlebnisse bei aggressiven Handlungen erleben. Ihre grundsätzliche Aggressionsbereitschaft wird also durch Lernen (Konditionieren) gefördert. In Zukunft (nach solchen Lernprozessen) kann diese Bereitschaft durch viele Reize aktiviert werden und auch destruktives aggressives Verhalten auslösen. Diese Problematik wird durch das Wirken von Gewöhnungslernen verstärkt. Wenn Aggressionen (jede destruktive Motivation) häufig an ausgewählten Objekten (Reizen), bei denen kein unmittelbar erkennbarer Schaden auftrat, abreagiert wurde, können diese (scheinbar?) harmlosen Handlungen durch Gewöhnungslernen langweilig werden. Es kommt zur Suche nach neuen, stärkeren Reizen. Da in der menschlichen Gesellschaft die Suche und das Angebot nach (an) neuen Reizen beliebt sind, führt die Suche häufig zum Erfolg. Die Bereitschaft wirksamere (gefährliche) aggressive Handlungen auszuüben, wäre durch die oben beschriebene Scheinkatharsis trainiert worden. Viele so genannte Fußballfans begnügen sich z. B. nach einiger Zeit nicht mehr mit aggressivem Brüllen, sondern treffen sich mit gegnerischen Fans zu wechselseitigen Verprügelungsorgien. Merkwürdigerweise beanspruchen sie das die Kosten (kaputte Fensterscheiben, zerstörte Verkaufsgegenstände, Polizeieinsätze, Arztkosten) usw. von der Allgemeinheit bezahlt werden. Noch merkwürdigerer Weise verweigert die Allgemeinheit dies auch kaum. Eine weitere sehr beliebte Steigerung der aggressiven Befriedigung stellt das Vermöbeln von Polizisten dar.

Ein „schönes“ weiteres Beispiel für diese Problematik haben wir im Kap. Sexualität angesprochen: „Harmlose“ Abreaktionen pädophiler Bedürfnisse mittels onanistischem Genuss von Kinderpornographie stärken pädophile Motivationen durch Konditionierung und Imitationslernen. Einfach gesagt: Die Lust beim Kinderpornogenuss kann geil auf echten Sex mit Kindern machen. Diese Motivation kann auch zur Grundlage für reale Kindesmisshandlungen werden, falls irgendwann die fi(c)ktiven Handlungen vor Bildschirmen und Magazinen nicht mehr „den richtigen Kick“ bringen. Erfreulicherweise hat man Genuss, Produktion usw. von Kinderpornographie in den letzten Jahrzehnten nicht nur verboten, sondern (manchmal) auch verfolgt und bestraft. Dass auch Zeichnungen, 3D-Darstellungen, Computerspiele und Animationen aller Art die Wünsche nach Kindersex, Gewalt und Perversionen aller Art fördern können, wird dabei weitgehend vernachlässigt.

Die kathartische Idee durchgeistert die Geschichte der Menschheit (und Vormenschheit) wahrscheinlich schon seit Jahrmillionen. Wahrscheinlich wurde sie schon immer mit den (wirksameren) Methoden Sublimation und Verschiebung durchmischt. Besonders Verschiebung und Katharsis haben viel gemeinsam.

Schon der Gebrauch dieser Fachausdrücke weist uns darauf hin, dass auch die Katharsis in der Psychoanalyse ihren traurigen Hochpunkt erreichte. Tatsächlich wurden alle angesprochenen Methoden der Konfliktbewältigung (Abwehrmechanismen, Verdrängung usw. [s. u.]) von Sigmund Freud systematisch untersucht und z. T. als Therapiemethoden genutzt.

Auch in der Ethologie wurden leider zeitweise, z. B. von K. Lorenz, kathartische Konzepte entwickelt und vertreten.

Obwohl die Wissenschaft inzwischen viele dieser Methoden (insbesondere die kathartische) in Frage stellt, werden sie von Laien und manchen Psychoanalytikern bis heute oft erfolglos angewendet.

Jede kathartische Handlung kann aber die Grundmotivation für schädliche Handlungen fördern und ist deshalb als therapeutisches Mittel fragwürdig. Wie soll man dann gegen destruktive Handlungen und Motivationen pädagogisch und therapeutisch vorgehen und wie kann man menschliches Verhalten überhaupt beeinflussen?

Therapie und Vorbeugung

Alle Verhaltenweisen, auch solche mit erheblichen angeborenen Grundlagen, lassen sich durch Einsicht, Lernen und physikalisch-chemische Einwirkungen (Medikamente usw.) beeinflussen. Die drei wichtigsten Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung (Konditionierungslernen, Imitationslernen, und Lernen durch Einsicht) können und müssen dabei alle drei angewendet werden. Da sie sich in ihren Wirkungsweisen und Erfolgsaussichten unterscheiden, ist es wichtig ihre Vor- und Nachteile zu studieren, um die jeweils beste Mischung bei verschiedenen Problemstellungen auswählen zu können. Dazu wollen wir an dieser Stelle einige grundsätzliche Gedanken diskutieren. Details werden unten besprochen.

Die Entstehung der meisten destruktiven menschlichen Bedürfnisse kann und muss vor allem schon in der Kindheit und Jugend verhindert werden. Das beste Mittel ist die Förderung konstruktiven Verhaltens. Dazu wiederum eignet sich das Vorleben konstruktiven Verhaltens, seine positive Verstärkung (Belohnung von konstruktivem Verhalten) und natürlich auch die Entwicklung von Einsicht in seinen Wert. Auch die Förderung und Entwicklung genereller guter Selbststeuerungsfähigkeit und sozialer Kompetenz kann und muss auf diese Weisen entwickelt werden. Diese Fähigkeiten entstehen nämlich keineswegs, wie manche konservativen Kräfte glauben, von allein oder gar durch irgendwelche göttlichen Wunder während und nach der Pubertät.

Das Vorleben und das Lernen durch Einsicht (rationale Selbststeuerung) haben den großen Vorteil extremer Ökonomie. Manchmal genügen wenige Sätze, um durch rationale Umstrukturierung (Einsicht) ein Verhalten lebenslang zu ändern, meistens allerdings nicht. Beide haben jedoch gegenüber dem operanten Konditionieren einen großen und entscheidenden Nachteil. Sie sind gering oder gar nicht mit der Erzeugung von angenehmen Gefühlen (Motivationen) verbunden. Wenn wir also das operante Konditionieren als Mittel der Verhaltenssteuerung so ungeheuer hoch einstufen, so deshalb, weil es nicht nur zur Verhaltensänderung dient, sondern gleichzeitig angenehme Gefühlen, also Lebensqualität, schafft und beinhaltet. Zwischen den Folgenden beiden (und allen vergleichbaren) Prozessen liegen trotz gleicher Ergebnisse ungeheure Unterschiede:

Person A lernt, weil sie die konstruktive Bedeutung des guten Schulabschlusses eingesehen hat und/oder ihren fleißigen Vater imitiert, zwölf Jahre lang mit viel Widerwillen intensiv und fleißig für die Schule und schließt sein Abitur mit der Note 1 ab.

Person B lernt, weil sie viele Erfolge, gezielte Belohnungen und andere Verstärkungen erlebt hat, zwölf Jahre lang, mit viel Genuss, intensiv und fleißig für die Schule und schließt mit der gleichen Note ab.

Im Bereich der Steuerung menschlichen und tierischen Verhaltens gibt es nichts besseres, als konstruktives Verhalten mit angenehmen- und destruktives Verhalten mit unangenehmen Gefühlen zu verbinden.

Wahrscheinlich deshalb ist, wie gesagt, das Gegenteil bei Menschen sehr beliebt. Auch die Gabe angenehmer Reize (vor allem in Form materieller Geschenke, wie tonnenweise Spielzeug, Kleinwagen usw.) ohne Bindungen an irgendwelche konstruktive Leistungen gehört zu den beliebten Tricks von Erziehern aller Art, die Seelen ihrer Zöglinge kaputt zumachen (siehe unten).

Wir halten zusammenfassend fest: unser wichtigstes Mittel gegen destruktives Verhalten ist die Erziehung zu konstruktivem Verhalten, zu sozialer Kompetenz. Wer z. B. verbale Konfliktlösungen beherrscht, wird destruktive (z. B. aggressive) Konfliktlösungen seltener oder nie anzuwenden versuchen.

Wie steht es nun aber mit Bestrafungsreizen? Prinzipiell gilt: Bestrafungsreize sind nicht immer grundsätzlich falsch. Sie sind wahrscheinlich (zumindest fast) immer falsch, wenn aktives konstruktives Verhalten (Zimmer aufräumen, Moped reparieren usw.) erzeugt werden soll. Hier müssen durch Belohnungen Motivationen geschaffen werden. Wahrscheinlich sind auch sehr harte Strafreize (fast?) immer falsch. Mäßige Strafreize sind jedoch, um destruktives Verhalten zu unterdrücken, grundsätzlich manchmal sinnvoll. In einer Gesellschaft, die -wie die menschliche- durch Milliarden von Erziehungsfehlern sowie genetische- und Sozialisationsdefizite gekennzeichnet ist, sind Zwänge (Bestrafungsreize) aller Art sogar leider unverzichtbar. Viele Kriminelle, Drogensüchtige, Schwererziehbare, Autofahrer usw. können oft nur durch Zwänge von destruktivem Verhalten abgehalten beziehungsweise zu konstruktivem Verhalten gezwungen werden. Dabei erreichen allerdings die Zwänge (z. B. Haft) meistens nur das Ziel, Fehlverhalten zu verhindern, nicht die Beseitigung destruktiver Motivationen oder die Bildung konstruktiver. Letzteres gelingt bei Erwachsenen leider viel seltener, als viele Sozialwissenschaftler es behaupten und sich wünschen.

Bei allen Strafreizen gilt zu beachten, dass Gewalt oft (nicht immer!) Gegengewalt erzeugt.

Einer der größten Fehler der gegenwärtigen Industriegesellschaften ist (wie an anderer Stelle bereits diskutiert) eine generelle „Hyperhumanie“. Als Reaktion auf brutale Unterdrückungen, Sklaverei, Tyrannei, parasitäres Verhalten aller Art usw. werden gegenwärtig Hilfsbereitschaft, Verwöhnen, humanitäre Rücksicht jeder Art usw. teilweise übertrieben (teilweise aber auch untertrieben). Das zeigt sich im Gesundheitswesen, Arbeitslosenunterstützung, Überverwöhnen von Kindern, übertrieben verständnisvollem Umgang mit jeder Art von Kriminalität usw. (Details vgl. Kap. X). Ein Beispiel ist das nahezu vollständige Verbot von Bestrafungsmaßnahmen für Lehrer, nachdem über Jahrhunderte oft sinnlos auf Schülern herumgeprügelt wurde. Inzwischen (Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland) sind zum Glück einige gemäßigte konstruktive Bestrafungsmöglichkeiten wieder zugelassen worden. Bei der Erziehung im Elternhaus werden diese allerdings weiterhin häufig radikal tabuiert.

Dieses Defizit wird „tröstlicher Weise“ durch manchmal verzehnfachte Prügel“arbeit“ im (keineswegs immer orientalischen) Nachbarhaushalt ausgeglichen, wieder mal ein ideales Arbeitsfeld für Gleichstellungsbeauftragte aller Art. Diese magische Kompensation bewirkt zur „Freude“ aller, dass das Jugendamt, mit der mittleren Gesamtbestrafungsbilanz zufrieden, von Eingriffen in die „heiligen“ Privatsphären der Bürger absehen kann. Über derlei Effekte freuen sich z. B. auch einige ehrenmörderisch „nette“ Jungmuslime, die weiterhin ihre Schwestern, Nachbarstöchter usw. gegen deren Willen mit jeglichen Prügeln „beglücken“ können.

Kommen wir an dieser Stelle noch einmal auf unser Ausgangsproblem, die Katharsis, zurück. Wir können resümierend festhalten:

Kathartische Problemlösungen sollten wahrscheinlich nur in begründeten Ausnahmefällen zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Viele Menschen neigen u. a. deshalb zu kathartischen Lösungsvorschlägen, weil sie andere Lösungen, z. B. jegliche Unterdrückung von Antrieben tendenziell ablehnen. Hier spielen ursächlich Liberomanie, Schmusepädagogik und schlechte Erfahrungen mit der Unterdrückung von Sexualität und Aggression eine Rolle. Aggressiv unterdrückte Gewalt macht tatsächlich den Gewalttätigen manchmal noch aggressiver und unterdrückte Sexualität kann verschiedene psychische Störungen hervorrufen. Die meisten dieser Störungen treten jedoch nur dann auf, wenn die Unterdrückungen pädagogisch und psychologisch fehlerhaft vorgenommen wurden und wenn nach der Unterdrückung Konflikte entstehen. Der wichtigste Konflikt besteht in später entstehenden Wünschen nach Triebbefriedigungen, die den Unterdrückungen widersprechen. Mancher Mönch (Eremit, katholischer Priester) kann z. B. in Einklang mit einer erworbenen persönlichen Vorliebe für sexuellen Verzicht sehr gut leben, solange er nicht mit sexuellen Reizen und sexualfreundlichen Änderungen seiner Einstellungen konfrontiert wird. Dasselbe gilt für Menschen mit genetischen Anlagen für übertriebene Aggressivität, die durch Konditionieren, Einsicht und Imitationslernen konstruktiv unterdrückt wurden. Diese Menschen können Jahrzehnte ohne Wutanfälle leben ohne dass psychische Störungen irgendwelcher Art auftreten. Dies gilt besonders, wenn die Unterdrückung der Aggressivität (z. B. in Form von Misserfolgen bei aggressiven Handlungen) schon in Kindheit und Jugend stattfindet und von den Betroffenen und der Gesellschaft als sinnvoll anerkannt wird. Auf ähnliche Weise steuern sich Menschen in vielen Bereichen sinnvoll. Millionen Männer verzichten in Fußgängerzonen auf Begattungsversuche an Millionen hübscher Frauen. Ebenso viele verspeisen im Restaurant nicht die leckeren Gerichte der Gäste am Nachbartisch, es sei denn es würde (Dieter) Krebs mit Sketchup serviert. Kein vernunftbegabter Mensch nimmt Anstoß an derartigem erzwungenem Verzicht und fast nie bewirkt er psychische Störungen. Dennoch kommt es gelegentlich zu (manchmal extremem) Fehlverhalten auch wenn Triebunterdrückungen konstruktiv vorgenommen wurden. Dafür gibt es zwei Hauptursachen: Starke oft unberechtigte Frustrationen und starke übernormale angeborene Anlagen. Jähzorn z. B. entsteht i. d. R. auf der Basis solcher Anlagen und kann auch durch optimale Sozialisation nicht unbedingt unterdrückt werden. Ähnliches gilt für extremes Ess-, Sexualverhalten usw. Hier helfen nur Eingriffe in die eigenen Gene, die die Menschheit bekanntlich im Durchschnitt intensiv ablehnt, obwohl die Natur sie seit Milliarden Jahre durchführt.

Noch ein Wort zur Katharsis: Wir wissen, dass manchmal kathartische Lösungen erfolgreich sein können. Millionen Männer befriedigen z. B. ihre sexuellen Wünsche anhand von Abbildungen und Filmen (Selbstbefriedigungsvorlagen) der Frauen, die die meisten in der Realität nie bekommen. U. a. aus diesem Grund führte die Freigabe von Pornographie in der Regel zunächst stets zu einer Abnahme der Vergewaltigungskriminalität. Langfristig nahm diese Kriminalität aus verschiedenen Gründen oft wieder zu. Ein Grund sind die oben beschriebenen Lern- und Gewöhnungseffekte. Der Umgang mit der Katharsis erweist sich also als ein Drahtseilakt, der unter Berücksichtigung vieler Variablen und Probleme ständig kontrolliert und gesteuert werden muss.

Die kathartische Behandlung hat viel mit dem überverwöhnenden, möglichst frustrationsfreien Erziehen von Kindern gemeinsam. Beide können z. B. besonders aggressive Erwachsene hervorbringen. Wir gehen unten, unter „David“ auf dieses Problem noch einmal ein.    

5. Reifung

Auf Grund angeborener Programme entwickeln sich Gehirne z. T. unabhängig von Lernprozessen in bestimmten Phasen in besonderer Weise. Wie bei der Prägung müssen also auch bei der Reifung erst bestimmte Entwicklungsstadien, erreicht sein, damit bestimmte Lern– und Verstehensprozesse einsetzen können. Es ist sinnlos (aber nicht selten), von Kindern geistige oder körperliche Leistungen zu fordern, wenn die entsprechende Reifungs- oder Prägungsphase noch nicht erreicht ist. Dies gilt z. B. für den Versuch, einem 3-4 jährigen Kind immer wieder zu erklären, dass in einem schmalen Glas mit hohem Wasserstand genauso viel Wasser ist, wie in einem breiten Glas mit niedrigem Wasserstand.

Ein besonders kritisches Reifungsphänomen sind die so genannten Flegeljahre. In der Kindheit – vor allem in der Pubertät -verstoßen besonders Jungen gerne gegen Normen und Vorschriften (S-Bahn-Surfen, Rauchen, zu spät nach Hause kommen usw.). Diese Verhaltensweisen beruhen auf arterhaltenden, angeborenen Anlagen. Sie treten bei vielen jungen Säugetieren auf, und kosten viele das Leben oder die Gesundheit, der Art aber bringen sie Vorteile. Das aufmüpfige Verhalten (in der Pubertät) führt manchmal zur Entdeckung von neuen Reizen und Verhaltensweisen, die (kulturellen) Fortschritt und damit Konkurrenzvorteile mit sich bringen. Beispiele sind das Waschen von Süßkartoffeln bei Makaken und die Nutzung des Feuers bei Menschen (s. Kap.X). Das angeborene Bedürfnis, gegen Normen zu verstoßen, ist häufig im Verbund mit Imponiergehabe und Neugier eine wichtige Grundlage für die Höherentwicklung des Lebens (Anagenese), die Entstehung der Menschheit und den kulturellen Fortschritt der Menschheit (s. o.).

Der Wunsch, gegen Normen zu verstoßen, tritt auch schon in der frühen Kindheit und im Erwachsenenalter auf. Viele Menschen (Eltern, Lehrer usw.) können mit diesen Normenverstößen schlecht umgehen. Die häufig in Erziehern auftretenden Aggressionen beruhen z. T. ebenfalls auf arterhaltenden, angeborenen Grundlagen. Sie führten ursprünglich über Bestrafungen dazu, dass Kinder und Jungtiere im Durchschnitt die arterhaltendsten Verhaltensweisen lernten bzw. besonders artschädigende verlernten. Sie sind also ein pädagogischer Filter. Jeder Flegel verdient deshalb Aufklärung über die Ursachen seines eigenen Verhaltens und ebenso viel Verständnis wie sanfte aber deutliche Bestrafungsreize für und gegen destruktives Flegeln.

6. Genetische Veränderungen

Alle angeborenen Eigenschaften und Merkmale können durch genetische Veränderungen (Mutationen) ebenfalls verändert werden. Die meisten Veränderungen führen zu Verschlechterungen der Leistungsfähigkeit. Mit Sicherheit besitzt die Menschheit heute die größte genetische Vielfalt aller Zeiten. Diese Vielfalt wird, wenn es um Probleme (Verhaltensstörungen, psychische Krankheiten, Kriminalität, emotionale und intellektuelle Defizite usw.) geht mit Vorliebe vernachlässigt oder ignoriert und dennoch (unwissentlich) gefördert. Es ist ebenso üblich wie antihedonisch menschliches Fehlverhalten primär oder sogar ausschließlich auf erworbene Störungen (Neurosen usw.) zurückzuführen.

Wir haben nun Verhaltensweisen, die hauptsächlich von angeborenen Anlagen bestimmt werden ausreichend besprochen. Im Folgenden widmen wir uns Verhaltensweisen, die zwar auch auf angeborenen Grundlagen beruhen, bei denen jedoch das Lernen (Erworbenes) im Vordergrund steht.

Erworbene Merkmale und Eigenschaften (Lernen, Sozialisation, Umwelteinflüsse)

1. Imitationslernen (Lernen durch Nachahmung)

2. Konditionierungslernen

2.1 Klassisches Konditionieren

2.2 Operantes Konditionieren (≈ u. a. Programmierung des Über-Ich)

3. Lernen durch Einsicht, Verhaltenssteuerungen durch Vernunft, rationale Selbststeuerung, Ich)

4. Prägung

5. Zufall, z.B. Sozialisationsfehler, zufällige Erlebnisse, Hirnschäden, angeborene Defekte

6. Verhaltensänderung durch direkte chemische und physikalische Einflüsse

1. Imitationslernen

Beim Imitationslernen werden Verhaltensweisen durch Nachahmung erworben. Menschen, alle Wirbeltiere usw. haben die Fähigkeit dazu. Die Natur (Erbinformationen, Auslese) sorgt dafür, dass nicht alles, was beobachtet wird unkontrolliert (artschädigend) nachgeahmt wird. Es werden bei der Imitation z. B. Artgenossen, meistens besonders Mütter, emotional positiv bewertete und ranghohe Tiere, bevorzugt. Es gibt daher z. T. angeborene Anlagen, die bei Menschen bewirken, dass vornehmlich geachtete und geliebte Personen wie z. B. Idole imitiert werden. Manche ungeliebte Eltern hätten deshalb leider oft Erfolg, wenn sie das Gegenteil von dem fordern würden, was sie für sinnvoll halten. Beim Imitationslernen sind Menschen allen Tieren deutlich überlegen. Menschen nutzen das Imitationslernen jedoch häufig wenig oder antihedonisch. Die irrationale (liberomane, heteromane, raromane, humanomane usw.) Selbststeuerung der Menschheit führt dazu, dass eine Unmenge von nicht nachahmenswerten Verhaltensweisen vorgeführt werden, und dass viele Erzieher nicht nachgeahmt werden, obwohl sie konstruktives Verhalten und Denken zeigen.

Viele altruistische Menschen sind wenig bekannt (und deshalb auch wenig als Vorbilder wirksam), weil sie bescheiden waren oder sind. Albert Schweitzer wird z. B. wenig imitiert, während Containerchristian mit seinem Lied „Es ist geil ein Arschloch zu sein“ riesige Erfolge (Verarschungserfolge) feiert. Noch erfolgreicher ist ein (keineswegs ungebildeter) aber ungehobelter Holzkopf, der aber mit Vulgarität und simulierter Blödheit die Quoten steigert. Dieter Bohlen versorgt die ganze Welt mit „Texten und Büchern, die die Welt nicht braucht“ und Millionen Holzköpfe geben in einem Land, das unter einer angeblichen furchtbaren Wirtschaftskrise stöhnt, ihr geliebtes Geld für derartige Ausscheidungen aus. Solche „wertvolle“ Literatur schützt im Verbund mit diversen Privatsendern Millionen Bürger vor kritischen Bemerkelungen. Man merkelt z. B. nicht, dass Millionen Menschen froh wären, wenigsten die Kakerlaken essen zu dürfen, die ihren Dschungelsternchen, welche sich sonst bei Kakerlaken zum Kübel böcken, nur Gruseln beibringen sollen.

2. Konditionierungslernen

Kondition heißt ursprünglich „Bedingung“ nicht „Ausdauer“!

Das Konditionierungslernen zeigt beispielhaft ein hochinteressantes Dilemma auf. Einerseits kann man es ohne klare Definitionen schlecht verstehen, andererseits kann man (in diesem Falle besonders) die Definitionen schlecht verstehen, wenn man es nicht kennt.

Zum Glück gibt es aus diesem Dilemma einen Ausweg. Wir empfehlen den gesamten Punkt "2" zunächst zu lesen und danach zumindest die ersten Abschnitte, die sich mit der Problematik der Definition auseinandersetzen, noch einmal zu lesen.

 

 

Man unterscheidet zwischen klassischen und operantem (=instrumentellem) Konditionieren. Diese Begriffe sind ziemlich unglücklich gewählt, weil sie das Wesen der Vorgänge kaum treffen. Außerdem überschneiden sich die beiden Phänomene so sehr, dass klare Unterscheidungen oft weder möglich noch gegeben sind.

Alle Konditionierungen sind Lernvorgänge, bei denen Verhalten durch meist mehrfache Gaben von Reizen (durch Verarbeitung von Wahrnehmungsinhalten [oder bestimmte Hirnaktivitäten]) erzeugt oder verändert wird. Es werden also Verhaltensprogramme im Gehirn geschaffen oder verändert. Dabei spielen Gefühle (Motivationen) eine deutlich größere Rolle als bei Imitationslernen und Lernen durch Einsicht. Beim operanten Konditionieren sind immer, beim klassischen meistens Gefühle beteiligt.

 

Auf anatomischer Ebene geschieht das Konditionieren (jegliches Lernen), indem z. B. neue Verzweigungen von Hirnzellen oder neue Synapsen gebaut oder abgebaut werden.

Auf biochemischer Ebene werden z. B. Neurotransmitterkonzentrationen oder Porenproteinzahlen, durch Veränderungen von Enzymarten und –konzentrationen verändert (s. u.).

Auf psychologischer Ebene werden u. a. Motivationen verändert, geschaffen oder neuen Reizen zugeordnet.

Beim klassischen Konditionieren steht die Zuordnung neuer (neutraler) Reize zu Motivationen und Handlungen mit angeborenen Grundlagen im Vordergrund.

Ein mehrfach gleichzeitig mit Futter wahrgenommenes Klingelgeräusch kann z. B. beim Hund Fresslust und Speichelfluss auslösen (Versuche von Pawlow).

Ein gleichzeitig mit dem Schulgebäude wahrgenommenes Hunger- und/oder Angstgefühl kann bei Schülern zur Ablehnung der Schule führen (Auslösung der Angstgefühle durch den neutralen Reiz „Schule“).

Reizt man ein Auge einige Male gleichzeitig mit einem Luftstrom und einem Lichtblitz, so kann man den Lidschlussreflex (der [fast?] ohne Lernen durch den unkonditionierten Reiz "Luftstrom" ausgelöst wird) auch allein durch die Gabe des Lichtblitzes  auslösen. Bei diesem klassischen Konditionierungsvorgang spielen Gefühle, obwohl ein bisschen Angst im Spiel ist, keine große Rolle.

Beim operanten Konditionieren steht das Verändern des Verhaltens durch i. d. R. von Außenreizen erzeugte Gefühle im Vordergrund. Belohnungen in Form von Futter, Zuwendung usw., die gleichzeitig mit menschlicher verbaler Aufforderung zum Männchen-Machen und eben diesem Männchen-Machen des Hundes auftreten, führen dazu dass der Hund in Zukunft auf das Zeichen „Mach-Männchen“ Männchen macht.

Die Kopplung angenehmer Reize (Gefühle) mit Verhaltensweisen erhöht die Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Verhaltensweisen, bei unangenehmen Reizen (Gefühlen) wird die Auftretenswahrscheinlichkeit erniedrigt.

Nun gibt es wahrscheinlich in keinem grundsätzlich emotionsfähigen Tier jemals einen Zustand völliger emotionaler Neutralität. Auch nimmt unter natürlichen Bedingungen niemals ein Lebewesen nur einen (reinen) Reiz auf, sondern stets Reizmuster. Deshalb kann es auch unter natürlichen Bedingungen reine klassische (schulmäßige) Konditionierungen nicht geben.

Alle Konditionierungen sind Konditionierungsmuster, bei denen meist mehrere Gefühle und Reize gleichzeitig wirken, man aber meist nur einen Reiz und ein Gefühl in den Vordergrund stellt. Dies kann man oft, aber nicht immer, mit Recht.

Beim klassischen Konditionieren geht man davon aus, dass es unkonditionierte (angeborene, ohne Bedingungen auftretende) Reize und Verhaltensweisen gibt. Das sind z. B. das Futter (Reiz) und die Speichelsekretion (Verhalten) im Falle des Pawlowschen Hundes. Bei der Entstehung der meisten dieser Verhaltensweisen dürften aber doch Bedingungen (z.B. operantes Konditionieren) eine, wenn auch geringe, Rolle spielen. Säuglinge haben z.B. das (scheinbar vollständig angeborene) Saugen schon als Embryo (genüsslich?) mit ihren Daumen geübt.

Des Weiteren gibt es kein Gefühl, das nicht auf angeborenen Grundlagen (unkonditionierte Reize und Reizreaktionen) beruht. Also bauen operantes Konditionieren und klassisches Konditionieren immer auf angeborenen Komponenten auf. Beim klassischen Konditionieren liegt aber, wenn Gefühle beteiligt sind, immer eine feste Bindung zwischen Gefühl und Verhalten vor. Es ist immer das Gefühl beteiligt, was das betroffene Verhalten auslöst. Beim operanten Konditionieren können dagegen nahezu beliebige Gefühle mit nahezu beliebigen Verhaltensweisen gekoppelt werden. Auch können hier Gefühle, bei deren Erleben Lern- oder Mischprozesse eine starke Rolle spielen (z.B. spezifischer Musikgenuss, Liebe usw.), zum Tragen kommen.

Betrachten wir nun, um die Ähnlichkeit der beiden Konditionierungsformen zu verdeutlichen, nochmals unser Schulbeispiel.

Der Lehrer erzeugt durch Strafen, fremde Zeichen, unklare Darstellungen usw. Angst in Schülern. Dadurch wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des Betretens der Schule (einschließlich der Lernmotivation) erniedrigt. Ein klassisches Beispiel für operantes Konditionieren, mit dem überall in der gängigen Literatur als Beispiel für klassisches Konditionieren operiert wird. Nochmals: Die Schule wird hier als neutraler Reiz verstanden, der nach einigen Wiederholungen das unbedingte Verhalten (jede Form von Übelkeit und Abwehr) auslöst.

Die Reize, die der Lehrer verströmt, heißen im Falle des operanten Konditionierens aversive Stimuli oder Bestrafungsreize, beim klassischen Konditionieren sind es die Auslöser eines unbedingten Reflexes (Futter beim Hund). Die Schule (der Lehrer, das Klingeln) sind beim klassischen Konditionieren neutrale Reize, beim operanten sind es die Zusatzreize („mach Männchen!“), die immer mit den Straf- oder Belohnungsreizen auftreten. Solch ein Zusatzreiz kann z. B. auch eine grüne Brombeerhecke sein, wenn die Strafreize (Stacheln) wirken.

In unserem Schulbeispiel scheint es völlige Übereinstimmung zwischen operantem und klassischem Konditionieren zu geben.

Einen feinen, aber kleinen Unterschied gibt es jedoch. Der klassische Konditionierungsvorgang ist beim Entstehen der Angst abgeschlossen. Beim operanten Konditionieren erfolgt noch das Meidungsverhalten gegenüber Schule, Lehrer und unter Umständen später (generalisiert) gegenüber jeglichem Lernen.

Es zeigen sich also erhebliche Übereinstimmungen zwischen klassischem und operantem Konditionieren. Insbesondere sind die Prozesse, die in den Gehirnen der Konditionierten ablaufen, weit gehend identisch. Deshalb ist die Verwendung  der unterschiedlichen Begriffe (einschließlich der Definitionen) verwirrend und fragwürdig.

2.1 Klassisches Konditionieren

Das klassische Konditionieren ist ein Lernvorgang, der ähnlich wie das Gewöhnungslernen durch angeborene Grenzen stark eingeschränkt ist (wenig Veränderungsspielraum besitzt). Der Vorgang besteht darin, dass ein Tier (Mensch) lernt, auf einen neutralen Reiz hin eine unbedingte Reflexhandlung oder sonstige Reaktion auszuführen.

Um den Vorgang zu verstehen, müssen wir uns zuerst die genannten Begriffe klar machen. Wir beginnen mit dem Begriff „“unbedingter Reflex“, unbedingt (=unkonditioniert), (Kondition =Bedingung). Gemeint ist ein Reflex, der ohne Konditionierungslernen ausgeführt werden kann, also (immer?) auf angeborenen Verhaltensprogrammen beruht. Solche Reflexe sind z. B. Lidschlussreflex, Speichelsekretion, Kniesehnenreflex. Für diese Reflexe gibt es zugehörige (nichtneutrale) auslösende Reize. Speichelsekretion wird z. B. durch den Anblick und Geruch von Futter ausgelöst. Ein Reiz, wie ein Lichtblitz, oder ein Klingelzeichen, haben ursprünglich nichts mit der Speichelsekretion zu tun und werden deshalb neutrale Reize genannt.

Ein Beispiel für klassisches Konditionieren wäre also das Lernen eines Hundes, auf ein Klingelgeräusch hin Mundspeichel abzusondern. Man erreicht dies, indem man mehrfach dem Hund gleichzeitig Nahrung und Klingelzeichen präsentiert. Nach einigen Wiederholungen sondert der Hund Speichel ab, auch wenn nur das Klingelzeichen ohne Futter präsentiert wird. Dieser Lernvorgang in Reinform spielt in der Pädagogik eine untergeordnete Rolle. Trotzdem spielt er in der menschlichen Gesellschaft eine nicht unbedeutende Rolle, weil eine reine klassische Konditionierung nicht vorkommt und viele psychische Störungen durch eine Kopplung von operantem - und klassischem Konditionieren ausgelöst werden. Beim operanten Konditionieren (s. u.) steht die Kopplung eines Verhaltens mit Gefühlen im Vordergrund. Da Menschen niemals emotional völlig neutral sind, erleben sie auch bei der Ausführung jedes unbedingten Reflexes und jeder Triebhandlung ein oder mehrere Gefühle.

Häufig ist die Kopplung von Angst mit neutralen Reizen, wie kleinen Räumen (Klaustrophobie), Spinnen, Kleintieren, großen Menschenmassen, offenen Plätze usw. Bei der Kopplung von Gefühlen mit Triebhandlungen sind nicht die Gefühle gemeint, die angeboren mit der Triebhandlung gekoppelt sind, also z. B. nicht sexuelle Lust im Falle des Sexualtriebes. Das menschliche Sexualverhalten wird oft mit Angst (zur Tarnung meist als „Scham“ bezeichnet) gekoppelt. Dies ist ein wichtiges Beispiel für die Beeinflussbarkeit menschlicher Triebe durch Lernen.

2.2 Operantes Konditionieren

Besonders wichtig für die Veränderung von Verhalten (Tierhaltung, Pädagogik und Psychotherapie) ist das operante Konditionieren. Es steht in enger Beziehung zum klassischen Konditionieren. Die meisten Menschen kennen es unter der Bezeichnung „Dressieren“. Wir beginnen mit einer einfachen und verständlichen Definition: Beim operanten Konditionieren wird ein Verhalten meistens häufiger, wenn man gleichzeitig ein angenehmes Gefühl erlebt, bei einem unangenehmen Gefühl wird ein Verhalten seltener. Die wissenschaftliche Definition lautet:

Operantes Konditionieren ist eine Lernform, bei der die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens durch Kopplung mit angenehmen oder unangenehmen Reizen erhöht oder erniedrigt wird. Der Lernvorgang, der ein Verhalten häufiger werden lässt, heißt Verstärkung. Der angenehme Reiz (seine Gabe) wird auch als Belohnung bezeichnet, beim unangenehmen (= aversiver Stimulus) spricht man von Bestrafung. Die Verstärkung kann auch dadurch erfolgen, dass man ein unangenehmes Gefühl verringert oder beseitigt (negative Verstärkung). Entsprechend kann die Bestrafung auch dadurch erfolgen, dass man ein angenehmes Gefühl verringert oder beseitigt.

Da das Gefühl im Mittelpunkt des operanten Konditionierens steht, wäre die unübliche Bezeichnung „emotionales Konditionieren“ oder (am besten) „emotionale Verhaltensänderung“ wesentlich sinnvoller als die üblichen: „operantes“ oder „instrumentelles Konditionieren“. Zu allem Überfluss wird bei allen Konditionierungsformen (bei allen Lernprozessen) von allen Beteiligten operiert, was auch dem „operant“ (=wirksam, aktiv) seinen definitorischen Wert nimmt. Es kommt noch hinzu, dass Bestrafungsreize meist passiv machen.

Die ursprüngliche Definition des Entdeckers (Skinner) für operantes Konditionieren meidet alles Emotionale und beschreibt positivistisch nur das äußere, sinnlich wahrnehmbare Geschehen.

(Der Positivismus ist eine philosophische (erkenntnistheoretische) Position, die nur objektive, nachweisbare, sinnliche Informationen als Erkenntnisquelle zulässt.)

Vage, nicht messbare Gefühle passten Skinner nicht in seine hyperpositivistischen Vorstellungen von Wissenschaft und Forschung.

In der Zeit der Entdeckung des Konditionierens -am Anfang des 20. Jahrhunderts- gab es in der Wissenschaft gerade eine starke Strömung, alles Spekulative, Subjektive, nicht eindeutig empirisch Überprüfbare abzulehnen. Das war als Reaktion auf viele fehlerhafte Spekulationen von Philosophie und Religionen verständlich, aber etwas übertrieben. Spekulationen können in jeder Wissenschaft sehr wertvoll sein, wenn man sie nur eindeutig als Hypothesen kennzeichnet und zunächst nur als Denkanstöße verwendet.

Die ursprüngliche Definition für das operante Konditionieren ignoriert die inneren emotionalen Prozesse und verhindert dadurch ein tieferes Verständnis des Lernvorgangs. Besser ist daher folgende Definition: Wenn ein Verhalten in Verbindung mit einem angenehmen Gefühl ausgeführt wird, wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens erhöht.

Dass beim emotionalen Konditionieren nicht immer ein offen für jedermann nachweisbarer Reiz wahrgenommen werden muss, beweist das folgende erfolgreiche Therapieverfahren:

Rauchen kann seltener werden, wenn der Raucher beim Gedanken an das Rauchen mehrfach durch Erinnerungen an frustrierende Erlebnisse unangenehme Gefühle reaktiviert, also auch ohne die Wahrnehmung realer unangenehmer Reize.

Die enge Definition von Skinner verhindert das Verständnis noch weiterer sehr wichtiger Funktionen des emotionalen Konditionierens.

1. Die wichtigste unmittelbare Folge des emotionalen Konditionierens liegt in der Veränderung von Gefühlen, Erwartungen und Bewertungen. Diese Gefühle nennen wir Motivationen. Wenn also nach dem Konditionieren ein Verhalten häufiger oder seltener wird, liegt es daran, dass mit Hilfe von Gefühlen gleiche oder andere Gefühle (Motivationen) geschaffen oder verändert wurden.

2. Das Konditionieren verändert nicht nur Verhaltensweisen, sondern auch Bewertungen von Reizen (Reizmustern). Die emotionale Bewertung jedes wahrgenommenen Reizmusters wird verändert, wenn während der Wahrnehmung Gefühle erlebt werden. Das heißt, wenn jemand das gleiche (oder ähnliche) Reizmuster später erneut wahrnimmt, erlebt er andere und/oder in ihrer Intensität veränderte Gefühle. Diese Gefühle können Ursache für Verhalten(sänderungen) sein. (Diese Erscheinungen sind die Grundlage für das Verständnis der Intuition [siehe unten]).

Man verliert z. B. die Angst vor dem Reizmuster „Sauna“ (=kleiner Raum), wenn man während der Wahrnehmung angenehme Gefühle erlebt. Die Folge kann die oben beschriebene allgemein formulierte Verhaltensänderung nach Skinner sein. Konkret formuliert: Das Betreten der Sauna könnte wieder auftreten.

Der Grund für Verhaltensänderungen durch operantes Konditionieren ist die Wiederaktivierung bzw. die Erwartung der Wiederaktivierung des angenehmen Gefühls (Motivation, Appetenz). Dabei muss das Gefühl (Motivation) nicht durch die Wahrnehmung eines äußeren Reizes erzeugt werden. Es kann vielmehr auch in entsprechenden emotionalen Zentren im Gehirn fiktiv erzeugt werden. Dabei kann (wie wir oben am Beispiel des Rauchens gesehen haben) die Erinnerung  an andere Reize (z. B. ein innerlich reaktiviertes Bild) die Entstehung des Gefühls bewirken.

Bei unangenehmen Gefühlen gilt natürlich wieder das Umgekehrte dessen, was oben für angenehme Gefühle dargestellt wurde. Die entsprechenden Erwartungsgefühle nennt man z. B. Angst oder Aversion.

Man kann Verhalten (Motivationen) auch ändern, indem man die Intensität unangenehmer Gefühle mittels angenehmer Gefühle verringert (Gegenkonditionierung).

Um einen dauerhaften Lernvorgang zu erzielen, müssen die Kopplungen meistens mehrfach wiederholt werden. Beispiele:

Kinder räumen (relativ!) gerne ihr Zimmer auf, lernen für die Schule usw., wenn sie während oder nach diesen Handlungen mehrfach angenehme Gefühle z. B. durch Belohnungen der Eltern oder durch Erfolge in der Schule oder beim (nicht langen) Suchen im Zimmer hatten.

Wenn allerdings noch attraktiver erscheinende Verhaltensangebote (Spiel, Drogenkonsum usw.) vorliegen, wählen viele gerne diese.

Das Verhalten „Männchen machen“ eines Hundes wird häufiger, wenn es mit Lob, Streicheln oder Nahrungsaufnahme verbunden wird. Bei Tieren wird wahrscheinlich das beim Lernen erlebte Gefühl durch den gleichzeitig gegebenen Befehl reaktiviert.

Erläutern wir dies an einem Beispiel: Nehmen wir an, wir haben unseren Hund mittels angenehmer Reize dressiert, sich auf das Kommando: „Sitz!“ zu setzen. Wenn man Tage oder Jahre nach dieser Dressur seinem Hund das Kommando: „Sitz!“ gibt, tut er das, weil das Kommando (die Laute) in ihm das beim Dressieren erlebte angenehme Gefühl (Motivation und Erwartung) wieder hervorruft.

Bei Tieren darf der zeitliche Abstand zwischen Verhalten und Gefühlen nicht mehr als ca. 5 Sekunden betragen.

Bestraft man den Hund, weil er erst nach stundenlangem Rufen nach Hause gekommen ist, verbindet er diese Strafe mit dem Zurückkehren, nicht mit dem Wegbleiben und bleibt in Zukunft noch länger weg. Dies führt zu noch härteren Strafen, zu noch weniger „Gehorsam“. Das Resultat ist ein auf menschlicher Dummheit beruhendes (also nicht seltenes) aggressives Missverhältnis zwischen Tier und Halter. In der Folge bezeichnet blödsinnigerweise dennoch der Halter, statt sich und seine Kultusminister, den Hund als blöd.

Das operante Konditionieren und angeborene Anlagen bestimmen und bilden weit mehr als alle anderen erworbenen Faktoren das emotionale Wesen und die Persönlichkeit eines Menschen. Emotionale Entscheidungen (Intuition), Motivationen und Aversionen werden z. B. hauptsächlich durch diese beiden Faktoren gebildet.

Die meisten Menschen erklären die menschliche Persönlichkeitsentwicklung gar nicht, mystisch-idealistisch oder durch andere Lernprozesse wie z. B. das Nachahmen von Vorbildern, also Imitationslernen, und eine mysteriöse Selbstfindung (Reifungen und Prägungen spielen allerdings tatsächlich eine wichtige Rolle.).

Für das Verständnis und die Heilung der menschlichen Psyche ist es aber sehr wichtig, die tatsächlichen und hauptsächlichen Ursachen und Wirkmechanismen der Persönlichkeitsentwicklung und die Funktionsprinzipien der Psyche zu verstehen. Wir wollen deshalb kurz erläutern, weshalb die meisten Menschen die beiden wichtigsten Ursachen ignorieren und ablehnen:

Im Falle der angeborenen Anlagen ist der wichtigste Grund eine alte, u. a. religiös motivierte, Arroganz gegenüber der Tierwelt. Angeborenes triebhaftes Verhalten wird Tieren zugeordnet, obwohl alle Tiere auch durch Lernen und viele sogar z. T. durch rationale Prozesse gesteuert werden. Als Menschen sich ihrer selbst, und damit auch ihrer Intelligenz, bewusst wurden, waren sie von ihrer, bis heute relativ geringen, Vernunft so geblendet, dass die meisten sich für Vernunftwesen hielten und halten und viele das Geistige überschätzen. Die meisten Religionen bestärkten Menschen in diesen Irrtümern. Nach der christlichen Religion sind Menschen das Abbild Gottes, also eines Vernunftwesens. Wir sehen, dass Menschen ihre triebhafte tierähnliche Natur gerne verleugnen. Sie widerspricht dem Wunsch etwas Besseres zu sein, der übrigens zu wesentlichen Teilen auf tierhaftem Rangordnungsverhalten (Statusdenken) beruht. Aber auch die krankhafte Überverherrlichung von Freiheit (Liberomanie) trägt zur Ablehnung tierwürdiger Gebundenheit an Triebsteuerungen bei. Nun sollte man glauben, dass wenigstens das Konditionierungslernen den Menschen menschenwürdig erscheint, doch weit gefehlt. Viele lehnen es ab, das Konditionieren als Lernmethode bewusst zu nutzen oder sogar, es überhaupt kennen zu lernen.

Die Ablehnung des operanten Konditionierens hat mehrere Ursachen. Das operante Konditionieren ist vielen Menschen als Dressieren bekannt. Dressieren ist eine Form des Lernens, die bei Tieren angewandt wird, und an Computerprogrammierungen erinnert. Der Mensch möchte aber bekanntlich im Allgemeinen etwas Besseres sein als Tiere und Maschinen. Es kommt hinzu, dass alle Dressuren Manipulationscharakter haben. Manipulation steht aber, auch wenn sie konstruktiv ist, in unvereinbarem Widerspruch zur typisch menschlichen Überverherrlichung der Freiheit (Liberomanie), insbesondere der Selbstbestimmung. Das operante Konditionieren ist ein Prozess der mechanischen, nüchternen, wissenschaftlichen Charakter hat. Viele Menschen meiden die Auseinandersetzung mit solchen Sachverhalten, weil es anstrengend und ein religiöses Tabu ist. Das Verständnis dieser Welt soll mystisch und Gott vorbehalten bleiben.

Der logische, wissenschaftliche Charakter des Konditionierens passt zudem nicht in idealistische philosophische Traditionen, nach denen die menschliche Psyche durch mystisches, vitalistisches, göttliches Wirken entsteht. Die Philosophie hat zwar in den letzten Jahrzehnten erheblich an Bedeutung verloren (und/oder sich teiweise postitiv wissenschaftlich gewandelt), bestimmt aber immer noch wesentlich das Alltagsdenken und teilweise auch die wissenschaftliche Psychologie.

Damit zurück zum Konditionierungslernen:

Da ein Zustand völliger emotionaler Neutralität in fühlenden Menschen und Tieren spätestens nach der Geburt nie auftritt, ist jedes Erlebnis (Reizaufnahme) eine operante Konditionierung. Weil täglich unzählbar viele Reize auf Menschen einwirken, finden täglich unzählbar viele Konditionierungen statt. Diese werden fast alle nicht bewusst wahrgenommen, und ihre Bedeutung ist weitgehend unbekannt (siehe Intuitionswahn).  Sie sind aber die wichtigste Grundlage der Intuition (Vorlieben, Abneigungen, Sympathie, emotionale Entscheidung), des Charakters (Persönlichkeitsbildung durch Lernen), psychischer Störungen, des Über-Ichs und der Psychotherapie. Konditionierungsprozesse sind - abgesehen von der emotionalen Komponente - der Programmierung eines Computers völlig analog.

 (Anmerkung des Autors: Mein Computersprachprogramm schreibt z. B., nach dem zwei- oder dreimal zufällig das Geräusch der Katzenklappe ertönte, als ich „ist“ sagte, dieses Wort jetzt auch, wenn nur das Geräusch der Katzenklappe ertönt.)

Intermittierende Verstärkung:

Das operante Konditionieren erfolgt wirkungsvoller, wenn man nicht bei jedem Lernvorgang einen (un)angenehmen Reiz gibt, sondern in einer Reihenfolge, die der Lernende nicht vorhersagen kann. Diese Vorgehensweise heißt intermittierende Verstärkung. Wir erinnern: Mit Verstärkung werden die Prozesse bezeichnet, die zum häufigeren Auftreten des konditionierten Verhaltens führen. Durch dieses Verfahren entsteht ein Überraschungseffekt, der die Intensität und Wirksamkeit der Gefühle erhöht. Das bewusste Einsetzen von Überraschungen ist eines der einfachsten und ökonomischsten Mittel zur Erhöhung von Lebensqualität. Ein schönes Beispiel liefert eine Werbung eines Mobilfunkanbieters: Die Freundin ruft ihren Freund an und sagt ihm, dass sie zur Verabredung nicht kommen kann. Während des Gesprächs klingelt es an der Tür des Freundes. Er öffnet, und sie steht mit dem Handy telefonierend vor der Tür. Diese Frau hat neben dem Überraschungseffekt auch noch das Kontrastphänomen genutzt, um viele angenehme Gefühle (Liebe?) in ihrem Partner zu erzeugen. Die erwartete Frustration (Nichterscheinen) wird durch besondere Freude ersetzt (kontrastiert). Solche Maßnahmen (z. B. „versteckte Kamera“) sind grundsätzlich empfehlenswert. Etwa 20 % dieser hedonischen Möglichkeiten werden von Menschen genutzt, u. a. weil sie kaum bekannt gemacht werden.

Intuition

Wenn Menschen Entscheidungen fällen, sind immer mindestens zwei verschiedene Entscheidungsmechanismen beteiligt. Der erste Mechanismus wird Intuition, der zweite bewusste rationale Steuerung (Denken) genannt. Intuitive Entscheidungen werden auch mit Begriffen wie instinktiv oder gefühlsmäßig bezeichnet. Sie tragen auch zur Steuerung tierischen Verhaltens erheblich bei. Viele Menschen sind stolz auf ihre intuitiven (scheinbar emotionalen) Entscheidungen und lehnen sogar bewusste rationale Entscheidungen ab. Das Rationale, das in besonderem Maße typisch menschlich ist, hat für viele etwas Fremdes, Kaltes, Beängstigendes und technisch, mathematisch Unmenschliches. Sie ignorieren, dass ihre intuitiven Entscheidungen oft fehlerhaft sind. Sie ignorieren auch, dass sie die intuitiven Entscheidungsmechanismen mit Tieren, welche sie zum Teil ablehnen, gemeinsam haben. Sie ignorieren aber vor allem, dass das Wesen der intuitiven (so genannten emotionalen) Entscheidung ein überwiegend rationaler mathematischer Prozess ist. Das machen wir uns an Beispielen klar: Wir stellen uns vor, dass wir zwischen zwei Häusern, Adoptivkindern, Autos usw. auszuwählen hätten. Bei jeder Auswahl verrechnen (addieren) wir unbewusst alle Gefühle, die wir früher mit ähnlichen Reizen erlebt haben und die Gefühle, welche wir in der Zukunft erwarten. Dabei verrechnen wir sowohl die Art der Gefühle (angenehm oder unangenehm) als auch die Intensität, als auch das Maß an Ähnlichkeit zwischen erinnerten und gegenwärtig wahrgenommenen Reizmustern. Auf die gleiche Weise entsteht z. B. auch Sympathie (Zuneigung) oder Antipathie (Ablehnung), wenn wir ein Gesicht (Reiz) erstmalig wahrnehmen.

All diese Verrechnungsvorgänge (sowohl intuitive als auch rationale) werden im Gehirn unter anderem durch die Addition der Wirkung von hemmenden und erregenden Synapsen geleistet. Der wichtigste Unterschied zwischen Intuition und Denken besteht darin, dass beim Denken der Verrechnungsvorgang z. T. bewusst wahrgenommen, gesteuert und kontrolliert werden kann. Dies dauert zwar wesentlich länger als das intuitive Verrechnen, führt dafür aber häufig zum Entdecken von Fehlern. Dies ist der wichtigste Grund dafür, dass das rationale Denken in den Gehirnen von Säugetieren (Menschen) entstanden ist. Da die Intuition für menschliche Entscheidungen so große Bedeutung hat, beleuchten wir sie noch einmal von einer anderen Seite und etwas genauer:

Intuition   emotionales Entscheiden    Sympathie - Antipathie

Die Bewertung von neuen Reizen und Ereignissen hängt auch noch in anderen Bereichen von emotionalen Vorerfahrungen ab. Dabei werden alle angenehmen und unangenehmen Gefühle, die im Zusammenhang mit ähnlichen Reizen erlebt worden waren, in Millisekunden reaktiviert und verrechnet. Das heißt, ihre Intensitäten werden, unter Berücksichtigung ihrer Ähnlichkeit mit dem neuen Reiz, addiert. Unangenehme Gefühle haben dabei negative, angenehme Gefühle haben positive Vorzeichen. Es entsteht ein Gesamtgefühl (Bilanzgefühl). Dieses Gesamtgefühl nennen Menschen, wenn der neue Reiz ein anderer Mensch ist, Sympathie oder Antipathie.

(Wenn es ein anderes Reizmuster ist, sprechen sie von Vorlieben, Appetenzen, Aversionen usw. Die Gefühle, die sie mit ähnlichen Menschen (Reizen) erlebt haben, wurden (werden) zu einem Gesamtgefühl addiert.)

Je ähnlicher ein unterbewusst erinnertes ähnliches Gesicht ist, desto stärker trägt das diesem Gesicht zugeordnete Gefühl zur Sympathie oder Antipathie bei. Diese Erscheinung heißt „optische  Ähnlichkeitsintuition“.

Ihre Wirkprinzipien werden den meisten Menschen nicht bekannt gemacht. Dies wirkt sich besonders deshalb negativ aus, weil die meisten Menschen glauben, dass ihre Ähnlichkeitsintuition sich fast nie irrt. Diese irrt sich jedoch sehr häufig. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei optisch ähnliche Menschen ebenso ähnliche Charaktereigenschaften haben, ist niedrig. Die Ähnlichkeitsintuition entstand in einer Zeit, in der optisch ähnliche Menschen meistens eng verwandt und deshalb häufig auch psychisch ähnlich waren. Der naive Unfehlbarkeitsglaube beruht vor allem darauf, dass Menschen unsympathisch erscheinende Menschen meistens unfreundlich behandeln. Diese beantworten meistens die Unfreundlichkeit mit ähnlicher Unfreundlichkeit. Dadurch schaffen und bestätigen sie das Intuitionsvorurteil.

Beim ersten Hören von akustischen Reizmustern, wie Musik, Dialekten, fremdsprachlichen Sätzen usw. werden ebenfalls alle Gefühle, die im Zusammenhang mit ähnlich klingenden Tönen, Sätzen und Stimmen erlebt worden waren, zu einem mehr oder weniger angenehmen oder unangenehmen so genannten (Sprach)gefühl intuitiv verrechnet. Entsprechendes gilt zum Beispiel auch für Gerüche und jede Kombination von Sinneseindrücken, wenn verschiedene Sinne gleichzeitig Informationen aufnehmen, was im Übrigen der Normalfall ist. Ähnlichkeitsintuition tritt also nicht nur bei optischen Reizen und auch nicht nur bei menschlicher Sympathiebildung auf. Bei jedem Reizmuster -Gebäude, KFZ, Vogelgesang, Blumenduft usw.- werden alle Emotionen, die vorher im Zusammenhang mit ähnlichen Reizkombinationen erlebt worden waren und die zufällige Gegenwartsstimmung zu einem Gesamtgefühl verrechnet (s. Kapitel Irrationale Informationsverbreitung und Kapitel Irrationales Denken und Handeln). Die Ablehnung vieler Reize, wie sprachlicher Akzente, bestimmter Musikrichtungen und, Modeerscheinungen, vieler Gesichtsstrukturen und die Ablehnung der meisten dazugehörigen Menschen ist völlig unberechtigt und antihedonisch.

Zum Wesen der Intuition gehört nichts Mystisches, Unverstehbares.

Abschießend weisen wir auf zwei wichtige Prinzipien hin:

Zunächst erfand die Natur Gefühle mit unterschiedlichen Intensitäten, um Verhalten (Antriebe) fein steuern zu können. Später erfand sie das operante Konditionieren (und Rationalität), um diese Feinsteuerung fein steuern zu können.

3. Lernen durch Einsicht (≈Rationale Selbststeuerung ≈rationale Umstrukturierung)

Bei dieser Form des Lernens werden Menschen oder hoch entwickelte Tiere dazu gebracht, sich selbst mit Hilfe ihres Verstandes oder ihrer Vernunft zu steuern. Auch und gerade das Resultat (die rationale Selbststeuerung) wird oft als Lernen durch Einsicht bezeichnet. Die wichtigsten Vorteile dieses Lernens liegen in seiner Geschwindigkeit und extremer Ökonomie (Wirtschaftlichkeit). Manchmal genügt ein einziger Satz, um das Verhalten (die Selbststeuerung) und damit vielleicht das ganze Leben eines Menschen für Jahrzehnte zu verändern (s. o.). Ein Beispiel für solch einen Satz, der (aus Gründen, die wir unten erläutern werden) leider nicht immer zum Erfolg führt, lautet: „Das Leben ist mit Abitur in der Regel wesentlich einfacher als ohne.“ Ein großer Nachteil dieses Lernens liegt darin, dass es nicht direkt Gefühle (Motivationen) schafft.

4. Prägung

Prägung ist eine pädagogisch besonders wichtige Form des Lernens, bei der die Verschränkung zwischen Lernen und angeborenen Programmen besonders stark ist. Bei der Prägung wird ein Verhalten bzw. eine psychische Umstrukturierung nur innerhalb einer bestimmten –genetisch weitgehend festgelegten Entwicklungsphase (sensible Phase, Prägungsphase) erworben. Die bekannteste Prägung ist der Erwerb der Sprache. Die Fähigkeiten, die durch das Prägungslernen erworben werden, bilden sich allerdings zum Teil schon vor der Prägungsphase. Säuglinge erwerben z. B. schon sprachliche Fähigkeiten, wenn sie sprachliche Laute hören, auch wenn sie selbst noch nicht Wörter artikulieren können.

Das durch Prägung erworbene Verhalten ist weitgehend irreversibel (unumkehrbar). Jeder erzieherisch Tätige muss also wissen, wie und wann Kinder (Tiere) geprägt werden können. Tatsächlich wissen es, dank der hochgeistig qualifizierten Bildungspolitik, ca. 5%.

 

Beim Menschen gibt es mindestens 5 prägbare Eigenschaften:

4. 1. Bildung von Urvertrauen und Bindungsfähigkeit

4. 2 Sprache

4. 3 Sexualität

4. 4 Ideologien

4. 5 Musikalische Prägung

 

4. 1  Urvertrauen

Die Fähigkeit, Menschen zu vertrauen, der Wunsch nach sozialem Kontakt, Beziehungsfähigkeit, soziale Kompetenz usw., können nur dann in vollem Umfang entstehen, wenn Säuglinge dauerhaften, angenehmen Kontakt zu maximal drei Bezugspersonen haben (vgl. „Hospitalismus“).

 

4. 2  Die Sprachfähigkeit wird nur dann voll entwickelt, wenn Kinder zwischen zweitem und viertem Lebensjahr auf angenehme Weise sprechen lernen. Die Sprachfähigkeit entwickelt sich, wie alles Prägungsverhalten, nur dann optimal, wenn schon vor der eigentlichen Prägungszeit angenehme Reize aus dem jeweiligen Bereich (Prägungsverhalten) aufgenommen werden.

 

4. 3  Das Sexualverhalten und die sexuelle Empfindungsfähigkeit entwickeln sich am besten, wenn Kinder (Jungtiere) während der Pubertät alle konstruktiven Formen des Sexualverhaltens kennen– und ausüben lernen. Trotzdem wird pubertäre Sexualität weltweit überwiegend unterdrückt, u. a. um frühe Schwangerschaften zu verhindern. Es lohnt sich, die zahlreichen Argumente für und gegen die pubertäre Sexualität einmal objektiv und kritisch zu sammeln und abzuwägen. So etwas ist bisher auf Erden kaum geschehen (vergleiche Kapitel X „Sexualität“).

4. 4  Ideologische Prägung

Ebenfalls in der Pubertät liegt die Prägungsphase für die Bildung der Persönlichkeit, des Charakters und von Ideologien. Es werden vor allem solche Glaubenslehren, Charakterzüge und Persönlichkeitsstrukturen übernommen, die geliebte, geschätzte, geachtete Personen (z. B. Idole) aufweisen oder verherrlichen (s. o. unter „Imitation“). Gefühle zu solchen Personen spielen oft für diese Prägung eine größere Rolle, als Vernunft, Sachlichkeit und Objektivität. Es ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der Menschheit, den Glauben an Logik, mathematische Beweisbarkeit und empirisch wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung spätestens in der Pubertät zu entwickeln. Ebenso wichtig wäre es, dafür zu sorgen, dass nur solche Menschen zu Idolen werden, die Vernunft, Charakter, Intelligenz und konstruktive Ideale aufweisen. Michael Jackson, Helmut Kohl, Slatko, Saddam Hussein usw. sind dennoch für viele Vorbilder.

Alle Prägungen sind mehr oder weniger irreversibel (=unumkehrbar). Wenn Entenküken in ihrer 14. Lebensstunde einem Menschen gefolgt sind (Nachfolgeprägung), werden sie es nie mehr lernen, ihrer leiblichen Mutter wie einer Mutter zu folgen.

Beim Menschen lassen sich jedoch alle angeborenen Verhaltensweisen durch Lernen und rationale Selbstkontrolle beeinflussen. Die meisten Menschen können in jedem Alter Fremdsprachen studieren, lernen, fremden Personen zu vertrauen, Sexualität mit Menschen zu genießen, die überhaupt nicht ihrem Prägungspartner entsprechen und Ideologien zu verherrlichen, die ihren eigenen Urideologien völlig widersprechen. Diese Umprägungen erfolgen jedoch auch beim Menschen immer gegen mehr oder weniger starke Widerstände und oft nur unvollständig. So mag ein Zwanzigjähriger virtuose Musik von „Cream“ oder „Bach“ trotz der Einsicht in ihren hohen qualitativen Wert niemals so genießen lernen, wie die simple Schmusemusik, auf die er mit dreizehn geprägt wurde. Urvertrauen und Sprache können umstrukturiert, aber fast gar nicht in höherem Alter erstmalig entwickelt werden. Kaspar Hauser, ein Junge, der fast ohne sprachliche Erfahrungen in der Prägungsphase aufwuchs, lernte später, nachdem man ihn aus seiner Isolation befreit hatte, nur noch wenige Worte.

Für alle Prägungen gilt, wie gesagt, dass sie intensiver erfolgen, wenn die Prägungsreize schon vor der sensiblen Phase geboten und empfangen werden. In Säuglingen verändern sich Hirnstrukturen und –funktionen, wenn sie Reize, wie z. B. menschliche Stimmen, Wärme, Fellberührungen und so weiter wahrnehmen, schon lange bevor sie selbst ihre ersten Worte sprechen beziehungsweise vorzugsweise in warmen, weichen Decken kuscheln.

Entsprechendes gilt für alle angenehmen sexuellen, musikalischen und ideologischen Stimulationen vor der Pubertät. In allen Fällen werden Fähigkeiten, Motivationen und Empfindungsfähigkeiten stärker ausgebildet.

4. 5  Prägung auf Musik

Auch wenn es um Musik geht, ist die menschliche Psyche während der Pubertät besonders sensibel. Viele Menschen entwickeln in dieser Zeit wenig umkehrbare Vorlieben (leider auch irrationale Aversionen) gegen bestimmte Stilrichtungen, Instrumente, Stimmen, Künstler usw. Diese Prägungen gelten auch für andere Kunstrichtungen und sind –auf bisher wenig verstandene Weise- mit der ideologischen Prägung verwandt.

Damit kommen wir zu einer abschließenden Gesamtbetrachtung des Lernens:

Alle Formen des Lernens haben die Funktion, das Verhalten von Tieren und Menschen arterhaltend zu regulieren. Sie ermöglichen eine schnellere und exaktere Anpassung an Umweltveränderungen als die Lernprozesse der Erbinformationen (biologische Evolution). Zur Entwicklung dieser Lernfähigkeiten trieb die Tiere u. a. die Konkurrenz untereinander, der Parasitismus, Räuber-Beute-Beziehungen und ungünstige Wirkungen der toten Natur wie Schwankungen von Temperatur, Helligkeit, Wind, Feuchtigkeit usw. Das Konditionieren dient z. B. dazu, (kausale) Zusammenhänge in der äußeren Welt zu erkennen, also die Welt zu verstehen bzw. in Gehirnen abzubilden. Durch Konditionierung lernen Antilopen z. B., dass an Wasserstellen besonders häufig Gefahren lauern. Löwen lernen, dass dort besonders häufig erfolgreich Nahrung erbeutet werden kann. Die mit dem operanten Konditionieren und den Trieben verbundene Emotionalität liefert im Verbund mit Gedächtnisleistungen auch eine primitive Abbildung der vierten Dimension (der Zukunft). Ein Tier, das leichten Hunger verspürt, „weiß“ mittels Erinnerung (Erfahrung, Konditionierung), dass dieses Gefühl ohne Nahrungsaufnahme zunehmen wird. Deshalb beginnt es (motiviert) mit der Suche nach Nahrung, auch wenn kein Nahrungsreiz wahrnehmbar ist. Dies ist eine sinnvolle Verhaltenssteuerung, die Fortpflanzungsvorteile gegenüber emotional weniger leistungsfähigen Konkurrenten bringt. Die Folge ist eine Höherentwicklung des Lebens.

5. Zufall, z.B. Sozialisationsfehler, zufällige Erlebnisse, Hirnschäden, angeborene Defekte

Die Erscheinungen sind entweder klar (zufällige Erlebnisse, Hirnschäden) oder in anderen Kapiteln ausführlich erläutert (Sozialisationsfehler, angeborene Defekte).

6. Verhaltensänderung durch direkte chemische und physikalische Einflüsse

Der Zufall will es, dass die folgenden Abschnitte etwas sehr wichtiges, nämlich interdisziplinäre Zusammenhänge, verdeutlichen. Wir werden einige wichtige Informationen zwischen Ethologie, Psychologie und Biochemie beleuchten. Bevor wir dies tun, wollen wir noch einmal betrachten, was am interdisziplinären Denken so wichtig und wertvoll ist:

Menschen haben die Welt, die eine zusammenhängende Einheit bildet, bei ihrem Studium ziemlich künstlich in Wissenschaften unterteilt (Schubladisierung). Schülergehirne werden mit Vorliebe zu Speicherschubladen herabgestuft. Wesentliche Zusammenhänge werden weder direkt vermittelt noch wird Schülern wenigstens erläutert, dass sie selbst welche entdecken würden, wenn sie ihre Hirnschubladen einmal gleichzeitig öffnen würden. Verbindungen zwischen Wissenschaften vernachlässigen die meisten mit Vorliebe. U. a. deshalb finden sich gerade zwischen diesen Wissenschaften besonders interessante unbekannte Neuigkeiten (Innovationen) und Vernetzungen. Gerade die Kenntnis dieser Zusammenhänge kann zur Lebensqualität (z. B. in Form von Nobelpreisen) der Menschen erheblich beitragen und Fehler (z. B. politische, wirtschaftliche und pädagogische) vermeiden helfen.

Zwischen den Wissenschaften (Beispiele für interdisziplinäres Denken)

Grundsätzlich können alle Formen von Energie (Strahlung, Stoffe) auf Psychen Einfluss nehmen. Starke Wirkung haben energiereiche elektromagnetische Wellen (Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlen usw.). Besonders interessant sind für uns Schadstoffe, Gifte, Drogen und Medikamente.

Alle diese Mittel wirken u. a., indem sie Strukturen, elektrische Prozesse oder Stoffkonzentrationen verändern. Das Gleiche tun übrigens auch alle natürlichen Mittel, die wir oben besprochen haben (z. B. Lernen und Mutationen). Der wichtigste steuerbare bekannte Einfluss auf Psychen liegt in der Veränderung der Konzentration von Botenstoffen im Gehirn. Man weiß, dass Gefühle und Verhalten erheblich durch Hunderte von Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn reguliert und verursacht werden.

Einige Beispiele:

Oxytocin ist ein Neurotransmitter, der zu sexueller Lust und jeder Art von Treue beiträgt. Außerdem bewirkt er bei Frauen Milchbildung, Geburtsauslösung und Mutter-Kind-Bindung.

Sehr sinnvoller Weise bewirkt also Oxytocin gleichzeitig die Auslösung der Geburtswehen und die Fähigkeit (den Wunsch), das Kind lange zu lieben, zu beschützen und bei sich haben zu wollen.

Serotonin und Dopamin tragen u. a. zur Fähigkeit, sich zu verlieben und zu Generalmotivation bei.

Endomorphine (=Endorphine) sind z. B. für die Entstehung der Liebe notwendig.

Adrenalin macht aufmerksam und kampfbereit.

Wenn Drogen, Psychopharmaka, Schadstoffe usw. menschliches und tierisches Verhalten verändern, geschieht dies hauptsächlich über die Veränderung von Hirnstrukturen, elektrischen Einflüssen und von Konzentrationen oder Wirksamkeiten von Stoffen, wie z. B. Hormonen und Neurotransmittern. Viele dieser Gifte (auch manche Strahlungen) verändern z. B. die Wirksamkeit der Enzyme, welche Transmitter herstellen helfen. Manche Stoffe wirken dadurch dass sie den Transmittern oder Hormonen oder sonstigen Stoffen ähnlich sind. Diese können Enzyme oder Wirkorte der Transmitter (z. B. Tunnel durch Membranen) blockieren. Dadurch werden die Aufgaben der Transmitter (usw.) nicht mehr oder nur noch teilweise erfüllt. Es kommt zu emotionalen-, intellektuellen-, Wahrnehmungsstörungen usw. In embryonalen, kindlichen und jugendlichen Körpern kommt es auch zu grundsätzlichen Entwicklungsstörungen.

Auch die Wirkung vieler angeborener Anlagen für psychische Eigenschaften und alle Formen des Lernens, die wir oben angesprochen haben, beruhen zu wichtigen Teilen auf der Veränderung der Konzentrationen von Neurotransmittern.

Bei allen Lernprozessen werden Strukturen und/oder elektrochemische Bedingungen in Nervensystemen verändert. Das besonders wichtige Konditionierungslernen beruht u. a. darauf, dass die Zahl der Porenproteine (Tunnel) in Nervenzellen, die mittels Neurotransmittern Nachrichten empfangen, erhöht wird. Dadurch wird die Wirkung der Neurotransmitter erhöht. Porenproteine vermitteln die Bildung von elektrischen Potenzialen an der Membran der Empfängerzellen. Dieser Effekt führt z. B. zu dem, was wir oben Verstärkung genannt haben, also i. d. R. zur Veränderung der Häufigkeit eines Verhaltens.

Natürlich können psychische Veränderungen auch auf dem Auf- und Abbau von Netzwerken und Synapsen in jeglichem Nervengewebe beruhen.

Gewöhnungslernen

Die meisten Reize verlieren bei den meisten Menschen und Tieren an Wirkung, wenn sie häufig wahrgenommen wurden. Beispiele für Gewöhnungslernen:

Hühnerküken fliehen nicht mehr vor ungefährlichen Enten, die häufig über sie geflogen sind, wohl aber vor seltenen und gefährlichen Raubvögeln.

Wenn Menschen immer ihre Lieblingsspeise essen, mit demselben Partner schlafen usw., lässt die Freude an diesem Verhalten meistens (übrigens individuell unterschiedlich) nach. Discothekeneinrichtungen werden in Industrienationen häufig alle 5 -10 Jahre für Unsummen ausgewechselt, weil das Neue den „richtigen Kick bringt“, bzw. das Alte nicht mehr „voll anturnt“. Menschen reisen, trotz hoher Umweltbelastungen, an exotische Stellen, weil sie die gewohnten Stellen nicht mehr „geil“ finden. Stress und Tod für die bewunderte Tierwelt oder Tod für Teile der (bewunderten) Pflanzenwelt müssen da schon mal in Kauf genommen werden. In diesen Fällen liegt die wichtigste Ursache für all diese Veränderungen (Gewöhnungslernen) in den oben angesprochenen Veränderungen der Konzentrationen und Wirksamkeiten bestimmter Neurotransmitter (=Hirnbotenstoffe).

 

Wir vertiefen das Verständnis für die Problematik des Gewöhnungslernen an einigen weiteren unmenschlichen Beispielen, bei denen wir einmal das „menschliche“ Jagdverhalten in den Mittelpunkt stellen:

Jagd Flurbereinigung

Nicht nur die antipflanzliche Flurbereinigung, sondern auch das „degutante“ Gewöhnungslernen hatte den „besseren“ europäischen Herrschaften die Lust auf die Jagd nach Hase, Fuchs, Reh usw. schon vor Jahrhunderten ein wenig verlangweilt. Deshalb hat der „feine“ Jagdherr gerne in exotischen Ländern nach Großwildjagdabwechslungen gesucht (und gefunden). Die reizvollste Beute waren sehr dunkelhäutige, krausköpfige sonst aber unbehaarte große Wilde, die man gleich ganz spontan, gerne und ohne nähere Prüfung den Affen zugeordnet hatte. Man traute sich zwar wegen ihrer erstaunlichen Menschenähnlichkeit nicht, sie zu essen, hatte aber dennoch große Freude beim Erschlagen, Foltern oder Erschießen. (Der antikannibalische Verspeisungsverzicht fiel nicht sonderlich schwer, weil man auch die Kadaver „anderer Tiere“ i. d. R. „pietätvoll“ einfach verrotten oder den schwarzen „Wilden“ über-) ließ. Diese vergnügliche „Schwarzwild“jagd"  wurde u. a. von "widerlichen" religiösen Kräften, bei denen an den Kreuzen die „niedlichen“ Zierhaken fehl(t)en, aufs "Ekligste" unterdrückt. Aus der Sicht von Missionaren waren diese Jagdaktivitäten unmenschlich und Arbeitsplatzvernichtungsmaßnahmen. Der vorausschauende Papst soll damals sogar, obwohl die Brieftaschen dieser Schwarzen gar nicht tief waren, noch tiefgreifendere Motive gehabt haben. Jedenfalls fand man allmählich heraus, dass die Schwarzen sprechen und arbeiten konnten und so entwickelte man zur Abwechslung eine antike „ganz neue“ Jagd, die Sklavenjagd. Aber auch bei diesem Geschäft tauchten im Laufe der Jahrhunderte „gemeine“ humane Querulanten auf (oft unpäpstliche Christen), die das Geschäft verteufelten und verdarben. Seitdem lässt man Sklaven und Kinder nicht mehr sichtbar im eigenen Betrieb schuften, sondern unsichtbar im fernen Ausland allerbeste Fußbälle nähen, zwangsbetteln oder man  verschafft ihnen bei "lustigen" Sportfesten (z. B. Zick-zack-Lauf in Minenfeldern) körperliche Erleichterung. Die wirtschaftsorientierten Jäger sprechen in diesem Falle allerdings von „sinnvoller Nutzung des nicht jagdbaren Schwarzwildes“. Sie glauben, endlich den „hohen Wert“ der jungen Schwarzen als besonders preiswerte Minenräumgeräte erkannt zu haben. Der „Wert“ dieser Minenräumkommandos liegt darin, dass jagdbares Wild vor den grauenhaften Wirkungen von Minen verschont wird. Mancher besonders liebevolle (pädophile) Jäger kümmert sich sogar durch kleine Zuwendungen (manchmal nur Nahrungsspritzer, manchmal kleine Geldbeträge) um die Spreizung, Vermehrung oder Erhaltung trittsicherer Kinderbeine. Das Verstecken all dieser Vorgänge (optische Deprivation) nimmt zwar, trotz einiger petzerischer Fernsehkamerateams, den Spaß beim Zuschauen, bringt aber dennoch wieder ein bisschen Abwechslung. Diese fand man darüber hinaus auch bei der Großwildjagd auf verschiedenste "weitere" afrikanische und sonstige außereuropäische Tiere. So reduzierte man die Zahl der liebenswerten Elefanten, Nashörner usw. ruckzuck durch millionenfache Tötungen (tierische „Landflurbereinigung“). Diesen Fehler glich man egalitär geschickt dadurch aus, dass man in Europa fast keine konstruktiven Tötungen „großer Tiere“ vornahm. Ludwig XVI., Zar Nikolaus II. und Charles I. sind  allerdings rühmliche Ausnahmen. Beim größten Tier (Adolf) war man schon so gehorsam, gönnerhaft, human und liberal, dass man ihm zur Abwechslung das Töten selbst überließ („humane“ Bunkerflurbereinigung). Als „kleinen Nebeneffekt“ erzielte man zusätzlich eine völlige Neugestaltung der europäischen Bevölkerung und Landschaft (Stadtflurbereinigung). Als Höhepunkt dieser nie genügenden Abwechslung erlebten vor allem amerikanische und englische Bomberpiloten ein neues uraltes Jagdvergnügen, bei der kriegsstrategisch völlig "unvermeidlich notwendigen" Beseitigung alter und junger deutscher Verwandter, besonders der Frauen und Kinder und ihrer Wohnungen (unmenschliche Hausflurbereinigung und erste Ganzgroßstadtbereinigung). Bei dieser Großdeutschen Lösung ging man mit der Heimat des Terroristen (Österreich) etwas schonender um als mit den nördlichen Heimgesuchten. (Man hatte etwas oberflächlich die Österreicher, weil diese es auch selbst getan hatten, zu Heimgesuchten erklärt.). Als Folge kam es im westlichen wie im südlichen Osten (Österreich) zu einer hässlichen Lautverschiebung. Aus „l“ wurde „d“. Aus „Heil“ wurde Heid“. So trat und tritt (stampft) in Österreich aufgrund der vergleichsweise schonungsvollen Aufklärung über die eigenen Verbrechen nicht Heidi, sondern Haider auf, was das Land allerdings nicht heiler machte.

Auch aus den braunen sächsischen und Mc-polnischen Heiden marschieren braune Heiden in die bunten Parlamente, um ungestörter (ohne Heidenlärm) mit amerikanischen Baseballschlägern an zu dunkelbraunen Einwanderern wehrsportliche Trainingsübungen für eine tausendjährige rein weiße ari(el)sche Zukunft ausführen zu können. Im Osten hatte es ebenso wenig für Aufklärungen über die eigene Vergangenheit gereicht, wie im Süden. Das lag u. a. daran, dass rund 1 Million Racherussen rund um Hoyerswerda ebenso rundum mit Plünderungen und Vergewaltigungen aller erreichbaren Rundungen voll ausgelastet waren.

Doch zurück zu den Großstadnivellierungsmaßnahmen:

Im Bombenhagel lauteten damals die letzten Worte manches Münchners, wenn seine Ferngasleitung getroffen wurde, „Ferngasaki“, während die amerikanische Führung (im Gegensatz zu einigen Hunderttausend Japanern) wenig später „Nagasaki“ murmelte. Historiker sprechen in diesem Zusammenhang von der ersten kombinierten Wald- und Flurbereinigung. Nach dieser radikalen Wurzelbehandlung (selbst die Bäume verloren hier ihre Wurzeln) war man sehr stolz und ging doch (bis heute) auf dem Zahnfleisch. Man hatte nämlich (nicht nur in Österreich und der DDR) vergessen, auch die Wurzeln des Übels (Rassismus, Imperialismus, Parasitismus usw.) auszureißen. Deshalb hat und wird man noch Milliarden von konventionellen Geschossen verfeuern.

Für die Zerbombung der deutschen Städte bekamen die Jagdbomber und andere Eisenhauer niemals ihre wohlverdiente Schelte, weil die Deutschen sich (im Gegensatz zu fast allen Jägern aller Zeiten) (aber mit Recht) schuldig fühlten.

Ganz anders erging es den Großwildjägern in fernen Ländern. Es bildeten sich Tier-, Natur- und Umweltschutzorganisationen, die u. a. den Jagdspaß zum Nutzen von Jägern und Gejagten kurz vor der Ausrottung des Großwildes hier und da erfolgreich verdarben. Was nun? Es sah übel aus.

Einige vernünftige Jäger stiegen auf Schnappschussjagd auf Fotosafaris um. Die meisten aber blieben menschlich. So entstanden zur Abwechslung Schürzenjägergruppen, die mit Hilfe des Aidsvirus an die mordsmäßigen alten Erfolge anknüpfen konnten.

Einige bushikose Amerikaner stellten sich auf die Jagd nach Arabern um, welche sie wegen des besseren Klanges Massenvernichtungstalibanausen nannten.

Die meisten aber spezialisierten sich auf die Jagd nach Geld und Ruhm. So ackertemann in der Deutschen Bank, möllertemann sich platt und schlank oder zimmertemann Meineide auf der Anklagebank. Um (eidesstattlichen) Bloßstellungen und der farblosen Monotonie des Gewöhnungslernens zu entgehen, haben der schwarze Kohlmann, der rote Scharpingmann, der blasse Nixonmann, der dunkelrote Gysimann, der gelbe Lambsdorffmann, die grüne BSE-Königin Fischermann, der bunte Flickmann, der braune Springermann, der schwarzbraune Straußmann (Spitzname: flugunfähiger Starfighter-man) und zahllose andere die Endsilbe in ihren Namen, mit dem mitEsserischen Ausruf: „Oh Mann oh Mann Herr Mannesmann“, streichen lassen.

Nach all diesen Vorgängen war die bunte, abwechslungsreiche Vielfalt dermaßen zur Gewöhnung geworden, dass das Gewöhnungslernen sich ganz ungewöhnlich ins Fäustchen lachte.

 

Neuerdings suchen die modernen gewöhnungsgeplagten (Diskotheken)Erneuerer, Großwildjäger, Drittweltaussauger usw. neben ihrem Haupthobby, der globalen „gerechten“ Verteilung des Reichtums mittels Drogenhandel, Kinderarbeit, Waffenlieferungen usw. eine ganz neue Art der Abwechslung: den Genuss von Humanität, Solidarität und ähnlichen Fremdwörtern. Sie selbst behaupten allerdings bescheiden, die folgenden Nettigkeiten wegen ihres plagenden, schlechten Gewissens zu verschenken. Warum auch immer, man sorgt(e) liebevoll dafür, dass selbst den Ärmsten auf dieser Welt das Verhungern ein wenig versüßt wurde und wird. Das schlechte Gewissen beruhte häufig darauf, dass die Medienschellten. Darauf läutete man eine große Verkaufs- und Geschenkaktion von Medien ein. Millionen alter Fernseher, Radios, Zeitschriften usw. wurden und werden in den Entwicklungsländern verschenkt und verscherbelt (entsorgt?!), damit die „übergewichtigen veraidsten Negerblagen“ etwas Abwechslung bekamen. Sie soll(t)en sich wenigstens fiktiv an zivilisierten Fressorgien ergötzen können, während sie nicht einmal Hirsebrei, allenfalls diverse Fernsehköche, wie z. B. den Bioleken, können. Trotz des akuten Mitgefühls bereitet die Not der Hungerleider in Entwicklungsländern jedoch dem abwechslungsorientierten kultivierten europäischen Gourmet keine schlaflosen Nächte und Herzrhythmusstörungen.

Zwar hört man der Herzen so manche loshämmern, doch dies nur bei einigen wengen Mooshämmern.

Diese Ruhe hat ihren guten Grund: Der typische weltmännische gehandikapte Rundmolchgolfer (Achtzehngreenkenner) weiß schließlich, dass ein wirklich hungriges afrikanisches Kind der Savanne notfalls ins Gras beißen kann, wenn nichts zu essen da ist. Nächtliche Unruhe ist im „kultivierten“ Nadelstreifenträger nur durch extrem abwechslungshaltige, wichtige Ereignisse erzeugbar: ein verpasster Friseurtermin mit dem Edelpudel, Champagnermangel bei Formel-1-Siegesfeiern, eine Erbse zwischen dritter und vierter Matratze in seiner Sänfte, Kaviarmangel im Katzennapf usw.

Die biologischen Funktionen des Gewöhnungslernens

Gewöhnungslernen ökonomisiert das Verhalten, schützt vor exzessiven, schädlichen Dauertriebbefriedigungen (z. B. Essen, Sex) und reguliert somit das Verhalten in dem Sinne, dass lebensnotwendige Aktivitäten wie Nahrungsbeschaffung, Kinder- bzw. Jungtieraufzucht usw. nicht vernachlässigt werden. „Anspruchsvoller“ formuliert:

“Machst du mal dies, mal das, machst du von allem was, dann macht das Leben Spass.“ Abwechslungsreiche Ernährung ist z. B. für Menschen wertvoll, weil auf diese Weise alle möglichen nützlichen Stoffe und selten große Giftmengen aufgenommen werden.

Da dieses Prinzip arterhaltend wirkt, hat die Natur dafür gesorgt, dass es erheblich zum Wohlbefinden von Mensch und Tier beiträgt. Menschen und Tieren die Freude - und die Fähigkeit zur Freude - an vielen verschiedenen konstruktiven Aktivitäten zu verschaffen, ist das wahrscheinlich beste Psychotherapeutikum.

Menschen gehen mit dem Gewöhnungslernen häufig destruktiv um. In manchen Bereichen verstärken sie es durch Lernen noch zusätzlich. Die Negativbewertung von schon bekannten Reisezielen, „nur 4-Sterne“ Hotels, Discotheken, Arbeitsplätzen, (Fernseh)filmen usw. ist z. B. typisch für so genannte feine Kreise mit „Niveau“.

“Snobismus ist zwar nackter Hohn, gehört jedoch zum guten Ton“.

Häufige - z. B. filmische - Betrachtungen von Liebe, Aggression, Krieg, Kriminalität, unschädlichen erotischen Darstellungen usw. führen aufgrund des Gewöhnungslernens zum Wunsch nach Steigerung zu z. B. Zombie, Extremhorror, realen sadistischen Handlungen, destruktiver Pornographie usw. Diese Wunschhandlungen werden milliardenfach auch wirklich ausgeführt.

In manchen Bereichen werden Veränderungen, die sich z. T. konstruktiv gegen das Gewöhnungslernen richten würden, abgelehnt oder verteufelt. Beispielsweise werden Veränderungen von Partnern, religiösen oder politischen Ideologien, Normen, Konventionen, Konsumprodukten wie Deos, Zigarettenmarken, Biersorten, Automarken usw. vielfach negativ bewertet.

Verwöhnen unterstützt extrem die schädlichen Wirkungen der Gewöhnung. Je mehr und häufiger vor allem Kinder Wünsche (nach Neuem) ohne eigene Anstrengung erfüllt bekommen, desto weniger Freude und Zufriedenheit erzeugen meistens langfristig die betroffenen Bedürfnisbefriedigungen. Gleichzeitig steigt der Wunsch nach immer stärkeren Reizen besonders stark und die Motivation zu -bzw. die Freude über- eigene Aktivitäten sinkt. Umgekehrt ausgedrückt: Die Fähigkeit, Frustrationen zu verarbeiten, bzw. die Freude am Erfolg durch Selbstbelastungen und anstrengende Leistungen, entsteht unter fordernden konstruktiven Sozialisationsbedingungen hauptsächlich in der Kindheit und Jugend. Später kann sie kaum noch entwickelt werden.  

Einige wichtige Ergebnisse:

Das Lernen durch Verstärkung hat gegenüber anderen Formen des Lernens einen wichtigen Vorteil:

Die angenehmen Gefühle, die während der Verstärkung erlebt werden, entwickeln sich i. d. R. zu einem selbstständigen, dauerhaften, antreibenden Gefühl und positiven Erwartungen. Diese Gefühle (Motivationen, Ehrgeiz, Engagement) können dazu führen, dass das zugeordnete Verhalten lebenslang ohne weiteres Zutun von außen auftritt. Mit der Verstärkung lässt sich konstruktives Verhalten dauerhaft mit angenehmen Gefühlen verbinden, also menschliche Lebensqualität und Selbststeuerung erheblich verbessern. Wenn Menschen gerne ihr Zimmer aufräumen, für die Schule lernen, Sport treiben, sich fair verhalten, sich sinnvoll selbst steuern usw. spielen immer positive Verstärkungen als Ursache eine Rolle. Bestrafungsreize führen in diesen Bereichen fast immer zu weitaus geringeren Erfolgen oder sogar zu Demotivation.

Es fördert die konstruktive Entwicklung von Menschen und Tieren, wenn sie selbst Probleme erfolgreich lösen. Sie erfahren dabei angenehme Gefühle, also positive Verstärkungen. Überfordern und Überverwöhnen sind jedoch leider in unserer Gesellschaft nicht selten.

Wenn man aktives Verhalten erzeugen will, ist die positive Verstärkung (Belohnung) das sinnvollste Mittel. Lernen durch Bestrafung ist erstens nur in viel geringeren Maßen und zweitens (fast?) nur, wenn destruktives Verhalten unterdrückt werden soll, sinnvoll.  

Das operante Konditionieren ist (neben Medikamenten) auch das wichtigste Hilfsmittel der Psychotherapie.

Nicht nur erlerntes, sondern auch angeborenes Verhalten ist beim Menschen durch Lernen grundsätzlich beeinflussbar. Andererseits sind sowohl erlerntes, als auch angeborenes Verhalten manchmal durch Lernen nur geringfügig und sehr schwer beeinflussbar.

Psychosen (Schizophrenie, Manisch-Depressiv-Sein) sind psychische Krankheiten, die zum Teil auf angeborenen Ursachen beruhen. Sie lassen sich durch Lernen mehr oder weniger beeinflussen, aber in der Regel nicht restlos heilen.

Oft noch schwerer durch Lernen beeinflussbar sind psychische Störungen, die durch extreme (traumatische) Erlebnisse oder Erfahrungsentzug entstanden sind. Kinder z. B., die die Ermordung ihrer Eltern bewusst miterleben mussten oder vergewaltigt wurden, können später fast nie von den daraus folgenden psychischen Störungen vollständig befreit werden.

Kinder, die nicht in den Prägungsphasen die entsprechenden Fähigkeiten erwerben, können dies später nicht nachholen (siehe oben).

Alle Fähigkeiten zu lernen, beruhen auf angeborenen Anlagen. Da die Menschen untereinander genetisch sehr verschieden sind, wahrscheinlich verschiedener sind als alle anderen Arten, sind auch alle ihre Fähigkeiten zu lernen verschiedener, als es bei anderen Lebewesen der Fall ist. Unterschiede bezüglich der Intelligenz, Sportlichkeit, Emotionalität usw. erklären sich daher nicht nur aus Unterschieden bezüglich der angeborenen Anlagen für diese Eigenschaften. Auch angeborene Unterschiede bezüglich der Fähigkeit, diese Eigenschaften durch Lernen zu verändern, tragen zu den beobachtbaren Unterschieden bei. Dies ist ein wichtiges, aber sehr vernachlässigtes, Argument für die Bedeutung und Wirksamkeit angeborener Anlagen für und auf das Verhalten.

Die Bedeutung des operanten (emotionalen) Konditionierens

Im Folgenden wollen wir noch einmal wiederholen und genau begründen, weshalb uns das operante Konditionieren für die menschliche Selbststeuerung so besonders wichtig erscheint. Dazu müssen wir es mit den anderen Formen des Lernens (Imitation, Einsicht, Prägung usw.) und allen anderen Möglichkeiten der Verhaltensänderung (Medikamente, Drogen, Reifung usw.) vergleichen. Warum genügt es nicht, einen Menschen durch Imitationslernen, günstige genetische Voraussetzungen, rationale Überzeugungen usw. zu steuern? Die Antwort ist einfach: Ein erheblicher Anteil an Lebensqualität würde unnötigerweise verschwinden. Warum? Wenn Verhaltensweisen durch operantes Konditionieren, genauer gesagt durch Verstärkung, erworben werden, beruhen sie nicht nur auf Motivationen (angenehmen Gefühlen), diese angenehmen Gefühle werden auch immer wieder erlebt. Das bedeutet Lebensqualität. Man kann also mit Hilfe des operanten Konditionierens das menschliche Verhalten erheblich konstruktiv beeinflussen. Sinnvoll bedeutet vereinfacht, wie im Kapitel Ethik bereits besprochen, dass konstruktives Verhalten mit angenehmen Gefühlen und destruktives Verhalten mit unangenehmen Gefühlen verbunden wird. Konstruktives Verhalten ist so definiert, dass es sowohl Lebensqualität schafft als auch Systemerhaltung (Überleben der Menschheit) bewirkt. Wenn Menschen sich also konstruktiv (=prohedonisch) konditionieren, dient das direkt diesen Zielen. Die beiden sinnvollsten allgemeinen Werte verschmelzen bezüglich ihrer Verwirklichung zu einem. Auch ohne diese Verschmelzung ist aber die Möglichkeit, prohedonisches Verhalten mit angenehmen Motivationen verknüpfen zu können, bereits eine der wunderbarsten Fügungen (und Ziele) der menschlichen Welt.

Wir können uns die gesamte Problematik an einem Beispiel noch klarer machen: Nehmen wir an, wir hätten unser Kind durch Gespräche zu der vollen Überzeugung gebracht, dass sein zukünftiges Leben mit Abitur bei weitem angenehmer werden wird als ohne. Außerdem haben wir ihm das intensive Lernen vorgelebt und es ahmt dieses mehr oder weniger nach. Beides zusammen wird hoffentlich dazu führen, dass es intensiv lernt. Wir hätten dies auch nur durch (und/oder durch zusätzliches) operantes Konditionieren erreichen können. Wir hätten die Häufigkeit des Lernens durch Kopplung der Lernaktivitäten mit angenehmen Gefühlen erhöht. Ist es nicht gleichgültig, welches Verfahren wir wählen? NEIN! Der entscheidende Unterschied liegt in den Gefühlen, die beim Lernen (allen Aktivitäten) erlebt werden. Es geschieht oft, dass jemand aus Überzeugung (rational gesteuert) vernünftig handelt und dabei intensive unangenehme Gefühle erlebt (s. o.).

Ein wichtiger Grund für die manchmal mangelhafte Wirksamkeit von Einsicht liegt also in ihrer größten Schwäche: Einsicht schafft, im Gegensatz zum operanten Konditionieren, nicht Motivationen (antreibende angenehme Gefühle). Milliarden Menschen erledigen billiardenfach Arbeiten (Verhaltensweisen) aus Einsicht, obwohl sie bei diesen Aktivitäten (leider!) unangenehme oder keine Gefühle erleben. Wenn man z. B. in der zwölften Klasse durch eine 5 in Latein geplagt wird, kann man sich hinsetzen und lernen, um das Latinum, welches man für das geplante Medizinstudium (angeblich wirklich) benötigt, zu schaffen. Da man aber verständlicherweise allenfalls Gefühle des Erbrechens empfinden kann, wenn man in einer toten Sprache die ausgeklügelten römischen Tötungsverfahren für widerspenstige Gallier studiert, kann sich dieser Lernvorgang aus Einsicht als unangenehmer Akt erweisen. Gerne lernt jemand Latein, wenn man sein Gehirn durch Konditionierung so (fehl!)manipuliert, dass es mit Freude „De bello gallico“ (=Über den gallischen Krieg“) liest. Die Folgen können allerdings noch übler sein. Derartige Manipulationen sind Menschen millionenfach gelungen. Dabei muss unser Kind gar nicht zu einem kriegsfreundlichen, konservativen Verteidigungs- oder Angriffsminister aufsteigen. Es genügt völlig, wenn es ein lateinfreudiger Kultusminister wird, der durch weitere Zwangsmaßnahmen den steigenden, vernünftigen, weitgehenden Verzicht der Schüler auf Lateinunterricht unterbindet.

Diese Betrachtungen sollen zeigen, dass das operante Konditionieren zwar Lebensqualität schaffen kann, indem Handlungen mit angenehmen Gefühlen verknüpft werden, man jedoch genau prüfen muss, welche Handlungen mit welchen Gefühlen verknüpft werden. Wenn aber Menschen konstruktiv emotional konditioniert werden hat dies auch noch viele weitergehende prohedonische Folgen. Konstruktive Informationen und konstruktive Emotionalität (Sanguinik) können sich wie Infektionskrankheiten exponentiell verbreiten. Hier gilt das gleiche, wie z. B. auch für die Verbreitung von Altruismus und Parasitismus. Je größer die Zahl von Altruisten, Parasiten, konstruktiven Geistern und so weiter in einer Gesellschaft ist, desto häufiger werden diese nachgeahmt oder zur Rechtfertigung des eigenen Handelns genutzt oder missbraucht. So kann seit vielen Jahrhunderten der italienische imitierende Mafiosi sagen: „Ich verhalte mich nicht grundsätzlich anders als viele mörderische, kriegerische und parasitäre Päpste und Monarchen. Die Vorstandsriege der Deutschen Bundesbahn kann Anfang des Jahrtausends ihre Löhne um 400% erhöhen und als Rechtfertigung wahrheitsgemäß! vortragen: „Die anderen (Vorstandsparasiten) verdienen ja noch viel mehr.“ Ob Herr Mehdorn und einige Milliarden Gleichgesinnloste ihren Kindern mitteilen, dass man ein Unrecht nicht mit anderem Unrecht rechtfertigen kann, ist nicht bekannt. Sicher ist dagegen eine viel größere Perversion, nämlich dass viele der Managerparasiten ihre Gehälter für moralisch gerechtfertigt halten.

Zur Frage, wie konstruktive Verhaltensweisen mit angenehmen Gefühlen und destruktive mit unangenehmen Gefühlen verbunden werden können, siehe Kapitel „irrationale Konventionen“.

Aus dem oben Gesagten könnte man nun schließen, dass das emotionale Konditionieren das optimale Selbststeuerungsmittel sei. Man wird es aber in wenigen Jahrhunderten mit zwei anderen effektiveren heute aber tabuisierten Mittel kombinieren, nämlich mit genetischer Selbstveränderung und elektronischer Symbiose.

Früher waren Gefühle (allerdings nur im Sinne der Arterhaltung) besser (nicht gut) an die Umwelt angepasst als heute. In die heutige technisch kulturelle Welt passen die meisten alten Programme und Motivationen schlechter. Außerdem müssen sie an das neue Ziel „Lebensqualität“ angepasst werden.

Der theoretische Lernaufwand (Ausbildungen usw.) z. B. hat sich in den letzten Jahrzehntausenden vervielfacht, die Motivationen nicht. Konstruktive Bildung dient aber tatsächlich mehr denn je der Selbsterhaltung und Lebensqualität. Es geht also darum Menschen so zu verändern, dass schon ihre angeborenen Antriebe und die zugehörigen Gefühle in den jeweiligen Gesellschaftsverhältnissen zu optimalem Überleben führen.

Um die gewünschten Motivationen zu erzeugen wird die zukünftige Menschheit nicht monatelange Konditionierungsorgien veranstalten, sie wird nicht einmal die direkte Beeinflussung der Gene zu ihrem Hauptmittel erheben, um z. B. lebenslange starke Neugier zu erzeugen. Diese Beeinflussung hat nämlich den großen Nachteil ebenso großer Trägheit. In der Zukunft wird aber Flexibilität eine noch viel größere Rolle spielen als heute. Deshalb werden elektrische Signale, die von im Gehirn integrierten Chips ausgehen werden, jegliche Motivationen (alle Gefühle, auch Motorik und Wahrnehmung) entsprechend der Wünsche von Individuum und Gesellschaft steuern. Man kann auch sagen: „ Von dem, was Aldous Huxley in „Schöne Neue Welt“ beschreibt, wird viel mehr wahr werden als den meisten Lesern lieb ist“. Hoffen wir, dass dann diese Steuerung von weniger fetten Parasiten ausgeht als heute.

Damit haben wir einiges aus dem Bereich Konditionierungslernen geklärt, wollen uns aber dennoch nochmals genauer der folgenden Frage widmen „Warum wirkt Einsicht bei der Verhaltenssteuerung oft nicht vollständig?“.

Ursprünglich wirkte es sich meistens arterhaltend aus, wenn Bedürfnisse i. d. R. möglichst unmittelbar befriedigt wurden. Langfristige Zukunftsplanungen waren gar nicht möglich und oft auch nicht sinnvoll, da z. B. Krankheiten, Katastrophen usw. mehr als heute alle Planungen unsinnig machen konnten. Deshalb haben Menschen und Säugetiere angeborene Anlagen, die bewirken, dass sie häufig nach sofortiger Triebbefriedigung streben. Das Erreichen des Abiturs liegt in der Regel zeitlich in weiter Ferne und die emotionalen Vorteile, die es mit sich bringt, sind nahezu unsichtbar und vor allem unfühlbar. Menschliches Verhalten wird praktisch immer von mehreren Kräften (Ursachen) bestimmt. Dem Lernen für die Schule (oder für sonstige ferne Ziele) werden also verständlicherweise oft andere unmittelbare Triebbefriedigungen durch Computerspiele, Badeanstaltsbesuche, Liebeleien, Plaudereien, Saufereien usw. vorgezogen. Hier haben wir einen weiteren Nachteil einer rein rational motivierten Verhaltenssteuerung. Sobald z. B. dem aus Vernunftgründen fleißig lernenden Schüler ein Verhalten (Fußball, Computerspiel) angeboten wird, welches unmittelbar angenehme Gefühle liefert, besteht die Gefahr des Zusammenbruchs der vernünftigen Selbststeuerung.

Ein weiterer simpler Grund für das mangelnde Engagement vieler Menschen bei konstruktiven Aktivitäten aller Art (z.B. bei schulischem Lernen) liegt in der unterschiedlichen Stärke von Motivationen. Auch wenn der Schüler durch Konditionierung oder die Wirkung angeborener Anlagen Freude an der Schularbeit erlebt, können andere, stärkere Motivationen andere Verhaltensweisen aktivieren. Viele der gerade genannten Aktivitäten erzeugen auch bei fleißigen Schülern (zum Glück!?) stärkere angenehme Gefühle und Motivationen als Lernen. Deshalb werden sie (zu?) häufig bevorzugt. Wie kommt das? Die Stärke menschlicher Gefühle hängt überwiegend von ihrer arterhaltenden Bedeutung in prähistorischer Zeit ab. Fortpflanzung und Nahrungsaufnahme waren z. B. wichtiger als Neugierbefriedigung.

Wir vernachlässigen an dieser Stelle einmal, dass viele Ausbildungen auf Erden eher an Neugiervernichtungsmaßnahmen erinnern.

Man kann also vereinfacht sagen, dass der Mensch biologisch gesehen nicht für ganztägige Dauerausbildungen geeignet ist. Wahrscheinlich ist der Urmensch grundsätzlich für Halbtagsarbeit geeignet. Während der letzten Jahrzehntausende hatten allerdings in den meisten Kulturen besonders leistungswillige (z. B. calvinistische) menschliche Individuen höhere Fortpflanzungserfolge als ursprüngliche Genießertypen.

Die Rettung der Dritten Welt

In einigen versteckten Ecken auf der Erde hatten kleine Minderheiten solcher liebenslustiger Menschen die religiösen „Befreiungsfeldzüge“ überlebt. Als man, z. B. auf Südseeinseln, solche „überholte“, alte „Modelle“ fand, hat man sie schnellstmöglich von ihrer schamlosen, natürlichen Lebenslust befreit und sie zu „glücklichen“, verklemmten Schafen (oder Sklaven) ummissioniert oder eingeschläfert. Da man zum Einschläfern noch keine feinen Kanülen entwickelt hatte, lanzierte man lust- und nächstenliebevoll Lanzen in die lusterprobten Leiber der liebeslustigen Leibeigenen. Später überkamen die Eroberer deshalb starke Schuldgefühle. Darum versorgen sie heute global alle Eroberten mit allem, was Triebe befriedigen kann: Seifenopern, Regenbogennachrichten, Rüstungsgütern, Lustchemikalien (Alkohol, Rauchwaren, harte Drogen) und allem, womit sich viel Geld verdienen lässt. Damit die Freude in unterentwickelten Ländern nicht völlig aus den Fugen gerät (Gleichheitsprinzip im Sinne der galligen Viersäftetheorie), verschickt man auch Aids-Viren, Schutzgeldbanden, Chaosethiken, Entwaldungsfirmen, Landminen, Küchenmesser für Ehrenmorde und Beschneidungen usw.

Sogar Dome werden geliefert, nur keine Kondome. Warum? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen Blick auf moderne religionswissenschaftliche Erkenntnisgewinnungsverfahren werfen: Man hatte beobachtet, dass in der „Sacre Coeur“ und in der „Notre Dame“ immer seltener Pariser anzutreffen waren. Daraus zog man messescharf den Schluss, dass die Zahl der Kondome in reziproker Relation zum Füllungsgrad der Dome stünde. Bis heute hat man im Petersdom nicht bemerkt, dass sich (besonders) auf der Südhalbkugel auch diese Relation in ihr Gegenteil umkehrt. Seit 1933 mied und fürchtete man nämlich (wie manch berühmter Schriftsteller) nichts mehr, als das „s“. Deshalb entwickelte man die Devise: „first aid, last Aids“, wobei man paradoxerweise bis heute Aids (und Gates) den billigen Vortritt lässt (mit zwei „ss“). Zur Erläuterung: Auf der Südhalbkugel trifft man zwar selten Botswahnan, doch vielen tut der Simbabwe. Und wer mit warmen Erinnerungen an heiße deutsche Kolonialzeiten mit letzter Kraft ins Krankenhaus kriecht, keucht mit fiebriger Stimme und bayerischem Akzent: „Nairobi, Nairobi“.

Wie kann man nach all dem Gesagten konstruktive Motivationen und Verhaltensweisen anerziehen?

Gewünschtes Verhalten, wie z. B. „für die Schule lernen“, kann nur durch eine Kombination von Einsicht, operantem Konditionieren, Imitationslernen, Berücksichtigung von Prägungen und Reifung, Kombination mit anderen Antrieben (z. B. Rangordnungsverhalten, sexuelles Imponieren, Neugier, Spiel usw.), Berücksichtigung angeborener und erworbener individueller Unterschiede usw. erzeugt werden.

Fassen wir die wichtigsten Ergebnisse zum Erziehungsverhalten noch einmal zusammen:

Zusammenfassung

1. Sehr starke Straffreize sind wahrscheinlich nie richtig.

2. Eine starke Lenkung durch angenehme Reize macht die meisten Bestrafungen überflüssig.

3. Die Bestrafungsreize sollten möglichst aus dem natürlichen Umfeld und nicht von Erziehern ausgehen.

In der Natur der Tiere bestrafen meistens nicht Eltern, sondern die gefährlichen Gegenstände (Dornhecken, Raubfeinde usw.) selbst. Wenn Strafreize jedoch von Erziehern ausgehen, verbindet das Kind den unangenehmen Reiz mit dem Erzieher und entwickelt ablehnende Gefühle und Verhaltensweisen gegen ihn. Dies ist einer der Gründe, weshalb Großeltern, Nachbarn, Freunde usw. bei Kindern manchmal beliebter sind als die eigenen Eltern. 

4. Eine der effektivsten pädagogischen Methoden ein Kind zu einem aktiven, lebensbejahenden Menschen zu sozialisieren, ist, dafür zu sorgen, dass es selbst erfolgreich Aufgaben und Probleme löst. Dabei wirkt die Freude am Erfolg als positiver Verstärker (=angenehmer konditionierender Reiz). Das spart nicht nur Schokolade oder sinnvollere angenehme Reize, sondern schafft intrinsische Motivation. Das heißt, die Motivation bezieht sich direkt auf das Verhalten und ist nicht von außen zugegeben (extrinsische Motivation). Im Idealfall führt solches Vorgehen zurück in eine Welt, in der alle systemerhaltenden und prohedonischen Verhaltensweisen mit angenehmen Gefühlen verbunden sind und alles destruktive Verhalten mit unangenehmen Gefühlen verbunden ist. Die erzieherische Kunst besteht darin, solche Aufgaben zu stellen, die das Kind (Tier) gerade erfolgreich bewältigen kann, beziehungsweise ggf. nur die unbedingt notwendige Hilfe zu geben. Beispiel:

Wenn das Fahrrad geflickt werden muss, ist es genauso falsch, voller „Liebe“ dem Kind alle Arbeit abzunehmen, wie, es ohne Hilfe vor diese Aufgabe zu stellen, wenn es sie nicht bewältigen kann. Ersteres ist ein Beispiel für den größten erzieherischen Fehler der zivilisierten Nationen seit ca. 1950. Nachdem über Jahrhunderte Kinder häufig autoritär unterdrückt wurden, ist zurzeit das Gegenteil, besonders bei Laien, der Trend. Verweichlichung und Überverwöhnen können sich mit zunehmendem Lebensstandard und zunehmender Humanomanie und Hyperhumanität immer mehr durchsetzen. Viele Kinder werden wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt geschleppt, bei Regen - wenn nicht sogar immer - zur Schule gefahren, mit Spielzeug überhäuft usw. Sie lernen kaum noch, was Menschen aber nur als Kinder und Jugendliche lernen können: Konflikte konstruktiv zu lösen, Gratifikationen (Befriedigungen) aufzuschieben und Frustrationen zu ertragen. Das Resultat ist verringerte Lebensfreude, Genussfähigkeit, Engagement usw.

Die Bedeutung der Entwicklung der menschlichen Psyche für die Sozialisation

Bei allen Lebewesen wirken sich Reize im Durchschnitt umso mehr auf die Entwicklung eines Individuums aus, je intensiver sie sind, und je früher sie gegeben werden. Dies ist bei Menschen durch Fötalisierung (s. o. unter Neotenie) nochmals verstärkt. Die Lernerlebnisse des Säuglings (Embryos) führen zu anatomischen  (=strukturellen) und biochemischen (≈funktionellen) Veränderungen des Gehirns. Die anatomischen Veränderungen bestehen u. a. in spezifischen Vernetzungen der Gehirnzellen. Man spricht von der Bildung eines Grundmusters. Dieses Grundmuster bestimmt ganz wesentlich die Persönlichkeitsstruktur (Ehrgeiz, Temperament, Intelligenz, Emotionalität) und jegliche psychische Leistungsfähigkeit.

Menschen, die sich gut verstehen, haben oft ähnliche Grundmuster, weil sie ähnliche Kindheiten und/oder ähnliche Erbinformationen hatten bzw. haben.

Die biochemischen Veränderungen im Gehirn beinhalten die Steuerung von Systemen und Prozessen, die dafür sorgen, dass im richtigen Moment am richtigen Ort die richtige Menge an Enzymen, Neurotransmittern, Ionen usw. bereit gestellt wird, also für das optimale Funktionieren. Grundmuster und biochemische Regulation sind Grundlage aller intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten. Das optimale Funktionieren kann nur erreicht werden, wenn der Säugling alle für seine spätere Lebensqualität relevanten Reize auf konstruktive Weise in richtiger Menge kennen lernt. Das heißt konkreter: Er muss viele angenehme Anregungen bekommen (Spielzeug, am Körper getragen werden, die Natur optisch, akustisch, geruchlich usw. wahrnehmen, Stimmen und Musik hören usw.). Destruktives Verhalten darf manchmal mit schwachen unangenehmen Reizen gekoppelt werden. Bewusst gegebene Strafreize sind beim Säugling wahrscheinlich überhaupt nicht angebracht, da er kaum im Sinne von Verhaltensunterdrückung konditionierbar ist. Die Konditionierbarkeit entwickelt sich vor allem in der Embryonalentwicklung und in den ersten Lebensjahren. Grundsätzlich gilt, je jünger das Individuum, desto unangebrachter sind Strafreize. Umgekehrt gilt aber auch, dass nur während der Entwicklungszeit die Fähigkeit, Frustrationen konstruktiv zu verarbeiten, optimal entwickelt werden kann (s. o.).

Die Fähigkeit zu Vertrauen (Beziehungsfähigkeit, Treue) entsteht nur, wenn in den ersten Lebensjahren eine dauerhafte angenehme Beziehung zu maximal drei Bezugspersonen hergestellt wird. Es entsteht das so genannte Urvertrauen (s. o.). Wenn dies nicht entsteht, spricht man von Hospitalismus, weil die entsprechenden Vertrauensstörungen erstmalig bei Kindern beobachtet wurden, die in Heimen (Hospitälern) aufwuchsen, in denen häufig die Pflegepersonen wechselten.

Pädagogische Anwendungen Fehler Probleme

Im Folgenden werden wir einige häufige pädagogische und psychologische Fehler ansprechen. Dabei wird das operante Konditionieren oft thematisiert werden, da es einer der wichtigsten Lernvorgänge auf diesem Planeten ist.

Da die meisten Erzieher, Tierhalter oder sonst wie sozial Aktiven die Prinzipien des Konditionierens nicht oder nur teilweise kennen (wollen), machen sie auch alle denkbaren Fehler in diesen Bereichen.

1. Viele setzen Konditionierungslernen überhaupt nicht bewusst ein. Einige kennen diese Lernform als Dressur aus der Tierwelt. Sie meinen, ihr Kind nicht manipulierend und wie ein Tier behandeln zu dürfen (Antimanipulationsmanie, „Lieber frei, als glücklich“ [s. o.]). Liberomanie, Mystomanie und Humanomanie bilden hier die ursächliche Grundlage. Diese Menschen erziehen oft fehlerhaft z. B. übertrieben stark antiautoritär. Psychische Störungen wie z. B. Aggressivität können die Folge sein.

Andere Erzieher unterdrücken autoritär und loben nie oder selten. Das Resultat sind neben fast allen denkbaren psychischen Störungen häufig verängstigte, schüchterne Kinder bzw. spätere Erwachsene mit wenig Selbstbewusstsein.

2. Viele setzen Konditionierungslernen fehlerhaft ein (s. u.).

Wenn ein aktives Verhalten bei dem Lernenden erzeugt werden soll, so muss Motivation geschaffen werden. Dies geht am besten über die Gabe angenehmer Reize (=positive Verstärker, Belohnungen). Stattdessen werden oft Strafreize gegeben, wenn das gewünschte Verhalten (u. a. wegen der mangelnden Belohnungen) nicht auftritt. Sehr beliebt ist z. B. Fernsehverbot, wenn das Kind sein Zimmer nicht aufgeräumt hat, seine Schularbeiten nicht gemacht hat usw. Selbst Lehrer, die sich witzigerweise alle Pädagogen nennen, setzen vielfach fehlerhaft Strafreize ein, weil einige die Bedeutung positiver Verstärker nicht angemessen einschätzen können. Strafreize wirken in diesem Falle - wenn überhaupt - nur über rationale Selbststeuerung (Einsicht). Mittels seines Verstandes kann ein Kind ab einem bestimmten Alter zwar die Beziehung zwischen Strafe und Verhalten herstellen, Motivationen (Antriebe) entstehen jedoch durch Bestrafungen kaum. Dass dieses Verfahren nicht besonders erfolgreich ist, wissen viele Eltern. Trotzdem setzen sie sie immer wieder (ohnmächtig überfordert) ein, bis die Supernanny fine kommt. Es wäre überhaupt nicht zur Anwendung gekommen, wenn die gewünschten Motivationen schon frühzeitig durch bewusstes Konditionieren („Manipulation“) mit positiven Verstärkern (angenehmen Gefühlen) erzeugt worden wären. (Erfolgserlebnisse, die das Kind durch sein Handeln direkt erlebt, sind natürlich noch wünschenswerter und wirkungsvoller als künstliche Eingriffe von außen.). Nichts ist einfacher, als einem Kind gelegentlich ein angenehmes Gefühl zu schenken (Umarmung, Lob, kleine Geschenke usw.), wenn es seine Schulaufgaben macht, Sport treibt, sich altruistisch verhält, fair und rücksichtsvoll mit Spielkameraden umgeht usw.

Strafreize sind - wenn überhaupt – mit wenigen Ausnahmen nur dann sinnvoll, wenn es gilt, ein unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken. Ein mäßiger aber echter Strafreiz ist jedoch fast immer besser als stundenlanges Bitten, Nörgeln und Meckern. Unbedingt zu vermeiden sind intensive, schmerzhafte (traumatische) Erlebnisse, wie brutale Prügelstrafen usw. Solche Ereignisse können schon bei einmaligem Erleben –besonders bei Kleinkindern - Verhaltensstörungen für das ganze Leben auslösen. Das gilt für jedes traumatische Erlebnis, auch wenn –wie z. B. bei den meisten Vergewaltigungen- eine Bestrafung gar nicht beabsichtigt ist.

Psychische Störungen durch Fehlkonditionierungen entstehen häufig durch ständiges Hänseln wegen Dummheit, Unsportlichkeit, Erröten usw., und durch Langzeitfrustrationen wie Isolation, Beziehungsstress, Misserfolge, inkonsequente Erziehung usw.

Betrachten wir nun noch einige Beispiele für typische und häufige Fehler beim Konditionieren:

1. Das Konditionieren eines Säuglings zum Schreihals

Liebevolle Mütter, die viel Zeit für ihren Säugling haben, gehen bei jedem Schreien des Kindes zu ihm, trösten es und nehmen es in den Arm. Der Säugling kann dabei ab einem gewissen Alter lernen, dass Schreien Wärme, Kontakt, Abwechslung, also angenehme Gefühle, verursacht.

(Die Konditionierbarkeit von Kindern wächst über Jahre, besonders während der ersten Lebensmonate.)

Zu diesem Zweck wenden manche Säuglinge das Schreiverfahren, ohne jede Boshaftigkeit, immer wieder an. Viele Eltern fühlen sich jahrelang genervt. Viele reagieren aggressiv, ohne zu wissen, dass ihre eigene Dummheit Ursache des Geschreis sein kann. Manche schütteln ihren Säuglinge wütend kräftig durch und machen ihn dadurch zum Schwerbehinderten. Richtig ist es, möglichst immer zum Säugling zu gehen, wenn er schreit, aber nur dann, wenn er wirklich Probleme, wie z. B. Hunger, Krankheit usw. hat, ihm Zuwendung zu schenken. Wenn man dem Kind häufig Zuwendung schenkt, wenn es gerade nicht schreit, kann es lernen, Schweigen als Mittel, angenehme Gefühle zu bekommen, zu nutzen.

Das sollte man aber auch nicht übertreiben, sonst erzeugt man vielleicht verkohlende Altkanzler, die selbst Schweigemönchen mit ihrer ehrenwörtlichen Stummheit auf den Zeiger gehen.

Ständiges Säuglingsgeschrei kann natürlich noch zahlreiche andere Ursachen, wie z. B. genetische Defekte oder Krankheiten, haben.

2. Das Konditionieren eines Vierjährigen zum Bettnässer

Bettnässen entstand, wie viele andere psychische Störungen, bis Mitte des 20. Jahrhunderts in Industrienationen häufig u. a. durch Erziehungsfehler wie Schlagen, Vernachlässigung, Inkonsequenz, autoritäre Unterdrückung und traumatische Erlebnisse aller Art, aber (zunehmend) auch durch angeborene Fehler. Häufig sind Entwicklungsstörungen insbesondere Störungen der Regulation des Wasserhaushalts durch ADH (Vasopressin).

In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurde es immer häufiger auch schmusepädagogisch ankonditioniert. Verwöhnungsfreudige Eltern nahmen und nehmen voller Verständnis ihr drei- bis fünfjähriges Kind in den Arm und tröst(et)en es, wenn es gerade ins Bett gemacht hat(te). Bestrafungsreize waren und sind vielfach völlig tabu. Das Kind lernt, dass Bettnässen angenehme Gefühle herbeiführt und wendet diese Möglichkeit Nacht für Nacht, ohne boshafte Motivation, die aber manche Eltern unterstellen, an. Richtig wäre es, Verständnis, aber auch seinen Unmut, in sanfter Form zu zeigen, das Kind zur Toilette zu schicken, den Schaden selbst beheben zu lassen usw. Ein konstruktiver Umgang mit Bettnässern ist auch die übliche Verhaltenstherapie (Klingelhöschen). Hier wird dem Kind ein Höschen angezogen, das, wenn darin Urin eindringt, einen Klingelton auslöst. Dieser weckt das Kind. Führt also zu schwachen Bestrafungen, die das Bettnässen meistens seltener werden lassen.

Vor all diesen Maßnahmen muss natürlich geprüft werden, ob das Bettnässen Ursachen (körperlich medizinische) hat, die durch Konditionieren nicht beeinflussbar sind. Wir wollen noch einmal betonen, dass Bettnässen genau wie Säuglingsdauerschreien (s. o.) noch viele andere psychische Ursachen haben kann. Wenn destruktive Erziehungsmaßnahmen die Ursache sind, müssen diese primär beseitigt werden. Oft sind die Erzieher die unerkannten psychisch Kranken.

Grundsätzlich schafft übertriebenes Verwöhnen heute ähnlich viele Frustrationen und psychische Störungen wie früher autoritäre Unterdrückung.

3. Überbehütung (Overprotection)

Kinder werden häufig davon abgehalten, erfolgreich risikobesetzte Situationen zu bewältigen. Das häufige Abschotten von mehr oder weniger leicht risikobesetzten Erlebnissen, wie z. B. auf Bäume klettern, selbstständig Wege zu finden usw., bildet unselbständige – manchmal sogar verhaltensgestörte Kinder heraus. Für Überforderungen im Risikobereich gilt Letzteres natürlich auch.

Wir haben nun einiges über die menschliche Psyche gehört und  wollen diese Kenntnisse auf einige komplexe Situationen und Problembereiche anwenden:

Angewandte Psychologie an Beispielen

1. Das Zusammenwirken verschiedener angeborener und erworbener Komponenten bei der Entstehung und Veränderungen von Verhalten und Motivationen am Beispiel der Musik

Auch der Musikgenuss wird erheblich – selbst gegen angeborene emotionale Tendenzen – durch alle Lernformen, vor allem aber operantes Konditionieren, mitgestaltet.

Beispiel:

Jeder Ton, Klang, Melodie, Rhythmus usw. wird beim Hören mit allen Gefühlen, die der Hörende gerade hat, verknüpft und entsprechend intuitiv, unbewusst und zum Teil auch rational bewusst bewertet. Manchmal stehen die gerade erlebten Gefühle in rein zufälligem Zusammenhang mit der wahrgenommenen Musik. Sie können dann zu irrationalen Bewertungen und zu antihedonischen Verknüpfungen von Gefühlen und Musik führen.

Beispiel: Ein Kind hört die Beatles, während es (er) erbricht, die Treppe hinunter fällt, geschlagen wird usw. Die möglicherweise entstehende Abwertung des Beatles-Sounds (Klang der Stimmen, Auswahl der Instrumente usw.) ist irrational. Trotzdem ist der spätere erwachsene Antibeatle sich der Richtigkeit und Berechtigtheit seiner Beatles-Aversion meistens ganz sicher.

Generalisierung

Alles im vorherigen und in den folgenden Abschnitten Gesagte gilt sinngemäß auch für andere Aktivitäten wie zum Beispiel: Lieben, Autofahren, Kindererziehen, Partnersuche, Diebstahl, Betrachten von Kunstwerken, Gebäuden, Fahrzeugen, Landschaften, Modeerscheinungen, Möbeln und so weiter. Es gilt für alle menschlichen Aktivitäten und erklärt deshalb wesentliche Teile des menschlichen Glücks und Leidens, der Persönlichkeit.

Die Ohnmacht der Konditionierten

Es gibt Teilantworten auf unzählbare Fragen von Moderatoren, Eltern, Priestern, Politiker usw. an Talkshowgäste, Kinder, Kriminelle, Verhaltensgestörte usw. Es sind die Fragen, die fast alle Gefragten (ohnmächtig) nicht oder nur fehlerhaft und unvollständig beantworten können, weil man sie über Lernen und Genetik nicht aufgeklärt hat. Man fragt z. B.: „Warum lieben oder verachten sie das andere Geschlecht, bestimmte Hobbys, Länder, Völker, Abenteuer, Sex, Vergewaltigungen, Angeberei, Hilfsbereitschaft, Musik, Kunstrichtungen, Sport usw.“ Manchmal gelingt es einem Psychologen, die wichtigsten von Millionen kleinen Konditionierungen im Gehirn der Betroffenen aufzuspüren.

Den Betroffenen hilft man (z. B. in Ausbildungsinstitutionen) nicht einmal dabei, nach ihren Konditionierungserlebnissen (einschließlich Manipulation und Hirnwäsche) zu suchen oder deren ungeheure Bedeutung zu erkennen. Mit diesen unterlassenen Hilfeleistungen gelingt es der erlesenen Minderheit der Kultusminister die Entdeckung von Millionen Ursachen von psychischen Störungen zu verhindern (schamanische Schavanisierung). Zum „Ausgleich“ fördern ihre „Bildungs“maßnahmen in noch viel höherem Maße die Entstehung jeglicher Störungen.

Vertiefen wir also unsere Betrachtungen noch etwas weiter:

Menschen hören Musik (oder was auch immer) während sie hungern, frieren, im Stau stehen, Schmerz, Eifersucht, Angst und so weiter empfinden oder lieben, gemütlich zu Hause sitzen, einen Sieg feiern, Lust, Freude usw. empfinden. Welche emotionale Wirkung Musikhören (jede Reizwahrnehmung) hat, hängt nicht nur von der Qualität der Musik und den Gefühlen bei allen früheren Hörerlebnissen ab, sondern auch von der zufälligen, oder auch absichtlich herbeigeführten, gegenwärtigen Stimmung des Hörers bei der Musikwahrnehmung.

Rationale Kontrolle

Menschen besitzen allerdings die, ab dem ca. zweiten Lebensjahr immer mehr zunehmende, Fähigkeit, irrationale Bewertungen teilweise zu neutralisieren. Bestimmte Strukturen der Großhirnrinde erkennen, ob zwischen erlebten Gefühlen und Reizen ein kausaler Zusammenhang besteht und können die unterbewusste Wirksamkeit der Konditionierung mindern. Beispiel: Sie hört ihre Lieblingsmusik oder verspeist ihre Lieblingsspeise. Er kommt betrunken nach Hause und schlägt sie. Die angenehme Wirkung der Musik (Speise), die sie gerade hörte (aß), wird weniger gemindert, als es bei einem Säugling oder Hund der Fall wäre, weil nur ein entsprechend entwickelter Mensch erkennt, dass die Musik den Schmerz nicht verursacht.

Reziproke Konditionierung

Dies ist übrigens gleichzeitig ein Beispiel für reziproke oder wechselseitige Konditionierung (s. Kap.X Irrationale Informationsverbreitung). Beim obigen Beispiel für Konditionierung wird nicht nur der Musikgenuss durch den Schmerz beeinflusst, also die Auftretenswahrscheinlichkeit des Musikgenusses vermindert. Gleichzeitig wird auch die Abwertung des Mannes und seines Verhaltens durch das angenehme Gefühl beim Musikkonsum (leider!?) vermindert. Diese wechselseitige Konditionierung tritt bei jeder therapeutischen Konditionierung auf. Wenn z. B. ein Mensch wegen der angenehmen Gefühle, die die Anwesenheit seines Partners auslöst, die Angst vor Spinnen allmählich verliert, kann sich gleichzeitig die Liebe zu seinem Partner wegen des gleichzeitigen Erlebens von Angst und Partner vermindern. Diese Problematik wird von Psychotherapeuten kaum berücksichtigt.

Besser als die Wirkungen musikalischer Reize im Beispiel oben ist folgendes Beispiel auch auf Tiere übertragbar: Jemand tritt einem Menschen (Hund) versehentlich auf die Hand (Pfote). In diesem Falle würde auch ein Hund - besser als z. B. eine Katze  - die Bedeutung der Absichtlichkeit teilweise erkennen.

Intentionale Konditionierung

Manchmal werden die Gefühle, die durch Musik (jegliche Konditionierungsreize) ausgelöst werden, auch absichtlich erzeugt (konditioniert) und genutzt. Beispiele:

kollektive Begeisterung bei Konzerten, militärischen Aufmärsche, in Diskotheken usw.,

Romantik beim Rendezvous mit Kerzenschein und Kaviar, väterliches Gemecker über Lautstärke und Monotonie bei Techno- oder „Negermusik“, negative Kritik an gehaltlosen oder ideologisch unerwünschten Texten und schwachen Stimmen oder an nicht gruppenkonformer Musik. Letzteres kann zu persönlichen Abwertungen oder zum Ausschluss aus der Gruppe führen. Alle diese Konditionierungen können zu irrationalen Bewertungen von Musikstücken und -richtungen führen. Da es objektiv schlechte (antihedonische) Musik nicht gibt, sind nur irrationale Abwertungen destruktiv.

Die Bedeutung der Bewertung der Sender von Konditionierungsreizen

Besonders effektiv wirken sich Abwertungen und Aufwertungen (insbesondere konditionierte), die geliebte Personen, wie manche Eltern, Freunde und Partner vornehmen, aus. Obwohl auf diese Weise sehr viel Musikgenuss zerstört werden kann, sind solche Vorgänge häufig, da die Wirkungen kaum bekannt sind. Das typische „menschenwürdige“ Resultat der typischen unmenschlichen Musiksozialisation (für Möbel, Mode, Malerei, Mädchen, Männer und so weiter gilt dasselbe): Die meisten Menschen lehnen die meiste Musik ab. So entstehen täglich Millionen destruktive Konflikte, weil Menschen mit Musik[erscheinungen] (M-[erscheinungen]) konfrontiert werden, die sie widerlich finden (vgl. Kap.6). 

Intuition

Ein Gefühl, das jeder Musikhörer beim ersten Hören eines Musikstückes erlebt, ist die Mischung aller Gefühle, die er vorher bei der Wahrnehmung ähnlicher Musik hatte. Dabei bestimmt die hedonische Tönung (≈emotionale Wirkung) der erinnerten Musikmischung und aller gerade aktivierten Emotionen, die Zeit seit dem letzten Hören (Vergessenseffekte) und der Grad der Ähnlichkeit das entstehende Gefühl. Es laufen in z. T. anderen Gehirnteilen die gleichen Prozesse ab, die bereits bei der optischen Sympathiebildung erläutert wurden.

Wir betonen nochmals, dass die beschriebenen Gesetzmäßigkeiten für alle emotional besetzten Wahrnehmungen, also zum Beispiel auch für Berührungen (Körperpflege, Zärtlichkeit), Geschmack, Geruch und Wärmewahrnehmung gelten.

Die Intensität des Gefühls wird bei allen Wahrnehmungen außerdem durch neurale (=nervliche) Filtermechanismen beeinflusst. Es gibt angeborene Filtermechanismen, so genannte angeborene Auslösemechanismen (AAMs)(s. o.) und erworbene Auslösemechanismen (EAMs). EAMs beeinflussen jede Wahrnehmung. AAMs beeinflussen Triebhandlungen und triebähnliche Verhaltensweisen mit stark angeborenem Charakter. Verdeutlichen wir das Wirken eines AAMs am Beispiel des Nahrungstriebes: Appetit und die Verhaltensweisen des Essens werden ausgelöst, wenn bestimmte Hirnstrukturen  aus der Summe aller wahrgenommenen Reize solche herausgefiltert haben, die von der geeigneten Nahrung ausgehen.

Beispiele für die Wirkung von erworbenen Auslösemechanismen bei der Wahrnehmung von Musik: Das Lied „obladi oblada“ von den Beatles war sehr untypisch für diese Gruppe, wurde aber dennoch ein Hit. Es wurde also von vielen Fans positiv bewertet und als angenehm wahrgenommen. Wäre das gleiche Lied erstmalig von einer Karnevalskapelle gespielt worden, zu der es gut passt, wäre es wahrscheinlich von den meisten Beatlesfans als primitive „Humtata“-Musik abgelehnt worden. Die starken positiven Gefühle, die z. B. die Stimmen und Gesichter der Beatles bei ihren Fans auslösen, können bewirken, dass Ungeliebtes beliebt wird. Das Gleiche (Gegenkonditionierungen, Umprägungen) geschieht oft bei Verliebten.

Viele Lieder von vielen anglo-amerikanischen Bands hätten vielen fünfzigjährigen Deutschen in den sechziger und siebziger Jahren gefallen, wenn sie einen deutschen Text bekommen hätten und ohne Schlagzeug und verzerrte Gitarre vorgetragen worden wären. Die Filter: Ablehnung der englischen Sprache nach einem gegen England und Amerika verlorenen Krieg und ungewohnte Arrangements verhinder(te)n den angenehmen emotionalen Zugang.

Bei Erwachsenen kommen neue Musikströmungen meistens weniger gut an als bei Jugendlichen. Gründe: musikalische Prägung, Gewöhnungslernen, dogmatische Selbstetikettierung, verringerte Innovationsappetenz.

Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Beschreibung der oben dargestellten Sachverhalte und Erscheinungen (AAMs, Triebe, Konditionierung usw.) in verschiedenen Wissenschaften. In der Bibel ist von Versuchung, himmlischer Erleuchtung usw. die Rede. In der Psychoanalyse spricht man von Ich, Über-Ich, Es, Trieben, Verdrängung. Im Behaviorismus steht die Konditionierung im Mittelpunkt, in der Ethologie Triebe, Lernen, Einsicht in der modernen Psychologie Rationalität und Emotionalität, Motivation und Sozialisation. Ganze Begriffssysteme bestehen verwirrend und scheinbar unvereinbar nebeneinander. In Wahrheit aber beschreiben viele Begriffssysteme hier wenige gleiche reale Erscheinungen doppelt und dreifach oder mehrfach. Beispielsweise sind weltliche Lust, Libido, Sexualität, Lebenstrieb und Eros (weitgehend) dasselbe. Ein erworbener Auslösemechanismus entsteht durch Konditionierungen, Einsicht, sündige Versuchungen, rationale oder emotionale Umstrukturierung, try and error, traumatische Erlebnisse, Freud hätte das Wirken eines erworbenen Auslösemechanismus als Vermittlungen zwischen Es und Über-Ich bezeichnet. 

EVOLUTIONSLEHRE (Abstammungslehre, Darwinismus, Entwicklung des Lebens, Phylogenese)

Die Evolutionslehre lässt sich in drei Bereiche unterteilen:

1. Beschreibung der lebenden und ausgestorbenen Arten und Beschreibung der Entwicklung (Abstammung)

2. Belege für die Theorie

3. Gesetzmäßigkeiten und Ursachen der Evolution

Im Folgenden werden wir uns nur mit dem 3. Bereich befassen. Für die Bereiche 1. und 2. empfehlen wir übliche Lehrbücher und verweisen auf unsere kleine Geschichte von der Entstehung des Lebens (in Kurzfassung unten, in ausführlicher Fassung im Kapitel X).

Gesetzmäßigkeiten und Ursachen der Evolution

Wir fragen uns, warum sich das Leben veränderte, z. B. höher entwickelte.

Grundsätzlich gilt, dass auf der Erde ständig Veränderungen der Umwelt stattfanden (Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Jahreszeiten, Gezeiten, Überschwemmungen, Änderungen von Nahrung, Feinden, Parasiten, Symbionten usw.) Solche Umweltveränderungen können Lebewesen nur dann langfristig überleben, wenn sie sich ebenfalls verändern. Die Faktoren, die diese Veränderungen bewirken, haben Menschen (u. a. Ch. Darwin) entdeckt, geordnet und benannt. Es sind die Evolutionsfaktoren:

1. Mutation

2. Selektion

3. Rekombination

4. Isolation (Separation)

5. Gendrift

Unsere erste Frage lautet nun: Wie und wodurch werden Lebewesen genetisch verändert?

Mutation Variabilität, Rekombination und Sexualität

Bekanntlich sind die Individuen einer Art nicht alle gleich. Es herrscht erhebliche genetische, wie auch erworbene Verschiedenheit. Diese Variabilität, muss, zumindest soweit sie angeboren ist, arterhaltend wirken. Wir müssen uns fragen, was daran gut ist, und wie die Natur für Variabilität (Artenvielfalt =Diversität) sorgt oder sie zulässt. Zuerst die Ursachen:

Die primäre Ursache liegt in Veränderungen der Erbinformationen (=Mutationen) durch physikalische, und chemische Wirkungen. Es sind elektromagnetische Wellen (vor allem UV-Licht, Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlen) und chemische Stoffe (Mutagene, Kanzerogene, bestimmte Schadstoffe und Gifte). Diese verändern die DNA der Individuen rein zufällig. Deshalb sind die meisten Erbänderungen schädlich oder sogar tödlich oder ohne Wirkungen. Ganz selten kommt es zu Mutationen, die die Leistungsfähigkeit der betroffenen Lebewesen (=Mutanten) erhöhen. Diese Erbänderungen tragen zur Höherentwicklung des Lebens, also auch zur Entstehung des Menschen bei.

Die zweite Ursache für genetische Variabilität wird mit dem Begriff Rekombination oder Neukombination der Gene bezeichnet. Hierbei handelt es sich um ein schlichtes Mischen der verschiedenen Gene (eigentlich Allele s. u.). Neukombinationen kann es natürlich nur geben, wenn schon (durch Mutationen) Variabilität vorliegt.

Neukombinationen sind nichts lebensspezifisches, sondern das Entwicklungsprinzip des Kosmos einschließlich Kultur und Technik (s. o. u. a. unter Dialektik).

Vereinfacht gesagt ist es die Sexualität, die die Rekombination (neue Zusammenstellungen) bewirkt. Der ursprüngliche biologische Sinn der Sexualität liegt also in der Vergrößerung der genetischen Variabilität, nicht in Fortpflanzung oder Lust.

Schon in den ersten Lebewesen steckte eine scheinbar mysteriöse Kraft zur Selbsterhaltung. Dieses Mysterium haben wir im Kapitel 15 „Entwicklungsprinzipien“ etwas aufgelöst. Aufgrund dieser Kraft entwickelten die ersten Lebewesen Baupläne (DNA), mit deren Hilfe sie Kopien von sich selbst herstellen konnten (Verdopplung, Reduplikation, Zellteilung, Proliferation).

Erinnern wir uns noch einmal an die Grundlagen der Genetik und Enzymatik: Zu jeder Kopie (=Nachkomme) wurde, wie bei einem Ikea-Regal, inliegend eine Kopie der Bauanleitung mitgeliefert. Diese Bauanleitungen nennen Menschen Erbinformationen, DNA, Genome oder Gene. Ein Gen ist vereinfacht ein Stück DNA, das einen Befehl enthält. Etwas genauer gesagt liefert ein Gen die genaue Anweisung für den Bau eines Eiweißes bzw. einer RNA. Solch ein Polypeptid, das entspricht, manchmal genau manchmal nur grob, einem Eiweiß kann direkt selbst Material sein, aus dem der Körper besteht (Struktureiweiß). Es kann aber auch ein Enzym sein. Enzyme und RNAs (Chemiehandwerkermoleküle) führen die Bauanweisungen (Befehle) der DNA aus. Viele Bauanweisungen (Befehle) werden ausgeführt, indem ein Chemiehandwerkermolekül (Enzym) oder RNA-Moleküle gebildet werden. RNAs steuern wahrscheinlich vor allem die Genaktivität, während Enzyme primär die daraus folgenden Funktionen des Lebens, wie Wachstum, Transporte, Bewegungen, Aufbau und Abbau von Stoffen usw. steuern, indem sie chemische Reaktionen spezifisch beschleunigen. Da (Boten)stoffe auch psychische Eigenschaften entscheidend mitbestimmen, enthalten genetische Bauanleitungen also auch Befehle für Emotionen, Denken und Verhalten der Lebewesen. Wie jede Information kann man auch die genetische als eine Sprache auffassen. Alle Sprachen bestehen aus mindestens zwei verschiedenen Zeichen. Die Information steckt in der Reihenfolge dieser Zeichen oder Bauelemente. Die Schrift der DNA besteht z. B. aus vier verschiedenen Buchstaben, die man Basen oder Nukleotide nennt. Nichts macht mehr das Wesen des Lebens aus als die Reihenfolge dieser Zeichen und die entsprechende Reihenfolge der Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße. Das Maß für Information ist „Bit“. Ein Bit ist die Informationsmenge, die man benötigt, um zwischen 2 Wahlmöglichkeiten (Alternativen, Zeichen) unterscheiden zu können. Beispiele: Base A oder Base C, Turm auf schwarzem oder Turm auf weißem Feld.

Nichts macht übrigens auch mehr das Wesen der Welt aus als die Reihenfolge (und Neukombinationen) von Zeichen. Das gilt z. B. für die Reihenfolge der dreidimensionalen Bausteine (Kopien) vierdimensionaler Weltlinien. Deshalb wurde die Information im letzten Jahrhundert immer mehr zu einem zentralen Begriff in der Physik. Auch menschliche Gehirne sind solche dreidimensionalen Bausteine und bestehen aus Bausteinen.

Vertiefen wir das oben Gesagte nun mit Hilfe eines etwas humorigen Blicks auf

Die Entwicklung des Lebens

Als die Lebewesen kurz nach ihrer Entstehung stolz auf ihre Selbstreproduktionsmechanismen munter begannen, sich zu verdoppeln, merkten sie schon bald, dass gute, exakte Kopien besonders schlecht waren. Sie lebten in einer Welt in der es brodelte, regnete, überschwemmte, kochte und abkühlte. Außerdem gab es zwischen den Lebewesen ständig Prügeleien um Nahrung, Wohnplätze usw. (Konkurrenz). Es war ein einziges Durcheinander mit ständigen Veränderungen. Nachkommen, die exakte Kopien ihrer Eltern waren, konnten sich solchen Veränderungen nicht anpassen. Wenn die Umwelt sich so änderte, dass sie schlechter überlebensfähig waren als irgendwelche Konkurrenten, starben sie restlos aus. Z. B. starben (oder wanderten aus) alle Füchse mit dunklem mäßig dichtem Fell, wenn eine Eiszeit einsetzte. Eine Eiszeit bedeutet Kälte und Schnee. In dieser neuen kalten, weißen Welt können langfristig nur Füchse mit dichtem hellem Fell überleben. Glücklicherweise wurde ihre DNA häufig von energiereichen Strahlen getroffen und dadurch, oder durch Chemikalien (Mutagene), verändert. Solche Veränderungen nennen Menschen bekanntlich Mutationen. Diese erwiesen sich als äußerst nützlich, wenn und weil sie die Kopien der DNA veränderten (ungenauer machten). Unter den ungenauen Kopien gab es nämlich immer zufällig einige wenige, die mit Hilfe der Körper (Füchse, Lebewesen), welche sie um sich herum bauten, als einzige in veränderten Umwelten überleben konnten. Mutationen sorgen im Verbund mit Rekombinationen dafür, dass unter den Füchsen genetische Verschiedenheit (Variabilität) herrscht, also z. B. einige mit hellem dichtem Fell existieren (Details s. o. unter „Genetik“). Die genetische Variabilität entsteht vor allem dadurch, dass die zahllosen verschiedenen Gene (Allele s. u.) einer Art bunt gemischt werden. Dieses bunte Mischen ist es, was in der Wissenschaft als Rekombination oder Neukombination der Gene bezeichnet wird. Sexualität ist das wichtigste Mittel um Neukombinationen zu erreichen. Verdeutlichen wir dies noch einmal am Beispiel der Füchse: Durch Mutationen werden in einer großen Population immer einige Füchse auftreten (entstehen), die ein zu helles oder zu dichtes Fell haben und dennoch in der normalen europäischen Welt (mit wenig Schnee) gerade überleben können. Dass beim Beginn einer Eiszeit in einem Fuchsindividuum gleichzeitig beide (oder noch mehr) wertvolle Mutationen auftreten, ist äußerst unwahrscheinlich. Hier muss die Rekombination (Sexualität) nachhelfen. Nehmen wir einmal den einfachsten Fall an: In einem Weibchen ist die Mutation „helles Fell, in einem Männchen die Mutation „dichtes Fell“ aufgetreten. Wenn wir nun diese beiden Individuen kreuzen, haben wir gewisse Chancen, Individuen zu erhalten, die beide neuen Eigenschaften haben. Wie (und welche) weiteren Mechanismen solche Rekombinationen bewirken, ist oben und im Kapitel „Genetik“ näher erläutert. Nun aber zurück, zu unserer Entwicklungsgeschichte: 

Schon bald wütete der Konkurrenzkampf (Erfinderwettbewerb) um die besten Plätze (Lebensbedingungen, ökologische Nischen) auf der Erde immer stärker. Es gewannen die, welche die besten Neuerungen mit ihren besten alten Befehlsprogrammen (Bau- und Steuerungsplänen) kombinierten. Wobei stets alte und neue Programme miteinander in Wettstreit gerieten. Zum Beispiel streiten die alten Programme der Fische mit den z. T. neueren Programmen der wasserlebenden Säugetiere. Dabei setzen sich die Säugetiere in vielen Bereichen durch, weil ihre Programme (z. B. für Intelligenz, Wahrnehmung, Temperaturregulation usw.) im Durchschnitt besser waren als die altbewährten der Fische.

Das gleiche geschieht auch in der menschlichen Kultur. Jesus Programm z. B. war in einigen Punkten besser als das von Moses, Pilatus und vieler Pharisäer. Luthers Programm und die moderne Rechtsprechung sind besser als die meisten päpstlichen Programme, wie Kondom-, Abtreibungs- und Scheidungstabus oder Klingelbeutelparasitismus.

Der Wettstreit zwischen Konservation und Erneuerung ist ein Grundprinzip des Kosmos, einschließlich der menschlichen Kultur, und deshalb im Kapitel 15 „Entwicklungsprinzipien“ genauer erläutert.

Der Wettstreit zwischen den Genomen wurde im Laufe der Jahrmilliarden immer heftiger. Je weiter sich der Informationsaustausch und die Kampfstrategien in der Vergangenheit weiterentwickelt hatten, desto schneller und intensiver konnten sie es in der Zukunft tun (positive Rückkopplung).

 

Genau wie Menschen mit neuen Ideen, machten auch die Genome der Lebewesen während langdauernder Wettkämpfe mit Hilfe der Mutationen immer wieder neue Erfindungen, die zu Siegen verhalfen. Eine dieser Erfindungen ist die Sexualität. Das Wesen der Sexualität besteht wie gesagt im Mischen (Neukombination, Rekombination) von Erbinformationen. Die sexuelle Lust und die Vermehrung machen nicht das Wesen der Sexualität aus, sondern sind Hilfsmittel, um das Ziel Neukombination und genetische Variabilität zu erreichen. Da die DNA der Lebewesen zufällig verändert wurde, hatten verschiedene Lebewesen meistens auch verschiedene Fehler in ihren Genomen. Wenn man diese verschiedenen Mutationen kunterbunt mischte, entstanden viel schneller, leichter und unschädlicher Lebewesen mit neuen Eigenschaften und Merkmalen als nur durch Mutationen. Wir wissen nicht genau wie diese Mischfähigkeit (Sexualität) entstand. Vielleicht stand ein symbiotischer Virus am Anfang ihrer Entwicklung. Viren bestehen selbst aus DNA oder RNA. Sie bauen sich gerne in die DNA von Lebewesen ein, zwingen diese, Viren zu bauen, verlassen dann die meistens sterbenden Zellen, wandern in andere Zellen und fangen dort ihr Spielchen wieder von vorne an. Dabei nehmen Sie manchmal DNA-Stücke der Wirtszelle mit, die sie manchmal an die DNA der nächsten Wirtszelle abgeben.

Vielleicht haben aber auch nur ganz normale Zellen sich zusammengelegt, ihre Zellwände und Zellmembranen wechselseitig geöffnet und DNA Stücke ausgetauscht. Später wurde jedenfalls das Mischungsverfahren immer weiter verbessert. Es war praktisch, das Mixen mit der Teilung, also der Fortpflanzung, zu kombinieren. Deshalb glauben die meisten Menschen heute, Sexualität und Vermehrung seien nahezu das gleiche. Die meisten Pflanzen und viele Tiere können sich jedoch auch ohne Sexualität (asexuell, vegetativ) vermehren. Viele Bakterien und andere einzellige Lebewesen führen sexuelle Austauschprozesse ohne direkt damit verbundene Vermehrung durch.

Seit einigen Jahren können Menschen vegetative Vermehrungen auch bei Säugetieren künstlich in die Wege leiten.

Sie nennen das Klonen, und werten es sehr stark ab, obwohl sie sich am Anblick eineiiger Zwillinge mächtig erfreuen. Eineiige Zwillingspartner, sind sich genauso ähnlich wie geklonte Menschen.

Die meisten Menschen verteufeln es, wenn Wissenschaftler eineiige Zwillinge (Mehrlinge) absichtlich selbst erzeugen, weil ihnen ihre Religion vorschreibt, solche schöpferischen Tätigkeiten ihren Göttern zu überlassen. Biologisch spricht gegen das Klonen der teilweise Wegfall der Funktionen der Sexualität, also der genetischen Vielfalt. Kulturell macht die starke Ähnlichkeit Probleme bei der Identifikation und Unterscheidbarkeit, z. B. von Kriminellen. Ein Vorteil der genetischen Ähnlichkeit von Menschen besteht in der dadurch entstehenden größeren Harmonie ihres Zusammenlebens, z B. beim Organaustausch.

Damit zurück zum Mischen der genetischen Informationen: Funktionsteilungen und Spezialisierungen erwiesen sich im Konkurrenzkampf der Lebewesen als erfolgreiche Maßnahmen. Deshalb übertrugen die meisten Lebewesen das sexuelle Mischen der Gene schon bald Spezialzellen (Hoden, Eierstöcken, Keimzellen, Gameten, Eiern, Spermien). Diese entwickelten noch zusätzliche Mischmechanismen. Dazu teilten sie die gesamte Erbinformation in mehrere einzelne Kombinationspakete (Chromosomen) auf. So konnte ein Lebewesen nicht nur an ein oder zwei DNA-Stücken, die es von seinen Eltern erhalten hatte Austauschprozesse und Neukombinationen vornehmen, sondern manchmal an Hunderten, meistens an 4 bis ca. 60. [Beim Menschen gibt  es z.B. 2x23 verschiedene Pakete (Chromosomen)].

Auf diese Weise wird es möglich, dass alle Eltern in den Keimzellen, aus denen ihre Kinder entstehen, eine bunte Mischung der genetischen Informationen von ihren Eltern (=Großeltern der Kinder) zusammenstellen können. Die Keimzellen (Eier und Spermien) entstehen in Eierstöcken und Hoden durch Zellteilungen. Meistens entstehen aus einer Mutterzelle vier Eizellen oder Spermien. Auf diese vier werden während der Teilungen die verschiedenen Chromosomen rein zufällig verteilt.

Ein weiteres Hilfsmittel der Natur, das u. a. zur Neukombination von Genen (eigentlich Allelen) beiträgt, ist die Diploidie. Diploidie bedeutet, dass alle Gene und Chromosomen in vielen (manchmal fast allen) Zellen zweimal vorliegen. Bei Menschen und Wirbeltieren finden sich in Keimzellen alle Gene einmal, in Körperzellen zweimal.

 

(Fast jede menschliche Zelle enthält also [in ihrem  Zellkern] alle lebensnotwendigen Erbinformationen des Menschen. Diese benötigt sie für die Steuerung des Körpers, einschließlich der Einzelzellen. Erbinformationen dienen also keineswegs nur dazu, Informationen an Nachkommen weiterzugeben. Sie sichern und steuern auch das Überleben jedes Individuums).

Diese beiden Gene können gleich oder verschieden sein. Die verschiedenen Ausführungen des gleichen Gens werden, um Verwechslungen zu vermeiden, Allele genannt. Ein Gen ist also ein Oberbegriff, den man sinnvollerweise auch von seiner Funktion her definieren sollte. Vereinfacht gesagt ist ein Gen ein DNA-Abschnitt, der die Informationen für die Bildung eines Eiweißes liefert. Manchmal liefert das Gen auch die Informationen für die Bildung (nur) eines Merkmals, z. B. der Blütenfarbe einer Blume.

(Meistens beeinflusst ein Gen mehrere Merkmale und/oder Eigenschaften [Polyphänie] und die meisten Merkmale (Eigenschaften) entstehen durch die Wirkung mehrerer Gene [Polygenie].).

Ein Allel ist eine bestimmte Variante (Ausführungen, Basensequenz) eines Gens, die die Informationen für die Bildung eines ganz bestimmten Eiweißmoleküls liefert. Die verschiedenen Varianten der Allele entsprechen ziemlich genau dem, was wir oben Mutationen genannt haben. Eine Variante (Allel) des Gens für die Blütenfarbe kann z. B. bewirken, dass die Blüte rot wird. Ein anderes Allel mag weiße Blütenfarbe hervorrufen. Für die meisten Gene gibt es sehr viele, solcher Ausführungsmöglichkeiten (Varianten). Die meisten davon führen zur Bildung von Eiweißen oder RNAs, die nicht funktionieren. Dies wiederum führt manchmal zu Störungen, z. B. zur Erbkrankheiten. Viele Varianten weisen zwar molekulare Unterschiede (Veränderungen der Basensequenz) auf, führen aber nicht zu Veränderungen der Merkmale, der äußeren Erscheinungsform = Phänotyp). Diese Varianten interessieren Biologen und Mediziner nur wenig. Interessant sind solche Varianten, die zu verschiedenen Erscheinungsformen führen, z. B. zu verschiedenen Hautfarben, Erbkrankheiten, Wuchsformen und so weiter.

Jeder Mensch erhält zu fast allen seinen Genen eine Variante (Allel) von seiner Mutter und eine von seinem Vater. Diese Varianten können auch im selben Individuum gleich oder verschieden sein. Eine davon befand sich in dem Spermium, die andere in dem Ei aus denen der Mensch entstanden ist. Damit wird auch klar, weshalb die Keimzellen von jedem Gen nur eine Variante enthalten dürfen. Durch die Befruchtung verdoppelt sich die Zahl der Allele. Vor der Befruchtung muss also die Gesamtheit der Allele halbiert werden, damit die befruchtete Eizelle wieder zwei Allele zu (fast) jedem Gen aufweist. Der Zellteilungsvorgang, bei dem diese Halbierung vorgenommen wird, heißt Reifeteilung oder Meiose. Ohne diese Teilung würde sich die Zahl der Gene und Chromosomen bei jeder Befruchtung (von Generation zu Generation) verdoppeln. Wäre dies geschehen würde ein Mensch heute mehr wiegen als die Erde. Die befruchtete Eizelle (Zygote) und ihrer unmittelbaren Nachkommen teilen sich nun so, dass jede Tochterzelle genauso viele Gene und Chromosomen enthält, wie die Mutterzelle. (Dieser Typ der Zellteilung wird Mitose genannt.) Bei Menschen enthalten dann also (fast) alle Körperzellen 46 Chromosomen. Diese bestehen aber aus 23 Paaren. Um deutlich zu machen, dass die beiden Allele aller Gene auf einem Chromosom zwar gleich sein können, zum Teil aber unterschiedlich sind, nennt man diese Paare ähnlicher Chromosomen „homolog“. (Auf einem Chromosom liegen beim Menschen im Durchschnitt ungefähr 1500 Gene.).

Bevor eine Zelle sich teilt fertigt sie zu jedem Chromosom eine Kopie an. Diese Kopien, die mit ihren Originalen (fast) identisch sind, heißen Schwesterchromatiden.

Dadurch, dass die meisten Lebewesen ihren Nachkommen von jedem Gen zwei Ausfertigungen (=Allele), die verschieden sein können, vererben, erhöhen sie ihre Möglichkeiten zum Mischen der Gene.

In den Kindern können dann beide oder eines der beiden Allele aktiv sein. Die Vielfalt wird nochmals dadurch erhöht, das die beiden Allele auf vier verschiedene Weisen zusammenarbeiten können:

1. Allel A dominiert über B. (rote Blütenfarbe bei der Erbse, Blutgruppe A

    und/oder B dominieren über 0)

2. B dominiert über A.

3. Beide tragen jeweils zur Hälfte zur Bildung des zugehörigen Merkmals

    oder Eigenschaft bei (rosa Blütenfarbe der Wunderblume).

4. Beide tragen jeweils voll zur Bildung des Merkmals bei (Blutgruppe AB). 

Die Diploidie liefert noch eine weitere Möglichkeit, sich an Umweltveränderungen anzupassen. Bei den meisten Genen kann ein Normalallel die Aufgaben eines Defektallels mitübernehmen (Dominanz). Mit diesem Defektallel (mit jedem Allel eines Allelenpaars) kann die Natur nun experimentieren (herumprobieren, try and error). Durch Zufall können bei diesem blinden Testen nützliche neue Allele (Gene) entstehen. Das dient dann wieder der Anpassung und/oder Höherentwicklung.

Ein weiteres Mischungsverfahren kennen viele Leser unter der Bezeichnung cross-over aus den Schulbüchern, von denen wir in Deutschland besonders den „Schrödel, Sek. II“ empfehlen. Beim cross over liegen während der Keimzellbildung die beiden ungleichen Chromosomen von Vater und Mutter parallel nebeneinander, brechen und wachsen mit den Bruchstücken des jeweils anderen Chromosoms wieder zusammen. Auch auf diese Weise werden Allele miteinander an die Kinder gegeben, die vorher nicht zusammen waren. Bei den oben erwähnten Füchsen kann es z. B. auch auf diese Weise möglich werden, dass die Gene, die helle Fellfarbe und dichtes Fell erzeugen, zusammen in einem Lebewesen aktiv werden (s. u. 3. Mendelsche Regel).

Abschließend erinnern wir nochmals an einen weiteren Mischmechanismus, der mit Sexualität nur wenig zu tun hat. Es ist das Spleißen (vom Englischen auch splicen). Bei allen Lebewesen werden Eiweiße entsprechend der DNA Baupläne gebaut. Dabei verwenden sie aber nicht direkt die Gene (DNA–Stücke, die die Vorschrift für den Bau eines Eiweißmoleküls liefern), sondern Kopien dieser Gene, die m-RNAs. Bei Pflanzen, Tieren und Pilzen werden die m-RNAs nicht einfach komplett verwendet, sondern zunächst zerstückelt und nur zum Teil zum Bau einer neuen endgültigen m-RNA verwendet. Dabei kann man verschiedene Teile benutzen und in den nicht genutzten Teilen neue Mutationen zulassen und später „ausprobieren“ = Überlebensvorteile und Artenvielfalt schaffen und nutzen. Außerdem können verschiedene Einzelstücke zu vielen verschiedenen Neukombinationen zusammengefügt werden.

 

Damit haben wir den Sinn von Variabilität, Rekombination, Spleißen und Sexualität besprochen und fassen noch einmal zusammen:

 

Durch Mutagene und Mutationen werden die Erbinformationen der Lebewesen verändert also verschieden. Sexualität dient dazu, diese Verschiedenheit durch Mischen zu erhöhen. Die Veränderlichkeit der Umgebung des Lebens erzwingt diese Maßnahmen. Veränderungen können sich auf Klimafaktoren (Temperaturen, Licht, Feuchtigkeit usw.) und andere Lebewesen beziehen. Die wichtigsten umweltverändernden biologischen Faktoren sind Konkurrenz, Parasitismus, Symbiosen und Räuber-Beute-Beziehungen (siehe Kap. X   ). All diese Faktoren heißen Ökofaktoren oder Umweltfaktoren. Man unterscheidet zwischen biotischen und abiotischen Ökofaktoren. Mit dem Wirken dieser Faktoren beschäftigen sich vor allem die Ökologie, die Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt, und die Evolutionslehre.

 

Das oben Gesagte macht deutlich, wie wichtig die Sexualität (genetische Variabilität) für alle Lebewesen ist. Es gibt heute deshalb auf diesem Planeten wahrscheinlich auch keine Arten mehr, die langfristig ohne Sexualität, bzw. Rekombination, auskommen.

Für Vögel und Säugetiere ist die Sexualität gleichzeitig auch noch die einzige Möglichkeit zur Fortpflanzung. U. a. deshalb wurde sie bei diesen Tierklassen mit besonders starken Gefühlen gekoppelt. Auch beim Menschen ist sie eine der ursprünglich stärksten angenehmen Emotionen, weil sie für die Erhaltung so wichtig ist.

Einige Menschen nennen die sexuellen Empfindungen abwertend „Lust“. Vielleicht tun sie dies nicht, weil es einen wirklichen Unterschied bezüglich der Werte oder der Natur verschiedener Gefühle (Liebe, Zärtlichkeit, Spiel, Angeben, Aggression) gibt, sondern um ihre Sexualnormen erfolgreicher durchsetzen zu können.

Gleichzeitig ist der Verzicht auf Sexualität bei vielen natürlichen Menschen und Tieren mit intensiven unangenehmen Gefühlen oder sogar Neurosen (=psychische Erkrankungen, vgl. S. Freud) verbunden. Von diesen Gefühlen (und allen anderen) haben Menschen bedauerlicherweise durch genetische Selbstverstümmelung 30 bis 70 Prozent zerstört.

Leider werden bei sexuellen Aktivitäten besonders viele Körperflüssigkeiten ausgetauscht. Davon profitieren viele Parasiten (Bakterien, Pilze, Viren, einzellige Tiere usw.), die, wie alle Lebewesen, Wasser für ihr Überleben benötigen. Tiere und Menschen übergeben bei sexuellen Kontakten oft solche Krankheitserreger, stecken sich also gegenseitig an. Da Menschen, wahrscheinlich durch genetische Selbstveränderung (Selbstdomestikation), ganzjährig sexuell aktiv wurden, entstand für sie ein ungeheurer Konflikt zwischen der Freude an Sexualität und verschiedenen Gefahren der Sexualität. Den Konflikt versuchen Menschen seit vielleicht schon Millionen Jahren durch Unterdrückung und Verteufelung der Sexualität zu lösen. Die meisten anderen menschlichen Triebe (Motivationen) wie Nahrung, Rangordnung, Neugier werden dagegen (zum Ausgleich?) durch Lernen überwiegend (z. T. nicht weniger destruktiv) verstärkt (Fresssucht, Sensationslust usw.).  Die Probleme und Ursachen der sexuellen Unterdrückung in menschlichen Kulturen sind im Kapitel X erläutert.

Evolutionsfaktoren

Wir haben nun, die Entstehung der genetischen Vielfalt und das Wirken der Selektion besprochen und widmen uns nun den übrigen Evolutionsfaktoren. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie Arten sich verändern, z. B. neue Arten entstehen. Um diese Problematik verstehen zu können, müssen wir zunächst den Artbegriff eindeutig definieren: Zu einer Art zählt man alle Individuen einer Population, die untereinander fruchtbar kreuzbar sind. (Einfach gesagt: Individuen einer Art bekommen Nachkommen, die auch wieder Nachkommen zeugen können.). Unsere Frage lautet also genauer: Wie kommt es dazu, dass Individuen einer Art zu Individuen verschiedener Arten werden? Dazu muss etwas geschehen, was ihre beliebige Kreuzbarkeit untereinander einschränkt. Alle Mechanismen (Prozesse), die in dieser Richtung wirken nennt man Isolation oder Isolationsfaktoren. Leider, weil verwirrend, wird manchmal auch der abgeschlossene Prozess (die „Nichtmehrkreuzbarkeit“) als Isolation bezeichnet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten solcher Isolationen: Wenn Tiere durch Verhaltensänderungen (Balz usw.) nicht mehr zum Fortpflanzungserfolg kommen, spricht man von ethologischer Isolation (Ethologie = Verhaltenslehre). Wenn die Gene der Keimzellen nicht mehr harmonieren (z. B. weil der gesamte Chromosomensatz bei einigen Individuen verdoppelt wurde), spricht man von genetischer Isolation. Wenn räumliche Trennungen der Individuen die Isolation bewirken, spricht man von geographischer Isolation.

Wie aber kann es zu solchen Veränderungen kommen? Grundsätzlich sind es Mutationen, die die Artbildung bewirken. Im einfachsten Falle verändert sich mindestens ein Gen von mindestens einem Individuum anders, als die Gene der anderen. Dies geschieht jedoch bei jeder Mutation und führt zunächst nur zu größerer genetischer Verschiedenheit. Manche Gene haben für Fortpflanzungserfolge zwischen Sexualpartnern wenig direkte Bedeutung. Dies gilt z. B. für Gene, die die Feinstruktur von Fingerabdrücken oder die Muskelkraft bestimmen. Größere Muskelkraft kann jedoch zu größeren Erfolgen bei Rangkämpfen, Flucht, Beutefang usw. führen und dadurch den Fortpflanzungserfolg erhöhen. Viel stärker wirken sich im Sinne der Bildung neuer Arten jedoch Mutationen aus, die direkt die Fortpflanzungsmöglichkeiten zwischen Artgenossen einschränken oder verbessern. Das sind alle Mutationen, die zur Isolation beitragen können, z. B. zu Veränderungen von Sexuallockstoffen, der Anatomie der Geschlechtsorgane, von Balzrufe, von optischen Sexualsignalen usw. Die meisten dieser Mutationen bringen den betroffenen Individuen (Mutanten) Nachteile, die zum Aussterben führen können. Wenn man diese Mutanten jedoch von den anderen trennt, sind sie die ideale Population zur Gründung einer neuen Art. Für eine Aufspaltung einer Art in zwei oder mehr neue Arten muss also (meistens) eine räumliche Aufspaltung der Population in mindestens zwei getrennte Gruppen vorliegen. Eine solche Aufspaltung wird leider in vielen Lehrbüchern sowohl mit dem Begriff geographische Isolation als auch mit dem Begriff Separation bezeichnet. Wir definieren also ganz eindeutig: Separation ist die räumliche Trennung von Individuen einer Art. Geographische Isolation ist die Aufhebung der Kreuzbarkeit dieser Individuen durch eine Separation. Das Gegenteil einer solchen Aufspaltung heißt Panmixie. Panmixie liegt dann vor, wenn alle Individuen einer Population gleiche Chancen haben, der Fortpflanzungspartner jedes beliebigen andersgeschlechtlichen Individuums zu werden. So etwas gibt es streng genommen allenfalls auf einer Insel, auf der sich nur zwei verschiedengeschlechtliche Individuen befinden. Man kann also sagen, dass schon weite Wege zwischen Individuen die beliebige Kreuzbarkeit einschränken und dass dies zur Artbildung beitragen kann. Wann aber liegt eine echte Separation vor und wodurch kann sie entstehen? Echte Separationen können z. B. entstehen, wenn Inseln besiedelt werden, Bergketten entstehen, Kontinente durch Anstiege des Meeresspiegels getrennt werden, neue Seen entstehen usw. Wenn z. B. ein Finkenpaar durch einen Sturm von Südamerika auf die Galapagosinseln verschlagen wird, werden in den Nachkommen im Laufe der nächsten Jahrhunderte und Jahrtausende zufällig z. T. andere Mutationen entstehen als in der Ausgangspopulation auf dem Festland. Außerdem werden aus diesen Mutanten durch die gegenüber dem Festland veränderten Selektionsbedingungen andere Nachkommen ausgelesen als in der südamerikanischen Ausgangspopulation. Es könnte sich die Farbe, Größe, Gestalt der Fortpflanzungsorgane, der Balzgesang usw. verändert haben. Würde man nun Finken der Galapagospopulation mit Finken der Ausgangspopulation zusammenbringen, so würden sie nicht mehr fruchtbar kreuzbar sein. Es wären also neue Arten entstanden. Wenn neue Arten ohne Separation entstehen, spricht man von sympatrischer Artbildung. Wenn sie in getrennten Gebieten entstehen, von allopatrischer Artbildung.

Das Beispiel der Darwinfinken (so werden die von Darwin entdeckten Finken auf den Galapagosinseln genannt) führt uns auch zu unserem letzten Evolutionsfaktor, der Gendrift. Wenn (wie im obigen Beispiel) nur wenige Individuen einer Art von den anderen getrennt werden, treten in dieser kleinen Population nicht alle Gene der Gesamtpopulation auf. Eine solche zufällige kleine Auswahl aus dem Gesamtgenpool trägt ebenfalls zur Bildung neuer Arten bei.

Wie wir oben schon erfahren haben, gibt es zwei grundsätzlich Möglichkeiten, Lebewesen zu verändern, nämlich durch genetische und erworbene Effekte (Lernen, Sozialisation usw.). Beide haben für die Entwicklung von Natur und Kultur Bedeutung. Vereinfacht kann man sagen: Je höher eine Art sich entwickelt hat, desto mehr tragen erworbene Faktoren zur Anpassung an Umweltveränderungen bei.

 

ÖKOLOGIE

Die meisten Menschen verbinden mit dem Begriff Ökologie menschliche Probleme mit ihrer Umwelt (Umweltverschmutzung, Umweltschutz, Umweltzerstörung usw.). Die Ökologie ist jedoch ganz allgemein die Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt. Zur Umwelt eines Individuums gehören dabei auch andere Lebewesen. Um die Beziehungen zu verstehen und zur besseren Verständigung, sollte man u. a. folgende Grundbegriffe kennen:

Das Biotop ist ein Lebensraum von Lebewesen, z. B. ein Teich.

Die Biozönose ist eine Lebensgemeinschaft aus verschiedenen Lebewesen, z. B. die Teichbewohner.

Das Ökosystem ist i. d. R. eine große Lebensgemeinschaft einschließlich ihres (großen) Biotops, z. B. ein Wald, See, Meer.

Auch die Einflussfaktoren (Eigenschaften und Merkmale) der Umwelt hat man benannt und geordnet. Man nennt sie Umwelt- oder Ökofaktoren. Man unterscheidet biotische (≈lebendige) und abiotische (tote) Einflussfaktoren.

Zu den biotischen gehören: Konkurrenten, Parasiten (u. a. Krankheitserreger), Symbionten, Räuber, Nahrung (Beute, Pflanzen usw.).

Zu den abiotischen Ökofaktoren gehören: Licht, Temperatur, pH, Salzgehalt, Wind, Feuchtigkeit.

Auf jedes Lebewesen wirkt eine Mischung aus diesen Umweltfaktoren ein, die bestimmt, ob, wie und wie lange ein Lebewesen bzw. seine Art überlebt. Die ökologische Nische ist die Summe aller Umweltfaktoren, die sich auf das (Über)Leben einer Art oder eines Lebewesens auswirken (s. o.). Die ökologische Nische ist also nicht nur der Raum, in dem eine Art lebt! (Leider findet man in Biologiebüchern auch noch folgende Definition: Ökologische Nische = Summe aller Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und Umwelt).

Nicht nur viele Ökofaktoren, sondern auch deren zeitliche und räumliche Schwankungen gehören mit zum Wesen der ökologischen Nische.

Das ökologische Gleichgewicht

Wenn die Zahlen der Lebewesen und Arten eines Ökosystems oder einer Biozönose über längere Zeiträume im Durchschnitt ziemlich konstant bleiben, spricht man von einem ökologischen Gleichgewicht. Dieses dynamische Gleichgewicht bleibt erhalten, wenn die Umweltbedingungen sich nicht zu stark, aber grundsätzlich schon, verändern. Zur Erhaltung dieses Gleichgewichts (des Lebens) tragen die Lebewesen selbst ganz erheblich bei. Raubtiere und Parasiten bewirken, dass die Bevölkerungsdichten von Beute und Wirten nicht zu sehr ansteigen. Pflanzen bekämpfen einander, oder Pflanzenfresser, mit Giften, Dornen, Hochwuchs und so weiter. Verschiedene Tierarten sorgen durch Symbiosen und altruistisches Verhalten innerhalb der Art für ihre Selbsterhaltung. Nur durch radikale Veränderungen (Vulkanausbrüche, Überflutungen, Seuchen usw.) können diese Gleichgewichte gestört werden.

Solche Naturkatastrophen imponier(t)en den Menschen zwar grundsätzlich, doch man wollte mehr. Tatsächlich wusste man die Erfolge der Natur vierfach zu steigern: radikal, radikaler, am radikalsten, radikalinski wie Klaus Kinski. Der Mensch ist ein solches Kamel, dass er sich selbst nicht zum König der Wüste, wohl aber der Verwüstung erhoben hat. Er vernichtet Wälder, überfischt Meere, vergiftet Felder und führt globale Klimawandel herbei. Dabei gelingt es ihm viele (vielleicht die meisten) Arten von Lebewesen zu vernichten und natürlich auch ökologische Gleichgewichte zu zerstören.

Nun könnte man behaupten, wenn ein paar Arten aussterben, bricht doch nicht gleich die ganze Welt (das Leben oder ein Ökosystem) zusammen. Das stimmt leider sogar meistens. Doch leider sind Ökosysteme und vor allem Biozönosen so gebaut, dass es manchmal genügt wenige, bestimmte Arten zu vernichten oder hinzuzufügen, um das gesamte System erheblich zu verändern oder zu zerstören. Um zu wissen, welche Arten (Schlüsselarten) für die Erhaltung besonders wichtig und welche weniger wichtig sind, muss man die Systeme gut kennen. An der Unterdrückung solcher Kenntnisse arbeitet die Menschheit wahrscheinlich schon seit es sie gibt, im vergangenen Jahrtausend jedoch mit unüberbietbarem (vor allem religiösem und unternehmerischem) Engagement.

 

Die Wechselwirkungen zwischen einem Lebewesen und seiner Umwelt (Ökologischen Nische) sind i. d. R. so komplex, dass man selten einfache exakte Beziehungen beobachten kann und auch nur unsichere (wahrscheinliche =probabilistische) Voraussagen machen kann.

Da viele Biologen (Naturwissenschaftler) Erkenntnisse, Wissenschaften und Schlüsse, die nicht oder nur wenig exakt sind, übertrieben ablehnen, beschäftigen sie sich gerne mit einfachen Beziehungen zwischen nur einem oder wenigen (Öko)Faktoren und nur einem Organismus. Wenn man dies systematisch durchzieht, gelingt es gut, die Unfähigkeit junger Menschen zu fördern, mit probabilistischen (=wahrscheinlichkeitshaften) Problemen fertig zu werden. Das Resultat sieht dann folgender Maßen aus: „Ständig auftretende“ „ungeheure“ Probleme können gelöst werden. Z. B. kann mancher exakt berechnen, um welchen Betrag sich die Geschwindigkeit eines Radfahrers ändert, wenn er zwei Kilo zulädt. Man kann auch Flächen unter Kurven exakt berechnen und die dritte Ableitung einer Funktion, obwohl die meisten nicht einmal wissen, ob und wo man so etwas anwenden kann. Bei „seltenen“ „unwichtigen“ probabilistischen Problemen kann es dagegen „leichte“ Probleme geben. Z. B. werden junge Menschen systematisch davor geschützt, mit folgenden Problemen und Fragen optimal umgehen zu können: Ist mein Partner der richtige für mich? Warum sind meine Kinder nicht konstruktiv und selbstständig geworden, wie ich es wollte? Welche Partei ist am wenigsten korrupt? Welche Gifte haben Omas Krebs verursacht? Kann ich die Sympathie eines Mitmenschen gewinnen? Warum ist mein Hund aggressiv geworden? Wodurch entstehen so viele Verhaltensstörungen, Parasitismus, Krankheiten, Fehlsteuerungen, Terrorismus usw.? Viele fanatische Fans der exakten Naturwissenschaften meiden oder verachten aus den genannten Gründen die meisten Geisteswissenschaften. Manche Biologen vernachlässigen und unterdrücken sogar eine ihrer wichtigsten Unterdisziplinen, die (vergleichende) Verhaltensforschung. Seit Anfang des Jahrtausends tun dies (zumindest in Nordrhein-Westfalen) auch einige der für das Gymnasium bildungspolitisch Verantwortlichen. Da die Verhaltensforschung nicht nur eines der wichtigsten, sondern auch eines der vernachlässigtesten Fundamente der Psychologie ist, wirkt sich diese Ignoranz ungeheuer fruchtbar im Sinne der Behinderung jeglichen menschlichen Selbstverständnisses aus.

Nach diesen kleinen Seitenhieben gegen die Vertreter der Hyperexaktheit, widmen wir uns dennoch auch einmal einfachen ziemlich exakten Zusammenhängen und grundsätzlichen physikalischen, mathematischen und kybernetischen Grundlagen. Diese sind Teile des Fundaments ohne das sowohl die Ökologie als auch alle Sozial-, Natur- und Geisteswissenschaften nicht wirklich verstehbar sind. 

 

 

 

 

Komplexe Regelungssysteme

Damit haben wir einige einfache Beispiele für Steuerungen kennen gelernt und können uns nun dem komplexeren Zusammenwirken mehrerer Faktoren widmen: Dazu erweitern wir unser Beispiel vom Wachstum einer Population: Das Wachstum wird in der Natur meistens durch Ökofaktoren wie Feinde, Hitze, Kälte, Krankheiten, Konkurrenz, Pestizide usw. begrenzt. Diese Begrenzungen kann man als negative Rückkopplungen auffassen. Die Variation dieser Faktoren kann aber auch zur Steigerung von Bevölkerungsdichten beitragen. Sie alle können also positive und/oder negative Rückkopplungen bewirken. Außerdem beeinflussen sich diese Ökofaktoren auf äußerst komplexe Weise gegenseitig. Weiterhin nehmen viele weitere Faktoren auf diese Ökofaktoren und die Gesamtregulation Einfluss. Temperaturen hängen zum Beispiel von Vulkanausbrüchen (Lava, Staub in der Athmosphere), menschlichen Eingriffen (Treibhauseffekt) und so weiter ab. Zu allem Überfluss ist die Regulation von Bevölkerungsdichten ihrerseits auch noch in größere Zusammenhänge eingebettet. Betrachten wir auch hierzu ein Beispiel, dass wir in anderen Zusammenhängen schon einmal beleuchtet haben:

Die oben erwähnten Faktoren, die das Wachstum von Bevölkerungen behindern, sind häufig Selektionsfaktoren. Sie machen allen betroffenen Arten das Leben schwer. Wenn sie das in mäßigem Umfang tun, zwingen sie die Arten bekanntlich, sich durch Rekombinationen und so weiter zu verändern, insbesondere ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Das wiederum führt oft zu einer allgemeinen Höherentwicklung (Anagenese) des Lebens. Aber auch positive Rückkopplungen können die Anagenese beschleunigen. Je höher der Entwicklungsstand des Lebens ist, desto schneller erfolgt die weitere Höherentwicklung. Beispiel: Je klüger ein Mensch ist, desto besser kann er seinen Partner nach prohedonischen Eigenschaften auswählen, statt, wie die meisten Affen, nach Körpergröße.

Die alten optischen Auslesekriterien erzeugen jedoch (auch?) in den meisten Menschen immer noch viel mehr Liebesgefühle, als Intelligenz, Charakter, innere Harmonie und psychische Gesundheit.

Kybernetik und Kultur

Damit sind wir wieder einmal in der Kultur gelandet, wo bekanntlich die komplexesten Erscheinungen und Steuerungen auf uns lauern. Das oben Gesagte lässt sich teilweise auf die Höherentwicklung der Kultur (Fortschritt) übertragen. Je leistungsfähiger z. B. die Menschheit war und ist, desto schneller konnte sie ihre Leistungsfähigkeit weiter steigern.

Wenn viele Faktoren gleichzeitig eine oder mehrere Größen beeinflussen, liegen komplexe Netzwerke aus Einflussfaktoren und Rückkopplungen vor. Das macht richtiges Entscheiden schwer, doch es geht noch komplizierter: Um das (scheinbare) Chaos zu perfektionieren, können die Größen auch noch auf ganz verschiedene Weise aufeinander einwirken: Einige verhalten sich wie echte Variablen im Sinne mathematische Funktionen. Das heißt, wenn eine Größe sich ändert, ändert sich die andere im Sinne klarer mathematisch beschreibbarer Abhängigkeiten (siehe oben). Andere Einflussfaktoren können aber auch nur einmalig wirken (Alles oder nichts Gesetz), oder stufenweise, oder sogar pendelnd mal so mal so, wirken.

Die konstruktive Steuerung komplexer Gefüge gehört zu den größten Problemen der Menschheit. (Beispiele haben wir in allen Kapiteln beschrieben.). Um damit fertig zu werden, haben die Menschen vor allem zwei Strategien perfektioniert.

Zum Ersten mühen sie sich unredlich dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen möglichst schlecht informiert sind und Informationen auch möglichst schlecht verarbeiten können.

Zum Zweiten sorgen sie durch die Stärkung parasitärer, egoistischer Kräfte global dafür, dass konstruktive Steuerungen und Problemlösungen möglichst häufig unterbleiben.

Im Sinne des Gleichheitsprinzips beteiligen sich alle (Arm und Reich) am Aufbau und an der Erhaltung dieser Selbstregulationsprinzipien. Besonders aktiv sind aber natürlich wieder die mächtigen (Politiker, Wirtschaftsbosse, Ärztekammern, Unternehmerverbände und so weiter). Das kleinkorrupte Volk mischt nur bei Kleinigkeiten mit. Es hat also nicht die erste Wahl (A-Wahl), wohl aber die zweite Wahl, die B-Wahl. Da bei fast allen politischen Entscheidungen (Reformversuchen, Verfassungs[ab]schöpfungen, Verfassungsabschaffungen, Gesetzgebungen und so weiter) Korruption und Dummheit beteiligt sind, kann das blinde, blonde, blauäugige Volk zwischen drei „B“ beliebig auswählen: Betrug, Blödheit, Bestechung. Um das komplexe Chaos, dass wir in allen Kapiteln beschrieben haben, wenigstens ein wenig zu vereinfachen, hat man für eine interkontinentale Vereinfachung gesorgt: Bei allen Wahlen, (Be)Steuerungen und so weiter geht es egal, ob bei Arm oder Reich, immer primär um die beliebte, beleibte Börse.

Die große böse globale Börse wird in der Anonymität zum bekannten Borstenvieh, dass aus den kleinen Börsen der Minderbemittelten Blut, Boden und Bares absaugt. Wie man die Anonymität auch sonst zu einem der wichtigsten Hilfsmittel für parasitäre Aktivitäten aller Art (Kriminalität, Korruption, Kinderarbeit und so weiter) gemacht hat, haben wir an anderer Stelle erläutert. Das größere Problem, die Humanisierung und Entanonymisierung, der Menschheit überlassen wir ohne jeglichen Optimismus den Religionen und der menschlichen Vernunft.

Das kleinere Problem, ein besseres Verständnis komplexer Phänomene (Steuerungsprobleme und so weiter) wollen wir jetzt genauer beleuchten. Es geht vor allem darum, dass Wirken möglichst vieler Einflussfaktoren auf verschiedene Problemstellungen zu erkennen, vorauszusagen, zu bewerten und angemessen zu berücksichtigen. Zur Verdeutlichung empfehlen wir in Lehrbüchern unter anderem nach Regelkreisen zu suchen, die mehrere Faktoren berücksichtigen.

Zur weiteren Verdeutlichung betrachten wir nun einige Beispiele für mehr oder weniger komplexe, häufige und zum Teil fatale Steuerungsprobleme: Wie viele Müllverbrennungsanlagen soll man bauen? Wie viele Kindergartenplätze werden benötigt? Wie kann man das politische Chaos im Nahen Osten kontrollieren? Wie kann man den Entwicklungsländern zu konstruktiven Entwicklungen verhelfen? Soll ich mich von meinem Partner trennen? Wie behandle ich meine Nachbarn, Freunde, Kinder und so weiter? Wie beseitige ich Arbeitslosigkeit, soziale Ungerechtigkeit, Probleme der Überbevölkerung, des Gesundheitswesens, der Rentensicherung, der [gesunden] Ernährung, des Steuerwesens, der Krankheitsverbreitung, der Kriminalität, des Hungers und so weiter?

Einige beispielhafte nähere Betrachtungen dieser Problemstellungen werden uns nun konkret verdeutlichen, wie die drei großen „B“ bei der Regulierung komplexer Phänomene zusammenwirken. Bevor wir loslegen, weisen wir daraufhin, dass es natürlich in der Gesellschaft auch Kräfte gibt, die konstruktive Informationen und konstruktive ethische Einstellungen fördern und vermitteln. Man kann sogar sagen, dass die Menschen und ihre Vorfahren dadurch charakterisiert sind, dass sie böse (antihedonische) und gute (prohedonische) Kräfte gleichzeitig zur Wirkung bringen. Der Mensch ist des Menschen „Wolf“ und Engel zugleich. Seine bestialischen Aktivitäten übersteigen allerdings leider seine engelhaften (altruistischen) im Durchschnitt deutlich. Bei Wölfen ist es übrigens eher umgekehrt. Die konstruktive Regulation des komplexen Zusammenwirkens dieser gegensätzlichen Kräfte (von „Wolf“ und Engel) fällt sogar mit in die Problematik, die wir gerade (und in allen anderen Kapiteln) diskutieren.

Wir beginnen mit den Müllverbrennungsanlagen: Bei dieser Planung spielen unter anderem die anfallende Müllmenge, die Anfahrtswege und die finanziellen Mittel eine Rolle. Hier liegt kein sehr kompliziertes Wirkungsgefüge vor. Trotzdem gelang es in Deutschland Ende des 20. Jahrhunderts erwartungsgemäß viel zu viele Anlagen zu bauen. Warum? Vor allem hatte man die Wirkungen des Recyclings, der Kompostierung und der Müllvermeidung unterschätzt. Man hatte also wieder einmal etwas naiv die Verhältnisse der Gegenwart in die Zukunft projiziert. Hier vergeben wir ein B für Blödheit. Derartige Planungen charakterisieren die gesamte (besonders die militärische) Geschichte der Menschheit. Beispiele sind die militärischen Misserfolge der Römer gegen Hannibal, Preußens und Österreichs gegen Napoleon und Deutschlands gegen Frankreich und England im Ersten Weltkrieg.

In welchem Maße korrupte Verstrickungen zwischen Stadtverwaltung und Unternehmern, die an Müllverbrennungsanlagen verdienen, für die Fehlplanungen mitverantwortlich waren, weiß man nicht genau. Die bekannt gewordenen Skandale im korrupten Kölner Klüngel berechtigen uns trotzdem, zwei B für betrügerische Bestechlichkeit zu vergeben. Solche Verstrickungen erklären wahrscheinlich auch viele Fehler bei der deutschen Steuerung des Gesundheitswesens, der Stromversorgung, der Arbeitsvermittlung, der Verkehrsplanung, des Steuersystems und so weiter. Hier verstecken sich so viele BBBBBB, dass nicht einmal der bekannte bissig besteuerte Boris Becker den Spieß, der in all die beteiligten bösen Buben gesteckt werden müsste, in den Grüften, in die sie gehören, so schnell drehen könnte, wie sie es verdient haben. Leider werden die bösen Buben und ihre alten Schachteln nicht einmal gequält, indem man sie zum Lesen ellenlanger Schachtelsätze zwingt.

Wenn man die weltweit übliche Korruption mit der weltweit üblichen Blödheit einiger Politiker paart, erhält man das, was man täglich in den Nachrichten hören kann.

Gleichzeitig hört man natürlich auch von der Rettung der Regenwälder, Brot für die Welt, (religiösen) Hilfsmaßnahmen aller Art und so weiter.

Niemand kann auch nur näherungsweise genau sagen, in welchem Maße konstruktive und destruktive Kräfte jeweils zur Steuerung des Planeten beitragen, geschweige denn in welche Zukunft sie ihn tragen werden.

Sicher ist, dass politisches Versagen seit Jahrtausenden ökologische Katastrophen verursacht. Wie „geschickt“ Politiker Fehlplanungsorgien zelebrieren, wollen wir an einem wenig ökologischen, aber sehr aussagekräftigen Beispiel verdeutlichen. Wir gehen dahin, wo manche Politiker hingehören, in  Kindergärten beziehungsweise Kindertagesstätten: Hier ist eine sinnvolle Planung noch einfacher als bei den gerade besprochenen Geld- und Müllschluckern. Trotzdem gelang es bekanntlich deutschen Politikern auch hier Mangelsituationen herzustellen. Hier hatten sie um 2000 äußerst „genial“ ein Sinken der Bevölkerungszahlen richtig vorausgesagt, kein Wunder, sie hatten es ganz wesentlich selbst verursacht. Den (im Zuge der Emanzipationsbewegung, Verarmung und so weiter) steigenden Bedarf an Kindergartenplätzen hatten sie nicht ganz so gut vorausberechnet, obwohl sie doch auch diesen wesentlich mitverursacht hatten und haben.

Nun könnte man als Entschuldigung anführen, dass doch (wie auch bei manchen ökologischen Problemen) die wichtigste Ursache im Fehlen finanzieller Mittel läge. Dieses Argument trifft tatsächlich teilweise zu. Vor allem die Einverleibung der DDR schuf finanzielle Probleme, die Politiker nur z. T. zu vertreten hatten. Bei dieser konstruktiven, halbfreundlichen Übernahme waren ausnahmsweise deutsche politische Köpfe, egal ob Rotkohl- oder SchwarzKohl-, nahezu überhaupt nicht ursächlich beteiligt. Aber die Staatsverschuldung ist schon sehr viel älter als das große Fressen der riesigen östlichen Hohnäcker. Dieses Große Schlucken führte zwar wie üblich zu Übelkeit (z. B. zu östlichen Blähungen und westlichen Schmähungen), doch die Staatsverschuldung verdankt man primär anderen, übleren Üblichkeiten. Gerüchten zufolge liegen die Ursachen in Fehlplanungen (wieder einige BBB), im Versuch uneinhaltbare Versprechen einzuhalten und im freundlichen Umgang mit Vorstandsvorsitzenden von Großbanken, Versicherungen, Stromversorgern, Großunternehmen und so weiter, die man nach manchem gemeinsamen Urlaub auf gemütlichen Yachten schätzen gelernt und Abschreibern gelehrt hatte.

Auf die meisten anderen oben vorgestellten Problembereiche (Naher Osten, Partnerschaftsprobleme, Arbeitslosigkeit und so weiter) gehen wir in anderen Kapiteln ein.

Wir wollen aber abschließend noch auf eine eher seltene Sondersituation eingehen: Es gibt Problemfälle, bei denen auch der klügste, wohlmeinendste, bestinformierte und fleißigste Politiker (oder ein sonstiger Entscheidungsträger) die richtige Lösung meistens nicht finden und auswählen kann. Wir verdeutlichen die Problematik an zwei Beispielen:

Wir beginnen mit einem ökonomisch ökologischen Simulationsexperiment, das schon in den siebziger Jahren in „Spektrum der Wissenschaft“ veröffentlicht wurde: Studenten bekamen die Aufgabe, einige dörfliche Gemeinschaften in Afrika wirtschaftlich und politisch zu steuern. Sie mussten Dinge folgender Art entscheiden: Was wird angepflanzt? Werden Bewässerungsanlagen gebaut? Werden Wege angelegt? Alle Studenten waren relativ intelligent und wollten frei von Egoismus das Beste für die schwarze Bevölkerung. Trotzdem führten alle die Bevölkerung in Chaos oder Untergang.

Ein weiteres Beispiel ist die Regulation der Lebensbedingungen in der biosphere 2 (Biosphäre 2) in den USA. Es handelt sich um ein teures, riesiges Glashaus mit lebendem Inhalt, das u. a. gebaut wurde, um ähnliche Glashäuser z. B. auf anderen Planeten zu simulieren. Dieses Haus soll eine Art zweite Erde im Miniaturformat sein. Deshalb enthält es alle Grundtypen von Lebewesen (z. B. Menschen und Nutzpflanzen), die bekanntlich in symbiotischen Prozessen wechselseitig ihr Überleben ermöglichen. Der wichtigste Kreislauf besteht dabei darin, dass Pflanzen mit Hilfe der Lichtenergie Nahrungsmittel für Menschen, Tiere, Bakterien und so weiter liefern und selbst von diesen mit Licht, CO2, Wasser und Nährsalzen versorgt werden. Hier liegt ein wirklich komplexes Gefüge vor, das Menschen bis heute nicht restlos verstanden haben. Deshalb misslang auch ein Experiment, bei dem Anfang des Jahrtausends einige Menschen mehrere Jahre völlig autonom in dieser Biosphäre überleben sollten.

Zwischenmenschliche Probleme erschwerten die Situation noch zusätzlich.

In der Kultur gibt es Millionen Fälle, in denen Menschen (Politiker, Trainer, Manager, Familienväter und so weiter) verantwortungsbewusst gearbeitet, geplant und entschieden und dennoch Fehler gemacht haben. Leider können oder wollen viele Menschen nicht angemessen überprüfen und bekannt machen, ob und in welchem Maße ihre Fehler durch Schlamperei, Dummheit und Korruption entstehen oder durch Schwächen, die sie nicht zu vertreten haben. Deshalb entlassen sie manchmal Trainer, wählen Politiker ab, entziehen Eltern das Sorgerecht, schießen Konzernmanager, Betriebsratsvorsitzende oder Vereinspräsidenten ab und so weiter, obwohl diese kaum Fehler gemacht haben. Noch häufiger allerdings vergeben sie Rechte und Posten aller Art, obwohl die so Beschenkten menschlich und fachlich unterqualifiziert sind.

Psychologie und Sinnesphysiologie

Das Wichtigste und Interessanteste, was Menschen im Universum kennen ist ihr Gehirn. Psychologie müsste also eines der wichtigsten Fächer an Schulen sein. Erwartungsgemäß ist das Gegenteil üblich. Ausbildungsinstitutionen schützen junge Menschen systematisch vor dem Verständnis ihrer Psychen.

Andernfalls, könnten sie ihre Partner und Freunde sinnvoller auswählen, sich besser mit Mitmenschen verstehen, die Entstehung psychischer Krankheiten verhindern und solche Krankheiten heilen. Es „drohen“: harmonische Langeweile, weniger Amokläufe an Schulen, weniger prügelnden Väter und vergewaltigende Onkel, keine Nachmittagstagstalkshows, kein Daniel Küblböck usw.

Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, dass Psychotherapeuten, Pharmazeuten und Mediziner ihre Kultusminister usw. dafür bezahlen (bestechen), dass diese die psychologische Ignoranz erhalten helfen wie manche Privatsender jegliche Ignoranz. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man einmal betrachtet, mit welcher Herzensgüte viele Bildungspolitiker ihren Kollegen bei der Beschaffung von Arbeit unter die Ärmchen greifen. Sie schaffen keineswegs nur wertvolle Arbeitsplätze für Lehrer (und wertlose Bildungsinhalte für Schüler). Sie schaffen vor allem mit Hilfe ihres Bildungsangebots, juristischer Hyperkorrektheit und Weicheischmusepädagogik auch „wertvolle“ Arbeitsplätze für Juristen, (Schul)psychologen, Gefängniswärter, Rüstungsindustrie, Polizisten, Krankenhauspersonal, Friedhofsgärtner, Drogendealer, Waffenhändler usw. Dies mag witzig klingen, irrationale Informationsverbreitung ist jedoch tatsächlich die billigste und effektivste Möglichkeit möglichst viel vermeidbaren Schaden anzurichten.

Alle psychischen Störungen, psychische Medikamenten- und Giftwirkungen sowie alle Formen des Lernens lassen sich nur wirklich verstehen (nutzen), wenn die anatomischen und biochemischen Hintergründe bekannt sind.

Alle emotionalen und kognitiven (auf Denken und Wahrnehmung bezogenen) psychischen Leistungen beruhen auf dem Zusammenwirken biochemischer Prozesse und psychischer Strukturen (Synapsen, Hirnzellen sowie deren Vernetzungen [Dendriten und Axone] usw.).

Um Lernen, Denken und Fühlen verstehen zu können, müssen wir uns also mit dem Aufbau und den wichtigsten Funktionen des Gehirns vertraut machen.

Den Aufbau werden wir im Folgenden nicht genau besprechen. Dazu gibt es genügend Literatur mit den notwendigen Abbildungen.

Das menschliche Gehirn besteht aus über 100 Milliarden Nervenzellen. Viele davon sind zu Zentren mit speziellen Funktionen zusammengefasst.

Nervenzellen (=Neurone) haben meistens nicht wie die meisten anderen Zellen nur einfache kugel-, quader- oder würfelförmige Strukturen. Sie haben meistens zusätzlich lange fädige Fortsätze, die dem Transport von Informationen dienen. Es gibt zwei Grundtypen dieser Fortsätze.

1. Dendriten sind (häufig vielfach verzweigte) Fortsätze, die aus der Sicht des Zellkörpers Informationen empfangen.

2. Axone sind die (meistens ebenfalls verzweigten) Sendearme oder Sendeäste von Nervenzellen. Einen Verbund aus vielen parallel verlaufenden Axonen nennt man Nerven.

Die kugelig oder knopfförmig aufgeblähten Enden eines Axons heißen Synapsen. Diese Enden berühren Empfängerzellen. Dies sind andere Nervenzellen oder Muskelzellen. Wenn es Muskelzellen sind, nennt man die Endigungen motorische Endplatten.

Für das Verständnis der menschlichen Psyche ist das Geschehen an Synapsen besonders wichtig. Hier erfolgen wichtige Eingriffe durch Lernen, Drogen, Medikamente, Schadstoffe und genetische Veränderungen.

Der Informationsfluss im Gehirn erfolgt auf und innerhalb der Verzweigungen (Dendriten, Nerven) elektrisch, an den Berührungsstellen von Axonendigungen und Empfängernervenzellen chemisch.

Elektrisch heißt, dass geladene Teilchen (Ionen, Elektronen, Protonen) sich bewegen. Alle elektrischen Potentiale in Nervenzellen haben damit zu tun, dass Ionen durch die Zellmembran wandern oder wandern „möchten“.

Die Potentiale, die über Axone wandern, heißen Aktionspotentiale. Bei diesen Wanderungen spricht man von Erregungsleitung (nicht von Reizleitung).

Der chemische Informationstransport erfolgt durch die Wirkung von Botenstoffen (Neurotransmittern) an Synapsen und motorischen Endplatten. Die bekanntesten Transmitter sind Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin, Dopamin, Oxytocin, Endorphine usw. (s. o. und s. u.). Neurotransmitter befinden sich im Ruhezustand in den Synapsen. An den Synapsen bleiben Axon und Empfängerzelle durch einen hauchdünnen, so genannten synaptischen Spalt getrennt. Wenn ein elektrisches Signal vom Axon eine Synapse erreicht, gelangen Neurotransmittermoleküle aus der Synapse in den synaptischen Spalt und zur Membran der Empfängerzelle. Dort können sie elektrische Potentiale erzeugen, stärken oder schwächen, indem sie Porenproteine in der Membran der Empfängerzelle für bestimmte Ionen durchlässig machen. Diese Potentiale stellen eine erste Form verarbeiteter Information dar. Dies kann zur Bildung eines Gefühls wie Sympathie, eines Gedankens, eines Bildes, eines Hörerlebnisses, eines Bewegungsbefehls usw. beitragen. (An diesen Phänomenen sind jedoch noch weitere andere Hirnprozesse und -strukturen beteiligt).

Die Neurotransmitter sind die zurzeit am besten beeinflussbaren Steuerungselemente menschlicher und tierischer Psychen. Sie sind es, die die zentralnervösen Informationen spezifisch und kontrollierbar nur in einer Richtung weiterleiten (Ventilfunktion [s. o.]). Dies ist eine notwendige Voraussetzung für das geordnete Funktionieren der Psyche in allen Bereichen. Die Konzentration der Neurotransmitter hängt von vielen Faktoren ab. Besonders wichtig sind die Enzyme (=Biokatalysatoren, molekulare Handwerker [s. o.]), die den Auf- und Abbau der Neurotransmitter (aller Substrate) beschleunigen. Sie regulieren dadurch die Herstellung und Konzentration der Botenstoffe und damit die Funktion aller Hirnzentren. Die Struktur und Funktion dieser Enzyme werden ursprünglich von genetischer Information (Genen) bestimmt. Ihre Funktion (die Funktion aller Stoffe in Lebewesen) kann aber auch durch Reizaufnahmen, Lernen, genetische Veränderungen, Medikamente, Strahlung, Biorhythmen, Gifte, Schwermetalle, Elektrizität, Schadstoffe usw. beeinflusst werden. Gleiches gilt für die Porenproteine = (Locheiweiße, Kanalproteine), die u. a. für das Konditionierungslernen (s. u.) sehr wichtig sind.

Besonders wichtig ist, dass die Menge der Porenproteine durch Konditionierungslernen verändert werden kann. Dies erklärt, dass ein Verhalten durch operantes Konditionieren - also die Kopplung des Verhaltens mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen - häufiger oder seltener werden kann. Es gibt Nervenverbindungen zwischen Gefühlszentren, wie dem limbischen System und dem Hippocampus und verschiedenen Befehlszentralen für Bewegungen (Verhalten), Drüsenaktivitäten usw. Die Wirksamkeit dieser Verbindungen und damit auch eines Gefühls (Motivation) wird durch die ankonditionierte Vermehrung der Porenproteine erhöht (vgl. oben und Kapitel 2?). Auf die gleiche Weise wird auch die Erzeugung von Gefühlen durch Reize bestimmt und verändert (vgl. Intuition). Auch die Zahl und die Lage von Axonen, Dendriten und Nervenzellen werden durch Lernprozesse verändert. Je jünger ein Organismus ist, desto größer sind im Durchschnitt derartige Veränderungsmöglichkeiten. So können z. B. Kleinkinder wieder sprechen lernen, wenn ihr Sprachzentrum ausgefallen ist. Bei Erwachsenen gelingt dies meistens nur eingeschränkt und sehr mühselig.

Der chemische Informationstransport hat den Nachteil, dass der Informationsfluss verlangsamt wird, er hat jedoch den Vorteil, dass gerichtete, geordnete Informationsübertragungen, -verarbeitungen und -auswahlen möglich werden. Das liegt u. a. daran, dass Synapsen den Informationsfluss nur in eine Richtung zulassen (siehe oben). Dies trägt zu gezielten Steuerungen des ganzen Organismus bei.

Solche Steuerungen werden auch erreicht, indem die meisten Nervenzellen Signale von vielen Synapsen empfangen und an viele Nervenzellen senden. Diese Signale werden unterschiedlich gewichtet und bewertet. Sie können z. B. durch Addition stärker werden  oder sich gegenseitig schwächen. (In beiden Fällen spricht man von Summation, bei Abschwächungen wird mit Minuszeichen addiert.) Dadurch kommt es zu Verrechnungen. Diese sind eine wichtige Grundlage aller emotionalen und rationalen Leistungen (genaueres s. u. [z. B. unter „Intuition“]).

An einer Nervenzelle können Tausende von Synapsen liegen, die von verschiedensten Hirnzellen aus verschiedenen Hirnregionen aktiviert werden können. Alle können entweder hemmende (=inhibitorische) oder aktivierende, erregende (=exzitatorische) Signale senden. Exzitatorisch bedeutet, dass die Aktivität (Feuern) von Synapsen dazu beiträgt, dass die Empfängerzelle ebenfalls aktiv wird. Die Aktivität dieser (Rezeptorzelle) besteht zunächst in der Bildung von elektrischen Potenzialen an ihrer Membran (Membranpotentiale). Diese Potentiale wandern über die Membran. Dabei schwächen sie sich ab. Wenn „exzitatorische“ Membranpotentiale mit genügender Stärke bis zum Axonhügel der Empfängerzelle gelangen, lösen sie dort die Bildung von Aktionspotentialen aus. Der Axonhügel ist die Stelle am Zellkörper, an dem das Axon entspringt und der übliche Bildungsort für Aktionspotentiale.

Die Signale von den Synapsen kann die Empfängerzelle verrechnen (addieren). Diese Verrechnungen entscheiden wesentlich darüber, ob die Empfängerzelle Aktionspotentiale bildet oder nicht. Bei der Addition entsprechen exzitatorische Signale positiven Zahlen, inhibitorische Signale entsprechen negativen Zahlen. Inhibitorische Synapsen wirken also im Sinne der Unterdrückung von Aktionspotentialen, exzitatorische im Sinne der Bildung. Die Aktionspotentiale wiederum können zur Bildung und Steuerung von Gefühlen, Denkprozessen, Aufmerksamkeit usw. beitragen.

Wenn mehrere exzitatorische Synapsen gleichzeitig feuern, wird die Bildung eines Aktionspotentials am Axonhügel der Rezeptorzelle wahrscheinlicher. Man spricht bei dieser Erscheinung von räumlicher Summation. Wenn eine Synapse mehrere Male in kurzen Abstände hintereinander feuert, wird die Bildung von Aktionspotentialen ebenfalls wahrscheinlicher. Man spricht dann von zeitlicher Summation. Die einfachste Form der Verrechnung von Informationen ist die Nichtweitergabe. So werden z. B. fast alle Informationen, die das Auge (Ohr, Nase usw.) aufnimmt nicht bewusst. Von denen, die bewusst werden, werden wiederum fast alle nicht gespeichert.

Diese Additionen sind auch die wahrscheinlich wichtigste Grundlage aller intuitiven (aber auch rationalen) Entscheidungen, wie z. B. die Entstehung von Sympathie und Antipathie. Dabei entsprechen möglicherweise tatsächlich unangenehme Gefühle einer Hemmung und angenehme einer Aktivierung. Die Zuordnung kann auch umgekehrt sein. Bei der ersten Wahrnehmung eines menschlichen Gesichtes werden hauptsächlich u. a. vom limbischen System, dem Gefühlsmanagementbereich des Gehirns, alle angenehmen und unangenehmen Gefühle, die im Zusammenhang mit ähnlichen Gesichtern erlebt worden waren, aktiviert. Entsprechend der Qualität und Intensität der Gefühle werden nun elektrische Signale über Axone zu Synapsen in bestimmte Bereiche - wahrscheinlich ebenfalls (u. a.)  im limbischen System - geleitet. Diese verrechnen in Millisekunden die unangenehmen (hemmenden) und angenehmen aktivierenden Signale zu einem Mischgefühl, das Menschen Sympathie, Antipathie oder allgemein intuitives Gefühl (Ablehnung, Appetenz) nennen (vgl. oben). Ein solches Gefühl (intuitive Bewertung) kann von jedem Reiz (Tier, Auto, Haus usw.) erzeugt werden. Es ist sehr wichtig, sich klar zu machen, dass intuitive Entscheidungen und Bewertungen meistens als emotional bezeichnet werden, obwohl sie es nicht sind. Der Rechenvorgang ist ein rein mathematischer (aber keineswegs immer fehlerfreier Prozess). Emotional ist (oder erscheint) das Ergebnis, nicht der Entscheidungsprozess.

Diese Verrechnungen laufen, wie alle psychischen Prozesse, nur dann optimal ab, wenn zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort (z. B. einer bestimmten Hirnregion) die richtigen Neurotransmitterkonzentrationen vorliegen, und dieser Ort die richtige Struktur aufweist. Die richtige Struktur entsteht, wenn die ursprüngliche Erbinformation (Wildtyp) vorliegt, viele angenehme und konstruktive Erfahrungen, besonders in der Kindheit, gemacht wurden und keine traumatischen Erlebnisse, Hirnverletzungen oder Vergiftungen usw. stattfanden. Aus diesen Gründen kann die Lernfähigkeit der Menschen in allen Lernbereichen sehr unterschiedlich sein.

Die Neurochemie des Lernens 

Biochemische Erklärung des Konditionierungslernens

Beim Konditionierungslernen entstehen oder vergehen Motivationen und Aversionen, indem man ein Verhalten mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen verbindet. Im Gehirn muss also die Wirkung eines Reizes und/oder Gefühls stärker oder schwächer werden. Dies geschieht hauptsächlich durch die Veränderung der Wirksamkeit von Synapsen. Eine Möglichkeit ist die oben schon angesprochene strukturelle Veränderung der Zahl und Lage der Zellen und Synapsen und der Verknüpfungen mit anderen Zellen. Dies geschieht zum Beispiel beim Embryo und beim Säugling, wenn Grundmuster (s. o.) angelegt werden. Änderungen der Verdrahtungen von Hirnzellen finden auch bei allen Lernvorgängen oder durch Drogen, Medikamente und Schadstoffe statt. Wachstumsprozesse, bei denen Neuronen (Hirnzellen) neue Fortsätze zur gegenseitigen Vernetzung bilden, treten beim Menschen bis zum ca. 75. Lebensjahr auf. Auch bei alten Menschen lohnt sich also nicht nur körperliches, sondern auch geistiges Training. Dadurch werden nicht nur neue Strukturen geschaffen, sondern auch vorhandene (einschließlich der zugehörigen Fähigkeiten) erhalten. Dies alles gilt für intellektuelle und emotionale Leistungen! Körperliches Training führt, ebenfalls bis etwa zum 75. Lebensjahr, nicht nur zur Vergrößerung und besseren Durchblutung von Muskeln, sondern auch des Gehirns einschließlich aller emotionalen Zentren.

Beim Konditionierungslernen hat noch eine andere Veränderung an Synapsen besondere Bedeutung. Durch das Konditionieren kann die Zahl der Porenproteine (s. o.) einer Empfängerzelle erhöht (Bahnung) oder erniedrigt werden. Dadurch wird auch die Wirkung eines Neurotransmitters verändert. Wenn dieser Informationen aus Hirnzentren übermittelt werden, können Motivationen verändert werden. Menschen, die besonders während der Kindheit, viel Liebe, Wut, Frustration, Trauer usw. erlebt (besser gelebt) haben werden in diesen emotionalen Bereichen (ähnlich wie durch sportliches oder intellektuelles Training bzgl. Beweglichkeit und Intelligenz) besonders leistungsfähig. 

Auch am Imitationslernen sind Neurotransmitter, wie an allen komplexen Hirnprozessen, beteiligt.

Die wichtigsten biochemischen Abläufe im Gehirn:

Auch für die Entstehung der Drogensucht spielt das Konditionierungslernen eine erhebliche Rolle. Man kann die Entstehung der Sucht als eine Art Missbrauch des operanten Konditionierens bezeichnen.

Medikamente, Drogen, Umweltgifte und Naturstoffe können zum Beispiel Enzyme, Neurotransmitter und Porenproteine blockieren oder aktivieren, oder die Funktion von Neurotransmittern übernehmen. Viele natürliche Gifte von Pilzen, Schlangen, Pflanzen usw. haben die Funktion, Fressfeinde, Beute oder Konkurrenten auf diese Weise zu bekämpfen, zu töten oder zu betäuben. Einige davon wirken, meistens eher zufällig, auch beim Menschen.

Viele Drogen wirken wie Neurotransmitter. Morphium wirkt zum Beispiel wie End(om)orphine, die sogar nach dieser Droge benannt wurden.

Weil viele Drogen, (auch Gifte und Medikamente) Neurotransmittern nur ähnlich sind, nicht die gleiche Wirkungsintensität aufweisen, im Körper chemisch verändert werden, nicht bestimmten Hirnbereichen gezielt und spezifisch zugeordnet werden und in unphysiologischen (≈unnatürlichen) Konzentrationen vorliegen können, können sie Störungen, Krankheiten und Gefühlskombinationen und –intensitäten erzeugen, die bei der natürlichen Erzeugung von Gefühlen durch äußere Reize nicht auftreten. (Ähnliche Effekte lassen sich natürlich auch erzielen, wenn man -z. B. durch Gifte- Enzyme beeinflusst, die für Bildung und Abbau von Neurotransmittern sorgen.) Wenn diese Drogen (Transmitteranaloga usw.) längerfristig in zu hohen Konzentrationen eingenommen werden, können sie die Motivationen so verändern, dass auf den Konsum der Droge nicht mehr verzichtet werden kann (Sucht). Oft verändern Drogen, Medikamente und Umweltgifte, besonders wenn sie in hohen Konzentrationen und langfristig aufgenommen werden, die Psyche grundlegend. Die Folge sind selten Heilungen, häufig Beruhigungen (chemische Zwangsjacke) und psychische Störungen, wie Angstzustände, Wahnvorstellungen usw. Dies macht die, bei vielen bequemlichen Ärzten beliebte, Übermedikation von psychisch Kranken z. B. in Kliniken besonders fragwürdig.

Die Erzeugung, Regulation und Koordination aller Gefühle und Neurotransmitter wird durch ein komplexes Wechselspiel von Enzymen, Neurotransmittern, Hormonen usw. und die sukzessive (≈schrittweise) Aktivierung von Genen auf eine noch nicht besonders gut verstandene und deshalb sehr studierenswerte Weise gesteuert. Hypophysenhormone, Sexualhormone, Wachstumshormone usw. spielen eine Rolle. Vgl. die Diskussion der Bedeutung von Neurotransmittern in der Sexualität im Kapitel 4 Sexualität.).

Intuition und Verstand

Intuitive Entscheidungen werden von den meisten Menschen als emotionale Entscheidungen („aus dem Bauch raus“) bezeichnet und oft besonders positiv bewertet, weil dadurch Wünsche nach Bequemlichkeit, Mystik, Scheinhumanität usw. und antitechnische Antriebe befriedigt werden. Gleichzeitig werden (anstrengende) rationale Entscheidungen im persönlichen Bereich häufig abgelehnt. Personen (z. B. Intellektuelle), die überwiegend rational entscheiden, werden manchmal abwertend als verkopft bezeichnet. Der intuitive Entscheidungsprozess ist aber ein mathematisches Abwägen (Addition) von Vor- und Nachteilen, bei dem Emotionen zwar natürlich beteiligt sind, für die Entscheidung jedoch ohne Bedeutung sind. Die Addition führt mit und ohne Gefühle zum gleichen Ergebnis. Die meisten Gefühle werden bei intuitiven Entscheidungen zudem tatsächlich nicht bewusst erlebt. So genannte emotionale Entscheidungen sind daher rationalen Entscheidungen prinzipiell äquivalent (=gleichwertig), bei ersteren besteht jedoch keine Möglichkeit der direkten bewussten Fehlerkontrolle. Intuitionisten irren sich deshalb im Schnitt bei ihren Entscheidungen häufiger als Rationalisten. Alle Menschen, die glauben, rein rational oder rein emotional zu entscheiden, führen jedoch in Wirklichkeit immer Mischungen dieser beiden Entscheidungsmechanismen durch. Bei Intuitionisten überwiegen „emotionale“, bei Rationalisten rationale Anteile. Intuitionisten können und wollen die Vor- und Nachteile der beiden Entscheidungsstrategien und der gesamten Konditionierungsproblematik nicht kritisch hinterfragen. Diese „verkopfte“ Analyse ist ja genau das, was sie ablehnen. Dummheit, Vorurteile, Aberglaube, Mystomanie usw. sind die Ursachen und Kennzeichen dieser antihedonischen Krankheit. Noch stärker antihedonisch wirkt der meistens unumstößliche Irrglaube an die Unfehlbarkeit dieser Intuition. Die hohe Irrtumswahrscheinlichkeit der Ähnlichkeitsintuition ist im Kapitel X und oben erläutert. Zwei Menschen haben z. B. sehr selten den gleichen Charakter, nur weil (wenn) sie sich äußerlich ähnlich sehen. Andere Intuitionen wie z. B. die Deutung von mimischen Ausdrücken (Trauer, Scham, Wut usw.) irren übrigens tatsächlich im Durchschnitt seltener. Wissenschaftliche Untersuchungen haben darüber hinaus bewiesen, dass rationale Entscheidungen keineswegs immer intuitiven überlegen sind.

Rationale Selbststeuerung, Vernunft, Einsicht, Ich-Steuerung

Die ökonomischste pädagogische Maßnahme ist die Förderung von Einsicht. Ein Schüler, der den Unterschied zwischen einem Leben mit und ohne Abitur wirklich verstanden hat, wird, wenn keine anderen Aversionen ihn abhalten, mehr für seine Ausbildung tun, als ein Schüler ohne diese Einsicht. Der ökonomische und hedonische Aufwand für Erzieher, der nötig ist, um diese Einsicht zu erzeugen, ist erheblich geringer, als der Aufwand für jahrelanges Konditionieren (Loben, Strafen, Nörgeln) usw.

(Noch schwerer fällt vielen „Erziehern“ das Vorleben konstruktiver Verhaltensweisen zum Zwecke der Nachahmung.).

Die intrinsische (von innen kommende) Motivation, die durch positive oder negative Verstärkung entsteht, kann und darf jedoch auf keinen Fall durch Einsicht vollständig ersetzt werden. (Negative Verstärkung ist nicht eine Form der Bestrafung. Sie ist eine Form des operanten Konditionierens, bei der die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens dadurch erhöht wird, dass dem Lernenden ein unangenehmer Reiz entzogen wird.)

Wer aus Einsicht handelt, muss dabei keineswegs angenehme Gefühl empfinden. Häufig erlebt er dabei leider sogar unangenehme Gefühle. Deshalb ist die Kopplung systemerhaltenden Verhaltens mit angenehmen Gefühlen eines der obersten und wichtigsten Ziele einer rationalen Ethik (=des konstruktiven Hedonismus [s. u.].

Menschen, z. B. Eltern und Lehrer, haben mit vernünftigen Überzeugungsversuchen oft wenig Erfolg, weil viele diese als gebetsmühlenartige Nörgelwiederholungen durchführen. Einsichtiges Verhalten kann, wie fast alles menschliche Verhalten, nicht ohne (angenehme) Gefühle (Motivationen) entstehen. Die unangenehmen Gefühle, die mit dem Nörgeln verbunden sind, können einsichtiges Verhalten sogar verhindern. Nörgelnde Eltern haben inhaltlich meistens Recht, machen aber formale (pädagogische, taktische, diplomatische) Fehler. Eine der wichtigsten Ursachen dafür, dass Jugendliche vernünftige Ratschläge nicht annehmen, liegt im häufig zwanghaften Charakter dieser Ratschläge. Die in der westlichen Welt allgemein übliche liberomane Erziehung führt dazu, dass selbst konstruktive Zwänge emotional unangenehm empfunden und abgelehnt werden. Zu diesem Umstand (Antibelehrungsneurose) tragen auch alle Erziehungsfehler aller Erzieher (vor allem der Lehrer) bei. Da das Lernen oft mit Frustrationen kombiniert wird, erleben fast alle Menschen Aversionen, wenn man sie belehrt. Wenn Zwänge durch Vorschläge ersetzt und durch konstruktives Konditionieren mit angenehmen Gefühlen gewürzt werden, wird sich der gewünschte erzieherische Erfolg vervielfachen.

Psychologische Wissensdefizite

Alle Frustrationen können die grundsätzliche Fähigkeit, unangenehme Gefühle zu empfinden verstärken und die Empfindungsfähigkeit für angenehme Gefühle verschlechtern. Je stärker und häufiger die Frustrationen erlebt werden, desto stärker wirken sie. Dies vermindert(e) die Fortpflanzungschancen der Betroffenen. Die Natur (Selektion) erfand daher Mechanismen, um dieses Problem zu vermindern. Die wichtigsten sind Apathie (≈Motivationslosigkeit), Verdrängung und Tabuierung. Diese Erscheinungen werden von vielen Menschen, z. B. vielen Psychotherapeuten entweder für schädliche Störungen oder für akzeptable gottgewollte Notwendigkeiten gehalten. Beides ist falsch. Sie sind arterhaltende Schutzmechanismen, die, besonders unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen, manchmal fehlerhaft arbeiten und Schaden anrichten, aber auch konstruktiv wirken können. Dies wird im Folgenden erläutert.

Das Erinnern traumatischer Reize genügt oft, um die mit ihnen verbundenen unangenehmen Gefühlen wieder zu erleben und die erneute Erinnerung zu erleichtern. Dies verstärkt die negativen Folgen aller Frustrationen. Alle unangenehmen Reize können darüber hinaus eine Unmenge von potentiell destruktiven Motivationen und Verhaltensweisen hervorrufen. Sie können z. B. apathisch (≈lustlos), aggressiv, sadistisch, autoaggressiv (≈selbstzerstörerisch) usw. machen. Alle Formen von Dauerdepressionen erfüllen also häufig nicht ihre biologische Funktion, Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Bei solchen (allen) Formen rein destruktiven Leides ist Verdrängung und ihr Ersatz durch Vernunft konstruktiv. Moderne Psychologen und Laien empfehlen oft die Vermeidung der Verdrängung und das intensive Erleben (Auseinandersetzung) der unangenehmen Gefühle, die psychische Störungen auslösen. Dies ist konstruktiv, wenn es zur Lösung des Problems führt und nötig ist, sonst aber destruktiv. Wenn z. B. ein Mensch immer wieder an den Partner erinnert wird, der ihn betrogen und geschlagen hat, wird seine Frustration immer wieder geweckt. Sein Hass kann neu erwachen. Seine Fähigkeit, einen neuen Partner zu lieben, blockiert bleiben. Das gilt besonders, wenn, wie es häufig geschieht, die Ablehnung generalisiert, also auf alle möglichen Partner übertragen, worden ist. Verdrängen und Vergessen sind aber konstruktiv, wenn der Betroffene die ursächlichen Probleme verstanden und aus Fehlern gelernt hat. Verdrängen und Vergessen tragen z. B. dazu bei, dass Menschen wieder lieben und vertrauen lernen. Menschen sind während einer Depression oder ganz normalen Traurigkeit meistens lustlos und apathisch. Sie wollen allein sein. Dies hat gute Gründe. Wer etwas Konstruktives tut, während er unangenehme Gefühle empfindet, wird konditioniert. Es werden unangenehme Gefühle mit einem Verhalten verbunden. Das Verhalten wird dadurch seltener. Anders ausgedrückt: Die Motivation für konstruktive Handlungen, also die Lebensfreude des Betroffenen, wird geringer. Konstruktive Handlungen sind - bzw. waren in der Zeit, in der die zur Diskussion stehenden Mechanismen entstanden, - Jagd, Brutpflege usw. Wenn also deprimierte Urmenschen jagten, tanzten, streichelten usw., verloren sie einen Teil ihrer Freude an solchen konstruktiven Handlungen und Reizen. Dies verringerte ihre generelle Lebensfreude und damit i. d. R. auch ihren Fortpflanzungserfolg.

Es ist also sehr fragwürdig, dass viele Psychologen -wie zum Beispiel in dem Lied „Nothing compares to you“ von Prince und Sinead O Connor- ihren Patienten zur Bewältigung ihrer Depressionen Aktivitäten („You better try to have fun, no matter what you do“) empfehlen. Die Fähigkeit zur Freude über jede Art von „fun“  nimmt ab, je öfter diese Versuche, Spaß zu haben, mit unangenehmen Gefühlen gekoppelt werden. Die konstruktivste Lösung des Depressionsproblems ist die Beseitigung der Ursachen und, wenn dies nicht möglich ist, bei leichteren Fällen intensive rationale Tätigkeit, zum Beispiel „Doppelkopf“ spielen. Bei schweren Fällen empfehlen sich kontrollierte Medikamenteneinnahmen.

Verdrängungen nehmen nicht nur Individuen vor, sondern auch Gruppen verschiedenster Größen, z. B. ganze Nationen. Solche kollektiven Verdrängungen zeigen beispielhaft, wie merkwürdig gegensätzlich Menschen mit Verdrängungen umgehen. So haben das deutsche und das russische Volk mit manchmal grotesk wirkendem Perfektionismus fast alle Erinnerungen (Denkmäler, Symbole usw.) an Nationalsozialismus bzw. Kommunismus beseitigt. Amerikaner dagegen haben manches Hotel bis heute nahezu in dem Zustand belassen, in dem sie es 1945 von den Nazis übernommen haben. Sie hatten nicht weniger Grund den Nationalsozialismus zu verachten, aber sie hatten keine Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle, die es zu verdrängen galt. Nationalsozialistische Symbole und Vergleiche beendeten ihre „Karriere“ in Deutschland nach dem Krieg keineswegs. Sie stiegen zu kriminellen Mitteln mit höchster Verletzungs- und Beleidigungskraft auf. Das ist sicher sinnvoller als (wie üblich) Tiernamen oder Begriffe aus der Sexualität zu wählen, wirkt aber für den Außenstehenden kurios. Diese Übertreibungen haben jedoch durchaus ihre arterhaltenden Funktionen: Sie bewirken, dass ideologische Fehler massiv korrigiert werden. Deshalb wurde Deutschland auch nach dem Krieg mehr als jedes andere Land von nationalsozialistischen Ideen befreit. Österreich, das sich selbst –nicht ganz zu Recht- zum Opfer des Nationalsozialismus erklärte, hat (mit erschreckender Haiderkeit) mehr vom weltweit verbreiteten Ekelbraun bewahrt als sein deutscher Nachbar (s. o.). Dass solche Rosskuren (Kriegsniederlagen) keine unbedingt notwendigen Lernhilfen bei der Überwindung krankhafter Ideologien sind, zeigen beispielhaft  die Vernunft, die Gorbatschow bei der Befreiung vom Kommunismus an den Tag legte und der Umgang der skandinavischen Länder mit Rassismus, Alkoholismus, Kriminalität usw. So wie jahrelanges quälendes Nörgeln (statt Kindererziehung) manchmal schlechter ist als eine einmalige deutliche (nicht brutale) Bestrafung, kann auch eine gewaltsame Revolution manchmal konstruktiver sein als die Qualen jahrhundertelanger Ausbeutung.

Man sieht, dass kollektive wie individuelle Verdrängungen ursprüngliche arterhaltende Funktionen haben. Deshalb haben auch fast alle Menschen angeborene Anlagen für Verdrängungen.

Die konstruktiven Funktionen der Verdrängung und der Lustlosigkeit bei Depressionen sind vielen Psychotherapeuten nicht bekannt. Dies gilt besonders, wenn und weil den meisten biologische und ethologische (Ethologie = Verhaltenslehre) Kenntnisse fehlen. Das menschliche Verhalten jedoch ist nur aus seiner historischen und verhaltensbiologischen Entstehung heraus zu verstehen. (Es gibt keinen Prozess der Gegenwart, der ohne seine Vorgeschichte verständlich ist.)

Manchen Psychologen fehlen leider jedoch naturwissenschaftliche Kenntnisse aller Art, da solche Kenntnisse im Studium an den meisten Universitäten nur teilweise gefördert und gefordert werden, bzw. wurden, ihre Bedeutung als Basis der Psychologie wenig bekannt ist, und manchmal dieses Studium, wie viele andere, gewählt wird, um anstrengende, anspruchsvolle, frustrierende naturwissenschaftliche Studien zu umgehen. In den letzten Jahrzehnten hat erfreulicherweise in Deutschland die Mathematik (Stochastik, Statistik) und Medizin einen gewissen Platz in der Psychologie erhalten. Die ebenso wichtige Biologie wird weiterhin vielfach weitgehend ignoriert. Dies hat kuriose Gedankengebäude zur Folge, die viele Begriffe wie Rangordnungsverhalten, Herdentrieb usw. aus der Biologie durch Kulturbegriffe realitätsverfälschend ersetzten. Schon das Wort „Trieb“ ist nicht erwünscht und wird durch „Motivation“ ersetzt. Der Hauptgrund für die Bildung solcher Begriffsysteme, die helfen, die wahren Sachverhalte und Zusammenhänge zu verschleiern, ist Arroganz. Die Psychologie ist aus einer religiös bestimmten, teilweise arroganten Philosophie entstanden, die den Menschen irrtümlich für etwas Gottgeschaffenes, Besonderes, Gottgleiches hielt und hält. Diese Traditionen haben sogar viele atheistische (≈ungläubige) Psychologen unbewusst verinnerlicht (=internalisiert) und bis heute nicht überwunden. Wenn man bedenkt, wie viel achtenswerter viele Tiere im Vergleich zu vielen Menschen, z. B. bzgl. ihres Altruismus, ihrer Aggressionskontrolle und ihres natürlichen Umgangs mit Sexualität sind, wird die Perversion dieser Arroganz deutlich.

In der Persönlichkeitspsychologie haben Menschen viele Konzepte zu den Grundmotivationen des Menschen entwickelt. Diese Konzepte berücksichtigen fast alle die ethologische menschliche Vorgeschichte, also vor allem die Tierpsychologie, nicht oder zu wenig. Deshalb verfälschen sie alle die Realität und führen zu teilweise antihedonischen Verhaltensvorschriften (= Normen, Sitten, Gesetzen usw.).

Verhaltenstherapie

Eine der erfolgreichsten Psychotherapien, die Verhaltenstherapie, arbeitet mit Konditionierungen. Wenn z. B. ein Verhalten oder Reiz zu Unrecht oder unerwünschtermaßen unangenehme Gefühle, wie zum Beispiel Angst, Ekel usw. erzeugt, wird dieses angstbesetzte Verhalten (Reiz) mit einem angenehmen Reiz verknüpft. Dieser Vorgang heißt Gegenkonditionierung. Beispiel: Ein Mensch, der Angst vor kleinen Räumen hat, wird gelobt, beschenkt, gestreichelt usw., wenn er sich einem Aufzug nähert oder hineingeht.

Solche Maßnahmen führen in der Regel dazu, dass das angstbesetzte Verhalten häufiger wird, weil die unangenehmen Gefühle (Motivationen) durch angenehme Gefühle (Gegenmotivationen) überdeckt bzw. in ihrer Wirkung unterdrückt werden. Solche Vorgänge finden bei jeder erfolgreichen Psychotherapie statt, auch bei Therapeuten, die die Verhaltenstherapie ablehnen. Sie sind neben den therapeutenunabhängigen Selbstheilungskräften der Psyche die wichtigste Ursache für psychotherapeutische Heilungserfolge.

Zur Verhaltenstherapie gehört noch ein weiteres Verfahren, das die Bezeichnung „ systematische Desensibilisierung“ erhalten hat. Durch dieses Verfahren wird eine allmähliche Konfrontation des Kranken (Klienten) mit den angstbesetzten Reizen oder Verhaltensweisen erreicht. Wenn z. B. jemand Angst vor Spinnen hat, so wird der Therapeut zunächst eine entspannte Atmosphäre schaffen, dann nur über Spinnen sprechen, dann Fotos zeigen, dann reale Spinnen in Terrarien vorführen, dann selbst Spinnen auf die Hand legen und schließlich den Klienten Spinnen berühren lassen.

Pädagogik

Der pädagogische Fortschritt

In modernen Zeiten ist man von Prügelstrafen und anderen „sportlichen Aktivitäten“ in Industrieländern bekanntlich immer mehr abgekommen. Unsere Formulierung verrät bereits, dass es nicht nur um Schonung der Kinder und anderer Prügelknaben geht, sondern auch um Anstrengungsvermeidung seitens der Prügler. Man entdeckte sogar eine hocheffiziente Ökonomisierungsmöglichkeit, die in der berühmten Weisheit gipfelte: Warum mein Kind durch anstrengendes regelmäßiges Prügeln zu einem aggressiven oder apathischen Halbverrückten machen, wenn ich durch freundliches Gewähren aller Wünsche einen noch verrückteren ewig unzufriedenen Amokläufer, oder einen, Nörgelkönig, oder eine Zickenprinzessin aus ihm machen kann.

Zu diesem Thema folgende kleine wahre Geschichte: Eine junge Frau ist mit ihrem vierjährigen Sohn zu Besuch bei ihrem Freund. Frühstück ist angesagt. Unser Söhnchen blicket stumm auf dem ganzen Tisch herum. „Hast du Stachelbeermarmelade?“ „Nein, tut mir leid, nur Erdbeer-, Himbeer- und Brombeer-.“ Der Junge, jetzt lauter: „Ich will aber Stachelbeer-!!“  Die Mutter liebevoll besorgt wie immer: „Was machen wir nur, wir müssen welche kaufen.“ Der Freund: „Etwas schwierig, es ist Sonntag und das nächste Geschäft 5 km entfernt.“ Jetzt der Junge schreiend: „Ich will aber Stachelbeermarmelade!!!“ Die Mutter: „Es tut mir leid, aber wir können jetzt keine beschaffen.“ Der Junge wälzt sich inzwischen am Boden und schreit in 30facher Wiederholung seinen Satz heraus, so dass die Nachbarin irrtümlich, aber mit Recht, Angst und Bedenken bzgl. der mütterlichen Erziehungsmethoden bekommt. 

Wie hat die Mutter einen derart „patenten“ Kandidaten für Langstreckenamokläufe herangezüchtet. Als erstes wandte sie die Gröhlemeyersche „Kinder an die Macht- Devise“ an.

Eine Unterströmung der modernen Pädagogik lehrte gerade unterstützt von einer ziemlich kritischen Kritischen Theorie diverser Frankfurter Schuler, dass Kinder ein Recht auf das Ausleben ihrer Aggressionen und Freiheit jeder Art hätten. Diese Unterströmung wurde weniger von Wissenschaftlern als von Halblaien geschaffen. Besonders stark mischten aber nicht Halblaien, sondern die gerade angesprochenen fünf frankfurter Halbweisen aus dem freudianisch marxistisch paradiesischen Abendlande mit. Diese Halbweisen, Horkheimer, Adorno, Marcuse, Habermas und Fromm hatten die Freiheit so groß auf die Fahnen der Erziehungswissenschaften geschrieben, dass viele liberomane Pädagogen mit ihnen und ihren (Frankfurter) Schülern oder Kindern unter- oder in unparadiesische freudianische Therapie gingen.

Die Erkenntnisprinzipien waren nicht die sinnliche Wahrnehmung und das Experiment, sondern man verabsolutierte wie üblich die Schlagworte der Revolutionen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Natürlich mischte man einige neue Abwehrmechanismen, ein bisschen Es, Über-Ich und allerlei Unbewusstes dazu, doch empirisch wissenschaftliche Pädagogik tauchte kaum auf. Dass man beim Ausleben der Aggressionen aggressives Verhalten lernen könnte, lehrte diese Strömung z. B. weniger.

Außerdem war die Mutter natürlich auch voller Liebe zu ihrem Kind und hatte ihm stets jeden Wunsch erfüllt, wenn sie es nur irgend konnte. Manchmal konnte und/oder wollte sie allerdings nicht, zumindest nicht sofort, alle Wünsche erfüllen. Je länger der Sohn jedoch quengelte oder bei besonderer Unnachgiebigkeit der Mutter amokwürdig schrie, desto eher gab sie auch bei berechtigten Einwänden nach. So trainierte sie ihrem Kind nicht nur aggressive Terrorfähigkeiten, sondern auch das zugehörige Durchhaltevermögen an. Sie ersparte ihrem Kind, wo immer sie konnte, Frustrationen. Das lag unter anderem daran, dass ihre eigenen Eltern ihr viele Frustrationen „gegönnt“ hatten. Sie handelte wie schon Milliarden Halbgebildeter vor ihr, sie schüttete die Vernunft mit dem Bade aus und übertrieb das Gegenteil der gehassten Erziehungsstrategien ihrer Eltern. Dass die Erziehung von „non frustration children“ bereits von Wissenschaftlern ausprobiert worden war, wusste sie nicht. Auch die Erfolge dieser Erziehung, häufig extrem aggressive Jugendliche bzw. Erwachsene, kannte sie natürlich nicht. Vor solch „üblem“ Wissen schützen die Kultusminister fast aller Länder ihre Schäfchen mit akribischem „Wohlwollen“, aber nicht ohne sich über die Zunahme von Gewalt (an Schulen) zu wundern. Natürlich würden die Kultusminister gerne helfen, doch müssten sie dann an den „wirklich wichtigen“ altbewährten Fächern, Latein, Religion, Deutsch, Französisch, Englisch, Mathematik kürzen. Das hatten viele der bekanntlich besonders „dummen“ unmündigen deutschen Schüler Ende des vergangenen Jahrhunderts dank der Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe schon getan. Um sie von diesen "üblen Irrwegen“ abzubringen und das alte geisteswissenschaftliche Erbe zu retten, hat man die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik hier und da wieder zu Pflichtfächern gemacht. Shakespeare, Goethe und Gauß würden sich, ob dieses „Fortschritts“, wahrscheinlich im Grabe umdrehen,

ETHIK

Nachdem wir nun einige Gedanken zum Verständnis dieser Welt zusammengetragen haben, wollen wir uns noch etwas genauer mit der Frage beschäftigen, wozu das alles gut sein soll und kann. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Fragen beschäftigt, ist die Ethik, ein Teilgebiet der Philosophie. Ihr größtes Problem ist die Bestimmung ihrer Ziele, aber auch bei der Auswahl und Festlegung der Regeln (Logik, Widerspruchsfreiheit, Beweisbarkeit usw.) haben Menschen das übliche kunterbunte hyperfreiheitlich demokratische Halbchaos gewählt.

Traditionell wird die Ethik als die Lehre von Sitten und Bräuchen, also Verhaltensvorschriften definiert. Wir können sie ebenso gut als die Lehre von der menschlichen Selbststeuerung bezeichnen. Es geht also ganz wesentlich um die allgemeinen Ziele der menschlichen Selbststeuerung. Vereinfacht gesagt geht es um die Definition des Begriffes „Lebensqualität“. Bevor wir uns dieser Aufgabe widmen, formulieren wir den wichtigsten Gedanken dieses Kapitels: Die wichtigste Aufgabe für jeden Menschen ist die Aufnahme, das Verständnis, die Weitergabe und das Speichern möglichst vieler Informationen, die für die Lebensqualität aller emotionsfähigen Lebewesen Bedeutung haben. Warum ist dies so wichtig?

Erstens wird durch solche Bewusstseinsänderungen eine relativ weiche, unblutige, angenehme, konstruktive Veränderung der Kultur möglich.

Zweitens ist konstruktive Informationsaufnahme in der heutigen Gesellschaft besonders wichtig, weil die komplexesten Lebensbedingungen aller Zeiten vorliegen, weil sich diese Lebensbedingungen schneller denn je verändern und weil die Informationsverbreitung unzureichend  erfolgt, da die Bildungspolitik und Ausbildungsinstitutionen vielfach versagen.

Bezüglich der Bestimmung dieser Ziele haben auf der ganzen Erde Religionen besondere Vorrechte. Diese Vorrechte beruhen nicht auf besonderer wissenschaftlicher Qualifikation, sondern u. a. auf Glauben, Zwang, Gehorsam und alten Traditionen. Deshalb empfiehlt es sich, alle vorhandenen ethischen Vorschläge daraufhin zu überprüfen, ob sie wirklich der menschlichen Lebensqualität dienen. Natürlich sollte man sich auch mit den zahllosen Definitionsvorschlägen für Lebensqualität intensiv auseinandersetzen. In der Philosophie findet sich eine Reihe von destruktiven und konstruktiven ethischen Vorschlägen, die nicht immer mit religiösen Vorschriften übereinstimmen. Wie wir unten noch genauer aufzeigen werden, steht -sowohl was die Ursprünge als auch was die Ziele anbelangt- bei tierischen und menschlichen Selbststeuerungen die Emotion im Mittelpunkt. Kurz gesagt: Das A&O jeder! Ethik (der Welt?!) sind die Gefühle.

Die Gefühle

Wegen der fundamentalen Bedeutung der Gefühle haben wir eine Liste mit den grundlegenden biologischen angeborenen Antrieben (Motivationen, Gefühlen) und deren biologischen Funktionen erstellt (siehe Kap. X). An dieser Stelle wollen wir dennoch kurz noch einmal eine nicht ganz vollständige Auswahl stichwortartig vorstellen.

Nahrungstrieb (Geschmack, Hunger, Appetit), Spielverhalten, Neugier, Liebe, Aggression, Flucht, Lachen, Lächeln, Körperpflege, Rangordnungsverhalten, Sexualität, Jagd, Altruismus, Ökonomie, Sprache, Musik, Hall, Echo usw.

Ursprünge der Ethik

Um die Gegenwartsethik zu verstehen, müssen wir natürlich auch wieder ihre Entstehung betrachten. Manche Forscher bezeichnen die religiösen Verhaltensvorschriften als die erweiterten, aufgeschriebenen (vor)menschlichen moralischen Erfahrungen der letzten Jahrmillionen. Wir werden zeigen, dass die menschliche Ethik tatsächlich aus tierischen Vorformen entstanden ist. Es gilt also eine Beziehung zwischen Ethologie (=Tierpsychologie) und Ethik aufzudecken, die die Ursprünge der Ethik beleuchtet:

Verhaltensforscher nennen die Vorformen der Ethik bei Tieren "moralanaloges Verhalten". Bei allen Säugetieren, die in Gruppen leben, finden sich Regeln, Motivationen und Signale, die das Sozialverhalten ähnlich (in der Regel aber primitiver) steuern, wie menschliche Normen das menschliche Sozialverhalten.

Man hat z. B. beobachtet, dass das große Gezeter, welches manchmal bei Schimpansen beobachtet wird, in der Regel nicht ein chaotisches Durcheinander ist. Egoistische Schimpansen, die ihr Futter nicht entsprechend der (vor?)ethischen Regeln mit anderen geteilt hatten, wurden beispielsweise in einem Fall von ihren Artgenossen bestraft. Mit ihnen wurde am nächsten Tag ebenfalls das Futter nicht geteilt, was zu lautstarken Auseinandersetzungen führte, die naive menschliche Betrachter für dümmliches Affengezänk halten. 

Wie oben angesprochen gehen fast alle tierischen und menschlichen Selbststeuerungen ausschließlich von den oben genannten Gefühlen aus. Gefühle sind also fast immer die Ursache (Motive) für jegliches Verhalten. Die meisten dieser Gefühle hängen eng mit angeborenen Verhaltensweisen (Trieben, Automatismen, Reflexen) zusammen. Dies gilt auch für Gefühle wie Ehre, Neid, Leidenschaft, Hass, Liebe, Freude, Jubel, Ausgelassenheit, Herzlichkeit usw. Alle diese Gefühle lassen sich als Mischungen der in unserer Liste (s. o.) aufgeführten Gefühle auffassen. Diese Mischungen entstehen hauptsächlich bei der Wahrnehmung oder Erinnerung komplexer Reizmuster, werden aber auch durch Lernprozesse, insbesondere durch operantes Konditionieren (s. o.) erheblich verursacht und beeinflusst. Dadurch haben sie gegenüber den mit Trieben gekoppelten Gefühlen eine gewisse Eigenständigkeit. Das Gefühl „Liebe“ kann z. B. aus einzelnen Gefühlskomponenten wie Altruismus, Sexualität, Brutpflegeverhalten, Rangordnungsverhalten, Neugier, Spielverhalten, Bewegung usw. zusammengesetzt sein. Es entsteht z. B. bei der Wahrnehmung eines Partners, einschließlich seiner Sprache, Gerüche, Berührungen usw. Liebesgefühle können aber durch Konditionierungslernen mit nahezu beliebigen Reizmustern verknüpft werden. Dadurch wird es möglich, dass manche Männer ihr Auto mehr lieben als Ihre Frau. Bei der Bildung von Gefühlen gegenüber Reizen, die sich nur in der modernen Kultur finden, werden biologisch ursprüngliche Gefühle und eher erworbene Gefühle auf bisher unverstandene Weise kombiniert. Dabei entstehen die verschiedenen Gefühle sogar zum Teil in verschiedenen Hirnbereichen.

Machen wir uns die Bedeutung der Emotionalität für die menschliche Selbststeuerung an Beispielen klar.

Der zentrale Bereich der menschlichen Ethik ist die Regelung des Umgangs der Menschen miteinander. Dafür hat z. B. das Rangordnungsverhalten ganz besondere Bedeutung. Es liefert nicht nur eines der stärksten Motive für jeglichen Fortschritt, es liefert auch wesentliche Grundlagen für die Fähigkeit zu Gehorsam, Pflichtgefühl, Gewissen, Selbstbeherrschung sowie Ehrgeiz und Dominanz.

Ein anderes ethisch besonders bedeutsames Gefühl ist die Liebe, insbesondere altruistisches Empfinden und –Verhalten. Es liefert die Motive für gegenseitige Hilfe (symbiotische Kooperation, soziales Verhalten). Für Letzteres spielen beim Menschen auch angenehme Gefühle bei sprachlicher Kommunikation eine Rolle. Diese Rolle übernehmen im Tierreich eher Gefühle, die bei wechselseitiger Körperpflege (Fellreinigung) entstehen.

Selbst für die vielfältigen scheinbar so typisch menschlichen Höflichkeitsrituale finden sich bei Menschenaffen zahlreiche Vorformen. Es gibt zahlreiche mimische und gestische Signale, die das soziale Verhalten regulieren.

Schon bei Menschenaffen werden alle Gefühle teilweise durch Verstand gesteuert und durch Lernen beeinflusst. Außerdem werden alle Selbststeuerungsmaßnahmen ständig bei der realen Anwendung auf Tauglichkeit überprüft. Es findet also eine Auslese statt (Beispiele unten). Diese bezieht sich bei Menschenaffen sowohl auf genetische als auch auf erworbene Programme zur Selbststeuerung. Beim Menschen ist diese Auslese wegen der extremen Freiheitsverherrlichung weniger wirksam und sie wirkt sich auch überwiegend nur noch auf erworbene Verhaltensprogramme aus. Überwiegend erworbene ethische Verhaltensprogramme sind z. B. Benimm-Regeln, (Sexual)tabus, Neurosen usw. Programme, die stark auf angeborenen Anlagen beruhen, sind alle in unserer Übersichtsliste (Kap. X und s. o.) genannten Gefühle. Beispiele sind Wutausbrüche, wenn Mitmenschen oder –tiere gegen vorgeschriebene Normen verstoßen oder der Zwang, jemandem, der in Lebensgefahr gerät, helfen zu wollen und zu müssen. Machen wir uns jetzt noch an Beispielen klar, wie die oben erwähnte Auslese funktioniert:

Tierische Gruppen, die über Programme für Unterwerfungsgesten verfügten, hatten höhere Fortpflanzungserfolge als andere, weil sie weniger Energie bei Rangordnungsauseinandersetzungen verschwendeten.

Menschliche Gruppen, die z. B. gegenseitige Hilfe verherrlichten aber das Töten von Artgenossen, ständige Sexualpartnerwechsel und Stehlen verteufelten, hatten höhere Fortpflanzungserfolge als andere Gruppen.

Das hier verdeutlichte Auswahlprinzip ist einer der Gründe, weshalb die Verhaltensvorschriften aller Religionen sich sehr ähneln. Unter ähnlichen Umweltbedingungen entwickeln sich ähnliche Ethiken und Götter. In verschiedenen Trockengebieten z. B. schaffen verschiedene Menschengruppen sich verschiedene Regengötter. Diese Erscheinung entspricht dem, was wir in der Evolutionslehre „Analogie“ nennen (s. o.). Unter ähnlichen Selektionsbedingungen entstehen Arten mit ähnlichen Eigenschaften und Merkmalen, auch wenn sie nicht eng miteinander verwandt sind. Ein beliebtes Beispiel sind die stromlinienförmigen Körper der nur entfernt verwandten Fische, Wale, Pinguine usw.

Ein weiterer Grund für die Ähnlichkeit von Religionen ist ihre Verwandtschaft. So, wie alle Lebewesen möglicherweise von einer Urzelle abstammen, stammen vielleicht alle Religionen von einer Urreligion ab (vgl. Kap. X). Wenn Merkmale und Eigenschaften von Lebewesen sich aufgrund gemeinsamer Gene gemeinsamer Vorfahren entwickeln, spricht man von „Homologie“. (Homolog sind z. B. die Flossen der Wale und Robben, die Vorderbeine der Wirbeltiere sowie die Flügel der Vögel und die menschlichen Arme.)

Alle Gemeinsamkeiten heutiger Religionen beruhen z. T. auf solchen Homologien, also auf gemeinsamer Abstammung, z. T. auf Analogien. Die Ähnlichkeit von Christentum und Islam beruht z. B. ganz wesentlich auf kultureller Homologie (Verwandtschaft). Beide Religionen haben u. a. einen gewissen Abraham gemeinsam. Beide Religionen wurden später durch Mohammed, Jesus, Luther, Calvin, überhaupt nicht unschuldige Päpste wie Innozenz III. und IV. usw. verändert. Die verschiedenen Bekenntnisse entsprechen grob biologischen Rassen, die Religionen entsprechen Arten. 

Alle Abweichungen, alle Veränderungen und alle Gemeinsamkeiten zwischen und von Religionen beruhen z. T. auch auf Zufällen, z. B. auf dem Charakter und den Einfällen, Träumen oder Halluzinationen ein wenig verrückter Gurus, Zauberer, Religionsstifter usw. Die Zufallswirkungen entsprechen den Mutationen in der biologischen Natur. Alle Veränderungen religiöser Regeln (jeder Ethik und vieler kultureller Entwicklungen) unterliegen einer kulturellen Auslese, die der biologischen Selektion entspricht. Dazu haben wir im vorigen Abschnitt Beispiele kennen gelernt (siehe „Regengötter“, vgl. aber zusätzlich auch Kap. X).

Damit haben wir die Entstehung von Ethik ein wenig beleuchtet. Genaueres findet sich u. a. in den Kap. X und X. Auch über die Probleme und Definitionen menschlicher Ethiken haben wir dort viel geschrieben. Diese Gedanken gehören zum fundamentalen Wissen für das Verständnis dieser Welt und für eine konstruktive Selbststeuerung der Menschen, müssten also Thema dieses Kapitels sein. Dennoch wollen wir nicht alles aus den speziellen Ethikkapiteln wiederholen, sondern im Folgenden (und oben) nur die wichtigsten Gedanken noch einmal zusammentragen.

Die größten Selbststeuerungsprobleme der Menschheit entstehen aus Fehlern bei der Auswahl ethischer Werte, aus formalen Fehlern (Logik, Widerspruchsfreiheit usw.) und destruktiver Verschiedenheit (Hyperheterogenität).

Um die Lebensqualität auf diesem Planeten zu erhöhen, müssten also alle ethischen Konzeptionen kritisch durchdacht, überprüft und verändert werden.

(Dazu sind die meisten Menschen nur in geringen Maßen bereit und fähig [Indoktriniertheit, Dogmatismus, Dummheit, Wissensmangel]. Diese Bereitschaft und Fähigkeit müsste also weltweit [z. B. durch Medien und Ausbildungsinstitutionen] gefördert werden. Wir betonen nochmals, dass neben der Verbreitung von kritischem Bewusstsein (formal)  auch  die Verbreitung der relevanten Informationen (inhaltlich) unverzichtbar ist.

Danach müsste die Menschheit sich auf die bestmögliche Ethik einigen und diese erhalten. D. h., ideologische Freiheit einschränken.

Musik

Die Kunst hatte ursprünglich verschiedene biologische Funktionen. Sie diente und dient der Bewältigung von Konflikten, dem ökonomischen, ungefährlichen Ausprobieren neuer Ideen im Vorstellungsraum, der Speicherung und Übertragung von Information, der Entwicklung von Sprache und Intelligenz, der Befriedigung von Rangordnungsbedürfnissen, der Verbesserung handwerklicher Geschicklichkeit, der Kommunikation, der Entdeckung, Kreation und Verarbeitung neuer Strukturen und Ideen.

ENTSTEHUNG, SINN UND WESEN DER MUSIK

Was ist Musik?

Musik und der musikalische Genuss beruhen auf zwei Hauptkomponenten:

1. Rhythmus

2. Klang (Töne, Melodien, Obertöne, Konsonanz)

Beschäftigten wir uns zunächst mit den Tönen:

Musik besteht aus Schallwellen. Da wir es mit Wellen zu tun haben, treten wieder Wellenlängen und Frequenzen auf. Die Frequenz =Schwingungen pro Zeiteinheit (gemessen in Hertz) entspricht dem, was in der Alltagssprache Tonhöhe genannt wird. Die Tonhöhe ist also bei Schallwellen etwas Ähnliches, wie bei Lichtwellen die Farbe. Fast alle akustischen Signale bestehen aus Mischungen von Wellen verschiedener Frequenzen. Diese Mischungen nennen wir Schallwellenmuster. Es gibt zwei Grundtypen von Schallwellenmustern.

Schallwellenmuster, die entstehen, wenn Materie, wie z. B. Luft- oder Wassermoleküle ungeordnet vibrieren, nennt man Geräusche. Beispiele sind menschliche Lautsprache, raschelnde Blätter usw.

Wenn diese Vibrationen gleichmäßige, rhythmische Schwingungen sind und nur eine Frequenz eindeutig vorherrscht, nennt man die entstehenden Muster von Schallwellen Töne. Reine Töne, bei denen wirklich nur eine Frequenz erklingt, sind selten und nicht ganz leicht zu erzeugen.

Wenn man menschlichen Gesang oder ein Instrument hört, erklingen neben dem Hauptton (Grundton) immer gleichzeitig viele leisere Nebentöne, die man Obertöne nennt. Diese Töne können die doppelte, dreifache usw. Frequenz des Grundtons haben und in unterschiedlichen Lautstärken auftreten. Diese Obertöne (ihre jeweilige Mischung) geben Instrumenten und menschlichen Stimmen ihren charakteristischen Klang. Deshalb heißt auch die gesamte Mischung „Klang“.

Menschen können Schallwellen (Töne) zwischen ca. 20 Hertz und ca. 20000 Hertz hören. Das sind ca. zehn Verdoppelungen (von 20, nach 40, nach 80, nach 160 Hz usw.).

Von den elektromagnetischen Wellen können Menschen nur einen Ausschnitt wahrnehmen (sehen) der eine Verdopplung beinhaltet. Dieser Ausschnitt heißt sichtbares Licht und entspricht den Farben des Regenbogens.

Einen Ausschnitt von einer bestimmten Frequenz bis zum doppelten dieser Frequenz nennt man Oktave. Diese Bezeichnung stammt aus der Musik und ist eigentlich etwas unglücklich. In der Musik besteht eine besonders beliebte Unterteilung der Gesamtheit von Tönen aus acht Tönen, der so genannten Oktave. Der Begriff Oktave ist von dem lateinischen Wort „octo“ = acht abgeleitet. Physikalisch betrachtet ist diese Einteilung, wie wir unten erläutern werden, nachvollziehbar, aber nicht unbedingt die sauberste (mathematisch einfachste) Lösung. Widmen wir uns kurz der Entstehung dieser merkwürdigen Oktave:

Um zu musizieren, mussten die Menschen das riesige Angebot von Geräuschen und Tönen irgendwie ordnen und unterteilen. Es gibt unendlich viele Zwischenfrequenzen zwischen allen Tönen und Frequenzen aller Wellen. Das wird deutlich, wenn man Wölfe oder Sirenen heulen hört. Bei diesen akustischen Signalen wird die Tonhöhe allmählich erniedrigt oder erhöht. Das können Menschen übrigens auch mit ihren Stimmbändern erreichen, indem sie die zugehörigen Muskeln allmählich und kontinuierlich zusammenziehen.

Wie unterteilt man nun diese Unendlichkeit von Wellenlängen und Frequenzen sinnvoll in einzelne Stufen, die den Farben des Regenbogens entsprechen? Das war die Frage, die sich das menschliche Hörzentrum und die menschliche Erbinformation gemeinsam „voller Neid auf das Sehzentrum“ vielleicht schon vor ca. 1-2 Millionen Jahren zu stellten begann. Physikalisch würde es sich anbieten, die Oktaven mehrmals zu halbieren. So käme man auf  3, 5, 9, oder 17 einzelne, verschiedene Töne. Wenn Sie von jeder dieser Zahlen die Zahl 1 abziehen, erhalten Sie die übliche Reihe (1), 2, 4, 8, 16. Der Grundton (C in C-Dur) wird in jeder Tonart zweimal verwendet, deshalb weisen die typischen Tonreihen stets ein Element (Ton) mehr auf als die übliche mathematische Reihe. Aber die Menschen gingen nicht mit ihrem Verstand mathematisch, formal und exakt an die Sache heran, sondern sie suchten mit ihren Gefühlen. Interessanterweise gingen aber ihre Gefühle und Erbinformationen ziemlich mathematisch an die Töne heran. Die meisten Menschen erleben besonders angenehme Gefühle, wenn die Frequenzen von gleichzeitig oder direkt nacheinander erklingenden Tönen in möglichst einfachen ganzzahligen Verhältnissen zueinander stehen. Solche Tonfolgen bzw. die Abstände und das Verhältnis zwischen zwei Tönen nennen Menschen Intervalle. Die Intervalle, welche angenehme Gefühle hervorrufen, nennt man Konsonanzen, die anderen Dissonanzen. Das einfachste und angenehmste Zahlenverhältnis (Intervall) ist 1:2. Das ist nichts anderes als die schon erwähnte Oktave. Wenn also zwei Töne gleichzeitig erklingen, von denen der eine doppelt so große Wellenlänge (bzw. Frequenz) hat, wie der andere (eine Oktave), empfinden die meisten Menschen ein angenehmes Gefühl. Oktaven klingen echt cool.

Nun stellt sich die Frage, wie die Unterschiede zwischen den verschiedenen Intervallen physikalisch zu Stande kommen und wie sie von Menschen erlebt werden. Schallwellen, die sich begegnen (überlagern), geht es wie anderen Wellen auch. Bei einigen anderen Wellen kann man die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Wellen sehen oder sichtbar machen. Die Welleninteraktionen, die uns hier am meisten interessieren, nennt man Interferenzen. Werfen Sie zwei verschieden große Steine in einen Teich. Jeder löst an der Stelle, an der er die Wasseroberfläche berührt, um sich herum die Bildung kreisförmiger Wellensysteme aus. Weil die Steine verschieden groß sind, sind die Wellenlängen und Frequenzen der Wellen von beiden Systemen verschieden. (Dies entspricht dem gleichzeitigen Spielen zweier verschiedener Töne auf einem Instrument.). Einige Wellen wandern von ihren Entstehungssorten aus aufeinander zu. Wo sie sich begegnen entstehen seltsame Muster. Diese Muster kommen dadurch zu Stande, dass die Wellenberge und Wellentäler von den verschiedenen Zentren sich gegenseitig beeinflussen. Treffen zwei Berge oder zwei Täler aufeinander, so bilden sie neue, größere Berge und Täler. Treffen Berg und Tal zusammen, so bilden sie kleine oder keine Berge oder Täler. Meistens treffen die Wellen nicht mit Extremstellen (höchste Berge oder tiefste Täler) aufeinander, sondern mit irgendwelchen Übergangsbereichen (Zwischenstufen). Dadurch entsteht auf der Wasseroberfläche ein kunterbuntes Durcheinander, das aber auch geordnete Strukturen aufweisen kann. Die entstehenden Muster weisen oft Strukturen, die sich gleichförmig (rhythmisch) wiederholen auf. Häufig beobachtet man Serien aus vielen kleinen Wasserbergen, die an Vibrationen erinnern. Schallwellen, die sich überlagern können ähnliche Luftberge bilden. Wenn diese nacheinander das menschliche Ohr erreichen, werden sie als Vibrationen wahrnehmbar. Es sind also vor allem unterschiedliche Vibrationen, welche die verschiedenen Intervalle in der Musik kennzeichnen. Spielt man zwei gleiche Töne oder irgendwelche Oktaven, so treten keine Vibrationen auf. (Wir sehen hier einmal –etwas unzulässig- von den Obertönen, die bei jedem Instrumentenspiel mitklingen ab.). Diesen Umstand kann man beim Stimmen von Instrumenten ausnutzen. An Gitarren, Geigen, Klavieren und usw. verändert man die Spannung einer Saite solange, bis keine Vibrationen mehr zu hören sind, wenn man die Saite gleichzeitig mit einer gleichgestimmten Saite oder einer Stimmgabel usw. anschlägt. Verändert man nun allmählich zunehmend wieder die Spannung der Saite, so hört man zunächst Vibrationen mit niedriger Frequenz, die zunächst mit der Spannungsänderung zunehmen. Die Vibrationen werden vereinfacht gesagt immer schneller. Steigert oder verringert man die Spannung nun weiter, so kommt es zu kunterbunten Veränderungen der Vibrationen. Auch diese Veränderungen sind aber wieder nicht völlig chaotisch. Tendenziell gilt, dass die Vibrationen rund um die Mitte innerhalb einer Oktave relativ niedrigfrequent (= langsam) sind. in diesem Bereich liegen auch Intervalle, die als besonders angenehm (konsonant) empfunden werden. Es sind Quart und Quint. Direkt darunter und darüber liegen Terz und Sexte, die ebenfalls, wenn auch etwas weniger, von den meisten Menschen als wohlklingend empfunden werden. Es sieht also so aus, als seien keine oder wenigstens langsame Vibrationen ein wichtiges Kriterium für den angenehmen Klang von Intervallen. Die Vibrationen sind immer dann besonders langsam, wenn die Frequenz der gleichzeitig erklingenden Töne möglichst einfache Zahlenverhältnisse bilden. Die Oktave stellt eine objektive und die einfachste physikalische Beziehung dar. Ihrer Wahrnehmung wurde ein besonders angenehmes Gefühl zugeordnet. Jedem Intervall wurde ein bestimmtes Gefühl zugeordnet.

Genauer gesagt sorgte die biologische Selektion dafür, dass viele Menschen gemeinsame angeborene Anlagen besaßen, die bei gleicher Sozialisation zu ähnlichen angenehmen Gefühlen beim Hören bestimmter Intervalle führten. Hier klingt schon an, dass auch beim Musikgenuss ein Teil der Zuordnung von Reiz (Intervall usw.) und Reaktion (Gefühl usw.) gelernt wird. Zusammengehörige Gruppen von Menschen sozialisierten sich früher meistens so, dass auch das Lernen zur Ähnlichkeit bzgl. aller musikalischen Empfindungen beitrug. So entstand im Mittelalter z. B. das heutige populäre musikalische Empfinden der westlichen Welt, die tonale Musik (Genaueres s. u.).

Musikalische Heterogenität

In jüngster Zeit gilt in der Musik, wie in den meisten kulturellen Bereichen, mehr denn je die Devise: „Lasst uns frei und ganz verschieden sein, damit Menschen sich mit ihren unterschiedlichen -oder noch geiler gegensätzlichen- Geschmäcken perfekt nerven können.“

Jahrhunderttausendelang hatten die Menschen Milliarden von tödlichen Problemen, weil ihre territoral-rassistische und jugendinnovationistische Verschiedenheit die Verschmelzung ihrer Kulturen behinderte. Heute fördern selbst konservativste Antirassisten die übliche liberomane, –oder besser masophile masochistenwürdige Selbstheterogenisierung. Allerdings ist es nicht die Vielfalt selbst, die unvorstellbares unnötiges Leid erzeugt, sondern die Tatsache, dass die meisten Menschen die meisten Formen von Musik (Moden, Möbeln usw.) manchmal bis zum Erbrechen ablehnen. Doch zurück zu den genetischen Grundlagen des Musikempfindens:

Die Entstehung des Musikgenusses

Die teilweise angeborene feste Zuordnung bestimmter Gefühle zu bestimmten Reizen (z. B. zu Tonintervallen)  ist ein alter Trick der Natur, der hilft, die Welt genauer abzubilden und gleichzeitig Motivationen (Gefühle) schafft, um direkt reagieren und besser überleben zu können. In diesem Fall vermitteln Gefühle direkt und korrekt aber etwas ungenau bestimmte unsichtbare reale Zusammenhänge.

Wahrscheinlich entstand die Zuordnung von angenehmen Gefühlen zu einfachen Zahlenverhältnissen, weil es sinnvoll war, die Entdeckung bestimmter realer Zusammenhänge mit bestimmten Gefühlen zu verknüpfen und weil es (nur) dadurch möglich wurde, gemeinschaftlich zu singen und zu musizieren. Wenn man zwei Töne, die eine Oktave auseinanderliegen, als grundsätzlich gleich erkennt, wird es zum Beispiel möglich, dass Kinder und Frauen mit hohen Stimmen gemeinsam mit Männern mit tiefen Stimmen singen. Damit gemeinschaftliches Musizieren angenehm und möglich werden konnte, mussten die Gefühle verschiedener Menschen beim Wahrnehmen verschiedener Intervalle ähnlich sein. Eine solche Gleichheit kann nur erreicht werden, wenn die erzeugten Gefühle auf angeborenen Anlagen beruhen. Werden (würden) die Gefühle vornehmlich erworben, entsteht (entstünde) die oben schon angesprochene (furchtbare?), frustrationsträchtige musikalische Verschiedenheit. Gruppenmitglieder, die musikalisch ähnlich empfanden, wie die gesamte Gruppe, hatten dadurch bessere Überlebens- beziehungsweise Fortpflanzungschancen. Sie hatten zum Beispiel stärkere und häufigere Bindungen (Kontakte) zur Gruppe, was Schutz bedeutete. Außerdem diente die gemeinsame Musik wahrscheinlich auch schon früher zur Synchronisation von territorialen Angriffen und Verteidigungen (s. u.). Gruppen, bei denen sich besonders viele an solchen Aktionen beteiligten, weil besonders viele auf die gemeinsamen musikalischen (anfangs vielleicht auch nur rhythmischen) Signale reagierten, waren besonders erfolgreich.

Ihre Gefühle führten die meisten Menschen der westlichen Welt jedenfalls dahin, eine Oktave in zwölf so genannte Halbtonschritte zu unterteilen. In den meisten Musikstücken verwenden die Menschen allerdings, wie oben schon angedeutet nur ca. 8 dieser 12 Töne. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass die Zahl der Unterteilungsschritte (Töne zwischen einer Oktave) nicht entscheidend wichtig ist. Man wird auch bei einer Unterteilung in z. B. 20 Stufen (Töne) rund um die Mitte (die zehnte Stufe) besonders wohlklingende Intervalle finden, nämlich immer dann, wenn zwei Töne einfache Zahlenverhältnisse bilden. Mit circa acht Tönen konnte man alles erreichen, was Hertz und Herz, oder besser das Gehirn, begehrten. Man konnte viele Intervalle, die einfache Zahlenverhältnisse darstellten (Konsonanzen), bilden. Man hatte ein einfaches System, was sowohl den gemeinsamen Gesang als auch den Bau von Musikinstrumenten leicht möglich machte.

Wir wollen uns an Beispielen klar machen, was es mit diesen Zahlenverhältnissen eigentlich auf sich hat. Wir gehen von einem Grundton mit einer bestimmten Frequenz aus. Der Einfachheit halber wählen wir den berühmten Kammerton „A“. Er hat die Frequenz 440 Hertz (=Schwingungen pro Sekunde). Eine Oktave höher finden wir wieder ein „A“, diesmal aber von 880 Hertz. Lässt man beide Töne gleichzeitig erklingen, haben wir ein Verhältnis von 440:880 = 1:2 bzw. 2:1. Dieses Verhältnis heißt Intervall. Suchen wir nach anderen einfachen Zahlenverhältnissen! Das erste, was auf- und einfallen sollte, wäre 440 zu 660 Hertz. Hochschulmathematiker, die vor der Pisastudie die Schule verlassen haben, können diesen „komplizierten“ Bruch kürzen. Wenn man beide Zahlen durch 220 teilt, kommt man tatsächlich auf einen sehr einfachen Bruch, nämlich 2:3. Dieses Zahlenverhältnis gehört zum einfachsten, was man sich denken kann und auch zu einem besonders wohlklingenden Intervall, nämlich der Quinte. Das Spiel können wir nun für alle Intervalle durchführen, überlassen es aber dem Leser und der Fachliteratur, weil wir nur die Prinzipien verdeutlichen wollen. Wir vergleichen aber noch einmal mit der mathematisch einfachsten Unterteilung:

 

a  (c)                                    e  (g)                                     (c´)   

440      495        550       605       660       715      770      825     880 Hertz

 

Die Zahlenreihe verdeutlicht, wie man eine Oktave physikalisch ideal in Töne unterteilen kann. Man würde einmal oder mehrfach halbieren. Das führt zu 2, 4, 8, 16 usw. verschiedenen Tönen und ebenso vielen Intervallen. In unserem Beispiel haben wir 8 verschiedene Töne gewählt, weil wir damit (zufällig?) ganz in der Nähe der in Europa üblichen Unterteilung (Tonleiter) sind. Tatsächlich enthält diese Tonleiter den Ton e =660 Hertz =Quint aus der Sicht des Grundtons a und den Ton cis (große Terz). Die Quart dagegen 440:586,66 = 3:4 wird (schmerzlich?) vermisst. Das dürfte ein Grund sein, aus dem die Menschen ihre Unterteilung der Töne etwas anders gewählt haben als wir es oben dargestellt haben. Sie haben (in der traditionellen europäischen Musik) Halbtonschritte und ein Intervall weniger in ihre Tonleitern eingebaut.

Resümierend können wir sagen, dass menschlichen Ohren, Hörzentren, Gene usw. offenbar großartig einfache mathematische und physikalische Zusammenhänge erkannt haben. Die Unterteilung in zwölf Töne und die Weiterunterteilung in bestimmte 8 Töne führt offenbar zu Musikstücken, die relativ einfach und für die meisten Ohren im Sinne der angeborenen Anlagen  besonders wohlklingend sind. Fast die gesamte Popmusik, aber auch Volksmusik und weite Teile der klassischen Musik verwenden oft nur acht Töne in einem Musikstück und vornehmlich konsonante Klänge. Das Ganze nennt man dann tonale Musik. Diese acht Töne bilden die so genannte Tonleiter. Die bekannteste ist die C-Dur Tonleiter. Die acht Töne sind nach dem Alphabet bezeichnet. Sie heißen: C, D, E, F, G, A, B, C.

In Deutschland hat man ziemlich blödsinniger Weise aus dem B ein H gemacht.

Wenn ein Lied vornehmlich diese acht Töne enthält, sagt man, es sei in der Tonart C-Dur geschrieben. Schreibt man jeden Ton dieses Liedes einen Halbton höher (=transponieren), so hat man ein Lied in Cis-Dur. Das ist eine ungebräuchliche Tonart. Einen weiteren Halbton höher kommt man auf eine beliebte Tonart, D-Dur. So kann man alle Tonarten bilden, indem man immer weiter um jeweils einen Halbton erhöht oder erniedrigt. Besonders gebräuchlich sind die Tonarten C, D, G, F, A, B (nicht H).

In jeder Tonart (Tonleiter) finden sich auch Halbtonschritte, meistens zwei. Diese kann man an verschiedene Stellen legen. Auf diese Weise entstehen u. a. die Moll-Tonarten. Die alten Griechen nutzten außerdem noch mehrere andere Varianten, Details überlassen wir aber der Musikliteratur. Relativ einfache Zahlenverhältnisse ergeben sich bei Intervallen von 1, 3, 4, 5, 7, 8 und 9 Halbtonschritte. Die entsprechenden Intervalle heißen Prime (1), kleine Terz (3), große Terz (4), Quart (5), Quint (7), kleine Sexte (8) und große Sexte (9). Man sieht, dass die meisten Zahlen nicht zu den römischen Zahlennamen passen. Bei Quart erwartet man die Zahl 4, also 4 Töne bei Sext 6 Töne usw. Zu dieser Zuordnung kommt man tatsächlich, wenn man die Töne der Tonleiter verwendet. Darin finden sich ja hauptsächlich Ganztöne als kleinste Zwischenstufen. Ein Ganzton besteht natürlich aus zwei Halbtönen. Das Ganze wird deutlich, wenn wir einmal eine 12-Tonreihe mit fettgedruckten Tönen der C-Dur Tonleiter  aufschreiben: C, Cis, D, Dis, E, F, Fis, G, Gis, A, B, H, C. Zwischen E und F sowie zwischen H und C liegen die Halbtonschritte. Von C nach G zählt man C, D, E, F, G, also 5 Töne, was der Quint im Lateinischen entspricht. Die nicht fett geschriebenen Töne (Buchstaben) entsprechen übrigens den schwarzen Tasten auf Klavier, Orgel usw.

Alle (in den meisten Menschenohren) wohlklingenden Intervalle nennt man Konsonanzen. Intervalle, die unangenehm klingen, nennt man Dissonanzen. Spielt man z. B. zwei Töne gleichzeitig, die zwei Halbtöne auseinander liegen (Sekunde), so klingt das in den Ohren (Hörzentren, limbischen Systemen) der meisten Menschen ziemlich unangenehm (dissonant).

Fassen wir das Wichtigste zusammen:

Es gibt angeborene Anlagen für angenehme Gefühle, die beim Hören von Konsonanzen und unangenehme Gefühle, die beim Hören von Dissonanzen entstehen. Diese Gefühle beruhen auf einfachen physikalischen Erscheinungen. Wenn zwei Töne gleichzeitig ertönen, deren Wellenlängen in einfachen Zahlenverhältnissen zueinander stehen, bezeichnen und empfinden Menschen sie als konsonant (=beruhigend, entspannend, wohlklingend), sonst als dissonant (unstimmig, unangenehm, eine Auflösung fordernd). Mit Auflösung ist in der traditionellen Musik mindestens eine folgende Konsonanz gemeint.

Historische Entwicklungen

Unser Ziel soll es sein, die Entstehung der heutigen ursprünglich europäischen vorherrschenden Musik zu verstehen. Dazu müsste man natürlich die gesamte Entwicklung kennen. Je weiter wir jedoch zurückschauen, desto unklarer und unsicherer sind die Befunde. Die heutige übliche Notenschrift hat sich über mehr als 1000 Jahre allmählich entwickelt. Auch die alten Griechen und einige asiatische Kulturen hatten einfache Notenschriften entwickelt. Vorher wurde mindestens 50.000 Jahre lang musiziert, jedoch kaum Kopien der Musikstücke angelegt. Man fand Hinweise auf Musikinstrumente, aber nur wenig zu Musik.

Unser europäisches Musikempfinden ist, wie so vieles, unter anderem aus griechischen Traditionen entstanden. Pythagoras hatte schon das Wesen der Konsonanzen erkannt. Eine Quart liegt zum Beispiel dann vor, wenn zwei gleiche gleich gespannte Saiten gezupft werden, von denen eine 30, die andere 40 cm lang ist (3:4). Die Griechen kannten auch schon die Unterteilung einer Oktave in acht verschiedene Töne und verschiedene Tonleitern. Diese bestehen aus Ganz- und Halbtonschritten. Dies nennt man diatonisch.

Mit solchen Tonleitern arbeitete auch die Musik des Mittelalters, aus der unsere heutige Musik hauptsächlich entstanden ist. Während aber die Griechen noch viele verschiedene Tonleitern kannten, weil sie die Halbtöne an alle möglichen Stellen in der Tonleiter setzten, beschränkte sich die Musik des Mittelalters auf zwei Grundtypen. Zunehmend kristallisierten sich nämlich die Tonarten Dur und Moll heraus. Die unterschiedlichen Varianten wie z. B. Dur und Moll heißen Tongeschlechter. Die Klangfarbe und die Qualität der auslösbaren Gefühle des Tongeschlechts hängen von der Setzung der Halbtonschritte ab. Von der Musik des Mittelalters blieben vor allem geistliche Musikstücke (vor allem gregorianische Gesänge) erhalten. Es wurde vornehmlich in Klöstern überhaupt irgend etwas aufgeschrieben. Der Aufbau von Harmonien wurde streng eingehalten.

Häufig enden Musikstücke mit der so genannten Kadenz. Das ist die Folge der Dreiklänge (oder ihrer Grundtöne) Tonica, Subdominante, Dominante, Tonika. Das angenehme Empfinden eines solchen Abschlusses von Musikstücken und von konsonanten Klängen ist wie auch das unangenehme Empfinden dissonanter Klänge z. T. erlernt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts haben Menschen in Europa vornehmlich tonale Musik komponiert, gehört, gesungen, gespielt und genossen. Zur Erinnerung: Tonal bedeutet, dass man vornehmlich in einer festgelegten Tonart bleibt und konsonante Klänge eindeutig bevorzugt. Die Mehrheit bevorzugte und bevorzugt Musik dieser Art. Diese musikkonservative Mehrheit folgte angeborenen Anlagen, dem z. T. zufallsbedingten Konsens der jeweiligen Zeit und dogmatischen Bewahrungstendenzen gepaart mit der Angst vor dem Fremden.

In diesem Sinne komponierten Komponisten der Klassik (ca. 1750-1820) wie Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart ihre Musik. Allerdings machte zum Beispiel schon Bach sich bei Teilen seines Publikums unbeliebt, indem er so genannte funktionelle Disharmonien einsetzte.

Danach, Im 19. Jahrhundert, in der Romantik (1820-1920) lösten Komponisten wie Frédéric Chopin, Robert Schumann, Johannes Brahms und Richard Wagner die altbewährten Normen ein wenig auf. Man wechselte öfter einmal die Tonart und baute unharmonische Töne und dissonante Akkorde in die Werke ein.

Noch weiter lösten im 20. Jahrhundert einige Komponisten, wie Claude Debussy, Béla Bartók und Igor Strawinsky die alten konsonanten Traditionen auf.

Andere Komponisten, wie Arnold Schoenberg, Anton Webern und Alban Berg gingen noch weiter. Sie gaben also die Tonalität ganz auf und schrieben atonale Musik.

Anfang des 20. Jahrhunderts war in der Musik wie -in der übrigen Kunst- eine Strömung entstanden, die zur Aufgabe der alten Normen blies. Einigen Musikern war wohl die traditionelle Musik langweilig geworden und man brach zu neuen Ufern auf. In der atonalen Musik z. B., behandelt(e) man alle zwölf Halbtöne und alle möglichen Intervalle weitgehend gleich. Deshalb wird diese neue Musikrichtung  wird auch 12-Ton-Musik genannt. Sie konnte sich aber nicht allgemein durchsetzen. Wahrscheinlich ist es bei den meisten Menschen nicht möglich, die angeborenen und erworbenen Vorlieben für konsonante Klänge durch Lernen in eine (zusätzliche) Genussfähigkeit für dissonante Klänge zu verwandeln. Das bedeutet keineswegs, dass die Zuordnung von angenehmen Gefühlen und den üblichen konsonanten Intervallen eine unumstößliche ewige Wahrheit ist. Es handelt sich um eine ursprünglich arterhaltende Konvention. Diese Konvention beschränkt sich aber nicht auf menschliche Psychen, sondern liegt auch in menschlichen Genen. Dadurch wird sie noch schwerer veränderlich. Für eine solche Veränderung lässt sich auch kaum eine vernünftige Begründung finden.

Fragen wir uns in diesem Zusammenhang, warum entstanden überhaupt in der traditionellen Musik Strömungen, die zur Aufgabe der alten Normen bliesen. Mögliche Ursachen sind: Gewöhnungslernen, Prestigedenken, politischer Protest, Experimentierfreude, Innovationsappetenz, genetische Veränderungen, Freude am Widerstand gegen aufgezwungene Normen usw. Ähnliche Strömungen finden sich auch in der modernen Musik (einschließlich Unterhaltungsmusik) und anderen (Kunst)Richtungen.

Die wichtigsten vertretbaren Gründe für die Entwicklung der dissonantophilen Zwölftonmusik (philein = lieben) und später Avantgarde lagen in Gewöhnungslernen, Prestige und Innovationsappetenz, also der Suche nach Neuem. Da aber auch in der traditionellen (tonalen, konsonantophilen) Musik eine unvorstellbare Menge an Variationen möglich ist, erscheinen diese Gründe (Argumente) für jegliche Dissonanzförderung nicht überzeugend.

Gegen die Dissonantophilie spricht auch die mit ihr verbundene Heterogenisierung. Damit meinen wir, dass Menschen bezüglich ihres Musikgeschmacks noch vielfältiger (heterogener = verschiedener) und emotional gegensätzlicher werden. Diese Verschiedenheit und die meistens damit verbundene emotionale Gegensätzlichkeit führen häufig zu mehr destruktiven Konflikten als zu konstruktiven Effekten, wie z. B. Fortschritt (s. o. und überall).

Die Menschen haben die biologischen Selektionsbedingungen, welche sie musikalisch (und auch in vielen anderen Beziehungen wie zum Beispiel Malerei, Mode und Möbel) ähnlich machten, weit gehend beseitigt. Nun genießt der eine genau das Musikstück, Bild, Möbelstück, Denkmodell, Kleidungsstück, Theaterstück, Kabarett-, Fernsehprogramm usw., was den anderen anekelt. So steigt die allgemeinen „Freude“ dank der allseits beliebten Devise: Lieber frei und gegensätzlich, als glücklich! Dabei liegt das eigentliche Übel allerdings nicht in der Vielfalt an sich, sondern in der meist irrationalen starken emotionalen Ablehnung vieler Modeströmungen, Musikrichtungen usw.

Genetische Veränderungen

Eine mögliche Ursache für die Entstehung und die, wenn auch nur mäßige, Verbreitung atonaler Musik liegt in möglichen genetischen Veränderungen der Komponisten und Konsumenten. Diese Möglichkeit wurde bisher wie üblich kaum betrachtet und schon gar nicht untersucht. Mit Sicherheit sind aber einige Menschen genetisch so verändert (mutiert) und/oder durch Erfahrungen so verändert, dass sie Dissonanzen als wenig unangenehm, bzw. sogar als angenehm, empfinden. Dies ähnelt vielleicht dem, was man in anderen Bereichen „Masochismus“ nennt, allerdings ist dies ein Masochismus ohne nennenswerte unmittelbare negative Folgen. Die (wenigen) Freunde der 12-Ton-Musik genießen diese, ohne dabei Schaden zu nehmen. Vielleicht lösen sie geringfügige Nachteile für Mitmenschen aus, wenn sie diese für die 12 Ton-Musik begeistern und gleichzeitig ihre Möglichkeiten, tonale Musik zu genießen, schmälern.

Dieses Verfahren ist für die Menschheit sehr typisch. Man fördert und untersucht die Anlagen und Talente junger Menschen grundsätzlich selten bewusst und fördert sie, „zum Ausgleich“, auch unabhängig von ihren Fähigkeiten mit Vorliebe in wenig konstruktiven Bereichen.

Vielleicht ergibt sich auch ein geringer Nachteil für die gesamte Menschheit, wenn die genetische Heterogenität beim Musikgenuss gefördert wird. Die Nachteile wären ähnlich, wie die Nachteile, die schon bei der Verteufelung der verschiedenen Musikstile und –richtungen entstehen. Das gemeinsame Genießen der Musik würde jedenfalls schwieriger und die biologischen Funktionen der Musik (s. u.) könnten nur noch weniger erfüllt werden. Das hätte Vorteile, wenn es z. B. um militärische Synchronisation kleiner rassistischer Geister ginge, wenn jedoch zum Beispiel der gemeinsame Genuss von Tanzen und Singen erschwert wird, hat das eher Nachteile. In diesem Zustand hat sich die Menschheit allerdings unter anderem durch die Schöpfung zahlreicher gegensätzlicher Musikstile bereits gebracht, ohne die Nachteile auch nur zu registrieren.

Harmonielehre

Jetzt wollen wir noch kurz erläutern, wie man Lieder (Melodien) begleitet. Dabei begnügen wir uns wieder mit wenigen wichtigen Prinzipien.

Wir gehen von einer Melodie (Lied) aus, die vornehmlich die Töne der Tonart C-Dur enthält. Als Begleitinstrumente wählen wir eine Bassgitarre und eine Rhythmusgitarre. In diesem Lied kommen im einfachsten Falle nur die 7 Töne c, d, e, f, g, a, h vor. Beginnen wir mit der  Rhythmusgitarre. Auf der Gitarre schlägt man meistens fast gleichzeitig sechs Saiten an. Dabei erklingen jedoch meistens nur drei verschiedene Töne. Die übrigen sind Oktaven zu diesen Tönen. Solche Zusammenklänge nennt man allgemein Akkorde, bei drei verschiedenen Tönen Dreiklänge. Natürlich gibt es auch Zweiklänge, Vierklänge usw. Dreiklänge sind aber als Begleitakkorde besonders beliebt. Grundsätzlich spielt man immer den Dreiklang, der zu den Tönen der gerade vorgetragenen Melodie passt. Passen heißt, dass gleichzeitig Töne erklingen, die konsonante Intervalle bilden. Schon der Dreiklang selbst besteht aus drei Konsonanzen. Die üblichen Dur–Dreiklänge bestehen aus einem Grundton, der zugehörigen großen Terz und der Quint. Der C-Dur-Dreiklang besteht also aus den Tönen c, e und g. Dieser Klang wird gespielt, wenn in der Melodie hauptsächlich (besonders an langen betonten Stellen) diese drei Töne verwendet werden. Betonungen ergeben sich u. a. aus dem Takt, in dem das Lied (Musikstück) geschrieben ist.

Wir haben jetzt einen Begleitakkord für 3 mögliche Töne. Es fehlen noch 4 Töne. Für diese 4 reicht ein weiterer Dreiklang nicht aus. Es müssen noch 2 Dreiklänge her. Dann haben wir zwar insgesamt 9 Töne –einige sind doppelt- aber das wirkt sich nicht weiter störend aus. Es ist oft sogar ganz praktisch. Die anderen beiden Dreiklänge heißen in allen Tonarten Subdominante und Dominante. In C-Dur ist die Subdominante der F-Dur Akkord und die Dominante der G-Dur Akkord. F-Dur besteht aus den Tönen f, a, c. G-Dur besteht aus den Tönen g, h, d.

Oft verwendet man auch Moll-Akkorde. In C-Dur wird von den Moll-Akkorden am häufigsten „a-Moll“ verwendet. Dieser besteht aus den Tönen a, c, e. In diesem Dreiklang liegt die kleine Terz zwischen dem Grundton a und dem mittleren Ton (c), während die große Terz zwischen mittlerem und oberem Ton liegt. Das ist bei allen Moll-Akkorden so. Bei allen Dur-Akkorden ist es umgekehrt. Dieser kleine Unterschied lässt den meisten Menschen die Moll-Akkorde weicher oder trauriger erscheinen.

 Nun wollen wir noch kurz auf die Bassgitarre (Bassinstrumente) zu sprechen kommen. Grundsätzlich erfolgt die Begleitung nach den gleichen Regeln, wie bei der Rhythmusgitarre und ähnlichen Begleitinstrumenten. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass Bassinstrumente die Begleittöne i. d. R. deutlich nacheinander einzeln spielen.

Wesentlich interessanter ist eine andere Form der Kombination verschiedener Stimmen (Melodien, Tonfolgen), die Polyfonie genannt wird. Bei der Polyfonie erklingen mehrere (mindestens zwei) selbstständige Melodien gleichzeitig. Aber auch hier werden (zumindest in der tonalen Musik) die gleichzeitig erklingenden Töne so gewählt, dass überwiegend Konsonanzen erklingen. Meistens sind die gleichzeitig erklingenden Töne Oktaven oder Töne aus passenden Begleitakkorden.

Die bekanntesten Beispiele für polyfone Musik sind viele Fugen von Bach und Kanons.

Häufig enden Musikstücke mit der so genanten Kadenz. Das ist die Folge der Dreiklänge (oder ihrer Grundtöne): Tonika, Subdominante, Dominante, Tonika. Die Kadenz wird von den meisten Menschen des westlichen Kulturkreises als angenehmer Abschluss eines Musikstücks empfunden. Diese gemeinsame Empfindung ist aber eher eine erworbene Konvention, als dass sie auf angeborenen Grundlagen beruht. Sie findet sich in der traditionellen asiatischen, afrikanischen und australischen Musik nicht in gleicher Form. Diese grundsätzlichen Musikrichtungen und insbesondere die Mischungen verschiedener Musikstile sind übrigens für Interessierte eine genauere Betrachtung wert. Wir aber kommen jetzt Damit kommen wir zum zweiten Bereich, der Musik ausmacht, zum Rhythmus (Takt).

Rhythmus

Die Töne der Musik kann man schnell oder langsam aufeinander folgen lassen. Man kann sie auch kurz oder lang erklingen lassen und betonen oder nicht betonen. Außerdem kann man sie in zeitlich-rhythmische Gewänder fassen, die Takt genannt werden. Ein wesentlicher Teil des Taktes kann darin liegen, dass während des Musikstückes begleitend wiederholend Geräusche oder Töne erklingen. Dabei betont man immer einen dieser Taktschläge, meistens, indem man ihn etwas lauter macht als die anderen. Betont man z. B. jeden fünften Schlag, so spricht man von 4/4 Takt, bei jedem vierten von ¾ Takt. Dies sind zumindest in der westlichen Welt und ihrer Musik die häufigsten. Takt ist auch die Bezeichnung für den kleinsten zeitlich-rhythmischen Ausschnitt aus einem Musikstück. Ein Takt im 4/4 Takt ist z. B. ein Ausschnitt, von vier zeitlich gleichmäßigen Schlägen, bei denen der erste betont ist. In der Pop-Musik ist es üblich, den 2. und 4. Schlag -z. B. mit einem Schlagzeug- zu betonen. Das hat seinen Ursprung in afroamerikanischen Traditionen der Pop-Musik. Es lässt die Musik in den Hörzentren vieler Menschen interessanter klingen.

Unabhängig von Begleitinstrumenten steckt aber auch in einer isolierten Melodie Rhythmus und Takt. Das kommt vor allem durch Lautstärkeänderungen und verschiedene Tonlängen und –höhen zustande.

Auch bezüglich Rhythmus und Taktmaß gab es im Laufe der Jahrhunderte Veränderungen, die wesentlich von Zufall, Gewöhnungslernen und Innovationsappetenz geprägt waren.

„Zufall“, „endogen“ und „spontan“ sind Wörter, die Menschen häufig dann benutzen, wenn sie Ursachen nicht klar erkennen können.

Eine der häufigsten Quellen für scheinbar zufällige Veränderungen in der Musik ist die Mischung verschiedener Musikstile. Die oben erwähnte Betonung des 2. und 4. Schlages innerhalb eines 4/4 Taktes ist, wie weite Teile der Popmusik, aus Verschmelzungen und Mischungen afrikanisch-amerikanischer (Jazz, Blues) und europäischer Musikstile entstanden.

Diese Mischungen kultureller Entwicklungen (Kunststile, Wissenschaftsdisziplinen, Religionen, Ideologien usw. entsprechen den Mischungen (Rekombinationen) von Genen in der Biologie.

Dass und wie kulturelle und biologische Rekombinationen sich entsprechen, haben wir im Kap.  X  näher erläutert. Damit kommen wir nochmals zu unserer Frage: Warum und wie ist Musik überhaupt entstanden?

Entstehungsursachen der Musik

Musik findet sich in allen Kulturen auf dem gesamten Globus. Das ist eines von mehreren Argumenten die dafür sprechen, dass das musikalische Empfinden der Menschen unter anderem auf angeborenen Grundlagen beruht. Allgemein verbreitete angeborene Grundlagen lassen mit Sicherheit auf arterhaltende Funktionen von Eigenschaften und Merkmalen schließen. Wir müssen also nach Aufgaben der Musik suchen, die der Arterhaltung dienen. Die primäre biologische Funktion der Musik liegt wahrscheinlich in der Erzeugung, Bewältigung und Synchronisation von Gefühlen und Verhaltensweisen z. B. in der Erzeugung von Motivationen beziehungsweise zur Unterdrückung von unerwünschten Ängsten zu bestimmten arterhaltenden Zwecken. Bei der Entstehung des musikalischen Empfindens könnte der Genuss der Geräusche von Singvögeln  (Vogelmusik) Pate gestanden haben. Der Genuss des Vogelsangs führt wie Blumenduft usw. zu arterhaltenden Auseinandersetzungen mit der Umgebung. Solche Genüsse motivieren, die nähere Umgebung zu erforschen. Dies wirkt(e) arterhaltend, weil Nahrungsquellen, Verstecke, Gefahren usw. bekannt wurden und werden (vgl. Kap. X). Dabei spielen natürlich -wie bei allen Genüsse, bzw. psychischen Eigenschaften- auch Lernprozesse eine Rolle. Welche arterhaltenden Zwecke durch den Musikgenuss verfolgt werden, machen wir an einigen teilweise konkreteren Beispielen deutlich. Es sind: 

territoriale Verteidigung, Erzeugung und Festigung aller arterhaltenden Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Kommunikation, Essen, Sexualität, Bewegung, Spiel usw., insbesondere aber des sozialen Zusammenhalts, der (territorialen) Verteidigung, der Beruhigung von Kindern und Säuglingen, und der Angstüberwindung. Musik wird häufig mit angenehmen Reizen aus anderen Bereichen kombiniert. Dabei verstärken sich die verschiedenen Reiztypen und deren emotionale Wirkungen gegenseitig. Nach Erfolgen, wie Siegen, erfolgreichen Beutezügen, Territorialgewinn usw., werden Triumphgesänge angestimmt. Dies geschieht häufig bei Festen in Kombination mit Bewegung (Tanz), Drogen und allen denkbaren Gefühlen, die zum Teil nur fiktiv durch Worte (Reden) oder filmische Darstellungen geweckt werden. Bei all diesen Aktivitäten werden angenehme Gefühle erlebt. Hier finden also (kollektive) Konditionierungen statt, die Motivationen für spätere Kämpfe, Jagden usw. liefern.

Wie die meisten Tänzer wissen, geht Musik in die Beine. Es bestehen direkte (z. T. angeborene) Verbindungen zwischen Hör- und Bewegungszentren im Gehirn.

Noch bedeutsamer sind solche fiktiven Darstellungen vor (kriegerischen) Auseinandersetzungen. Um Menschen trotz angeborener Tötungshemmung in Tötungsbereitschaft zu bringen, wird ihr Geist durch (Kriegs)propaganda -oft mit musikalischer Unterstützung- beeinflusst. In den meisten Fällen (besonders in den letzten Jahrtausenden) haben diese Beeinflussungen den Charakter systematischer, suggestiver Manipulationen. Der Gegner, der i. d. R. natürlich nicht nennenswert mehr oder weniger menschlich ist als die eigenen Gruppenmitglieder, wird rassistisch verteufelt. Die angeborene Bereitschaft besonders männlicher Gruppenmitglieder, mit kollektiver, aggressiver Begeisterung auf drohende Gefahren zu reagieren, wird unter Zuhilfenahme der meisten anderen angenehmen Gefühle missbraucht. Beispiele sind die Aussicht auf Vergewaltigungen, Nahrung, Lebensraum, Reichtum, Ruhm, Selbstzufriedenheit durch die Erfüllung religiöser Normen usw. Musik spielt bei der Erzeugung dieser kollektiven Begeisterung und der Überwindung von Angst eine besondere Rolle.

Musik schafft angenehme Gefühle, die meistens in Gruppen erlebt werden. In solchen Situationen finden kollektive Konditionierungen statt. Beispielsweise empfinden alle Beteiligten im Zusammenhang mit sozialen Kontakten, Tanz, Essen usw. angenehme Gefühle. Dadurch wird Motivation zu diesen Tätigkeiten geschaffen. Schlechter gesagt: Die Auftretenswahrscheinlichkeit sozialer Kontakte usw. wird erhöht (Skinner). Musik ist in diesem Zusammenhang auch ein Mittel zur Gruppenselbstetikettierung und Abstoßungssignal für andere Gruppen. Die Mitglieder einer Urhorde hatten höchstwahrscheinlich genau wie heute Punker, Teds, Skinheads usw. ihre gruppeneigene Musik, die dazu dienen konnte, sich gegenüber anderen Gruppen abzuheben und zu kennzeichnen (Selbstetikettierung).

Musik - insbesondere musikalisches Können - ist außerdem Mittel zum Statusgewinn und sexuellem Imponieren (als Liebeswerbung).

Die Entstehung der Musik

Exakt wissenschaftlich nachvollziehen und datieren kann man das Erscheinen der ersten musikalischen Erzeugnisse nicht. Anhand einiger archäologischer Funde wie z. B. steinzeitliche Flöten und Trommeln aus Tierknochen und Stein lässt sich wenigstens sagen, dass irgendetwas die Menschen vor mehr als 45.000 Jahren dazu brachte Töne zu erzeugen.

Zu den Funden der Archäologen gibt es Theorien wie es zum Anfang des Musizierens gekommen sein könnte:

Vielleicht entstand die Musik durch die Nachahmung von Naturgeräuschen. Inspiriert durch Vogelgezwitscher (s. o.), den Wind, das Sirren des Jagdbogens begannen die Urmenschen Töne, Klänge und einfache Schlagfolgen zu kreieren. Dies könnte rituellen Handlungen, der Anlockung von Tieren bei der Jagd, oder der Signalgebung gedient haben.

Wieder eine andere Theorie besagt, dass die Musik aus einer stark akzentuierten Sprache entstanden ist. Wenn man zum Beispiel eine Aussage macht oder eine Frage formuliert, intoniert man jeweils anders, so dass daraus ein „Sprachgesang“ entstanden sein kann. Ähnliches kann man heute noch bei manchen Urvölkern beobachten.

Noch weitere Erklärungsversuche stellen die Rhythmik in den Mittelpunkt. Ein gemeinsamer Rhythmus könnte als „Puls“ beim Arbeiten wie zum Beispiel beim Bauen oder Rudern gedient haben. Es stärkte die Gemeinschaft welche zusammen arbeiten musste, um zu überleben. Der Rhythmus könnte durch Klatschen, Stampfen oder Schlagen auf Gegenständen erzeugt worden sein. Die Wirkungen rhythmischer Komponenten der Musik stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit der beruhigenden Wirkung des mütterlichen Herzschlages für Embryonen und Säuglinge.

Rhythmische Komponenten der Musik verdanken ihre Entstehung aber auch ihrer Nützlichkeit bei Nachrichtenübermittlungen z. B. durch Trommeln, schließlich wird der gesungene Ton weiter getragen als der gesprochene. Die Urmenschen könnten sich somit wie Jodler verständigt haben.

Der Musikgenuss tritt in der Ausprägung, wie wir es von Menschen kennen, bei Tieren nicht auf. Singende Tiere, wie Vögel, manche Walarten usw. dürften jedoch im Zusammenhang mit ihren Gesängen Gefühle entwickeln. Auf jeden Fall ist jeglicher Musikgenuss stammesgeschichtlich relativ jung. Deshalb ist er wahrscheinlich durch Lernen vergleichsweise stark beeinflussbar und genetisch leicht zerstörbar. Außerdem ist musikalisches Empfinden i. d. R. nicht unbedingt lebenswichtig (existenziell). Das würde erklären, weshalb bei vielen Menschen die Fähigkeiten zu singen und Musik zu genießen mehr oder weniger verschwunden sind. Hinweise zur Entstehung des Musikgenusses geben auch neuere Untersuchungen zu seiner Lokalisierung im menschlichen Gehirn.

Die Lokalisierung des Musikgenusses im menschlichen Gehirn

Wie bei allen Gefühlen spielt die Großhirnrinde, die den Menschen und seine explosive Höherentwicklung in den letzten Jahrmillionen besonders charakterisiert und verursacht hat, für den Musikgenuss nur eine untergeordnete Rolle. Das Hörzentrum (in der Großhirnrinde) erkennt und verarbeitet jede Art von akustischen Signalen, die zugeordneten Gefühle werden aber primär in stammesgeschichtlich älteren Hirnteilen (unterhalb der Großhirnrinde) erzeugt und erlebt. Interessanterweise werden aber beim Hören dissonanter oder konsonanter Klänge jeweils verschiedene Regionen der Großhirnrinde (im Stirnhirn) aktiviert. Diese Regionen arbeiten zum Teil als Belohnungszentren. Rauschartige Begeisterung durch Musik wird aber genau da erlebt, wo wir es erwarten, nämlich in stammesgeschichtlich alten Hirnstrukturen (Limbisches System, Hypothalamus usw.), in denen z.B. auch sexuelle Genüsse, Essgenuss und Drogenrausch erlebt werden. Aus diesen Befunden lässt sich folgende Hypothese ableiten: Eine primitive Genussfähigkeit für Rhythmen, Töne und Melodien haben vor allem Landwirbeltiere bereits vor der Entstehung des Menschen entwickelt. Das kann unter anderem durch die arterhaltenden Folgen von Appetenzen gegenüber Rhythmen, wie z. B. des Herzschlages, oder Melodien, wie z.B. des Vogelsangs, entstanden sein. Menschen und die meisten Landwirbeltiere, welche neugierig und gerne ihre von Gesang, Hall, Blütenduft, Blütenfarben usw. erfüllte Umgebung erforschten und dadurch kennen und beherrschen lernten, hatten bessere Überlebenschancen als andere (z.B. unmusikalische). Der Genuss von Hall lockte beispielsweise in die Sicherheit von Höhlen.

Die Fähigkeit, zum differenzierten Musikgenuss, insbesondere zur Unterscheidung zwischen Dissonanzen und Konsonanzen, entstand dagegen wahrscheinlich erst später und vielleicht nur in menschlichen Gehirnen und Gesellschaften.

Widmen wir uns nun dem Musikgenuss noch etwas genauer:

Der musikalische Genuss ist stark von grundsätzlichen Charaktereigenschaften abhängig. Beispiele:

Harte, schnelle Rhythmen werden häufig von Menschen mit aggressiven, temperamentbetonten, leidenschaftlichen Charakterzügen bevorzugt.

Sanfte Rhythmen bevorzugen häufig ruhige, depressive oder phlegmatische Typen (Gehirne).

Auch zwischen Intellekt und anspruchsvoller Musik scheint ein Zusammenhang zu bestehen. Dass es mit dem Intellekt in Deutschland u a. dank „verbesserter“ Fernsehangebote seit Jahrzehnten abwärts geht, hat sich bei den davon nicht Betroffenen herumgesprochen. Möglicherweise passen auch monotone Musik und monotone (intelligenzarme) Gehirne zusammen. Mit anderen Worten es existiert rund um Pisa ein riesiger Markt für geistlose Monotoniekunst jeder Art.

Schon am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man riesige Erfolge in der Kunst (z. B. Malerei) beobachtet, bei denen Künstler ohne viel Kreativität und Können Erfolge erzielten. Phantasielose Monotonie schien kein Hindernis zu sein, wenn die Menschen doch nach jahrhundertelangen Belästigungen durch anspruchsvolle Musik (Kunst) endlich mal wieder was Neues (Eintöniges) haben wollten. Man konnte z. B. wahllos (hirnlos) Farbbeutelchen an Wände werfen oder Bilder von Affen oder Robotern malen lassen und selbst anerkannten Kritikern als Kunst „verkaufen“.

Solche Banalitäten stell(t)en kein Hindernis dar, wenn ein berühmter Künstler diese „Kunstobjekte“ unter seinem Namen für teures Geld verhökern wollte und will. Tatsächlich entwickelte sich auch ein entsprechendes Musikangebot mit riesigen Erfolgen, allerdings rund um Berlin (vielleicht, weil Berlin schon früher einmal als Zentrum der Hirnlosigkeit wahnsinnige (Miss)erfolge gefeiert hatte, vielleicht auch, weil Berlin als größter Vorort von Pisa aufgefasst werden muss. Bei den jüngeren Paraden der Liebe in Berlin (oder Essen usw.) taumeln zwischen der normalen Mehrheit jedenfalls immer auch einige Hirnamputierte im Kreis. Das liegt daran, dass mancher dieser Tänzer früher noch ein Pisa (um den Flächeninhalt zu berechnen), wo er heute nur noch einen Kreis sieht, auf dem er sich dreht. Er versucht nämlich dabei mittels diverser Drogen den Frust zu vergessen, der durch die selbstverordnete Blödheit und die fremdverordnete Ausbeutung  entsteht.

Der Wandel von der nationalwahnsinnigen Raff-Parade über die kommunalwahnsinnige RAF-Parade zur liberalwahnsinnigen love parade macht den Wahnsinn menschlicher Entwicklungen wahnsinnig deutlich.

Cäsar, Bismarck, Wilhelm II., Hitler, Stalin, Mao usw. ertränkten ihre Nationen mit radikalen Zwängen, Imperialismus und Massenmord in Gleichheit, Unfreiheit und Terror.

Meinhof badete die Nation in seinen Schleyerhaften blutverschmierten Träumen von einer sozialistischen Gerechtigkeit.

Love-parades tauchen die halbfreien Nationen in den Nebel des heterogenen Chaos von destruktiven Drogen, konstruktiver sexueller Befreiung, Verdrängung, Müll, Lärmbelästigung, Liebe, Lust und Leiden schafft.

Alle Paradeure setzten zeitweise ihre Ideologien durch. Vielleicht wurde es sogar besser, bestimmt aber nicht gut.      

Im gleichen Maß, in dem die allgemeine Volksverblödung zunimmt, nimmt auch das Niveau der Musik ab, insbesondere werden Melodie und anspruchsvolle Rhythmen abgebaut. Monotoner Sprechgesang und ebenso monotone rhythmische Begleitung feiern bereits riesige Erfolge. Auch das große Ziel: reines Hämmern auf einen hohlen Baumstamm, ist, dank affenartiger Abwärtsentwicklung nicht mehr fern. Hoffen wir nur, dass die Menschheit ihre großen Vorbilder, die armen Schimpansen, auf dem Weg zum intellektuellen Niveau von Pantoffeltierchen nicht zu lange mit freundschaftlichen Vergesellschaftungsversuchen belästigen wird. 

So jedenfalls führten die beschriebenen Entwicklungen dazu, dass ohne den geringsten kompositorischen Aufwand so genannte Musikstücke entstanden, bei denen der erste Takt ca. 100-mal wiederholt wird. Manchmal wurden zur Frustration (und Überanstrengung) einiger Zuhörer mit scheinbarer Anenzephalie (fehlendes Großhirn) auch zwei oder drei Takte modifiziert („Improvisation“). Diese neuen „Musik“richtungen gab man Namen. Der bekannteste lautet Techno. Allerdings ist nicht alles, was „Techno“ ist dumm und monoton.

Die größte Lust, die durch diese Art der „Musik“ („Kunst“) erzeugt wird, könnte die Ökonomisierungslust sein. Diese Lust haben schon viele Künstler aller Künste erlebt, als und weil sie nahezu ohne Aufwand zu Geld und Erfolg kamen und kommen. Aber auch die Konsumenten haben viel Spaß an dieser Musik. Gegen diesen Spaß soll sich auch unsere Polemik nicht richten. Sie richtet sich ausschließlich gegen die (Monotonitäts)dummheit, die übrigens primär von scheinbar intelligenten Politikern und religiösen Führern verursacht wird. Diese sind es nämlich, die die Grundzüge unserer merkwürdigen (Bildungs)Politik bestimmen. Objektiv schlechte Musik existiert nicht, wohl aber objektiv schlechte Texte, die sowohl durch Volksverblödung entstehen als auch Volksverblödung erzeugen. Am bekanntesten sind schlechte Texte, die nicht nur Unterhosen, sondern auch Blut und Boden und Blöde blutig bräunen.

Die Mehrheit der Menschen bevorzugt (glücklicherweise?) Tonfolgen, die zwar originell und abwechslungsreich sein können, aber weitgehend in der jeweiligen kulturellen Norm bleiben. In der westlichen Welt sind z. B. die zwei oder dreiteilige Liedform sehr populär. Diese Form findet sich bei den meisten Volksliedern und häufig in der Popmusik. Zum Abschluss vieler Musikstücke wählt man in der westlichen Welt gerne die Kadenz (s. o.).

Die starke Beeinflussbarkeit und Kombinierbarkeit erlernter und erworbener menschlicher Gefühle zeigt sich in der Musik besonders deutlich. Viele berühmte und beliebte Menschen hatten (haben) große Erfolge mit Gesangstücken, obwohl sie gar nicht oder schlecht singen konnten. In jüngster Zeit haben sogar Menschen mit Sprechgesang große Erfolge, die vorher in einem Container ihre geistigen und/oder charakterlichen Schwächen einem begeisterten Millionenpublikum stolz vorgestellt haben. Für diese Erfolge spielen Identifikation und der Aschenputteleffekt eine große Rolle. Es gibt Milliarden Menschen, die ein ähnlich niedriges Intelligenzniveau aufweisen, wie manche Big-Brother-Darsteller, manche Dschungelsternchen usw. und sich deshalb mit diesen gut und gerne identifizieren. Gerade solche Menschen träumen von einem märchenhaften aschenputteligen Aufstieg in ein Leben als Prinzessin ohne große Anstrengungen. Lady Di ist das bekannteste Beispiel für eine solche (allerdings liebenswerte) reale Prinzessin. Millionen Menschen identifizierten sich mit ihrer Aschenputtelkarriere und opferten nach ihrem Tod Millionen für Blumen und Grabbesuche statt für Minenopfer, was Lady Di sich wahrscheinlich gewünscht hätte.

Musik und Imitationslernen

Gefühle der Bewunderung und der Genuss beim Nachahmen von Idolen (Madonna, Elvis Presley usw.) erhöhen die angenehme Wirkung der Musik, die Idole machen oder schätzen. Auch diese emotionalen Verknüpfungen sind manchmal anti- und manchmal prohedonisch. Sie können z. B. schädlichen Drogenkonsum fördern, wenn und weil einige Prominente Drogen konsumieren. Sie können aber auch zum Beispiel im Kabarett konstruktive Bewusstseinsveränderungen und Handlungen bewirken.

Literaturempfehlungen

Das Wesen der Zeit  (www.daswesenderzeit.de)

ABC der Relativitätstheorie  von B. Russell

Die Unsterblichkeit der Zeit  Paul Davis

www.abenteuer-universum.de

Im Anfang war der Wasserstoff   Hoimar von Ditfurth

Kinder des Weltalls  Hoimar von Ditfurth

Bildung  Dietrich Schwanitz

Warum ich kein Christ bin  B. Russell

alles von Karl Popper

Die Rückseite des Spiegels  K. Lorenz

Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit  K. Lorenz